Lieber Derby als darben

Letzte Woche noch sträflich wegen Winterpausenblues und Dschungelcamp-Fieber vernachlässigt, gibt’s diese Woche wieder die brandheiße Vorschau auf die anstehenden Derbys. Die fällt allerdings reichlich kurz aus, weil die zweite Liga derzeit pausiert. Wieso, weiß mal wieder kein Mensch…

Sa, 15:30 Uhr:
Dortmund – Hoffenheim (Das „Nachhaltigkeits“ Derby)

Wenn der wiedererstarkte Fastpleitier gegen den Emporkömmling aus dem Kraichgau antritt, kann man wieder einmal den Unterschied zwischen Traditionsverein und gekaufter Tradition bewundern. Volle Hütte in Dortmund, nur im Hoffenheimer Fanblock dürften noch reichlich Plätze übrig sein, auch wenn Crescendo Hohenlohe vollzählig antritt. Spätestens seit Tom Starke zum verbalen Rundumschlag gegen das Hoffenheimer Publikum ausgeholt hat, weiß man: mehr als 1000 Fans können da gar nicht kommen…

Augsburg – Kaiserslautern (Das „Sechs-Punkte“ Derby)

Jos „Der lächerliche Schnauz“ Luhukay gegen Marco „Kapuzenpullover“ Kurz. Letzterer hat seit einem durchaus lesenswerten Interview mit den 11 Freunden ziemlich an Kontur gewonnen. Das kann man von seinem Gegenüber nicht behaupten, da kann er so oft er möchte den „Power-Mischi“ auf die Tribüne setzen. Besonders unangenehm für mich als Freiburger sind die Auftritte des ehemaligen SC-Managers Andreas Rettig an seiner Seite, der schon in Köln bewiesen hat, dass er der schlechteste Verlierer der Welt ist und eigentlich permanent die beleidigte Leberwurst spielt.

Sa, 18:30 Uhr:
Köln – Schalke (Das „Jecken-Knappen“ Derby)

Wundertüte Köln gegen Huubs Knappen. Die sind in der Winterpause standesgemäß Unter Tage gewesen, lieferten der Presse damit tolle Bilder und bauchpinselten die eigene Klientel in Sachen „Malocher-Image“. Wer allerdings das dritte Tor gegen Stuttgart letzte Woche gesehen hat, dem dürfte klar sein: diese Zeiten sind vorbei. Auch wenn der Knurrer von Kerkrade wieder auf der Bank sitzt.

So, 15:30 Uhr
Mainz 05 – Freiburg (Das „Rumpelstilzchen“ Derby)

„Folgt der nächste Streich?“ „Baden-Streich für Tuchels Mainzer?“ Man braucht gar nicht in die Zeitungen zu schauen, um sich die Schlagzeilen vor dem Duell der Trainer-Rumpelstilzchen auszumalen. Für Tuchel und Streich wäre es jedenfalls besser, wenn ihre Coachingzonen innen mit Gummi ausgekleidet wären. Das hätte auch den Vorteil, dass ihnen so der Zugriff auf den „vierten Offiziellen“ verwehrt wäre, zu dessen ganz speziellem Freundeskreis ja der Gauleiter „Fußball Rheinhessen“ im besonderen gehört.

Spielfrei: Eintracht Frankfurt, VfL Bochum, SSV Reutlingen

Foto: *Debs*/flickr.com

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

In den Herzen Berlins – Update –

Als ich im Juni nach Berlin gezogen bin, fiel mir kurze Zeit später das Sonderheft der Fußball-Woche in die Hände. Bis ins letzte Detail werden hier Kader und Saisonplanungen aller Berliner Vereine aufgeführt, bis runter in die Kreisklasse. Bald war im Freundeskreis die Entscheidung getroffen, in ein oder zwei Jahren so viele Stadien, Kampfbahnen und Sportplätze wie möglich zu besuchen. Raus aus den Arenen, ran an den Rasen! Wir wollen die Herzen Berlins erkunden und hoffen dort zu finden, was wir in den großen Stadien der Bundesrepublik vermissen: Seele, wahre Leidenschaft und Fußballsport ohne große Sperenzien.

Den Anfang machte vor einigen Wochen der Schlager Berliner SC : Hertha 03 Zehlendorf (Berlin-Liga), die Klatsche (0:5), die sich das Heimteam am wunderschönen Hubertussportplatz abholte, soll hier aber nur eine Randnotiz sein. Die Erinnerungen sind doch inzwischen allzu sehr verblasst.

Letztes Wochenende umgingen wir direkt unsere selbstauferlegte „Amateur-Pflicht“ und besuchten das Spiel SV Babelsberg 03 : SV Darmstadt 98 (3. Liga). 2.199 Zuschauer im Schnitt und die minimal linksorientierte Anhängerschaft der Babelsberger waren für uns aber Gründe genug, bis nach Potsdam zu fahren. Zudem hatten die Babelsberger mit Darmstadt einen Traditionsverein zu Gast, der sich so langsam wieder auf dem Weg nach oben zu bewegen scheint.

Kaum am S-Bahnhof angekommen, empfing uns auch schon die geballte Staatsmacht: Zwei sympathische (sic!) Uniform-Träger in ihren frühen 50ern wiesen uns den Weg: „Der Bus is scheiße, lauft lieber! Vielleicht werdet ihr ja begleitet.“ Unser Fußweg führte uns durch beschauliche Babelsberger Wohnhäuser, Fußball auf dem Dorf. Und plötzlich dann dieser magische Moment, wie er sich inzwischen leider nur noch selten einstellt: Hinter einer bemalten Häuserfront tauchen die Flutlichtmasten des Karl-Liebknecht-Stadions auf. Das Stadion ist eines der schöneren, die ich bisher besucht habe: ein reines Fußballstadion, wenig Platz zwischen Zaun und Auslinie, eine überdachte Haupttribüne mit Sitzplätzen und ansonsten Betonstufen. Ein Oldschool-Ground wie er im Buche steht.

