Schwarz-rot Portugeil

Die schwarz rot geile Hysterie schwingt sich zum ersten Höhepunkt auf, einziger Pluspunkt des heutigen Tages: KMH darf noch nicht vom Ostseestrand aus ganztägig Nichtigkeiten aus dem deutschen „EM-Quartier“ berichten. Dafür wird man heute all überall (also Getränkemarkt, Metzger, Grillbedarf) von schwarz rot geilen schwarz rot gold gekleideten Menschen belästigt werden. Ankumpelungen nicht ausgeschlossen. Aber: Ich will mich nicht mit Leuten über Fußball unterhalten, die nicht einen Bundesligaverein benennen können, für den Hansi „Stahlhelm“ Flick aktiv gespielt hat. Da bin ich arrogant wie Louis van Gaal.

18:00 Uhr, Charkow, Stadion „Metalist“

Doch vor der großen Abendmesse mit Rudelkucken und anschließendem Autokorso hat der Fußballgott das Spiel Dänemark gegen die Niederlande angesetzt. Auf dem Papier die bis dahin stärkste Partie des Turniers, andererseits muss das Spiel erst einmal an den Unterhaltungswert der gestrigen Partien heranreichen. Goldschuhe aus war sich gestern jedenfalls schon sicher „Russland wird Europameister“. Die Sympathien sind klar verteilt. Im Zweifel immer für die McDonalds-Europameister und gegen die Kung-Fu-Kids in Orange um Obersympath Arjen „Erster alles für immer und ewig und alle Zeiten“ Robben.

20:45 Uhr, Lviv, Arena Lviv

Der falsche Bender auf der rechten Außenverteidigerposition, Lahm auf links, „Scheiß Neger“ zentral und Gomez im Sturm? Oder doch mit Kopfballtorklose und Jerome „Sechs Uhr morgens“ Boateng. Eigentlich müsste der Bundestrainer froh sein, dass ihm Boateng seine Nichtberücksichtigung frei Haus bzw. frei Bild geliefert hat. Zu unkonstant und hibbelig kickt der unter Umständen untalentierteste der drei Boateng-Brüder. Bei einer Niederlage nehme ich jede Wette an, dass entweder Eduard Geyer, Elmar Wepper oder Matze Knop, oder alle drei in Waldis unerträglichem EM-Club nach fehlenden Führungsspielern krähen und einem, der wie einst Jens Jeremies oder wahlweise Dieter Eilts dazwischen haut. Es ist so grausam…

Foto: Jennifer Boyer, flickr.com

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Vorrundenaus – Jogis Kader für die EM!

Ich weiß. Wer den Bundestrainer kritisiert, kann eigentlich nur verlieren. Besonders in einer Stimmung, in der sich die meisten Fans eigentlich nur noch fragen, wen wir im EM-Finale weghauen. Denn die vergangenen Jahren zeigten: Meist macht der nette Herr Löw doch meist mehr richtig als man selbst hätte glauben können. Und dennoch kann ich nicht aus meiner pessismistischen Haut und erlaube mir, die Kadernominierung für die EM zu hinterfragen. Denn so wird das leider nichts.

 Zu wenig Dortmunder

Der BVB ist klar die national dominierende Mannschaft der vergangenen zwei Saisons. Die Spieler sind topfit, hochmotiviert und scheinen charakterlich ebenfalls sehr umgänglich zu sein. Zudem verpasst man die Chance, die Dortmunder Euphorie mit ins Turnier zu nehmen. Fahrlässig: Der falsche Bender-Bruder wurde mitgenommen, ich denke, den hat Jogi einfach verwechselt. In dieser Saison war Sven Bender in Dortmund sicherlich der wichtigere Faktor als Lars in Leverkusen. Außerdem hätte ich auf jeden Fall Kevin Großkreutz mitgenommen, egal, was man von ihm als Typ hält. Mit seiner wahnwitzigen Einsatzfreude wäre er vielleicht ein Spieler gewesen, den man mal bringen kann, wenn ein Spiel mal nicht übers Füßchen entschieden wird. Er würde zudem sicher für gute Stimmung sorgen, auch wenn er auf der Bank säße.

