Spielfrei

Die EM 2012 pausiert, und plötzlich ist da diese Leere. Was fange ich jetzt nur mit meiner Zeit an? Wer will, kann seine Lieblinge, wie die „Usedomina“ sicher auch heute irgendwo im TV sehen, nur will das ja keiner. Prinzipiell wäre ja jetzt der richtige Zeitpunkt, das zu tun, was der durchschnittliche Kommentator ungefähr Mitte der zweiten Halbzeit macht: ein Zwischenfazit ziehen. Etwas, das bei der Kommentierung von Sport so viel Sinn ergibt, wie ein Album nach der Hälfte der Songs zu beurteilen. Irgendwas passiert eben immer, und wenn es nur ein schöner letzter Track, ergo ein Tor in letzter Sekunde ist. Andererseits kann man am ersten spielfreien Tag seit Beginn der EM 2012 trotzdem schauen, was das Turnier bisher gebracht hat; die Vorrunde ist schließlich abgeschlossen.

Tschechien, Portugal, Deutschland, Griechenland, Spanien, Frankreich, England und Italien heißen die Viertelfinalisten. Eine Konstellation, bei der sich höchstens mit Griechenland beim Wetten eine etwas größere Summe gewinnen lassen konnte. Die Favoriten haben sich durchgesetzt, Griechenland wusste trotz ungenügender Spielweise den etwas seltsamen Modus der EM, einer der Aufreger der letzten Tage, für sich zu nutzen. Und Russland ist trotz eines um zwei Tore besseren Torverhältnisses als die Griechen ausgeschieden. Verkehrte Welt, andererseits wurde auch schon bei der letzten EM nach diesem Modus verfahren, nur: die Gruppen wurden in Österreich und der Schweiz wesentlich deutlicher entschieden.

Verschwörung, die erste

Kombiniert mit den grotesken Fehlentscheidungen der letzten zwei Tage fühlt sich Thomas Kistner in der SZ dazu hingerissen eine Weltverschwörung deutsch-spanische Verschwörung des Fußballs zu konstruieren:

Schwere Fehlleistungen von spanischen und deutschen Referees begünstigen die Turnierfavoriten Deutschland und Spanien im Gruppenfinale. Carlos Velasco verweigerte Dänemark einen Strafstoß beim Stand von 1:1. Eine Niederlage hätte die deutsche Elf ebenso aus dem Turnier expediert wie ein Sieg der Kroaten die Spanier; dort leistete sich Wolfgang Stark zwei abenteuerliche Fehlpfiffe. Peinliche Zufälle? Gewiss, mag sein.

Und die Diskussion um die Torrichter wieder anzufachen. Unabhängig davon, wie man zur Torkamera steht, ob wie für Kistner, der Fußball in Sachen „Ergebnisgerechtigkeit“ eine ähnliche Philosophie pflegen sollte „wie Sportarten von Tennis bis Eishockey, die mit der Technik arbeiten“, oder ob man die Technik ablehnt: die Torrichter gehören mit sofortiger Wirkung abgeschafft. Sie haben ihre Untauglichkeit inzwischen nachhaltig unter Beweis gestellt.

Verschwörung, die zweite

Unter der Woche hat sich unser Lieblingsmäzen Dietmar Hopp zu Wort gemeldet, von dem wir ja seit dieser Woche wissen, dass er nicht nur die deutsche Nationalmannschaft in der Vorbereitung in einem seiner Hotels untergebracht hat, sondern auch Hauptfinanzier der Praxis von Nationalmannschaftsarzt Müller-Wohlfahrt ist. In einem Interview zu seinem Lieblingskind, der TSG 1899 Hoffenheim, das er seiner Haus und Hofzeitung Rhein-Neckar-Zeitung gegeben hat, verteidigt er seinen Schlingerkurs der letzten Monate und macht nochmal klar, dass Hoffenheim in Sachen Schallkanone weniger Täter als Opfer war. Vielleicht sollte er zukünftig einfach mehr Golf spielen gehen, am besten in seinem eigenen Club in St. Leon-Rot.

Losglück für SV Falkensee-Finkenkrug?

