Vercoacht: Die Niederlage des Jogi Löw!

Jahrelang haben wir an Jogi Löw geglaubt. Fast alle Entscheidungen, die er als Bundestrainer traf, ergaben im Nachhinein einen Sinn, egal, wie fragwürdig es auf den ersten Blick wirkte. Und nun das: Jogi Löw verliert ganz alleine gegen Italien. Selten waren Fehleinschätzungen eines Trainers so offensichtlich Ursache einer komplett unnötigen Niederlage.

Fataler „Matchplan“

Der Plan des „Herrn Löw“ (Carl) ging so sehr in die Hose, wie er nur gehen konnte. Und das Schlimmste: Mit Bekanntgabe der Aufstellung haben es alle gewusst. Buxe, Esleben, Guru, Goldschuhe aus, Goldschuhe aus senior: Alle waren unisono der Meinung, dass so nichts gehen würde. Aller Optimismus war gewichen.

Völlig ohne Not „opferte“ Löw den rechten offensiven Flügel. Wo noch gegen Griechenland Marco Reus eine fantastische Leistung bot spielte gegen Italien: niemand. Stattdessen zauberte Löw Toni Kroos aus dem Hut, der als quasi dritter Sechser neben Khedira und Schweinsteiger agierte und mal wieder das tat, was er immer tut: Unauffällig mitlaufen.

Die Folge: Im zentralen Mittelfeld standen sich selbige drei Spieler so sehr auf den Füßen, dass selbst Khediras Dynamik der ersten Spiele verpuffte. Und auch für Özil wurde es zu eng, so dass dieser völlig in der Luft hing und offensiv nahezu keine Anspielstationen hatte. Vor ihm nur noch Gomez – eingekesselt von vier italienischen Abwehrhünen.

Und auf dem rechten Flügel? Dort spielte Jerome Boateng (!) den Alleinunterhalter. Gemeinsam mit der Entscheidung, Lukas Podolski in die Startelf zu bringen, der abgesehen von einem Abstaubertor  bei diesem Turnier nicht eine einzige sinnvolle Szene hatte, führte dies zur Komplettlähmung des Angriffsspiels. Mit Mario Gomez die ärmste Sau zur Halbzeit rauszunehmen, ist schon fast grotesk, hatte der doch bis dahin nicht ein vernünftiges Zuspiel gesehen.

Unverständliche Wechsel

Überhaupt die Auswechslungen. Wie kann man bloß nach einem solchen Taktikdebakel und einem Stand von 0-2 zur Halbzeit Stürmer gegen Stürmer tauschen? Damit hat Jogi sich der letzten Option beraubt. Klose zusätzlich reinbringen (z.B. für den inexistenten Kroos): kann man machen. Klose auf der Bank lassen, um ab der 60. mit einem zweiten Stürmer ein Signal zu setzen: kann man machen. Ihn gegen Gomez zu tauschen war einfach nur sinnlos. Mit Reus hingegen war auf einmal Leben auf der rechten Seite. Mit seiner ersten Aktion war er schon gefährlicher als Podolski während des gesamten Turniers. Fatal dann aber die Umstellung bei Müllers Einwechslung, Reus ins Sturmzentrum zu schicken. Darüber lachen sich die italienischen Verteidiger vermutlich jetzt noch schlapp.

Das Phlegma des Bayern-Blocks

Es ist meiner Meinung nach kein Zufall, dass dieser Bayernblock immer mehr zu Vizebayern wird. Ich möchte ja nicht sagen, dass ich es vorher gewusst habe, aber: Ich habe es vorher gewusst. Es war ein Fehler, den Mannschaftskern mit Bayernspielern zu besetzen. Zu lethargisch, zu phlegmatisch, zu wenig Aggressivität. Egal ob Kroos, Lahm, Badstuber, Boateng, Schweinsteiger, Gomez: es fehlt das Feuer.

Man spielt seinen van Gaal-Stiefel runter, ist nicht in der Lage, mal einen Gang hochzuschalten. Das Tempo, den Mut, den die Italiener von der ersten Minute an verkörperten, geht diesen Jungs völlig ab. Beispiel: Natürlich sieht Hummels beim 0-1 gegen Cassano desolat aus. Aber dass ein Verteidiger von einem Stürmer ausgespielt wird, ist ja kein Ding der Unmöglichkeit. Wieso zur Hölle geht Boateng nicht mit dazu und doppelt? Vermutlich wäre nichts passiert. So steht er drei Meter daneben und schaut zu. Unfassbar. Bei Italien undenkbar.

Es wäre insgesamt wichtig gewesen, mehr Dortmunder in die Elf zu integrieren. Die haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie siegen können und sie haben eben dieses besagte Feuer. Das wiegt meiner Einschätzung nach Erfahrung deutlich auf.