 Zu wenig angriffslustig

Drei Stürmer wären in Anbetracht der Formkrise des einen und der jüngsten Verletzungshistorie des anderen schon wenig gewesen. Nun ist also Cacau weg (wofür es sicherlich Gründe geben mag) und mit Gomez nur ein fitter Stürmer im Kader. Klar, Poldi kann auch vorne drin spielen, Reus will der BuTrä ebenfalls als Stürmer probieren. Aber etwas wohler wäre es mir schon, noch einen richtigen Mittelstürmer dabeizuhaben. Und sei es für den Fall der Fälle. Ein hoher Anspruch an die Fußballästhetik ist ja gut und schön. Manchmal braucht es aber auch einen, der die Pille einfach mal reinzimmert. Die Bayern können nach dem Champions-League-Finale ein Lied davon singen. Helmes ist ja auch nicht gerade schlecht drauf und dürfte – Felix sei Dank – auch einigermaßen austrainiert sein. Abgesehen davon: Was ist es für ein Signal an die Mannschaft, mit zwei Stürmern in ein Turnier zu gehen?

 Verhängnisvolle Vernachlässigung der Abwehr

Ich gebe zu, dies mag ein subjektiver Eindruck sein, aber die gesamte Zusammenstellung der Abwehr erschließt sich mir nicht so ganz. Mertesacker war in England dauerverletzt, ist aber nun dabei. Badstuber halte ich persönlich für gnadenlos überschätzt. Mag sein, dass er einen guten Ball hinten raus spielt, in den Primäreigenschaften, die ein Innenverteidiger mitbringen sollte, fand ich ihn aber stets eher mau, wenn ich ihn gesehen habe. Es gibt nur einen überzeugenden Innenverteigier, nämlich Hummels, der in seinem Verein allerdings ein komplett anderes System und eine komplett andere Spieleröffnung praktiziert als in der Nationalelf.

 Lahm ist für mich trotz rechtem Fuß einfach Linksverteidiger. Es wurde in den letzten Jahren versäumt, einen Rechtsverteidiger aufzubauen. Was Boatang im Kader zu suchen hat, habe ich noch nie verstanden, aber falls er eine Daseinsberechtigung hat, dann definitiv eher als Innen- denn als Außenverteidiger. So kann Löw eigentlich nur eines tun: Lahm auf die „falsche“, weil rechte Seite ziehen und den zumindest soliden Schmelzer mangels Alternativen auf links bringen.

 Der zunehmende Konservatismus

Die Kadernominierung ist alles in allem langweilig und bieder. Man verlässt sich zu sehr auf die Eingespieltheit der Mannschaft und die gestiegene Erfahrung der Hauptakteure. Die Verweigerung jeglicher Veränderung wird irgendwann zu einer Lähmung der Entwicklung führen. Wir können nur hoffen, dass diese nicht schon bei diesem Turnier eintritt. Zu Beginn der Arbeit für die Nationalelf sorgte Löw (mit Klinsmann) für verwunderte Gesichter als er Odonkor mitnahm. Solche Überraschungen bedeuten erstmal für eine gewisste Lebendigkeit, Durchlässigkeit in der Mannschaft, bleiben heute aber komplett aus. Es steigert den Konkurrenzdruck, wenn immer mal ein neuer Spieler einsteigt. Zudem kann man den Überraschungsmoment als taktisches Mittel einsetzen, um  den Gegner zu verwirren (vgl. Odonkor im Spiel gegen die Polen 2006).

Von dieser gedanklichen Kreativität ist nichts mehr übrig. Die üblichen Verdächtigen werden nominiert. Mit Draxler hätte man die Chance gehabt, frischen Wind zu bringen, aber der Junge wurde nach Hause geschickt. Auf Grund der Konkurrenz im offensiven Mittelfeld verständlich. Als Zeichen an die Mannschaft unverständlich, denn es heisst übersetzt: „Wir bleiben schön unter uns und machen es uns gemütlich„.