Am Samstag steht nicht nur das dritte Viertelfinale an, es wird auch die erste Runde des DFB-Pokals ausgelost. Bis dahin ist nur noch wenig Zeit, sich  mit den diesjährigen Teilnehmern aus dem Amateurbereich vertraut zu machen, zum Beispiel der SV Falkensee-Finkenkrug, dem Berliner Athletik Club 07 oder dem SV Rossbach/Verscheid. Die passenden Bilder dazu liefert am Samstag die ARD, die dieses Highlight für jeden Fußballfan natürlich live überträgt. Gezogen wird in Danzig ab 18 Uhr, als Glücksfee konnte Viola Odebrecht (Turbine Potsdam) verpflichtet werden, Oliver Bierhoff sorgt als Ziehungsleiter dafür, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Wird bestimmt toll!

Schwarz-rot-goldener Trikotcheck

Fanspirit nennt sich ein recht junger Blog, bei dem professioneller Auftritt und Inhalt noch nicht recht zusammen gehen wollen. Tip-Top ist allerdings die Grafik mit der Entwicklung der Trikots der deutschen Nationalmannschaft, mit deren Hilfe man letztgültig die Frage klären kann, ob das Auswärtstrikot der deutschen Nationalmannschaft in grün, rot, schwarz oder in Kombinationen dieser Farben am besten aussah. Damit sollte man lange genug beschäftigt sein, um die Zeit bis zum Anpfiff des Spiels Tschechien -Portugal überbrücken zu können.

Geschichte des Nationaltrikots

Ende einer Ära

Falls nicht, lässt sich mit der wunderbaren Fotoserie „Abrissbirne“ des Blogs „Im Schatten der Tribüne“ noch mehr Zeit totschlagen überbrücken. Der Abriss des altehrwürdigen Georg-Melches-Stadion, in dem ein Großteil der 5 Freunde bei einem der besten Fußballspiele aller Zeiten vor Ort waren, wird hier in aller epischen Breite fotografisch aufgearbeitet. Um es mit den Wort der Social Media-Herrscherin des ZDF zu sagen: „Klickt rein!“

Bild: Paul Fisher/flickr.com

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Die letzte Chance

Die Chance. Ihre Wiedergänger sind „Möglichkeit“ und Gelegenheit, ihre engsten Verwandten die Hundertprozentige und ihr unehelicher Bruder, die Tausendprozentige. Es gibt erste Chancen, letzte Chancen und allerletzte Chancen, wie im Fall von Berlin und Köln am letzten Spieltag der Saison. Es gibt Strohhalme und kleine Hoffnungsschimmer. Es gibt den fehlenden Hauch einer Chance. Kurz und gut, das Fußballvokabular wäre nichts ohne das Wörtchen „Chance“.

Es gibt das spöttische „Schaße“ des Kaisers, es gibt die kölsche „Schantze“ von Lukas Podolski, es gibt die „Schangse“ im Ruhrgebiet. Doch egal woher man kommt, in manchen Fällen klammert man sich an sie, wie an einen Masten. Hängen an ihrer Nutzung Existenzen, Arbeitsplätze und Regionen. In anderen Fällen vergibt man sie wie ein „Schulerbub“. Verdammt flüchtig ist sie, die Chance, muss deshalb am Schopf gepackt und genutzt werden. Gar nichts hat sie jedoch mit dem dümmsten aller Fußballsätze zu tun, dass man sich Glück erarbeiten könne. Wer die Chance der Chance, zumal der allerletzten beschwört, hat sich höchstens eine missliche Ausgangsbasis erarbeitet, glaubt auch an Wunder und bemüht womöglich das, was man das „rein Rechnerische“ nennt.

An diesem Wochenende versuchen eine Reihe von Mannschaften ihre Chance zu nutzen: Die Kölner, um sich die Chance auf den Klassenerhalt zu erhalten; die Düsseldorfer, um die des Aufstiegs zu wahren; Berliner, um sich die Möglichkeit zu bewahren, die „Minimalchance“ am Leben zu halten, die ein Rutschen auf den Relegationsplatz ermöglicht. Weiter oben in der Tabelle kämpft man, um die Chance, international Geld zu verdienen, an der Tabellenspitze hat man die Gelegenheit Historisches zu schaffen. Der ganze Fußball ist ein einziges Spiel der Chancen, der genutzten wie vergebenen, der hundertprozentigen wie minimalen. Er ist schlicht und einfach ein verdammtes Glücksspiel, bei dem manchmal 33. Spieltage nicht ausreichen, um eine Entscheidung herbei zu führen. Dass doch alles in einem Spiel entschieden werden muss, Hopp oder topp, Sekt oder Selters, Barfuß oder Lackschuh. Und genau diese Aussicht auf höchstmögliche Spannung treibt uns ins Stadion, hält uns an den Radio- und TV-Geräten. „Totale Dominanz“ ist der Tod jeder Chance.

