Espanyol Barcelona beendet Fairplay

Quelle: www.pixelio.deWas sich auf den ersten Blick schlimm anhört, ist bei genauerem Betrachten aber eine sehr sinnvolle Maßnahme: In einem Brief an alle übrigen Teams der Primera Division halten die Verantwortlichen des zweitgrößten Vereins in Barcelona die Profis in Spanien an, den Ball nicht mehr ins Aus zu spielen, wenn sich ein gegnerischer Spieler verletzt am Boden wälzt. Der Schiedsrichter sollte das Spiel unterbrechen.

Wir kennen es zur Genüge: Ein Stürmer verbaselt den Ball am gegnerischen Strafraum, dabei gerät er ins Straucheln, fällt hin, während die Kontermaschine des Gegners auf vollen Touren läuft. Er bleibt liegen, mutterseelenallein in der gegnerischen Hälfte. Das Stadion wird unruhig, die Pfiffe werden immer lauter. Unsicher blicken die konternden Spieler hin und her, bis schließlich einer den Angriff abbricht und den Ball ins Aus spielt. Wer möchte schon öffentlich als unfairer Spieler gelten, dem der verletzte Kollege egal ist?

Dem möchte Espanol Barcelona nun einen Riegel vorschieben. Zu Recht. Denn keine Regel der Welt besagt, dass der Ball ins Aus gespielt werden muss, sobald ein gegnerischer Spieler verletzt scheint. Dieses teilweise unsägliche Verhalten hat sich eher in den letzten Jahren fatalerweise eingebürgert. Eine Art Gentlemen`s Agreement, dass aber von Nicht-Gentlemen immer wieder ausgenutzt wird, um unangenehme Situationen vor dem eigenen Tor im Keim zu ersticken, ohne dafür auch nur einen Finger krumm zu machen. Einfach mal hinlegen, den Rest erledigt Kumpane Fairplay.

So wird Fairplay zum Unfairplay. Und selbst wenn der gegnerische Stürmer am Boden liegt, ein Tor auf der anderen Seite fällt und anschließend der Verletzte mit selbst verschuldetem Kreuzbandriss vom Platz getragen werden muss: Das Tor ist regulär. Und auch nicht ehrenrührig. So lange der Schiri das Spiel nicht unterbricht, lag offensichtlich keine Regelverletzung vor. Es besteht kein Grund, den Angriff abzubrechen. Und das Argument, dass einem Verletzten so schnell wie möglich medizinische Hilfe zugeführt werden müsste, ist ja wohl auch nur ein Scheinargument. Erstens haben wir es hier ja nicht mit einem Autounfall bei Tempo 200 zu tun und zweitens haben die Therapeuten auf dem Platz auch keine bessere Idee, als direkt Eisspray auf alles zu sprühen, was nach Verletzung aussieht.

Es gibt allerdings eine FIFA-Regel, die besagt, dass die Spieler den Ball nicht ins Aus spielen sollen, sondern nur der Schiedsrichter das Spiel unterbrechen sollte. Auch wenn die FIFA viel Unsinn betreibt, wenn der Tag lang ist, in diesem Fall liegt sie absolut richtig.

Über den Autor: Vollspann!

Optimistischer Pessimist und Schöngeist aus dem Ruhrgebiet (Herne). Als hochtalentierter Passivsportler und Dauergast beim BVB kennt er Höhen und Tiefen des Fußballsports.

Optimistischer Pessimist und Schöngeist aus dem Ruhrgebiet (Herne). Als hochtalentierter Passivsportler und Dauergast beim BVB kennt er Höhen und Tiefen des Fußballsports.
32 comments
  1. Endlich! Ich verlange eine Auszeichnung für den Verein. Dieses widerliche Ball-ins-Aus-spielen ist schlimmer als die brutalste Grätsche.

  2. Endlich, endlich, endlich!

  3. Dem kann ich nur voll und Ganz zustimmen.

  4. Darauf hab ich auch schon lange gewartet. Daumen hoch !

  5. Also ich finds ja super, wenn die Spieler den Ball ins Aus kicken und alle klatschen, wenn der Ball wieder zurück gespielt wird …

  6. Andere Meinung aus Prinzip? ;-)

  7. eher Eventfan.

  8. Ich bin auch dafür, das hat uns gestern mindestens das 7:1 gekostet, wahrscheinlich auch das 8:1… ;)

  9. @7: Ja, schwacher Versuch meinerseits, eigentlich ist mir das Thema völlig schnuppe. Soll jeder machen wie er will.

  10. Soll jeder machen wie er will.

    Auch Kerner?

  11. Hat der schon mal den Ball ins Aus geschlagen?

  12. Er wäre auf jeden Fall der erste, der es machen würde. Und das ist schlimm genug.

  13. @12: Verbal schon Tausende.

  14. Dass Schlimme ist aber, dass er den Ball gar nicht ins Aus schlagen wollte. Er tut es aber trotzdem andauernd.

  15. Möchte ich wirklich wissen, wie häufig Barcelona II schon Nutznießer dieser nunmehr ignorierten Regelung war? ;)

  16. @16: Hmm, spielt das denn eine Rolle?

  17. @16: Wenn sie schon oft Nutznießer dieser Regelung gewesen sind, dann ist es doch umso anerkennenswerter, dass sie sich für deren Abschaffung einsetzen.
    Man darf nicht vergessen, dass es dabei nicht darum geht, ein Spiel unfair zu gestalten, sondern dem Schiedsrichter die Regelauslegung zu übergeben. Und das halte ich für richtig.

