Gestern war gestern

In der letzten Ausgabe des 11-Freunde-Magazins behauptete Uli Hoeneß, dass die Bundesliga in zehn Jahren Europa beherrsche. Der Mann irrt. Ich behaupte, in fünf  (!) Jahren beherrscht die Bundesliga die Welt! Seit gestern sollte jedem klar sein, dass die Zukunft begonnen hat.

Bisher verhielt es sich doch in der Champions League meist so: Mit Bayern stellt die Bundesliga die einzige Mannschaft mit internationalem Niveau. Auch wenn es nicht zum ganz großen Coup reichte, Bayern ist konkurrenzfähig. Für alle anderen – von Leverkusen bis zum BVB – gilt: ja, mal wieder ganz nah dran, dennoch genügt es nur zu einem knappen 1-7 in Barcelona. Gut gespielt, „auf Augenhöhe“, trotzdem muss man sich mit einem unglücklichen 0-3 beim französischen Spitzenclub Marseille zufrieden geben.

Bis zu diesem Zeitpunkt galt die gern zitierte Devise: Geld schießt eben Tore! Die haben mehr Geld, also schießen sie auch mehr Tore! Spätestens seit gestern sollte auch der letzte begriffen haben, dass nicht Geld Tore schießt, sondern Qualität. Dass diese im Zweifelsfall Geld kostet, geschenkt. Natürlich behaupte ich nicht, dass Bayern und der BVB Armenclubs sind, aber im Vergleich zu – sagen wir – ManCity sind die Transferausgaben zu vernachlässigen.

Vertreter deutscher Clubs haben jahrelang lamentiert, dass der englische Fußball auch deshalb so erfolgreich sei, weil sich die Premier League besser vermarkten ließe und – immer mit dem Hinweise verbunden, dass solche Modelle für Deutschland undenkbar seien – obskure Scheiche und millardenschwere Unternehmer unverhohlen ihr sauer verdientes Geld in die von ihnen erworbenen „Vereine“ steckten. Doch seit einiger Zeit ist es still geworden von deutscher Seite, denn es wurde offensichtlich erkannt, dass der englische Fußball massiv krankt und dabei ist, sich selbst abzuschaffen. Nicht nur das (intransparente) „Financial FairPlay“ der UEFA wird den Engländern zu schaffen machen, sondern auch die Tatsache, dass Funktionäre die Macht über den Sport gewonnen haben, die sich nicht für Fußball interessieren.

Und noch ein „Fakt“ ist nicht nur sicht-, sondern hör- und erfahrbar geworden. Als der BVB in Manchester antrat, waren die englischen Medien nicht nur vom glanzvollen Auftritt der deutschen Mannschaft beeindruckt, sondern auch (und vielleicht in diesem Moment realisierend, was in den letzten Jahren im englischen Fußball schief gelaufen ist) vor allem von der Stimmgewalt der angereisten Gästefans. Stimmung in englischen Stadien war einmal. Auch gestern beim souveränen Sieg der Schalker in Arsenal waren im Prinzip 90 Minuten lang
nur die Schalker zu hören. Sinnbildlich gewinnt auch in der Kurve „die Mannschaft“ und nicht der mit sich selbst beschäftigte Individualist (immer wenn die Kamera mal auf die Tribüne schwenkte, sah man rotgekleidete „Fans“, die mit ihren Smartphones beschäftigt waren) . Denn das ist, was Fußball – auf allen Ebenen – eben noch immer ist: ein von Begeisterung lebender Mannschaftssport!

Aber zurück zum gestrigen – für mich schon jetzt historischen – CL-Spieltag. Ich kann mich nicht erinnern, wann deutsche Mannschaften (Bayern ausgeklammert), zuletzt in einer entscheidenden Phase so eindrucksvoll gezeigt haben, dass das Duckmäuserische der Vergangenheit angehört. Selbstbewusst und angstfrei sind Dortmund und Schalke (und natürlich auch Ajax gegen City oder Porto gegen Kiew) als Kollektiv angetreten, um endlich das in die Tat umzusetzen, was lange nur außerhalb des Platzes eingefordert wurde: endlich mal ein Sieg gegen die „Großen“.

Ich bin mir sicher, wenn in Zukunft nicht allzugroße strategische Fehler in den entsprechenden Clubs gemacht werden und wenn es DFL, DFB, der Politik und Fanvertreten gelingt, Fußball als das zu betrachten, was es ist, nämlich ein (mit, oh, mein Gott! – Emotionen (!) besetzter) Mannschaftssport – wird der deutsche Fußball dem englischen und auch dem spanischen Fußball den Rang ablaufen. Gestern war erst der Anfang.

Bildquelle: wikipedia

Über den Autor: Buxe

Macht in Unterhosen und Lotto. Kunstverständiger Lebemann, der seinem Verein Schalke 04 in unerschütterlicher Hassliebe verbunden ist. Wurstvegetarier und Minigolfgott in Personalunion.

Macht in Unterhosen und Lotto. Kunstverständiger Lebemann, der seinem Verein Schalke 04 in unerschütterlicher Hassliebe verbunden ist. Wurstvegetarier und Minigolfgott in Personalunion.
11 comments
  1. Hat in der Tat richtig gut getan! Hab zwar nur das Dortmund-Spiel gesehen, aber das war schon super, wie die Madrid meistens kontrolliert haben. Wenn sie jetzt noch lernen, in manchen Situationen ruhiger zu spielen und nicht gleich wieder nach vorne zu rennen, können sie wirklich weit kommen. Und Schalkes Auftritt machte in der Zusammenfassung den Eindruck, als ob das ein komplett disziplinierter Auftritt war und Arsenal eigentlich chancenlos war. Super! Und Bayern haut in der Liga alles weg und quält sich, sobald es international wird. Ob das der Anspruch von Hoeneß ist?

  2. Buxe macht den Beeckenbauer! Werde dich in fünf Jahren daran erinnern! ;-)

  3. A propos: Was macht eigentlich Fährmann?

  4. Esleben, es kommen goldene Zeiten! Liebt Euch, verschuldet Euch, lebt! Macht Kinder, baut Häuser!
    Bin noch leicht benommen von diesem Spiel gestern. Das war ein richtig schöner, nie gefährdeter Sieg bei Arsenal, was immerhin seit 44 Heimspielen ungeschlagen war. War! Und der nächste blaue Halbgott ist übrigens Neustädter! Den vermissen die Gladbacher viel mehr als Reus!

  5. @Guru: Der heißt jetzt Neustädter;)

  6. Der Neustädter ist bestimmt auch ein besserer Torwart als Fährmann.

  7. @Guru: Was auf so ziemlich jeden zutrifft, sogar auf Oka Nikolov…

  8. Na dann wartet mal ab, wenn der Adler nächstes Jahr die CL von hinten aufmischt.

  9. Keiner ist besser als Oka Nikolov. Fakt.

  10. @Don: der HSV in der CL? Du hast Ahnung! ;)

  11. Da es hier sicherlich auch den ein oder anderen regelmäßigen Stadiongänger gibt, möchte ich eure Aufmerksamkeit auf folgende Aktion lenken:

    https://www.ich-fuehl-mich-sicher.de/

    Auch wenn die Aktion von einer schwarzgelben Seite ausgeht, geht der Grundgedanke hinter dieser Kampagne wohl alle Fussballfans an.

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