Das Spiel selbst befand sich allerdings auf überschaubarem Niveau, mit leichten Vorteilen für Darmstadt. Eine der Angriffsbemühungen der Lilien wurde in der 37. Minute schließlich per Foul gestoppt, Elfemter und gelb! Marcus Steegmann „lies sich diese Chance nicht nehmen“. Die ohnehin eher durchwachsene Stimmung befand sich nun auf einem Tiefpunkt. Nur die beiden älteren Herren, die ihren Platz vor uns am Zaun nur ein einziges Mal, zum Bierholen natürlich, verließen, moserten mit der gleichen Intensität weiter und gelangten sich auch weiterhin in schöner Regelmäßigkeit in die Haare.

Die zweite Halbzeit gestaltete sich dann etwas spannender: kopflose Angriffsbemühungen auf beiden Seiten, plötzlich Rudelbildung, zwei Rote Karten (eine gegen Darmstadt, eine gegen Babelsberg) und, drei Minuten später, eine weitere Hinausstellung. Diese eingesprungene Vinnie-Jones-Gedächtnisgrätsche mit Anlauf ließ dem Schiedsrichter aber auch keine andere Wahl. Und tatsächlich, es ging ein Ruck durch die Babelsberger Mannschaft. Kick and Rush ersetzte die Brechstange (oder umgekehrt? Ich weiß es nicht mehr) und in der 84. Minute stocherte Anton Makarenko einen zuvor ungefähr tausendmal abgeprallten Ball über die Linie nahm sich Anton Makarenko ein Herz und jagte die Kugel aus 22 Metern flach ins rechte Eck des Darmstädter Tores. Wir, inzwischen überzeugt vom Bier und unseren neuen Freunden von der lokalen Antifa, hingen am Zaun und brüllten unseren Jubel über den Rasen. Wenigstens einen Punkt gerettet!

Unser weiterer Weg führte uns im Anschluss an das Spiel noch in den Fanladen in der Nähe des Stadions. Der schwarze Block, junge Mütter mit ihren Kindern, einige Rentner und Bier für 1,20 € überzeugten uns nun gänzlich: Babelsberg ist ein hochgradig sympathischer Verein, irgendwo zwischen Provinz und Großstadt, aber einer hochgradig freundlichen Atmosphäre. Auf dem Rückweg trafen wir erneut die beiden Kollegen von der Polizei, die den S-Bahnsteig immer noch eisern überwachten. Die Jungs wollten alles über das Spiel wissen und ob Babelsberg „wieder gezündelt“ hätte. Denn: „Auch wenn wir’s eigentlich nicht sagen dürfen: Pyro sieht ja schon geil aus.“

3. Liga, 2011/2012, 17. Spieltag, Samstag, 19. November, SV Babelsberg 03 : SV Darmstadt 98 – 1:1 (0:1). Karl-Liebknecht-Stadion, 2.033 zahlende Zuschauer.

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

In Wolfsburg brennt der Baum. In Istanbul auch.

Es war klar, dass das Pulverfass VfL Wolfsburg über kurz oder lang explodieren würde. In und um die Volkswagen-Arena brodelte es ja schon länger, nun scheint das Tischtuch zwischen Management und den fanatisierten Anhängermassen endgültig zerschnitten. Ausschlaggebend war die Auflösung des Vertrages mit Arne Friedrich, die auch die Treuesten der Treuen verärgert hat. Im Nachgang brach ein Sturm der Entrüstung los, der selbst für einen Verein wie Wolfsburg ungewöhnliche Ausmaße angenommen hat. 5 Freunde im Abseits, der Günter Wallraff der Fußballblogs, hat einen exklusiven Einblick in das Herz der Wolfsburger Fan-Seele erhalten und zeigt an dieser Stelle, wie viel Hass in manchen Fußballfans steckt. Wogen des Zorns brechen über den VfL herein und keiner kann sagen, wie lange der Traditionsverein dieser Zerreißprobe noch standhalten kann.

Damit gar nichts zu tun hat das Folgende, ungefähr Gegenteilige und somit Großartige: Weil sich die Fans von Fenerbahce in letzter Zeit mal wieder minimal daneben benommen haben („fußball-beklopp“, R. Calmund) müssen sie aktuell mal wieder eine Stadionsperre erleiden, was zu einer absolut einzigartigen und sensationellen Idee, mit noch sensationellerem Ergebnis geführt hat: Das Stadion wurde für das Spiel gegen Manisaspor nur für Frauen und Kinder unter 12 Jahren geöffnet. Hier und anderswo hinsichtlich Fußball meist nur belächelt, haben es sich die Damen nicht nehmen lassen, auch ohne ihre Typen für eine sensationelle Atmosphäre zu sorgen. Statt der kalkulierten 10.000 Zuschauerinnen kamen 41.663 und haben es krachen lassen. Und ich will endlich nach Istanbul zum Fußball kucken!

Via: El Fútbol

Über den Autor: schneider3

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Geldwerter Vorteil

Zugegeben, die Analogie der Überschrift zum Fachbegriff aus dem Arbeitsrecht ist unpassend. Dennoch fasst der Ausdruck ganz gut den Vorstoß von Hans-Joachim Watzke zusammen, der zuletzt eine Neuverteilung der Fernsehgelder forderte.

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.