Denn was hilft Poldi schon die Erfahrung von 100 Länderspielen, wenn er permanent vor sich hindilettiert? Schmelzer links, Lahm rechts hätte beispielsweise schon mal Boateng verhindert. Und ein Großkreutz hätte sich gestern sicher nicht so in die Niederlage gefügt wie seine Konkurrenten. Mario Götze ist wohl offensichtlich zu schlecht, um ihn mal zu bringen, hat man ja die letzten zwei Jahre gesehen, dass er nichts drauf hat. Wenn ich mir gegen die kantigen italienische Verteidiger beispielsweise eine Offensivreihe Reus, Özil und Götze vorstelle, glaube ich, dass das ein Versuch gewesen wäre, der eher hätte klappen könne. Aber dafür braucht es halt Mut.

Die psychologische Komponente

Buxe hat es gestern Abend treffend formuliert: Jogi hat seine Mannschaft verraten. Im Vorfeld hatte ich den Eindruck, dass noch nie eine deutsche Mannschaft weniger Angst vor Italien hatte als diesmal. Es hieß von Löw, wir würden mutig und frech spielen und dem Gegner unser Spiel aufzwingen. Ich hatte das Gefühl, dass die Mannschaft dies verinnerlicht hatte.

Und dann ist Mannschaftssitzung und die Spieler erfahren, dass ein Offensivmann geopfert wird, um den 6er(!) des Gegners mehr oder weniger in Manndeckung zu nehmen. Als Spieler würde ich denken: WTF??? Und die Mannschaft wirkte so als hätte sie das auch gedacht. Es wirkte so als könnten die Spieler selbst nichts mit dieser Aufstellung anfangen.

Jogis Konservatismusfalle

Jogi ist genau das passiert, was nicht passieren durfte: Er ist in die Konservatismusfalle getappt. Im Zweifel ängstlich werden statt mutig. Die Spieler aufstellen, die schon immer da waren, nicht die, die derzeit die Besten sind. Und der blaue Pulli war auch schöner.

Das Trainerteam muss sich nach diesem Auftritt dringend hinterfragen. Vielleicht ist in dieser Konstellation kein Titel möglich. Bei dem Potential der Mannschaft ist das allerdings nicht hinzunehmen. Jürgen Klopp sagt in einer aktuellen TV-Werbung sinngemäß: Ich glaube, dass die Lust auf den Sieg eher zum Erfolg führt als die Angst vor der Niederlage. Es ist genau dieser Geist, der Jogi abging. Es ist genau dieser Geist, den es braucht, um Titel zu gewinnen.

Über den Autor: Goldschuhe aus

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.

Unangebrachte Sprechchöre? Unangebrachte UEFA!

Laut diverser Medien wird gegen den DFB auf Grund von Vorkommnissen beim EM-Spiel gegen Dänemark ermittelt. Bestraft werden soll  – und jetzt platzt mir der Kragen –

ungebührliches Verhalten

bzw.

unangebrachte Sprechchöre.

Hallo? UEFA? Merkst Du eigentlich noch was? Was kommt als nächstes? Dieses Plakat muss weg, denn es ist entartete Kunst? Die Tatsache, dass die UEFA etwas für nicht angebracht hält, legitimiert keine Bestrafung. Es sei denn natürlich, man hegt Weltherrschaftsansprüche in dieser sympathischen Organisation, was auch nicht mehr verwundern würde. Es gibt sicher auch Menschen, die „Kühe-Schweine-Bielefeld“ für unangebracht halten. Da sollte man mal einschreiten.

Besonders ärgerlich: Bei den Vorfällen handelte es sich laut Publikative mal wieder um typische Deutsche Nationalmannschafts-Fan-Vollspacken, die nichts Besseres zu tun hatten, als von U-Bahnen zu singen und Wehrmachtssprüche per Banner zu zeigen.

Dass man dafür bestraft wird, ist vollkommen richtig und die Strafe kann meiner Meinung nach nicht hart genug sein. Aber dann soll die UEFA doch bitte konkret sein und von volksverhetzenden Sprechchören und aggressivem Verhalten sprechen. Aber das passt vielleicht nicht zum mit viel Mühe aufgebauten Image dieser ach so tollen, friedfertigen und durchinszenierten Veranstaltung, was? Dann formulieren wir lieber schwammig, damit keiner merkt, was die Vollidioten wirklich gesungen haben, ne? Angekommen?

Foto: Martin Burns/flickr.com

Über den Autor: Goldschuhe aus

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.

Derby reloaded

4787232145_095b733d6bHerrlich, in einer unfassbar spannenden und peppigen Pressekonferenz, die live im Internet zu bestaunen war, hat die DFL die Katze aus dem Sack gelassen. Die Katze heißt Spielplan, der Sack ist die 50. Bundesligasaison, die wie die allererste Bundesligaspielzeit 1963 mit dem Spiel Borussia Dortmund gegen SV Werder Bremen beginnt. Terminiert wurde bisher natürlich nur diese eine Spiel, das es live und in Farbe in der ARD zu sehen gibt, und zwar am 24.8.2012. Hoffen wir, dass die Stromversorgung in und um Dortmund bis dahin stabil läuft, bei Werder Bremen im Eröffnungsspiel einer Bundesligasaison weiß man ja nie, was passiert…

Willkommen zurück in der Bundesliga heißt es für die Eintracht aus Frankfurt, für die der Spielplan als erste Partie ein Duell mit Bayer Leverkusen bereithält. Die Streich-Boys aus dem Breisgau duellieren sich Zuhause mit den Bruchweg-Boys von Sympath Tuchel. Schalke 04 darf zum Ex-Trainer-Derby nach Hannover fahren, der schöne Bruno empfängt laut Spielplan mit seinen Stuttgartern den VfL Magath.