Die Derbys des 34. Spieltags:

Sa, 15:30 Uhr

Bahlinger SC – SSV Reutlingen

Werder Bremen – FC Schalke 04 

Borussia Dortmund – SC Freiburg

Hannover 96 – 1. FC Kaiserslautern

 

So, 13:30 Uhr

Erzgebirge Aue – VfL Bochum

Karlsruher SC – Eintracht Frankfurt

Foto: Spider.Dog/flickr.com

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Das Derby der 3-Jährigen

Nur noch knapp 14 Tage, dann geht es endlich wieder los! Auf dem Programm am 15.4. steht der Preis der 3-Jährigen auf der wunderschönen Galopprennbahn zu Düsseldorf. Bier und Wurst sind vom Feinsten, und die Gattin darf sich auch mal wieder hübsch machen. Wer was auf sich hält geht natürlich mit Hund oder Hut und sehr viel Geld in den Taschen. Aber bis es soweit ist, müssen wir halt weiter Fußball glotzen, da gibt’s ja auch noch ein paar Derbys.

Freitag

18:00 Uhr: Eintracht Frankfurt – VfL Bochum. Das Fünf-Liter-Faß-Derby 3:0

Während Papa La Papp mal wieder ein gemütliches Wochenende mit den Schwiegereltern verbringt, und Goldschuhe aus allein in seiner kleinen Welt vor dem Fernseher sitzt, bricht der Don zum großen Abenteuer „Waldstadion“ auf. Früher wurde die Anreise im Regionalexpress bewerkstelligt, mit einem Fünf-Liter-Faß pro Nase als treuem Begleiter. Heute reist der feine Herr Hausbesitzer etwas bequemer, aber nicht weniger laut – also für alle im gleichen Waggon. SMS-Dauerfeuer vorprogrammiert: „Chicks unlimited! Go! Go!“

20:30 Uhr: Borussia Dortmund – VfB Stuttgart. Das schwarz-gelbe Derby 4:4

Mats Hummels ist ein großer Sympath und guter Innenverteidiger. Der Versuch auf seiner Website, dem VfB Stuttgart schwarz-gelbe Wurzeln nachzuweisen, ist zwar etwas unbeholfen, aber „vom Ding her“ (J. Palminger) natürlich eine gute Idee. Für die Bedienung seiner Website braucht man zwar mindestens einen Hochschulabschluss, der Artikel ist trotzdem lesenswert (Und für Schwaben natürlich ein ganz alter Hut!).

Samstag

15:00 Uhr: Kehler FV – SSV Reutlingen. Das Sebastian-Kehl-Derby 3:1

Kehl heißen nicht nur VerräterFußballprofis, in Baden gibt es sogar eine Stadt, die so heißt. Bevor hier Verwirrung aufkommt, die Stadt war vor dem ehemaligen Nationalspieler da, auch wenn der den schönen zweiten Vornamen Walter trägt. In Kehl trafen sich übrigens mal die europäischen Regierungschefs und warteten Ewigkeiten auf den Präsidenten des AC Mailand, weil der am Telefon hing. Mehr muss man über diese Stadt und den Gegner der 05er nicht wissen.

15:30 Uhr: 1.FC Kaiserslautern – Hamburger SV. Das „Früher war alles besser“ Derby 0:1

Abstiegsendspiel, die 1000. Während Kaiserslautern halbwegs erprobt im „Mit dem Rücken an der Wand“-stehen ist, sucht man in Hamburg noch nach Identifikationsfiguren wie „Uns Uwe“. Lautern dürfte dagegen auf „Dem Fritz sei Wetter“ und wir auf ein schmutziges 0:0 hoffen.

Bayer Leverkusen – SC Freiburg. Das Robin Dutt-Derby 0:2

Laut dem seriösen Nachrichtenmagazin Express lautet die Devise für Robin Dutt heute „Siegen oder fliegen“. Nur blöd, dass auf seinem Platz in Freiburg inzwischen einer sitzt, der ebenso sympathisch wie verschroben-verrückt ist, und Freiburg das zurückgebracht hat, was unter Dutt und Sorg verloren wurde: irgendwie anders als der Rest zu sein. Auf den Markenkern konzentriert könnte man sagen, wüsste man nicht, dass kurzzeitig Namen wie Falko Götz in der Winterpause im Raum standen und Streich den Job um ein Haar nicht angetreten hätte. „Solche Geschichten schreibt eben nur der Fußball“ (Alle TV-Kommentatoren)

