Hoffenheim? Kein Kommentar!

Angeblich war es der große Skandal der im August noch jungen Saison. Bei vier Heimspielen der TSG Hoffenheim beschallten ein Stadion-Hausmeister und sein Komplize den Fanblock der Gästefans mit einer Schallkanone. Seitdem ermittelt der DFB und die Staatsanwaltschaft.

Während die Mühlen der Justiz bekanntlich langsam mahlen, ist man beim DFB normalerweise schnell bei der Hand mit einer Bestrafung. Kleines Beispiel gefällig? Dynamo Dresden spielte am 25.10. im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund, die harte Strafe folgte vier Wochen später: Ausschluss aus dem DFB-Pokal in der nächsten Saison. Fans des HSV brannten im September beim Auswärtsspiel in Bremen Bengalos ab, und benahmen sich Ende Oktober beim Pokal-Spiel gegen Eintracht Trier „daneben“, gestern wurde der Verein zu einer 7000 Euro hohen Geldstrafe verurteilt, wegen „fortgesetzten unsportlichen Verhaltens“. Das Thema Hoffenheim wird dagegen weiterhin beim DFB verhandelt, die Presse hat das Interesse an dem Fall längst verloren.

Man muss sich bei Google schon auf die vierte Seite der News klicken, um einen Artikel zu finden, der die berechtigte Frage stellt, wann der DFB in der „Causa Hoffenheim“ denn ein Urteil zu sprechen gedenke. Der kurze Artikel (Danke an Trainer Baade für den Hinweis) stammt vom 19. November und ist im Tagesspiegel erschienen. Autor Benjamin Apitius ruft darin noch einmal das Motiv für den Einsatz der Schallkanone ins Gedächtnis: Rache. Rache wird im StGB als niederer Beweggrund angesehen: „Wer einen Menschen aus niedrigen Beweggründen heraus tötet, ist als Mörder – und nicht nur als Totschläger – zu bestrafen.“ (Wikipedia). Aus Rache wurde also die mögliche Verletzung von Auswärtsfans in gleich vier Begegnungen in Kauf genommen, man könnte also sowohl von einem geplanten Vorgehenm wie von einem Widerholungstäter sprechen, der seine Taten mit einer hohen kriminellen Energie ausführte und zumindest über Mittelsmänner in höheren Spähren des Vereins verfügen musste, denn zu übersehen war die Kanone nicht:

„(…) bei einer Größe von 1,30 Meter, auf einen rollbaren Untersatz geschraubt und mit 60 Kabeln an das Stromnetz des Stadions angeschlossen.“ (Hervorhebung von mir)

In meiner Rechtsauffassung sind dies alles Gründe, bei denen die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse daran hat, dass zügig ein Urteil gefällt wird und eine angemessen hohe Strafe gegen Hoffenheim ausgesprochen wird. Doch was passiert beim DFB:

„Aus der DFB-Zentrale werden Telefonanrufe zu diesem Thema freundlich abgewehrt, bitte schreiben Sie doch eine E-Mail, heißt es von dort. Und auf eine E-Mail hin erhält man die Antwort: Kein Kommentar während eines laufenden Verfahrens! Aber was hat die TSG als Strafe zu erwarten? – Kein Kommentar!“

Und weiter:

„Zumindest scheint das Verhältnis zwischen Verband und Verein von den laufenden Untersuchungen nicht belastet zu sein. Denn erst vor ein paar Wochen wurde bekannt gegeben, dass die deutsche Nationalmannschaft ihre EM-Vorbereitung in einem südfranzösischen Hotel absolvieren wird, das Dietmar Hopp gehört. Hätte man nicht erst zu einem Urteil kommen sollen, bevor man wieder gemeinsam Geschäfte macht? – Kein Kommentar!“

Gleiches Recht für alle gilt offenbar nicht, wenn es um die Gerichtsbarkeit des DFB geht. Weder was die Verfahrensdauer angeht, noch das Strafmaß. Es scheint dem DFB noch nicht einmal merkwürdig vorzukommen, mit dem Repräsentanten eines Vereins Geschäfte zu machen, gegen den noch ein laufendes Verfahren anhängig ist. Man stelle sich nur einmal vor, ein Staatsanwalt würde ähnlich verfahren, seine Karriere wäre am Ende. Das letzte bisschen Glaubwürdigkeit hat sich der DFB spätestens mit dieser Posse verspielt, wer mehr über die Verstrickungen von DFB und Hoffenheim erfahren möchte, dem sei press-schlag.de empfohlen.