  18. Hoch lebe der Bürgerjournalismus ;-)
    39 Tage nach Vollspan hat nun auch das Massenmedium die Story entdeckt.
    http://www.welt.de/sport/article1555753/Espanyol_Barcelona_macht_Schluss_mit_Fair_Play.html

  19. Sensationell. Das sind ja reine Turbojournalisten bei Springer. Respekt.

  20. Ich poste es mal hierhin, weil es hier schon um Spanien geht! Unfassbar geil: Real erzielt ein Tor, das nicht gegeben wird, und während die noch jubeln, schießt Getafe im Gegenzug das 1:0, köstlich:

    http://www.humsurfer.com/view/getafe-real-madrid-10-goal-video-they-lost-

  21. Mann, für Real wirds langsam echt eng.

  22. @22: Tut Dir das etwa leid? Dem Franco-Club gönne ich per se gar nichts. Dann schon lieber Barca. Oder Almeria…;-)

  23. Hmm, bevor ich in Madrid war, fand ich auch Barca besser. Ich finde die heut noch gut.
    Aber auch wenn ich mich dagegen gesträubt habe: Ich wurde jeden Tag mit 10.000 News über Real zugeballert wird, habe viele Spiele im Fernsehen gesehen, war im Bernabeu und hab die Meisterschaftsfeier mitbekommen hab. Da entwickelt man irgendwie automatisch so etwas wie Interesse und vielleicht auch Sympathie. Von daher: Ja, es tut mir ein bisschen leid. ;-)

  24. @24: Sei Dir unbenommen. Zur Heilung würde ich Dir empfehlen, mal ein bißchen was zur Clubgeschichte zu lesen. Und analog dazu dann bitte Barca. Dann dürftest Du Dein Urteil revidieren…;-)

  25. Ach ja, mir ist das schon klar. Warum sollten auch die Katalanen was mit Franco zu tun haben wollen und umgekehrt. Seperatisten kann man in einer Dikatur nicht brauchen. ;-)

    Deutsche Vereine haben im Nationalsozialismus auch keine vorbildliche Rolle gespielt.

  26. @26: Das ist richtig. Aber damals haben (leider) fast alle Vereine gleich reagiert – und hier sind sogar die Bayern besonders lobend zu erwähnen, die sich vehement einer Nazifizierung widersetzt haben, während die meisten Clubs in vorauseilendem Gehorsam agierten.

    Aber was hat das damit zu tun, einen (!) Verein abzulehnen, der von Franco gefördert wurde, um als sportliches Aushängeschild zu dienen? Der auch in der Zeit seit 1975 durch die alten Seilschaften weiter unterstützt wurde? Dem wertvolle staatliche Grundstücke für Nüsse überschrieben wurden, bei dem Extraausnahmen bei Verschuldungsfragen gemacht wurden dem Schulden erlassen wurden etc. ppp.?

    Du bist doch auch nicht Fan von Dynamo Berlin, oder?

  27. @27: Ich bin doch gar kein Real-Fan. Ich habe doch nur gesagt, dass ich seit meiner Zeit in Madrid etwas mit Real sympathisiere. Ich habe auch keinem gesagt, dass er denn Verein nicht ablehnen darf.
    Die Vergangenheit des Vereins ist mir in diesem Fall wirklich völlig egal. Und wenn es um alte Seilschaften aus der Franco-Zeit geht: Da kann man jetzt über ganz Spanien ein großes Fass aufmachen.

  28. @28: Ja, aber nicht im Bereich Fußball.

  29. Naja, Don, jetzt bist Du aber überhart. Da müsste man ja auch jeden Schalke-Fan an den Pranger stellen, weil S04 sich in der Nazizeit als Vorzeigeclub etablierte.

  30. @30: Die haben aber auch wieder praktisch bei 0 angefangen. Und zudem haben sie ihre Vergangenheit durchleuchtet und verarbeitet.

    Da ist bei Real Madrid (aber auch zugegebenermaßen in der gesamten spanischen Bevölkerung) nichts zu sehen oder zu hören. Man schaue sich nur das Museum an. Kein einziger kritischer Ton zu den Bevorzugungen des Vereins oder zu den Behinderungen anderer Vereine.

  31. Also ich weiß ja auch nicht. Ich weiß es natürlich nicht, aber ich nehme an, dass die meisten deutschen Vereine ihre Vergangenheit auch noch nicht umfasstend aufgearbeitet haben. Der DFB bis vor ein paar Monaten bis Jahren im übrigen auch nicht. Insofern glaube ich nicht, dass mit der Vergangenheitsbewältigung im Fußball in Deutschland alles super, in Spanien dagegen alles schlecht läuft.

  32. @32: Hier mag nicht alles komplett aufgearbeitet sein, das ist wohl richtig. Aber was soll das jetzt heißen? Die BuLi war ja de facto ein kompletter Neustart und die Vereine, die besonders vom NS-Regime profitiert haben, haben dies auch aufgearbeitet (v.a. S04). Auch bzgl. der Eintracht gibt es da ein Buch („Wir waren die Juddebubbe“).

    Bei Madrid gibt es – soweit ich das beurteilen kann – ja noch nichtmal ein Schuldbewusstsein. Und das ist IMHO nicht tolerierbar.

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