Nicht minder interessant wird es am ersten Spieltag der zweiten Bundesliga, der wieder 14 Tage vor dem Start der Bundesliga stattfindet, beim Duell zwischen Rewirpower Bochum und Glücksgas Dresden. Kaiserslautern darf sich mit Eisern Union messen, während Hertha BSC Berlin von den Spielplanmachern mit dem Spiel gegen Paderborn, dem wohl heißesten Abstiegskandidaten aus der zweiten Liga, angenehm schroff in der zweiten Liga willkommen geheißen wird. Bestes Spiel des ersten Zweitligaspieltags ist natürlich SV Sandhausen 1916 und FSV Frankfurt 1899, ein Spiel, wie ein Drittliga-Abstiegsduell, während Aufsteiger Aaalen sich mit den Bequemlichkeiten des Duisburger Gästeblocks vertraut machen darf. Herrlich, wir freuen uns drauf!

Den kompletten Spielplan der ersten Liga gibt es hier, den der zweiten hier, die Terminierung nur auf persönliche Nachfrage bei der DFL…

UPDATE: „Alle nach Mannheim“ heißt die Devise am 11. August 2012, dann tritt der glorreiche SSV 05 reutlingen nämlich zum ersten Match der Oberliga-saison beim VfR Mannheim an.

Foto: Felix O./flickr.com

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Zurück in die Achtziger

Keine Angst, mit der TV-Sensation des Jahres werden wir uns noch ausführlich beschäftigen, hier und jetzt soll uns nur die Qualität der EM 2012 interessieren. Die 11 Freunde beklagen zurecht eine der langweiligsten Europameisterschaften seit langem: mangelndes Tempo, keine Überraschungen, keine Stimmung in den Stadion, alberne Einpeitschversuche, wie der UEFA-Countdown vor dem Anstoss.

Fair geht vor

Alles richtig analysiert. Beschränke ich mich aber auf den fußballerischen Part ihrer Analyse, habe ich ein neben dem Gefühl der Langeweile vor allem ein Deja-Vu. Die EM 2012 wirkt fußballerisch wie ein Rückfall in die Achtziger. Minus die Brutalität, denn fair ist die EM bisher. Erst eine rote Karte in 28 Spielen, dazu zwei gelb-rote Karten, von denen zumindest die gegen den Griechen Sokratis fragwürdiger Natur war. Das ist natürlich nur zu begrüßen, trotzdem sieht die EM wie ein Wiedergänger überwundener Zeiten aus.

Betonabwehr

Im Viertelfinale war es besonders auffällig. In jedem der vier Spiele gab es ein Team, das sich hauptsächlich darauf beschränkte, zwei dicht gestaffelte Viererreihen vor dem eigenen Strafraum zu platzieren und das Spielgerät großzügig der gegnerischen Mannschaft zu überlassen (Extrembeispiel England kam gestern in 120 Minuten auf keine 30 Prozent Ballbesitz). Die nehmen den Ball dankend an, und spielen in endlosen Ballstaffetten rund um den Strafraum, als wäre man beim Handball. Als hätten viele Teams sich in Sachen Videoanalyse auf das System Chelsea beschränkt, feierte im ersten Spiel der Italiener auch noch das 3-5-2-System seine Wiedergeburt. Mit De Rossi zentral in der Abwehr gab es das erste Mal seit langem auch wieder so etwas wie einen Libero, der in diesem Fall allerdings wesentlich spielstärker war, als die großen freien Männer der 80er Jahre – remember Stielike?

Betonfüße

Bedingt durch die engen Abwehrreihen und die besonders bei England im gestrigen Spiel, aber auch bei Griechenland und Frankreich ausgeprägte Unlust bzw. Angst, auch nur irgendetwas nach vorne versuchen zu wollen, bewegen sich die Spieler zwar viel auf dem Feld, zumeist aber in einem Tempo, das einem Schneckenrennen gleich. Besonders Balotelli wirkte im gestrigen Spiel als hätte er Betonschuhe an, Spritzigkeit war bei seinen Sprints jedenfalls nicht zu erkennen. Dazu kommt, dass in einer Vielzahl der bisher gespielten Spiele ab der 60. Minute die Teams ausgepumpt und platt wirken, als hätten sie Montagabend im DSF antreten müssen. In der Ukraine mag das schwül-warme Wetter seinen Teil dazu beitragen, eine wirkliche Entschuldigung für den teilweise desolaten konditionellen Zustand der Teams ist das nicht. Gut möglich also, dass sich am Ende  – zurück in die Achtziger – die Deutschen bei diesem Turnier durchsetzen können, dank ihrer Physis.