Wenn das alles mal nicht zu gemütlich wird. Man kann auch in guter Stimmung Gruppendritter werden. Und für drei Spiele reichen wohl tatsächlich zwei Stürmer.

 

Bildquelle: Wikipedia

Über den Autor: Goldschuhe aus

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.

Tom meets Zizou – Kein Sommermärchen

Gestern Abend übertrug die ARD das Freundschaftsspiel Deutschland – Brasilien und der 19-Jährige Mario Götze hat ein überragendes Spiel abgeliefert. Er war in der letzten Saison schon extrem gut und scheint diese Leistung ohne Probleme fortsetzen zu können. Er ist wohl das, was man einen Hoffnungsträger nennt. Ein junger Spieler an den besonders hohe Erwartungen gestellt werden, seitens des Publikums und seitens der Medien. Solche „Hoffnungsträger“ gibt es immer wieder.

Zum Beispiel vor zehn Jahren. Damals hießen Sie Sebastian Deisler, Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm oder Thomas Broich. Schweinsteiger und Lahm spielen immer noch in der Nationalmannschaft, Deisler beendete seine Karriere aufgrund von Depressionen und Broich spielt inzwischen in der australischen A-League. Aber nur letzterer wurde acht Jahre lang von einem Dokumentarfilmer begleitet.

Herausgekommen ist dabei ein sehr gelungener Film, der tiefe und interessante Einblicke gewährt: Einerseits in die Funktionsmechanismen des Profifußballs und der dazugehörigen Medienlandschaft in Deutschland, andererseits in die Psyche eines, im Wortsinne, außergewöhnlichen Fußballspielers. Mir war gar nicht mehr bewusst, welcher Hype einst um Broichs Leistungen bei Wacker Burghausen und Borussia Mönchengladbach gemacht wurde und wie nah er in frühen Jahren an der Nationalmannschaft war.

Wie es dazu kam, dass er dieses Ziel nie erreichen konnte und inzwischen (glücklich und erfolgreich) in Brisbane kickt, erzählt der Film in ruhigen (manchmal etwas zu ruhigen) Bildern und ohne aufdringlich oder belehrend zu wirken. Die chronologisch aufeinanderfolgenden Stationen und Aussagen werden immer wieder vom heutigen Thomas Broich kommentiert und reflektiert. Es ist das Portrait eines Spielers, der sich sich seinen Traum vom Profikicker ganz anders vorgestellt hatte, als dieser dann tatsächlich war. Der aber auch oft genug sich selbst und seinem möglichen Erfolg im Weg stand. Man kann Mario Götze nur wünschen, dass es bei ihm besser läuft.

Wer sich auch nur minimal für (deutschen) Fußball interessiert, dem sei dieser Film ans Herz gelegt. Besonders das ausführliche Portrait des Verhältnisses zwischen Christoph Daum und Broich weiß zu fesseln und reicht eigentlich schon als Berechtigung für diesen Film aus. Also, Programmkino raussuchen und reingehen!

Bild: tommeetszizou.com

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Die Nationalelf als Soap-Opera

September, Endlich ist wieder Bundesliga. Auch wenn mir die WM im Nachhinein doch noch Spaß gemacht hat, bin ich froh, dass nun wieder der Vereinsfußball im Vordergrund steht. In erster Linie liegt dies an der deutschen Nationalmannschaft und deren Inszenierung, über die ich mich an anderer Stelle ja schon einmal aufgeregt habe.

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

„Das is nix, das ist gar nix…“

Quelle: www.wikipedia.de…beschrieb vor geraumer Zeit ein Anhänger des VfL Bochum die damals relativ bescheidene Darbietung der eigenen Elf im schönen Ruhrstadion. Und genau dieser Ausruf hätte auch das gestrige Spiel der deutschen Nationalmannschaft treffend beschrieben. Denn was die Jungs um Michael Ballack darboten war einfach komplett daneben.

Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.