Zitate aus „Lange nichts gehört„, erschienen am 19.11. im Tagesspiegel

Foto: cosmonautirussi/flickr.com (CC BY-SA 2.0)

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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17 comments
  1. Ich weiß inzwischen wirklich nicht mehr, ob nicht vielleicht der DFB sogar der schlimmere Haufen als die FIFA ist. Bin gespannt, wann die Bundesliga für die ganze Saison nach Hoffenheim vergeben wird.

  2. Der Vergleich mit Dresden hinkt ein wenig. Denn während der DFB hier „direkt“ eingreifen konnte, ist es bei Hoffenheim IMHO so, dass der Verein selbst gegen die Täter ermittelt. Und der hat natürlich wenig Grund, großen Druck aufzubauen oder schnell zu handeln.

    Nichtsdestotrotz muss natürlich von Seiten des DFB mehr Druck aufgebaut werden, sonst verjährt das ganze noch.

  3. @Don: Häh? Wenn es Anzeigen gegen Hoffenheim gibt und ein ahndungswürdiges Verhalten, ist doch erstmal scheißegal, ob die selbst ermitteln oder nicht. Davon ab: Das tun sie ja nicht, der angeblich schuldige Hausi ist ja weiter in Amt und Würden. Wenn ein Verein selbst gegen Randalierer vorgeht, interessiert es den DFB ja auch nicht.

  4. @ Don: Ich kopiers dir mal aus dem verlinkten Artikel hier rein:

    „Seither wird sowohl beim Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) als auch bei der Staatsanwaltschaft Heidelberg vernommen, begutachtet, untersucht, eingeschätzt und abgewogen.“

    D.h. der DFB ermittelt und die Staatsanwaltschaft, der Verein nicht. Würde ja auch nicht dazu passen, dass der Hausmeister nach wie vor Dienst bei denen schiebt.

    Zum Dresden-Vergleich: Deshalb habe ich ja auch das beispiel Hamburg angeführt, normalerweise trifft der DFB in solchen Fällen binnen vier Wochen ein Urteil. ist ja auch gut so, sonst weiß später keiner mehr, wieso der Verein eigentlich bestraft wurde.

  5. Der Widerholungstäter, wer kennt ihn nicht.

  6. Mich würde es nicht wundern, wenn dieses 1899 garnicht bestraft wird. Es war ja nicht der Verein, sondern ein fehlgeleiteter Angestellter … Auf so eine Begründung läuft es meiner Vermutung nach hinaus. Wenn dem so sein sollte, muss man allerdings fragen, wieso Vereine für Fanfehlverhalten bestraft werden, die teilweise außerhalb der Stadien geschieht, aber für Angestellte im Haus nicht … lassen wir uns überraschen. Ich würde einen Punktabzug als Abschreckung für weitere fehlgeleitete Angestellte empfehlen.

    Naja, schau’mer mal.

  7. Die Aktion(en) der Hoffer kann ich ebnfalls nicht gutheissen, aber ich kann mich als Gladbachfan an keinen Moment in meinem mehr als 40 jaehrigen Leben erinnern, in dem ich mich mehr geschaemt habe, als in Hoffe im Gaesteblock(mit Auswaertsdauerkarte!), waehrend um mich herum ein paar Hohlkoeppe und Neider beleidigende und sachfremde Parolen geschrien haben. es gibt verschiedene Werte die man in einer zivilisierten Gesellschaft zu beachten hat: das Gastrecht ebenso wie der espekt vor dem Gastgeber sind nur 2 davon. Oder einfach daheimbleiben.
    und was den begriff der UNGLEICHBEHANDLUNG der Vereine angeht: Wie kann es sein dass beim FCB im Gaesteblock(uebrigens meines Wissens der Einzige der NUR im Oberrang liegt, weil Olli K. Angst vor fliegenden Bananen hatte) seit einem Vorfall mit Cottbusser Ultras ein Lebensmittel- und Getraenkeverbot herrscht(e)?

  8. Das Peinlichste an der ganzen Ungleichbehandlung beim DFB ist, dass ihm mit Dr. Theo Zwanziger ein promovierter Jurist vorsteht, der lustigerweise ueber den Gleichheitssatz in seiner Dissertation fabulierte. Einfach nur peinlich.

