Mein erstes Mal

Mein erstes Mal - Mi dem Nachwuchs ins Staidon

Borussia Dortmund – SC Freiburg 5:0

Ich hab’s getan! Trotz der von Experten vertretenen Meinung, man versaue sich damit nur den Samstagabend. Zumindest diese Einschätzung des Herrn Köster kann ich nicht teilen. Schwere Vorwürfe mache ich mir trotzdem. Habe ich meinen einzigen Sohn jetzt unwiederbringlich an den BVB verloren. Wird er in Zukunft nur noch über „Papas“ Verein lachen, der peinliche fünf Stück von Dortmund ins Tor bekommen hat? Und vor allem, habe ich ihm dabei nicht den Fußball gezeigt, den ich eigentlich gar nicht möchte?

Mit sechs Jahren sind die Sympathien noch nicht klar verteilt, so wurde die Ankündigung gemeinsam ins Stadion zum Spiel zwischen Dortmund und Freiburg zu gehen, mit dem Satz kommentiert: „Oh, die mag ich beide!“ Nur eins ist im Kopf meines Sohnes bisher felsenfest verankert: Bayern München ist der Feind, der Erziehungsauftrag damit eigentlich erfüllt. Mangels passender Trikots entscheidet sich Sohnemann dann aber doch für das St. Pauli-Trikot, mit dem sein Onkel bereits mit dem Tag seiner Geburt versucht, den Kleinen zu indoktrinieren. Selbstverständlich hat der andere Onkel in puncto „Lautern“-Devotionalien für den Kleinen längst aufgeholt und ich den Kampf aufgegeben.

Der Bequemlichkeit halber und um dem Kurzen den Zusammenstoß mit leicht alkoholisierten Dortmunder Fans auf Hin- und Rückfahrt zu ersparen, wird die Reise mit dem Auto angetreten. Über den Umweg Essen, hier sind noch die beiden lieben Freunde aufzulesen, denen wir unsere Karten auf der Haupttribüne verdanken – unentgeltlich selbstverständlich, dem Hauptsponsor der Gelb-Schwarzen sei Dank – geht es direkt auf den Parkplatz an der Westfalenhalle. Sechs Euro Parkgebühr werden dafür berappt, dass man in zwei Minuten am Stadion wäre, müsste der eigenen Nachwuchs nicht die erste durch Nervosität bedingte Pinkelpause einlegen.

Rein ins Stadion, hoch die Treppe und die Ungeduld des Kleinen wächst langsam, schließlich sind es jetzt nur noch zehn Minuten bis zum Anpfiff. Papa braucht aber erstmal ein Bier, um seine Nerven zu beruhigen, der Kleine Nervennahrung in Form mitgebrachter und ins Stadion eingeschmuggelter Süßwaren. Die Plätze auf Höhe der Mittellinie im Oberrang sind kaum eingenommen, da erfolgt auch schon der Anpfiff und die erste Unmutsäußerung des Kleinen über den enormen Lärmpegel des Stadions. Was dann folgt ist allerdings die körperlich zu spürende Paralyse des kleinen Männchens neben mir, offenbar steckt sich da jemand gerade mit dem Fußballbazillus an. Jedenfalls kann ich die nächste knappe halbe Stunde dem Geschehen auf dem Rasen ohne Unterbrechung folgen. Nur, es macht mich nicht glücklich. Nicht nur, dass Dortmund bereits nach 11 Minuten führt, der Kleine neben mir ist auch noch voller Freude über das Tor aufgesprungen. Na, warte, denke ich, gleich schlägt mein Team zurück…

