Der Tag, an dem ich Ottmar Walter nicht traf

Udo Lattek Es war wohl ein Samstag oder ein Sonntag und dürfte das Jahr 2003 gewesen sein. An diesem Tag jedenfalls wurde meine (rot-)weiße (Fan-)Weste für immer befleckt.

Wir machten Urlaub in der Pfalz (ja sowas gibt’s noch!) und befanden uns an einem schönen Nachmittag in Klingenmünster, wo eines der größten Fußballereignisse meines noch jungen Lebens statt finden sollte. Ich war nur nicht dabei. Ja, verweigerte mich sogar.

Auf dem Programm stand ein Benefiz-Fußballspiel. An sich ja nichts Großartiges, allerdings stand bei diesem Spiel eine Mannschaft allererster Güteklasse auf dem Rasen des mächtigen SV Klingenmünster: Die Lotto-Elf Rheinland-Pfalz! Ein Name wie ein Donnerschlag. Unsere Familie, tendentiell fußballinteressiert, wollte dem Ereignis natürlich beiwohnen. Jetzt, wo man schonmal da war.

Und jetzt kommts: Ich hatte kein Bock da hin zu gehen. Wollte lieber nach Hause (im Nachhinein gesehen war ich damals bestimmt schwer krank, hatte Fieber oder sowas…). Als das Thema bei meinem letzten Heimatbesuch dann mal wieder auf den Tisch kam wurde mir erst bewusst, welchen Fehler ich damals eigentlich gemacht hatte: „Horst Eckel hat mitgespielt und der Ottmar Walter war auch da, hat allerdings nur zugekuckt.“ In diesem Moment wollte ich alleine sein.

Ottmar Walter ist immer noch, wird ewig und immer sein, unerreichtester Rekord-Torschützenkönig „meines“ Vereins. Ever! 336 Hütten in 321 Pflichtspielen. Unfassbar. Zu seinem 85. Geburtstag hat ihm sogar Rotwein-Horst gratuliert. Seit dem Tod von Fritz Walter ist er wohl (objektiv!) der bedeutendste, lebende Sportler Deutschlands.

Und was mach ich? Anstatt ihm zu huldigen und Horst Eckel (auch ein Held von Bern, die legendäre Weschtkurv‘ betritt man durch „sein“ Tor) zuzujubeln bin ich lieber nach Hause gegangen hab, was weiß ich was gemacht.

Ich bin mir sicher, wären wir letztes Saison doch abgestiegen; es hätte an mir gelegen.

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
6 comments
  1. Amateur!

    Interessant wären ja jetzt die Sichtweisen der buckligen Verwandschaft….

  2. Woran ich mich noch erinnern kann ist ein völlig übermotivierter Euro-Eddy Schmidt, der nach gefühlten zehn Hütten gegen die völlig überforderte Kreisauswahl Klingenmünster seine Mitspieler anschnauzte, wen sie ihn nicht richtig in Szene gesetzt haben. Im Tor stand natürlich der Kleff, während „Landesvater“ Kurt Beck es sich nicht nehmen ließ, auch mir die Hand zu schütteln. Auch wenn ich gar nicht wollte…

  3. Du durftest Kurt Beck anfassen?

    Unfassbar!

    War der damals auch schon so ein Problembär?

  4. @3: Nein, damals war er in der Pfalz größer als Gott…

  5. Gott sei Dank hatte ich zu diesem Zeitpunkt meine Familie weit hinter mir gelassen, so dass ich nicht Gefahr gelaufen bin, Kurt Beck zu berühren :-)

    Auf der anderen Seite habe ich nun ein extrem schlechtes Gewissen, weil ich meine Brüder im Stich gelassen habe

  6. […] der Krise, zumindest aber seit Euro-Eddy nicht mehr für die Badener aufläuft und lieber für die Lotto-Traditionself Rheinland-Pfalz auf Torejagd geht. Mein Tipp: 3:0 und Bushido-Köhler mal wieder der überragende […]

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