Die Auslosung

Gerne wird die Europameisterschaft als das im Vergleich zur WM schwierigere Turnier bezeichnet. Das mag für einzelne Vorrundengruppen zumindest auf dem Papier gelten, muss für diese EM aber in Abrede gestellt werden. In Gruppe A wie in Gruppe D der EM befand sich schließlich kein Team, das ernsthaft für den Titel in Frage gekommen wäre. Mehr noch: Keins der Teams aus diesen beiden Gruppen glaubte an seine Chance, ins Halbfinale einziehen zu können.  Stattdessen wurde sich am eigenen Strafraum eingeigelt, und sich wie das Kaninchen vor der Schlange dem eigenen Schicksal ergeben. Abgesehen davon wir die Qualität beim nächsten Turnier noch weiter abnehmen – durch die Aufblähung des Teilnehmerfeldes auf 24 Nationen.

Kein Mumm, kein Tempo, keine Spannung, das grassierende EM-Fieber, das die Medien für Deutschland behaupten, hat sich bei mir bisher noch nicht eingestellt. Viel Zeit dafür bleibt nicht mehr, mich zu überzeugen. Auf dem Papier ist jedenfalls alles für ein rauschendes Finale der EM 2012 bereitet, aber Papier ist geduldig…

Foto: Steffen Zahn/flickr.com

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Fußball läuft, Börse schläft, Arbeit nervt

Schockierendes erreicht uns aus der Welt der Börse. Wer dort arbeitet, lässt sich durch Fußball davon abhalten. Zumindest wenn die Spiele, wie während der letzten WM, in die Arbeitszeiten fallen. „Börsianer immer dreister“ würde dazu ein bekanntes Witzeblatt titeln und die Frage stellen, ob wir eine neue Finanzblase befürchten müssen? Börsencrash durch Untätigkeit, Bärenstimmung trotz Fußball? Auf den Seiten der Wirtschaftswoche beschäftigt sich der Blog „Fußballmarkt“ mit der „wirtschaftlichen Seite des Fußballs“. Klingt auf den ersten Blick nach jemandem, der den Fußball von der weniger emotionalen Seite aus betrachtet, auf der auch Kind und Co. operieren. Wird uns hier also Zugang zu den Hinterzimmern verschafft, in denen Ablösesummen ausgehandelt werden, wie die derzeit kolportierten 150 Millionen für Sami Khedira. Bringt er Licht ins Dunkel, wie viel Prozent ein Spielervermittler bei einem erfolgreichen Transfer abrechnen darf? Entwirrt er gar für uns die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen z.B. Dietmar Hopp und dem DFB, so es sie denn gibt?

Rhetorische Fragen, ich weiß, denn im aktuellen Beitrag von Oliver Voß, einem sympathisch nonkonformen jungen Mann, der zum dunklen Anzug Pferdeschwanz trägt, werden Nichtigkeiten verbreitet. Eine Studie, die zur WM 2010 durchgeführt wurde, wird herangezogen, um zum Schluss zu kommen, dass die gerade reportierten Zahlen für die EM keine Gültigkeit haben, da alle Spiele nach Börsenschluss stattfinden. Ihr Fazit: Lateinamerikaner, die hier der Einfachheit halber aus Chilenen, Argentiniern und Brasilianern bestehen, lassen sich besonders leicht von Fußball beim Arbeiten – Börsendeutsch „traden“ – ablenken. Während sich die englischen Börsianer offenbar nicht so sehr für ihr Team interessieren, wie die Deutschen, und deswegen ihre Handelsaktivität nur um 21 Prozent während der WM zurückging. Da zeigen sogar die US-Amerikaner mehr Enthusiasmus, dort ging der Handel an der „Pörse“ (A.Kohl) um 42 Prozent während der WM-Spiele zurück.

Das mögen eventuell schockierende Zahlen für Controller sein, was sie überhaupt nicht berücksichtigt ist das Abschneiden des eigenen Teams bei der untersuchten WM. England schied bekanntermaßen gegen den späteren Halbfinalisten Deutschland aus, der dank „Spiel um Platz drei“ bis zum Ende der WM im TV übertragen wurde. Je länger man sich mit dem von Oliver Voß aufgearbeiteten Zahlen beschäftigt, desto weniger ist man sich sicher, ob man es hier wirklich mit der wirtschaftlichen Seite des Fußballs zu tun hat. Ähnliche Zahlen ließen sich wahrscheinlich auch für das Bäckerhandwerk bereitstellen, die Innung der sardischen Eisenbieger, oder, oder… Leider wissen auch die anderen Artikel auf Fußballmarkt nicht so recht, das einzulösen, was die Subhead verspricht. Aber vielleicht ist Wirtschaft in diesem Zusammenhang ja auch eher so gemeint, wie ich ihn verstehe: als Ort mit Theke, an dem man sich zwanglos über Fußball unterhalten kann, und selbstverständlich auch darüber, dass während eines großen Turniers Arbeit liegen bleibt. Es gibt schließlich wichtigeres…