Nach 35 Minuten ist die erste Gebanntheit vorüber und die Blase muss erneut entleert werden. Mit Wurst und Fanta bewaffnet in der Hand sind wir rechtzeitig zurück auf unserem Platz, um Diagnes dusselige rote Karte und den fälligen Elfmeter mitzunehmen. Wieder springt der Kleine neben mir auf, während ich in meinem Stuhl immer kleiner und kleiner werde. Die zweite Halbzeit wird für mich zu einer fortwährenden Demütigung, wenigstens hat der Kleine ein Gefühl dafür entwickelt, wann es gut ist. Bei den Toren drei, vier und fünf vergräbt er seinen Kopf in meiner Schulter, der Lärmpegel im Westfalenstadion ist einfach zu hoch. Mitte der zweiten Halbzeit ist nicht nur aus dem Spiel die Luft raus, sondern auch aus der Beziehung zwischen Vater und Sohn. Fortwährende Fragen, wann man denn jetzt endlich gehen würde, werden mit „Fünf Minuten“ noch entgegnet. Wie gut, dass er noch kein Zeitgefühl hat…

Nach 80 Minuten ist die Demütigung meinerseits allerdings so groß, dass ich seinem Werben nachgebe und etwas tue, was ich – ich schwöre – wirklich noch nie getan habe: Ich verlasse mit ihm an der Hand das Stadion fast zehn Minuten vor Schluss. Trotz bestem Parkplatz sind wir in einer Viertelstunde auf der B1. Inklusive eines weiteren Klogangs und einem sichtlich kaputten Kind auf dem Rücksitz….

Resümee: Für den ersten gemeinsamen Stadionbesuch habe ich einen Haufen Überzeugung über Bord geworfen und vielleicht meinen Sohn an den BVB verloren (Es gibt schlimmeres…), aber als reinen Horror kann man die gesamte Unternehmung nicht beschreiben. Man muss sich nur vorher darüber im Klaren sein, dass ins Stadion gehen immer auch eine Frage der Perspektive ist. Und beim nächsten Mal geht es eben wieder zu Turu Düsseldorf, da kann der Kleine hinter dem Tor dem Ball nachjagen und ich mich in aller Ruhe dem Geschehen auf dem Rasen widmen.

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben unter Google+
9 comments
  1. Mutig, mutig. Vielleicht solltest Du bei der Turu üben und dann ein Upgrade ins Ruhrstadion machen.

  2. Turu ist ja schon ein alter Hut für den jungen Mann. Aber das Ruhrstadion steht in jedem Fall als nächstes auf dem Programm, vielleicht rückt ja der Onkel Nummer eins VIP-Tickets raus, dann ist die Fanta-Versorgung gesichert.

  3. […] Wenn der Vater mit dem Sohne. 5-Freunde-im-Abseits-Autor Esleben, seines Zeichens Freiburg-Fan geht mit seinem Sohn zum ersten Mal ins Stadion. […]

  4. Jetzt auch noch VIP? Willst du deinen Sohnemann völlig verderben und ihn zu einem von denen machen? Das kannst du nur machen, wenn du möchtest, dass er eben kein Fußballfan wird. Ganz ehrlich: Tribüne ist noch ok, aber wenn er älter ist, dann gibts Stehplatz. Sonst kannst du ihn gleich zu den Bayern an die Klatschpappenfront schicken.

  5. Mit knapp 1,10 gibt’s auf den Stehplätzen halt wenig zu sehen. Außerdem war das kein VIP, der ist gegenüber, ich kenn mich da aus… ;-)

  6. Gut, da bist du natürlich „All in“ gegangen, wenn du mit dem Kleinen zum BVB gehst… War ja dann eher ein Eigentor ;) Aber es gibt wirklich schlimmeren, stell dir nur mal vor, er wäre zum „Feind“ übergelaufen…

  7. @Ballsportblog: Ich hatte natürlich insgeheim auf eine Freiburger Gala gehofft, an deren Ende der Kleine… Aber lassen wir das…

  8. Du bist doch sonst nicht so ein „Hans guck in die Luft“!?!

  9. […] dass der SCF eine 2:0 Führung binnen Minten wieder verspielte. Oder den ersten gemeinsamen Stadionbesuch mit meinem Sohn (die regelmäßigen Trips zu den Heimspielen von Turu Düsseldorf zählen hier einfach mal nicht), […]

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