Sonntag

17:30 Uhr 1899 Hoffenheim – FC Schalke 04. Das Tönnies-Hopp-Derby 1:1

Clemens Tönnies und Dietmar Hopp, wer solche Präsidenten – oder wie auch immer sich die Funktion der beiden nennt – hat, braucht keine Feinde mehr. Zum Glück schafft sich Hoffenheim mit Hilfe des Neu-Manager Markus Babbel langsam selbst ab, während Schalke unter Huub Stevens droht, tatsächlich mal wieder einen Titel zu gewinnen. Spätestens dann errichtet die „blau-weiße Volksseele“ (Dahlmann) dem „Knurrer von Kerkrade“ (ebd.) ein Denkmal vor der Arena. Ohnehin der einzig vorzeigbare Platz der „Stadt“ Gelsenkirchen. Außer dem Fliegenpils in Buer natürlich…

Foto: barockschloss/flickr.com

Über den Autor: esleben

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Old Firm – das einzig wahre Derby

Sonntag, 14 Uhr, wird im Ibrox Park in Glasgow das wohl berühmteste Fußballderby der Welt angepfiffen: Rangers gegen Celtic, Protestanten gegen Katholiken, Schotten gegen Iren. Sportlich spannend dürfte es nicht werden, Celtic führt derzeit mit 21 Punkten Vorsprung vor den Rangers die Tabelle an. Außerdem droht dem verhassten Konkurrenten die Insolvenz und damit das Ende eines der prestigeträchtigsten und traditionsreichsten Derbys des Weltfußballs.

Old Firm

Das Vice-Magazin hat für einen 50-minütigen Film über „Old Firm“ einen Reporter nach Schottland geschickt, um das Derby für die Nachwelt festzuhalten, sollte es wirklich zum „worst case“ in Sachen Glasgow Rangers kommen. Kev Kharas trifft in seinem Film Fans beider Seiten, versucht die politischen Untertöne des Matches zu rekonstruieren, und kümmert sich um die dunklen Stunde der langlebigen „Old Firm“-Geschichte. Leider ist mein Schottisch miserabel, trotzdem kommt eine Menge Atmosphäre und von den Problemen rund um „Old Firm“ rüber, die dazu führten, dass die britische Regierung „The Offensive Behaviour at Football and Threatening Communications Act“ einführte. Und Dietmar Hopps Traum wahr werden ließ: Das Singen von Schmähgesängen wird seitdem nämlich mit Stadionverboten und Gefängnis sanktioniert.

Teil 2 bis 5 auf vice.com (via whoateallthepies.tv)

Junges Derby

Fr, 18:00 Uhr: VfL Bochum – FC Ingolstadt 04 (Das Opel-Audi-Derby) 0:1

Fatalismus gibt rund ums Ruhrstadion derzeit den Ton an. Also noch stärker als hier eh schon üblich, aber wer will das den notorisch missmutigen und mißerfolgsverwöhnten Bochumern verleiden. Höchste Zeit, dass die Saison ohne Schrecken zu Ende geht, und man sehen kann, wozu dieses Team in der Lage ist, wenn von Beginn der Saison an nicht alles schief läuft. Dabei bitte auch mal darüber nachdenken, ob Marcel Maltritz eigentlich noch ein weiteres Jahr den VfL Richtung dritte Liga kicken darf.

Sa, 15:00 Uhr: SSV Reutlingen – Stuttgarter Kickers II (Das kleine Derby) 4:2

Die Regionalpresse schreibt vom „kleinen Derby“ gegen die Zweivertretung der Stuttgarter Kickers. Die durften immerhin mal in der ersten Liga kicken und spielen in einem Stadion, dessen Name viele Kommentatoren zu fatalen Fehleinschätzungen verleitet. Das Stadion heißt Waldau-Stadion und liegt im Stuttgarter Stadtteil Degerloch. Hier kickt also keiner in der Waldau, noch im Degerloch. Bitte merken, danke!