Foto: Mark Jensen/flickr.com

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Spielfrei

Die EM 2012 pausiert, und plötzlich ist da diese Leere. Was fange ich jetzt nur mit meiner Zeit an? Wer will, kann seine Lieblinge, wie die „Usedomina“ sicher auch heute irgendwo im TV sehen, nur will das ja keiner. Prinzipiell wäre ja jetzt der richtige Zeitpunkt, das zu tun, was der durchschnittliche Kommentator ungefähr Mitte der zweiten Halbzeit macht: ein Zwischenfazit ziehen. Etwas, das bei der Kommentierung von Sport so viel Sinn ergibt, wie ein Album nach der Hälfte der Songs zu beurteilen. Irgendwas passiert eben immer, und wenn es nur ein schöner letzter Track, ergo ein Tor in letzter Sekunde ist. Andererseits kann man am ersten spielfreien Tag seit Beginn der EM 2012 trotzdem schauen, was das Turnier bisher gebracht hat; die Vorrunde ist schließlich abgeschlossen.

Tschechien, Portugal, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, England und Italien heißen die Viertelfinalisten. Eine Konstellation, bei der sich höchstens mit Griechenland beim Wetten eine etwas größere Summe gewinnen lassen konnte. Die Favoriten haben sich durchgesetzt, Griechenland wusste trotz ungenügender Spielweise den etwas seltsamen Modus der EM, einer der Aufreger der letzten Tage, für sich zu nutzen. Und Russland ist trotz eines um zwei Tore besseren Torverhältnisses als die Griechen ausgeschieden. Verkehrte Welt, andererseits wurde auch schon bei der letzten EM nach diesem Modus verfahren, nur: die Gruppen wurden in Österreich und der Schweiz wesentlich deutlicher entschieden.

Verschwörung, die erste

Kombiniert mit den grotesken Fehlentscheidungen der letzten zwei Tage fühlt sich Thomas Kistner in der SZ dazu hingerissen eine Weltverschwörung deutsch-spanische Verschwörung des Fußballs zu konstruieren:

Schwere Fehlleistungen von spanischen und deutschen Referees begünstigen die Turnierfavoriten Deutschland und Spanien im Gruppenfinale. Carlos Velasco verweigerte Dänemark einen Strafstoß beim Stand von 1:1. Eine Niederlage hätte die deutsche Elf ebenso aus dem Turnier expediert wie ein Sieg der Kroaten die Spanier; dort leistete sich Wolfgang Stark zwei abenteuerliche Fehlpfiffe. Peinliche Zufälle? Gewiss, mag sein.

Und die Diskussion um die Torrichter wieder anzufachen. Unabhängig davon, wie man zur Torkamera steht, ob wie für Kistner, der Fußball in Sachen „Ergebnisgerechtigkeit“ eine ähnliche Philosophie pflegen sollte „wie Sportarten von Tennis bis Eishockey, die mit der Technik arbeiten“, oder ob man die Technik ablehnt: die Torrichter gehören mit sofortiger Wirkung abgeschafft. Sie haben ihre Untauglichkeit inzwischen nachhaltig unter Beweis gestellt.

Verschwörung, die zweite

Unter der Woche hat sich unser Lieblingsmäzen Dietmar Hopp zu Wort gemeldet, von dem wir ja seit dieser Woche wissen, dass er nicht nur die deutsche Nationalmannschaft in der Vorbereitung in einem seiner Hotels untergebracht hat, sondern auch Hauptfinanzier der Praxis von Nationalmannschaftsarzt Müller-Wohlfahrt ist. In einem Interview zu seinem Lieblingskind, der TSG 1899 Hoffenheim, das er seiner Haus und Hofzeitung Rhein-Neckar-Zeitung gegeben hat, verteidigt er seinen Schlingerkurs der letzten Monate und macht nochmal klar, dass Hoffenheim in Sachen Schallkanone weniger Täter als Opfer war. Vielleicht sollte er zukünftig einfach mehr Golf spielen gehen, am besten in seinem eigenen Club in St. Leon-Rot.

Losglück für SV Falkensee-Finkenkrug?

Am Samstag steht nicht nur das dritte Viertelfinale an, es wird auch die erste Runde des DFB-Pokals ausgelost. Bis dahin ist nur noch wenig Zeit, sich  mit den diesjährigen Teilnehmern aus dem Amateurbereich vertraut zu machen, zum Beispiel der SV Falkensee-Finkenkrug, dem Berliner Athletik Club 07 oder dem SV Rossbach/Verscheid. Die passenden Bilder dazu liefert am Samstag die ARD, die dieses Highlight für jeden Fußballfan natürlich live überträgt. Gezogen wird in Danzig ab 18 Uhr, als Glücksfee konnte Viola Odebrecht (Turbine Potsdam) verpflichtet werden, Oliver Bierhoff sorgt als Ziehungsleiter dafür, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Wird bestimmt toll!

