„Ich bin wohlgemut.“

Er ist der Namhafte unter lauter Namenlosen, der Star unter den Unbekannten und der Einzige im Dunstkreis der Nationalmannschaft, der eine bessere Frisur als Joachim Löw hat. Ohne ihn würde „die Wade der Nation“ (kicker) immer noch „zwicken“ (alle dünnen und schwachen Fußballspieler). Wer jetzt noch nicht weiß, dass von Hans-Wilhelm „MüWO“ Müller-Wohlfahrt die Rede ist, hat wohl die letzten 150 Jahre Fußballgeschichte verpasst. Der Wunderheiler macht nicht nur die Spieler des „Rekordmeisters“ (kicker) wieder heile, sondern auch die „Jungz“ (B. Vogts) der „Löw-Elf“ (kicker). Zur EM hat er, der Gottgleiche, sich endlich herabgelassen, um zum einfachen Volk zu sprechen. Der Wunderarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt hat zwei Lakaien Journalisten vom Magazin der Süddeutschen Zeitung ein Interview gegeben, welches an Unfassbarkeit kaum noch zu überbieten ist. Zusammenfassen lässt sich das Gespräch folgendermaßen: MüWo ist nicht nur ein sehr erfolgreicher, sondern auch bescheidener und guter Mensch und der Schulmedizin ca. 20 Jahre voraus. Zudem mangelt es seinen Kritikern einfach an der Kenntnis von allem und speziell der Medizin. Gesundes Selbstbewusstsein ist das Stichwort. Das gesamte Interview gibt es hier, ich möchte einige Highlights allerdings gesondert hervorheben.

Falls man sich schonmal gewundert hat, was der Mannschaftsarzt eigentlich macht, nachdem er in 11,0 Sekunden auf 100 Meter zum verletzten Spieler gesprintet ist, hier die Antwort:

„Ich tauche quasi in den Muskel ein.“

Aber das hilft ja auch nicht weiter, wenn man die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse nicht sofort verarbeiten kann. Deswegen:

„Ich habe Tausende Male ertastet, wie sich ein unverletzter Muskel anfühlt. Diese Eindrücke habe ich gespeichert. Ich habe ungefähr 35 000 Muskelverletzungen diagnostiziert und im Gedächtnis abgelegt. Diese Speicherbilder, sogenannte Engramme, kann ich jederzeit abrufen.“

Der Vergleich mit einem Pianisten oder einem Violonisten drängt sich dem Leser sofort auf und auch MüWo weist in dem Interview nochmal auf die Ähnlichkeit seiner Tätigkeit mit der eines Künstlers hin. Klar, das jemand mit einer solchen Vita keine wirklichen Herausforderungen mehr kennt:

„Ich fühle mich mittlerweile jeder Aufgabe gewachsen.“

Dennoch, auch Demut und Bescheidenheit zeichnen den Arzt aus. Und das kommt nicht von ungefähr:

„Ich bin dankbar, eine christliche Erziehung erfahren zu haben. 15 Jahre lang habe ich Kassenpatienten an manchen Tagen bis Mitternacht behandelt.“

Allerdings hat die bösartige Kassenärztliche Vereinigung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Bei aller Liebe, es geht einfach nicht mehr und jetzt müssen die ganzen Mütterchen und einfachen Leute von der Straße wieder zu unfähigen Scharlatanen gehen, während Müller-Wohlfahrt die Weltstars heilt.

Bei soviel Erfolg hört man auch international genau hin beziehungsweise schaut genau hin:

„Das Lehrbuch Muskelverletzungen im Sport, das ich vor zwei Jahren mit meinen Praxiskollegen geschrieben habe, erscheint in diesem Jahr in der dritten Auflage und auf Englisch.“

Die größte Schande jedoch ist das Missverständnis, das ihm in früheren Zeiten entgegengebracht wurde. Heutzutage ist die Expertise von Super-Doc MüWo jedoch unbestritten:

„Schon in den Achtzigerjahren habe ich bei der neurogenen Muskelverhärtung den Flüssigkeitssaum entdeckt, über den wir vorher gesprochen haben, und dieses Phänomen in meinen Vorträgen erklärt. Vor ein paar Jahren haben australische Wissenschaftler dieses Ödem entlang eines bleistiftdicken Muskelbündels erstmals bei Kernspinuntersuchungen bemerkt und meinten, sie hätten etwas Neues entdeckt.“

„Dass im Bereich der Wirbelsäule gereizte Nervenwurzeln die von ihnen versorgten Muskeln falsch ansteuern und nach meiner Einschätzung in über 90 Prozent aller Muskelverletzungen ursächlich beteiligt sind, habe ich schon Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger beschrieben. Erst jetzt schließen sich andere Sportmediziner dieser Erkenntnis an.“

Und nicht wundern, wenn ihr IHM mal nachts begegnet:

„Ich habe schon wiederholt beim Joggen die Mitternachtsglocken gehört im Park!“

Einfach freundlich grüßen und „Du“ sagen, denn:

„Unter Sportlern duzt man sich.“

Unbedingt das ganze Interview lesen: Süddeutsche Zeitung Magazin: »Ich tauche in den Muskel« (Interview)

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
10 comments
  1. Ein ganz schlimmer Mensch

  2. Das ist echt sensationell!

  3. „Ich tauche in den Muskel ein“ Fantastisch, das kann man sich nicht besser ausdenken…

  4. Das Gefühl, jeder Aufgabe gewachsen zu sein, kenne ich aus eigener Anschauung. Die Luft ist dünn da oben…

  5. Ich habe ca. 3.5 Mio Heavy Metal Engramme gespeichert, die ich jederzeit abrufen kann

  6. Bis jetzt hatten wir ja festgestellt, dass Helmut Markwort wohl der schlimmste Mensch des Planeten ist. Ab der Doc macht ihm ja echt Konkurrenz. Wie geil man sich finden kann.

  7. Schau an, was man im Abspann des wirklich lesenswerten Interviews findet:

    „2008 eröffnete er eine mehr als 1600 Quadratmeter große Praxis im Zentrum Münchens, in die der Unternehmer und Mäzen von 1899 Hoffenheim, Dietmar Hopp, etwa 10 Millionen Euro investierte. Hopp ist damit der Hauptfinanzier.“

    Gutmenschen, touched by the hand of god, unter sich…

  8. Der Hopp mit seinen ständigen finanziellen Verflechtungen zu diversen Fußballorganen geht mir langsam mächtig auf den Zeiger. Das ist ja fast schon mafiös.

  9. Tja, ohne Müller-Wohlfahrt wäre die Bundesliga ziemlich arm dran. Man stelle sich mal vor, die verletzten Spieler müssten sich in Bremen behandeln lassen, LOL!

  10. […] seiner Hotels untergebracht hat, sondern auch Hauptfinanzier der Praxis von Nationalmannschaftsarzt Müller-Wohlfahrt ist. In einem Interview zu seinem Lieblingskind, der TSG 1899 Hoffenheim, das er seiner Haus und […]

Kommentare sind geschlossen.