Sa, 15:30 Uhr: SC Freiburg – 1.FC Kaiserslautern (Das Abstiegs-Derby) 2:0

Kaiserslautern hat unter der Woche sämtliche Register gezogen, um in diesem Spiel wenigstens ein bisschen was zu reißen. Sogar den Trainer gefeuert und durch Krassimir Balakov ersetzt. Wieso Kuntz der Meinung ist, ausgerechnet ein Fußball-Schöngeist wie Balakov könnte den Pfälzern im „Abstiegskampf“ helfen, kann wohl nur nachvollziehen, wer mit den Pfälzern hält. Aber in der Not zieht der Teufel jeden Strohhalm…

Sa, 18:30 Uhr: FC Schalke 04 – Bayer Leverkusen (Das Düsseldorf-Derby) 2:0

Was hat Düsseldorf mit diesem Spiel zu tun? Gegenfrage: Wer wohnt freiwillig in Gelsenkirchen oder Leverkusen? Eben, und deshalb trifft man Spieler und Funktionäre beider Mannschaften häufiger im hippenstinkendreichen Oberkassel oder beim Einrichter eures Vertrauens. Deshalb halten sich in der Düsseldorfer Presse auch seit Monaten hartnäckige Gerüchte, Raul könnte zur Fortuna wechseln. Wenn Rudi Völler so etwas hört, lässt er sich von Guiseppe Saitta lieber noch einen Weißwein servieren…

So, 17:30 Uhr: 1.FC Köln – Borussia Dortmund (Das Problemfan-Derby) 1:6

Die Fans beider Vereine sind in letzter Zeit verhaltensauffällig gewesen, sportlich könnte es nicht unterschiedlicher laufen. Dort die Dortmunder, die inzwischen auch auf Bayern-Dusel zählen können, dort der führungslose FC Podolski, dessen Zukunft selbst bei einem Klassenerhalt düsterst aussieht. Kaum denkbar, dass Dortmund ausgerechnet hier an der Titelverteidigung scheitern könnte.

Mo, 20:15 Uhr: 1.FC Union Berlin – Eintracht Frankfurt (Das Don-Goldschuhe-aus-Derby) 0:4

So oft kommt es nicht vor, dass große Teile der 5 Freunde-Belegschaft sich gemeinsam ums Lagerfeuer der Moderne versammeln und mit fachmännischen Blick Don dabei zu sehen, wie er 90 Minuten lang im Wohnzimmer steht, sich brüllend über die Eintracht aufregt und zugleich seine Liebe zu Ally MacBeal artikuliert, während Misanthrop Goldschuhe aus nur nach Möglichkeiten sucht, allen die Causa „Gekas“ aufs Brötchen zu schmieren. Buxe liegt derweil im Sofaeck und wacht nur zum Abpfiff kurz auf, während die Düsseldorfer Fraktion ihre Ruhrgebiets-Depression mit „Pilsetten und Wurstspritzen“ heilt.

Foto: Chris Phan/flickr.com

 

Über den Autor: esleben

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Hoffenheim: Wenn aus Hass Mitleid wird

Hoffenheim, schon wieder Hoffenheim? Warum nur lässt man immer wieder zu, dass die eigenen Gedanken um diesen Kretin von einem Fußballverein kreisen? Wo es doch an anderer Stelle viel Bedeutenderes zu bedenken und feiern gibt. Dennoch, es passiert derzeit einfach zuviel Falsches, Ungerechtes, Absurdes und Dämliches in Hoffenheim, als dass man das Kaff im Kraichgau ignorieren könnte.

Im April letzten Jahres wurde Holger Stanislawski als neuer Trainer der TSG Hoffenheim vorgestellt. Nur kurze Zeit vorher hatte sich dieser unter Tränen von seinem langjährigen Arbeitgeber St. Pauli verabschiedet und angekündigt, dass er nach vielen anstrengenden Jahren für den Verein erstmal eine Pause und Erholung bräuchte.

Aber Hoffenheim brauchte ein menschliches Antlitz und ein wenig „Kult“ obendrein sollte auch nicht schaden. Und wer sollte dafür geeigneter sein als der kultige Trainer vom kultigen „Kiezklub“? Sein Vorgänger Ralf Rangnick war zudem durch Aufmucken aufgefallen, ein Verhalten, dass Über-Mäzen, Gutmensch und Sohn einer herzensguten Frau Dietmar Hopp natürlich nicht dulden konnte.

Stanislawski sollte also der Trainer für das „neue“ Hoffenheim sein. Hopp musste bemerken, dass die mit Millionenbeträgen in die erste Liga gekaufte TSG tatsächlich defizitär wirtschaftete und dass die künftigen Regeln des Financial Fair Play auch ihn betreffen würden. Die TSG musste kürzer treten und noch mehr auf junge Spieler setzen als „ohnehin schon“.