Schwarz-rot-goldener Trikotcheck

Fanspirit nennt sich ein recht junger Blog, bei dem professioneller Auftritt und Inhalt noch nicht recht zusammen gehen wollen. Tip-Top ist allerdings die Grafik mit der Entwicklung der Trikots der deutschen Nationalmannschaft, mit deren Hilfe man letztgültig die Frage klären kann, ob das Auswärtstrikot der deutschen Nationalmannschaft in grün, rot, schwarz oder in Kombinationen dieser Farben am besten aussah. Damit sollte man lange genug beschäftigt sein, um die Zeit bis zum Anpfiff des Spiels Tschechien -Portugal überbrücken zu können.

Geschichte des Nationaltrikots

Ende einer Ära

Falls nicht, lässt sich mit der wunderbaren Fotoserie „Abrissbirne“ des Blogs „Im Schatten der Tribüne“ noch mehr Zeit totschlagen überbrücken. Der Abriss des altehrwürdigen Georg-Melches-Stadion, in dem ein Großteil der 5 Freunde bei einem der besten Fußballspiele aller Zeiten vor Ort waren, wird hier in aller epischen Breite fotografisch aufgearbeitet. Um es mit den Wort der Social Media-Herrscherin des ZDF zu sagen: „Klickt rein!“

Bild: Paul Fisher/flickr.com

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Der endlose Xavi

Nein, heute gibt es keine Beschwerden. Weder über pinke Blazer, noch „Pike“ sagende Kommentatoren. Wir nehmen uns ein Beispiel am geschätzten Trainer Baade, und feiern einfach die Schönheit des Spiels, auch wenn die gestrige Partie zwischen Dänemark und Deutschland bisweilen etwas zäh war. Und wir schauen erst recht nicht, welche Redaktion heute den Job übernimmt, Mario Gomez Leistung in Frage zu stellen, wie es vor dem gestrigen Spiel mal wieder der Fall war.

136 mal Xavi

Stattdessen widmen wir uns einem Rekord. Keiner für die „Ewigkeit“ (kicker), eher einer, der unter Umständen nur bis zum nächsten Spiel Spaniens hält, genauer: heute abend. Xavi spielte im Spiel gegen Irland sage und schreibe 136 Pässe. 127 dieser Pässe fanden ihr anvisiertes Ziel, das entspricht einer Quote von 93,4 Prozent. Xavi tilgt damit einen Rekord aus dem Jahre 1992, den ein gewisser Ronald Koeman hielt. Wie schön, dass mit Xavi jetzt ein etwas angenehmerer Zeitgenosse in den Geschichtsbüchern steht. Film ab:

Liverpool away

FC Liverpool, Drittes Trikot 2012/2013Kleiner Nachtrag zum Trikot-Check. Löblicherweise verzichten Nationalmannschaften bisher auf so etwas Unnötiges wie ein zweites Ausweichtrikot. Im Vereinsfußball hören solche Dinger auf Namen wie „Ultrabeauty“ und versuchen Fans, denen selbst die Farben „ihres“ Vereins völlig egal sind, weiteres Geld aus der Tasche zu ziehen. Vielleicht sind aber auch nur den Trikot-Designern die Farben des Vereins, für den sie entwerfen, völlig egal. Dieses Trikot des FC Liverpool ist in jedem Fall das grässlichste, was mein Auge seit langem erblickt hat und sollte den sofortigen Ausschluss des Teams aus allen Wettbewerben nach sich ziehen. Der einzige Spieler, der in diesem Leibchen eine gute Figur machen könnte, ist natürlich Tim Wiese. Aber der kann ja eh alles tragen. (via whoateallthepies)

20:45 Uhr – Entscheidung in Gruppe C

Kroatien – Spanien und Italien -Irland heißen die Partien des heutigen Spieltags. Damit greift auch Rekordhalter Xavi wieder ins Geschehen ein. Am „Ende des Abends“ könnten in dieser Gruppe drei Teams punktgleich sein. Eine richtige Herausforderung bezüglich der Klärung der Frage „Wer darf ins Viertelfinale einziehen?“ wäre es, wenn sich Spanien und Kroatien 1:1 trennen. Im direkten Vergleich hätten sich dann alle drei Teams 1:1 unentschieden getrennt, und die gute alte Tordifferenz käme doch noch zu ihrem Recht. Ein bisschen Nachhilfe in Sachen Turniermodus gibt es bei Spiegel Online. Im Zeitalter der „Blitztabelle“ (B. Rethy) ist es ja keine Selbstverständlichkeit mehr, dass man alle Regeln parat hat. Vielleicht könnte die UEFA über die Wiedereinführung des Golden Goal nachdenken, das war so herrlich unkompliziert…