  9. danke für diesen beitrag – hab in den vergangenen wochen und monaten mit wachsener verärgerung auf eine entscheidung in dieser sache gewartet. schön, dass wenigstens unter den fans derartiges nicht in vergessenheit geräet, so dass der dfb mit seiner strategie, unliebsames unter den teppich zu kehren, nicht ganz durchkommen kann…

  10. @atze: Die Allianz-Arena muss in der Tat eine einzige Peinlichkeit sein. Kollege Esleben und Schneider3 können ein Lied davon singen.

  11. @ Atze: Die Parolen gegen Hopp mögen unterste Schublade sein, sie rechtfertigen m.M.n. trotzdem nicht, dass darauf mit versuchter Körperverletzung reagiert wird. Auch wenn das Hopp nicht selbst angeordnet haben dürfte. Mit seiner Dünnhäutigkeit hat er da genau den Effekt gezeigt, den die Parolen haben sollten. Das kann man zumindest ungeschickt nennen.

  12. Als ob die Beleidigungen gegenüber „Herrn Hopp“ einzigartig wären. Generell ist eine Stehtribüne die Heimat zahlreicher Niveaulosigkeiten. Wenn Hopp damit nicht klarkommt, soll er sich halt wieder in seine Loge verdrücken. Man kann nicht oft genug betonen, was sich der Wurst-Uli in manchen Stadien anhören musste und muss, ohne dass der sich einmal beklagt hätte.

    Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass wir in 30 Jahren auf die gleiche Weise auf das „Phänomen“ Hoffenheim zurückblicken, wie wir heute auf Braunschweig und Jägermeister zurückblicken: als Zäsur in der Entwicklung des „Geschäfts“ Fußball…

  13. Bin auch kein Freund der derzeitigen DFB Politik.
    Trotzdem ist mir dieser Artikel (sonst bin ich bei Dir (; ) zu Populistisch und Boulevarisch zitiert.
    Wie schon geschrieben können Äpfel mit Birnen nicht verglichen werden. Siehe Dresden.

    Hier sind so viel verschieden Instanzen imolviert und das dauert eben.
    Das der DFB diese Ermittlungen abwartet um nicht kontra produktiv zu handeln finde ich in Ordnung.
    So ist dieser Vorfall doch einmalig in dieser Form und dauert eben bis Konequenzen gezogen werden.

    Andere Seit meckern wir in reinst Form wenn schnelle und unbequemw Urteile gefällt werden.

  14. Ich bin komplett überzeugt davon, dass Hoffenheim – wenn überhaupt – eine ganz lächerlich kleine Strafe bekommen wird. Und ich bin überzeugt davon, dass beim DFB ganz schlechte Menschen arbeiten.

  15. @ Thomas: Und genau deshalb habe ich nicht nur das Beispiel Dresden angeführt, sondern auch das Beispiel Hamburg, bei denen wahrscheinlich nur HSV-Fans noch wissen, wieso die bestraft wurden. Obwohl es erst vier Wochen zurückliegt. Bei Augsburg hat es knapp drei Wochen gedauert, bis es zu einer Strafe durch den DFB kam (Da gings um einen Flitzer). Der einzig mögliche Grund, warum der DFB nichts gegen Hoffenheim unternimmt, ist, dass er nicht in das laufende Verfahren der Staatsanwaltschaft eingreifen möchte. Wenn dem so ist, wieso sagt man das beim DFB nicht auf die entsprechende Anfrage eines Journalisten?

  16. @ Esleben
    Ja aber die Rechtslage ist hier einfach anders.
    Bei Deinen Beispielen sind die Verursacher immer die Fans und somit ist der Hausherr (Verein) dafür haftbar zu machen.
    Bei Hoppenheim war es ein MA ohne angeblichen zutuens des Arbeitgebers.
    Daher Zivil und Arbeitsrecht.
    Das der DFB abwartet und sich in das laufende VErfahren einmischt ist eigentlich richtig.
    Daher auch kein Statment.

    Klar ist das ärgerlich – wie Du schon sagst die Mühlen mahlen langsam!- aber es wird sicher nicht vertuscht.

  17. Dann zeigt euren Unmut auch der Mafia gegenüber, udn zwar: info@dfb.de
    Ich schrieb denen wöchentlich diesbezüglich.
    Ich zitiere: „das Verfahren in Sachen Hoffenheim ist weiterhin bei Staatsanwaltschaft und DFB-Kontrollausschuss anhängig. Das heißt auch, dass das Verfahren noch läuft und nicht abgeschlossen ist.“

    Ich glaube eine Entscheidung überdauert den Maya-Kalender…

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