Leider konnte die sportliche Bilanz von Stanislawski mittelfristig nicht überzeugen. Immer öfter schaltete sich Hopp mit mehr oder minder qualifizierten Kommentaren ein und gerierte sich nicht zum ersten Mal als einer, der immer das letzte Wort haben muss. Dass dabei zwangsläufig die Autorität von Manager Tanner und Trainer Stanislawski untergraben wurde nahm Hopp wenigstens billigend in Kauf.

Das Stanislawski schließlich entlassen wurde und der lächerliche Markus Babbel stantepede als Nachfolger präsentiert wurde ist zwar lachhaft aber nicht weiter schlimm. Peinlich genug sind der Verein und seine Fans und „Ultras“ ohnehin schon.

Was mich hingegen wirklich immer wieder aufregt ist, mit welcher Nonchalance sich Dietmar Hopp in das Tagesgeschäft „seines“ Vereins einmischt und dabei ununterbrochen gegen die 50+1-Regel verstößt. Zuletzt hatte er beim Lakic-Transfer seine Finger im Spiel und er wird sich diese Form der Einflussnahme auch in Zukunft kaum nehmen lassen. Nichtmal heimlich, still und leise hat sich damit neben Wolfsburg und Leverkusen ein weiteres Geschwür ein weiterer Verein in der Bundesliga eingenistet, der diese Regel schlicht missachtet. Und während im Fall von Leverkusen und Wolfsburg noch die lachhafte Ausnahmeregel aufgrund des langjährigen Engagements der Unternehmen Bayer und VW greift, wird bei Hopp geflissentlich darüber hinweg gesehen.

1860 München musste (berechtigterweise) jedes Vertragsdetail mit seinem neuen Sponsor immer und immer wieder überprüfen lassen. Hopp hingegen wird noch eine Plattform geboten sich als Gutmensch aufzuführen und die hohen Herren von DFL und DFB lassen ihn gewähren.

Bildquelle: flickr/leralle

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Loudspeaker

Freiheit für Hoffenheim

Verfahren eingestellt, Unschuld bewiesen. „Viel Lärm um Nichts“ um Shakespeare zu bemühen, nur ein „Altherren-Streich“? Fest steht, die Staatsanwaltschaft Heidelberg hat die „Schallaffäre“ und damit das Verfahren wegen Körperverletzung eingestellt. Fünf Zeilen war der Presseabteilung der Heidelberger Staatsanwaltschaft die Erkenntnis wert, dass ein Lärmgutachten zweifelsfrei festgestellt hätte, dass durch die Schallkanone des Hoffenheimer Stadionhausmeisters zu keiner Zeit Gefahr für Leib und Leben bestanden hätte. Erreiche sie doch maximal einen Pegel von 90 Dezibel, in einem Stadion herrschten aber normalerweise mehr als 100 Dezibel. Das Verfahren sei deshalb wegen „erwiesener Unschuld“ einzustellen. Fünf Zeilen, die leider noch nicht ihren weg ins Internet und auf die Seiten des Staatsanwaltschaft gefunden haben.

Guantanamo in Hoffenheim

Soweit die rechtsstaatliche Abwicklung der „Schallaffäre“, die wohl stärker am Hoffenheimer Selbstverständnis genagt hat, als man öffentlich zugeben mag. Stellvertretend dafür sei ein Artikel des Lokaljournalisten Wolfgang Brück von der Rhein-Neckar-Zeitung zitiert, in dem auch einige der Hoffenheimer Verantwortlichen zu Wort kommen, in erster Linie aber Herr Brück seinem Unmut gegenüber all denen los werden muss, die Hoffenheim angeblich in Misskredit gebracht haben. Brück behauptet, ich zitiere, „Hoffenheim wurde in die Nähe von Guantanamo gebracht, als autoritäres System dargestellt, das mit folterähnlichen Methoden Andersdenkende zum Schweigen bringen will“. Besonders im Visier des Herrn Brück: die Kollegen vom Berliner Tagesspiegel, die im Rhein-Neckar-Raum eh als Personae non grata behandelt werden und wegen unliebsamer Äußerungen kurzzeitig mit einem Boykott belegt wurden: „Noch vor kurzem schrieb der Berliner Tagesspiegel von „krimineller Energie“ und nannte als mögliche Bestrafung den Zwangabsteig aus der Bundesliga“. Das ist natürlich aus dem Zusammenhang gerissen, wie ein kurzer Blick in den betreffenden Artikel zeigt:

 „Der FC St. Pauli wurde zum Beispiel in der vergangenen Saison wegen eines Becherwurfs eines Einzelnen mit einer Platzsperre belegt. Was müsste also nach einem vernünftigen Maß den Hoffenheimern drohen, die in ihrem Stadion weitaus mehr kriminelle Energie beherbergten als nur einen Becherwerfer, der sich spontan und einmalig zu einer Dummheit hinreißen ließ? Zwangsabstieg?“

 

„Eine Art Notwehr“

Auch wenn sich Dietmar Hopp in Brücks Artikel erleichtert zeigt und hofft, dass die Einstellung des Verfahrens eine Lehre für diejenigen sei, die Hoffenheim vorschnell verurteilt hätten, bleiben doch einige Fragen offen. Wohl kaum die nach der Bestrafung durch den DFB. Der wird die Vorlage der Staatsanwaltschaft wohl dazu nutzen, das Verfahren in der Winterpause geräuschlos gegen Zahlung einer geringen Geldbuße einzustellen. Genauso wie es die TSG Hoffenheim in Person von Ernst Tanner ja selbst vorgeschlagen hat. Moralisch bleibt die gesamte Affäre fragwürdig. Wenigstens soll arbeitsrechtlich gegen den Hausmeister vorgegangen werden, trotzdem versucht man bei Hoffenheim den Vorfall weiter zu bagatellisieren: „Der Geschäftsführer versicherte nochmals, dass die Führungsebene nicht informiert gewesen sein, dass es sich um eine „Art Notwehr“ des Hausmeisters gehandelt habe, der sehr unter den Pöbeleien gegen Hopp gelitten habe.“ Der Arme, hoffen wir das allerbeste für ihn und ein schnelles Ende seines Leidens.

Alle kursiven Zitate aus „Viel Lärm um Nichts“ (Link expired)aus der Rhein-Neckar-Zeitung

Bild: jan_krutisch/flickr.com

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Hoffenheim? Kein Kommentar!

Angeblich war es der große Skandal der im August noch jungen Saison. Bei vier Heimspielen der TSG Hoffenheim beschallten ein Stadion-Hausmeister und sein Komplize den Fanblock der Gästefans mit einer Schallkanone. Seitdem ermittelt der DFB und die Staatsanwaltschaft.

Während die Mühlen der Justiz bekanntlich langsam mahlen, ist man beim DFB normalerweise schnell bei der Hand mit einer Bestrafung. Kleines Beispiel gefällig? Dynamo Dresden spielte am 25.10. im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund, die harte Strafe folgte vier Wochen später: Ausschluss aus dem DFB-Pokal in der nächsten Saison. Fans des HSV brannten im September beim Auswärtsspiel in Bremen Bengalos ab, und benahmen sich Ende Oktober beim Pokal-Spiel gegen Eintracht Trier „daneben“, gestern wurde der Verein zu einer 7000 Euro hohen Geldstrafe verurteilt, wegen „fortgesetzten unsportlichen Verhaltens“. Das Thema Hoffenheim wird dagegen weiterhin beim DFB verhandelt, die Presse hat das Interesse an dem Fall längst verloren.

Man muss sich bei Google schon auf die vierte Seite der News klicken, um einen Artikel zu finden, der die berechtigte Frage stellt, wann der DFB in der „Causa Hoffenheim“ denn ein Urteil zu sprechen gedenke. Der kurze Artikel (Danke an Trainer Baade für den Hinweis) stammt vom 19. November und ist im Tagesspiegel erschienen. Autor Benjamin Apitius ruft darin noch einmal das Motiv für den Einsatz der Schallkanone ins Gedächtnis: Rache. Rache wird im StGB als niederer Beweggrund angesehen: „Wer einen Menschen aus niedrigen Beweggründen heraus tötet, ist als Mörder – und nicht nur als Totschläger – zu bestrafen.“ (Wikipedia). Aus Rache wurde also die mögliche Verletzung von Auswärtsfans in gleich vier Begegnungen in Kauf genommen, man könnte also sowohl von einem geplanten Vorgehenm wie von einem Widerholungstäter sprechen, der seine Taten mit einer hohen kriminellen Energie ausführte und zumindest über Mittelsmänner in höheren Spähren des Vereins verfügen musste, denn zu übersehen war die Kanone nicht:

„(…) bei einer Größe von 1,30 Meter, auf einen rollbaren Untersatz geschraubt und mit 60 Kabeln an das Stromnetz des Stadions angeschlossen.“ (Hervorhebung von mir)

In meiner Rechtsauffassung sind dies alles Gründe, bei denen die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse daran hat, dass zügig ein Urteil gefällt wird und eine angemessen hohe Strafe gegen Hoffenheim ausgesprochen wird. Doch was passiert beim DFB:

„Aus der DFB-Zentrale werden Telefonanrufe zu diesem Thema freundlich abgewehrt, bitte schreiben Sie doch eine E-Mail, heißt es von dort. Und auf eine E-Mail hin erhält man die Antwort: Kein Kommentar während eines laufenden Verfahrens! Aber was hat die TSG als Strafe zu erwarten? – Kein Kommentar!“

Und weiter:

„Zumindest scheint das Verhältnis zwischen Verband und Verein von den laufenden Untersuchungen nicht belastet zu sein. Denn erst vor ein paar Wochen wurde bekannt gegeben, dass die deutsche Nationalmannschaft ihre EM-Vorbereitung in einem südfranzösischen Hotel absolvieren wird, das Dietmar Hopp gehört. Hätte man nicht erst zu einem Urteil kommen sollen, bevor man wieder gemeinsam Geschäfte macht? – Kein Kommentar!“

Gleiches Recht für alle gilt offenbar nicht, wenn es um die Gerichtsbarkeit des DFB geht. Weder was die Verfahrensdauer angeht, noch das Strafmaß. Es scheint dem DFB noch nicht einmal merkwürdig vorzukommen, mit dem Repräsentanten eines Vereins Geschäfte zu machen, gegen den noch ein laufendes Verfahren anhängig ist. Man stelle sich nur einmal vor, ein Staatsanwalt würde ähnlich verfahren, seine Karriere wäre am Ende. Das letzte bisschen Glaubwürdigkeit hat sich der DFB spätestens mit dieser Posse verspielt, wer mehr über die Verstrickungen von DFB und Hoffenheim erfahren möchte, dem sei press-schlag.de empfohlen.

Zitate aus „Lange nichts gehört„, erschienen am 19.11. im Tagesspiegel

Foto: cosmonautirussi/flickr.com (CC BY-SA 2.0)

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„Die Champions League war nie unser Ziel“

War die TSG Hoffenheim von Achtzehnhundertneunundneunzig vor einem Jahr noch der Deutschen liebsters Drecksclub Fußballkind (Stichworte: frech aufspielen, frischer Wind, Systemfußball), ging es in den letzten Wochen hoch her in Hoffenheim/Mannheim/Sinsheim. Das Ganze ging sogar soweit, dass Ralf Rangnick bei mir Sympathien sammeln konnte. Bisher dachte ich eigentlich, dass vorher die Hölle zufröre.

Über den Autor: schneider3

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Krisensimulation

Lippenbekenntnis„Wir ham die Schnauze voll!“ – Ein wütendes Publikum auf dem Zaun, eine Mannschaft auf dem Rasen, die sich mit „Scheiß-Millionäre“-Rufen schulbublike untern Senkel stellen lassen muss. Die anschließende, obligatorische Blockade des abfahrbereiten Mannschaftsbusses kann der Trainer im Dialog mit den Fans nach einer Stunde auflösen. Bundesliga-Alltag, wenn es in einem Team nicht läuft und man in der Rückrunde gerade einmal acht Punkte eingefahren hat, und damit lediglich den SC Freiburg in der „Rückrundentabelle“ hinter sich lassen kann? Nein, denn die Szenen haben sich nicht in Bochum, Nürnberg oder Berlin zugetragen, sondern im millionensubventionierten Fußball-Biotop Hoffenheim. Und sie lassen tief blicken.

Über den Autor: esleben

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Zitat des Tages (XIV)

Ralf Rangnick hat sich mal wieder zu Wort gemeldet. Und obwohl das Hoffenheim-Thema im vorigen Artikel schon ausführlich diskutiert wurde, denke ich, dass die Wortmeldung des „Professors“ etwas mehr Aufmerksamkeit verdient hat, als nur so nebenbei in einem Artikel-Kommentar erwähnt zu werden. Es geht also wieder mal um Hoffenheim. Und fast immer wenn es um Hoffenheim geht, geht es auch um Dietmar Hopp. Und jetzt darf man drei Mal raten, zu welchem speziellen Hopp-Thema Ralf Rangnick seinen Senf dazugeben musste.

Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.