Foto: Alfonso Jimenez/flickr.com

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Gerard Pique Bernabeu

Gerard Pique Bernabeu*, so lautet der vollständige Name des derzeitigen Lebensgefährten der Popsängerin Shakira. Tom Bartels sei dank wurden wir gestern mehrfach auf diesen Umstand hingewiesen. Dabei wussten wir lange Zeit nicht, wen er damit meint. Ständig sprach Bartels von Pique als Pike und das mit einer Beharrlichkeit, die an Rolf TöpperwahnswiensAndrösen„-Stunt erinnerte. Dabei hätte sich Bartels doch vorab informieren können, nicht zuleetzt bei den Spaniern selbst. Dort hält man viel davon, die Namen der Spieler bei der Em 2012 richtig auszusprechen. Auf fundeu.es kann man sich deshalb den Namen jedes einzelnen, für die EM 2012 nominierten Spielers wieder und wieder vorsagen lassen. Dass dabei keine multilingualen Sprachgenies zu Wort kommen, sondern echte Muttersprachler ist ein weiterer Pluspunkt. Bela Rethy hätte hier zum Beispiel nachhören können, dass der niederländische Torwart mitnichten „Stehekelenburg“ ausgesprochen wird.

Apropos Vorbereitung! Mitlerweile dürfte schon so ziemlich jedes Medium außer uns über die famose neue Website marcel-ist-reif.de berichtet haben. Sogar auf Usedom bei Spacekadettin Kathrin und Twitter-Titan Olli war die Seite schon Thema. Um was geht’s: Auf marcel-ist-reif.de kann jeder, der sich für befähigt hält, selbst zum Mikrofon greifen und ein Spiel der Europameisterschaft nach Lust und Laune kommentieren. Momentan frage ich mich zwar gerade, was aus der schönen Seite wird, wenn der Ball wieder in der Bundesliga rollt und nicht geschätzte 80 Millionen Menschen die Möglichkeit haben, alle Spiele zu sehen, trotzdem müssen wir da natürlich auch mal vors Mikro treten. Guru äußert zwar die Befürchtung, dass uns da keiner zuhört, aber dieses Gefühl kennen wir ja schließlich schon aus unserem schönen Blog hier. Wir halten euchuns auf dem Laufenden, wann wir dort das erste Mal mit unserem nicht vorhandenen Fußballsachverstand auftrumpfen werden.

UEFA, ARD, ZDF, Jürgen Drews und Roger Cicero dürften seit gestern ebenfalls um eine Erkenntnis reicher sein. EM-Hits werden nicht im Studio gemacht, sondern im Stadion gesungen. Denn das, was die irischen Fans gestern beim Stand von 0:4 (übrigens genau das Ergebnis, das ich vorausgesagt habe) gesungen haben, war ein verdammter Hit. Mit Gänsehaut-Garantie! Wobei man hier den Bogen schlagen muss zu Tom Bartels. Angesichts dieser Stimmgewalt verstummte Bartels während der Übertragung mehrere Minuten lang und meldete sich erst wieder, als der Schiedsrichter zum Schluss gepfiffen hatte. Dafür verzeihen wir ihm auch jeden Pike. (Na ja! Fast…)

18 Uhr, Donetsk, Donbass Arena

Favorit Frankreich (Wettbüro Buxe) muss heute gegen den Gastgeber Farbe bekennen. Erste Hausaufgabe dürfte es sein, den kurzen Pfosten bei Ecken zu decken. Danach Shevchenko aus dem Spiel nehmen und dann mal mit so etwas wie Tempo aufs gegnerische Tor spielen. Irgendwie fehlt mir aber der Glaube daran, dass bei Frankreich ausgerechnet gegen den Co-Gastgeber und 50.0000 Fans der Knoten platzen sollte. Mein Tipp: 1:1

20:45 Uhr, Kyiv, NSK „Olympiyskiy“

Angesichts der Leistungen beider Teams im ersten Spiel könnte das hier eine kleine Zeitreise werden. In die Zeiten des Kick & Rush nämlich. Auf dem Feld dürften ja mehrheitlich in England beschäftigte Spieler stehen, denen bei ihren ersten Auftritten doch vieles fehlte, was modern spielende Mannschaften derzeit ausmacht. Mein Tipp: 0:0 nach der schlechtesten Partie seit EM-Beginn der Menschheitsgeschichte.

* Womit auch geklärt wäre, warum er auf seinem Trikot nur den Namen Pique trägt. Bernabeu käme in Barcelona wohl einfach nicht so gut an…

Bild: galkiux/wikipedia.org

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

„Ich bin wohlgemut.“

Er ist der Namhafte unter lauter Namenlosen, der Star unter den Unbekannten und der Einzige im Dunstkreis der Nationalmannschaft, der eine bessere Frisur als Joachim Löw hat. Ohne ihn würde „die Wade der Nation“ (kicker) immer noch „zwicken“ (alle dünnen und schwachen Fußballspieler). Wer jetzt noch nicht weiß, dass von Hans-Wilhelm „MüWO“ Müller-Wohlfahrt die Rede ist, hat wohl die letzten 150 Jahre Fußballgeschichte verpasst. Der Wunderheiler macht nicht nur die Spieler des „Rekordmeisters“ (kicker) wieder heile, sondern auch die „Jungz“ (B. Vogts) der „Löw-Elf“ (kicker). Zur EM hat er, der Gottgleiche, sich endlich herabgelassen, um zum einfachen Volk zu sprechen. Der Wunderarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt hat zwei Lakaien Journalisten vom Magazin der Süddeutschen Zeitung ein Interview gegeben, welches an Unfassbarkeit kaum noch zu überbieten ist. Zusammenfassen lässt sich das Gespräch folgendermaßen: MüWo ist nicht nur ein sehr erfolgreicher, sondern auch bescheidener und guter Mensch und der Schulmedizin ca. 20 Jahre voraus. Zudem mangelt es seinen Kritikern einfach an der Kenntnis von allem und speziell der Medizin. Gesundes Selbstbewusstsein ist das Stichwort. Das gesamte Interview gibt es hier, ich möchte einige Highlights allerdings gesondert hervorheben.

