Deutschland-Portugal hin oder her, eines beschäftigt mich viel mehr. Folgende Situation: EM-Start, Hartzerglotze an, es ist angerichtet. Doch irgendetwas stimmt nicht. Kein Lärm von Vuvuzelas, ok, aber das ist es nicht. Steffen Simon dilettiert sich durch das zweite Spiel. Kennt man zur Genüge, das ist es auch nicht. Nach ungefähr 20 Minuten des Spiels Russland-Tschechien kann ich endlich mein Unbehagen in Worte fassen, es fällt mir wie Schuppen von den Augen: Warum werden wir während des Spiels eigentlich in einer noch nie dagewesenen Brachialität von der Farbe Lila gequält? Alles ist lila: Die Bande, die zweite Bande, der linke Teil des Zeitbalkens, die Ergebniseinblendung. Und nach dem Spiel geht es weiter: Sogar die Sponsorenwand, vor der die Interviews geführt werden müssen, ist lila.
Was will uns Michel Platini damit sagen? Sein Kommentar bezüglich der ihm zu politischen Äußerungen Philipp Lahms lässt es erahnen: Er will aus der mittlerweile vergangenen orangenen Revolution in der Ukraine eine lila Revolution machen, die in äußerster Konsequenz auch das Nachbarland Polen beherrschen soll. Und nicht einmal das genügt ihm: Am lila Wesen soll die Welt genesen. In Millionen von Wohnzimmern soll lila als dominierende Farbe etabliert werden. Die Botschaft: Lila steht ab jetzt für Fußball. In Zeiten von pinkfarbenen Fußballschuhen eigentlich nur folgerichtig. Denn eigentlich sind doch alle Fußballer mittlerweile ein bisschen metrosexuell. Und die Fans ja eh.
So, und jetzt mal im Ernst: Was soll das? Warum wird man von dieser Farbe die ganze Zeit penetriert. Irgendeine Agentur hat bei der Entwicklung des „Corporate Designs“ der Marke „UEFA EURO 2012“ wohl völlig hohlgedreht. Das beginnt schon beim Logo: Zwei Blumen mit Blüten in den jeweiligen Landesfarben. Hallo? Wir sind hier beim Fußball. Interessant sind auch die seltsamen Formen, in die sich auf der Sponsorenwand die Logos der werbenden Firmen quetschen müssen. Sieht von weitem aus, wie eine Art russischer Zwiebelturm. Sieht von nahem aus wie….keine Ahnung. Also ich als Sponsor würde mich bedanken, wenn ich meine Unternehmensinsignien in eine Zwiebel auf lila Grund pressen müsste. Aber wahrscheinlich gibts das ja auch zum Schnäppchenpreis. Die UEFA ist ja nicht dafür bekannt, mit so einer EM die große Kohle scheffeln zu wollen.
Aber wie jeder BWL-Student in der ersten Vorlesung Marketing lernt: Marken müssen unterscheidbar sein. Und was ist von den letzten Turnieren sozusagen als „Markenkern“ hängen geblieben? In Südafrika war es die Vuvuzela, in Deutschland war alles schwarz-rot-geil, in Österreich und der Schweiz war es: Richtig, gar nichts. Das konnte Michel Platini nicht gefallen. Und da man folkloremäßig von Polen und der Ukraine wohl nicht so viel erwarten konnte, wurde mal kräftig in den Farbtopf geschaut. Irgendwas, das auffällt, muss doch zu finden sein. Und so quält man den Fan einfach mit Blumen, Zwiebeln und der Farbe Lila.
Ich zitiere aus der offiziellen Pressemitteilung der UEFA:
Mit dem Logo möchte man der UEFA EURO 2012™ eine eigene Persönlichkeit geben und die visuelle Identität wird sich auch auf zahlreichen Promo-Artikeln, den Eintrittskarten und Internet-Bannern wiederfinden. Ziel ist es, das Turnier – welches zu den größten Sportereignissen der Welt zählt – weiter zu vermarkten und es mit einem Wiedererkennungswert zu versehen. Bei der Konzipierung des Logos wurde darauf geachtet, dass die Gastgeber darin fest verankert sind und so orientierte man sich am „wycinanka'“, einer traditionellen Art Schnittbilder aus Papier herzustellen, wie es vor allem in den ländlichen Gegenden in Polen und der Ukraine geschieht. Damit soll auch die Tier- und Pflanzenwelt der Region gewürdigt werden.
Ach so.
Ich denke auf jeden Fall über den Kauf eines ganz kleinen Röhrenfernsehers nach. Denn damit ist dieses ganze Elend wenigstens nicht ganz so präsent im Wohnzimmer.
Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche
Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.
Das Schlimmste gestern (neben Lahm und Müller) war definitiv die „Frisur“ vom Delling. Die hat mich scheinbar so dermaßen traumatisiert, dass ich das Lila gar nicht wahrgenommen habe. Dabei ist der Wetten-Dass-Job doch schon längst weg. Überhaupt sah er total mitgenommen aus, als ob er, seitdem er in der Ukraine ist, komplett durchgekokst hätte…
kann mir mal einer erklären, warum bei dieser EM so viele fussballerfüsse schuhe mit telecompink applikationen an den hack en haben (bzw. z. T. auch an den spitzen haben)? bin eine der wenigen frauen ohne schuhtic, ist mir auber trotzden aufgefallen und finde es recht komisch.
Ute, das ist einfach der Zeitgeist dieser jungen Menschen. Wir verstehen das nicht mehr.