Falls man sich schonmal gewundert hat, was der Mannschaftsarzt eigentlich macht, nachdem er in 11,0 Sekunden auf 100 Meter zum verletzten Spieler gesprintet ist, hier die Antwort:

„Ich tauche quasi in den Muskel ein.“

Aber das hilft ja auch nicht weiter, wenn man die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse nicht sofort verarbeiten kann. Deswegen:

„Ich habe Tausende Male ertastet, wie sich ein unverletzter Muskel anfühlt. Diese Eindrücke habe ich gespeichert. Ich habe ungefähr 35 000 Muskelverletzungen diagnostiziert und im Gedächtnis abgelegt. Diese Speicherbilder, sogenannte Engramme, kann ich jederzeit abrufen.“

Der Vergleich mit einem Pianisten oder einem Violonisten drängt sich dem Leser sofort auf und auch MüWo weist in dem Interview nochmal auf die Ähnlichkeit seiner Tätigkeit mit der eines Künstlers hin. Klar, das jemand mit einer solchen Vita keine wirklichen Herausforderungen mehr kennt:

„Ich fühle mich mittlerweile jeder Aufgabe gewachsen.“

Dennoch, auch Demut und Bescheidenheit zeichnen den Arzt aus. Und das kommt nicht von ungefähr:

„Ich bin dankbar, eine christliche Erziehung erfahren zu haben. 15 Jahre lang habe ich Kassenpatienten an manchen Tagen bis Mitternacht behandelt.“

Allerdings hat die bösartige Kassenärztliche Vereinigung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Bei aller Liebe, es geht einfach nicht mehr und jetzt müssen die ganzen Mütterchen und einfachen Leute von der Straße wieder zu unfähigen Scharlatanen gehen, während Müller-Wohlfahrt die Weltstars heilt.

Bei soviel Erfolg hört man auch international genau hin beziehungsweise schaut genau hin:

„Das Lehrbuch Muskelverletzungen im Sport, das ich vor zwei Jahren mit meinen Praxiskollegen geschrieben habe, erscheint in diesem Jahr in der dritten Auflage und auf Englisch.“

Die größte Schande jedoch ist das Missverständnis, das ihm in früheren Zeiten entgegengebracht wurde. Heutzutage ist die Expertise von Super-Doc MüWo jedoch unbestritten:

„Schon in den Achtzigerjahren habe ich bei der neurogenen Muskelverhärtung den Flüssigkeitssaum entdeckt, über den wir vorher gesprochen haben, und dieses Phänomen in meinen Vorträgen erklärt. Vor ein paar Jahren haben australische Wissenschaftler dieses Ödem entlang eines bleistiftdicken Muskelbündels erstmals bei Kernspinuntersuchungen bemerkt und meinten, sie hätten etwas Neues entdeckt.“

„Dass im Bereich der Wirbelsäule gereizte Nervenwurzeln die von ihnen versorgten Muskeln falsch ansteuern und nach meiner Einschätzung in über 90 Prozent aller Muskelverletzungen ursächlich beteiligt sind, habe ich schon Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger beschrieben. Erst jetzt schließen sich andere Sportmediziner dieser Erkenntnis an.“

Und nicht wundern, wenn ihr IHM mal nachts begegnet:

„Ich habe schon wiederholt beim Joggen die Mitternachtsglocken gehört im Park!“

Einfach freundlich grüßen und „Du“ sagen, denn:

„Unter Sportlern duzt man sich.“

Unbedingt das ganze Interview lesen: Süddeutsche Zeitung Magazin: »Ich tauche in den Muskel« (Interview)

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Niveaulimbo und Spielerfrauen

2104046697_61a55f4c1aEin kleines bisschen Schadenfreude kann man sich ja nicht verkneifen, angesichts Arjen Robbens kleinkindhafter Reaktion bei seiner Auswechslung. Beim Auftakttraining der Bayern dürfte er jedenfalls einen schweren Stand haben, hat er doch gestern gegen seinen Mitspieler Philipp Lahm keinen einzigen Zweikampf gewinnen können. Zeit also für ein bisschen Niveaulimbo ind Form des Smash-Hits „Orange trägt nur die Müllabfuhr“ des hoffnungsvollen Nachwuchsbarden Mickey Krause, den es heute bei Amazon für lau gibt.

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+