Erziehungsratgeber (I) – Manipuliert Eure Kinder!

Johann im Trikot Immer wieder hört man die folgende Aussage, die jungen Eltern mit erhobenem Zeigefinger entgegenschlägt: „Ihr dürft Eure Wünsche und unerfüllten Träume nicht in Eure Kinder hineinprojizieren“. Dem entgegne ich als (bis jetzt) kinderloser Patenonkel: Quatsch!

Machen wir uns nichts vor: Manipulation ist seit jeher eines der zentralen Elemente solider Kindererziehung. Oder wie bekommen Eltern ihr Kleinkind dazu, auch mal „leckeres“ Gemüse zu essen? Durch die Kraft der Argumente? Nein, durch Betrug. Es wird ihnen unter die Nudeln oder das Fleisch gemischt. Weil Eltern es eben besser wissen als der kleine Wurm.

Warum also soll das gerade mit den eigenen unerfüllten Träumen anders sein? Wäre es tatsächlich so schlimm für das Kind, weltberühmter Musiker zu sein oder beim FC Barcelona zu kicken? Ich glaube nicht. Deshalb müssen wir Kindern auch unsere Träume untermischen. Wir können doch gar nicht anders. Wir „Erwachsenen“ wissen einfach besser als die Kleinen, wie vorteilhaft es wäre, reich und berühmt zu sein.

Daher habe ich es Kraft meiner Funktion des Patenonkels als meine Aufgabe, ja als meine Verpflichtung angenommen, meinen gerade zwei Jahre alt gewordenen Neffen Johann mit allen mir verfügbaren Mitteln zu manipulieren, wo es nur geht und wann immer ich in meiner Heimat weile. Es ist zu seinem und zu meinem Besten. Eine klassische Win-Win-Situation eben.

Die ersten Schritte sind getan: Wie das Foto beweist, zwinge ich ihn, Trikots von Eintracht Frankfurt zu tragen. Mit allen erdenklichen Tricks versuche ich, ihm das runde Leder so schmackhaft zu machen, wie seine Eltern Obst und Gemüse.

Die ersten Erfolge sind getan: Ich habe ihm Torjubel beigebracht. So reißt er jetzt jedes Mal die Arme hoch, wenn er gegen ein Ball tritt und quietscht „Toooorrrrrrrrr!“. Ein absolut rührender Anblick. So wird der Geist eines echten halb-spanischen Torjägers geformt. Selbst Dribblings wurden schon trainiert, theatralisch hinfallen kann er auch schon. Übersteiger und versteckte Fouls stehen als nächstes auf dem Plan.

Nebenbei flüstere ich ihm immer wieder Sätze zu wie „Ich bringe Dich ganz groß raus“, „Du wirst ein Weltstar“ oder „Du wechselst niemals zu den Bayern“. Manchmal lasse ich mich sogar zu einem „Johann, Du wirst mich sehr reich machen“ oder „Du musst das schaffen, was mir nie vergönnt war“ hinreißen.

Den (Knebel-)Beratervertrag haben er und ein überaus talentiertes Mädchen aus der Nachbarschaft bereits bei mir unterzeichnen müssen. Er sichert mir auf Lebenszeit zehn Prozent des Jahresgehaltes, ebenfalls per anno auf mein Konto zu überweisen sowie zehn Prozent von etwaigen Ablösesummen als Beraterhandgeld. So wird Johann sich selbst und – wie es der Zufall will – auch mir gleich zwei Träume auf einmal erfüllen: Unermesslichen Reichtum sowie Ruhm und Glamour des Lebens eines Fußballstars, von dem sicher auch etwas auf mich abfällt.

Ich werde weiterhin alles versuchen, um meine unerfüllten Sehnsüchte nach der großen Karriere durch ihn als den künftigen „Treuen Johann“ der Eintracht auszuleben. Und was soll daran schlimm sein? Weshalb die Warnung „Ihr dürft Eure Wünsche und unerfüllten Träume nicht in Eure Kinder hineinprojizieren“?

Die Antwort ist ganz einfach: Weil überehrgeizige Eltern im Gegensatz zu mir nicht rechtzeitig die Kurve bekommen. Denn die Manipulation muss auch ein Ende haben. Wenn Johann irgendwann sagt: „Fußball ist doof, ich möchte lieber Ballett machen!“, dann höre ich sofort auf, ihn zum Fußball zu bewegen. Sowie er sich in der Freiheit, die ihm mein bis dato getätigter Einfluss lässt, gegen meinen Sport entscheidet und etwas anderes tun möchte, werde ich ihn dabei unterstützen.

Selbst ins Tanztheater dieser Stadt werde ich mich verirren, wenn er dort auftritt. Und ich werde applaudieren, ohne jede Wehmut, denn ich weiß, ich werde bis dahin alles versucht haben. Niederlagen muss man auch als Onkel einstecken können. Das Leben ist ein Auswärtsspiel.

Über den Autor: Goldschuhe aus

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.
34 comments
  1. Wieder einmal ein Beitrag, den ich komplett unterschreiben kann.

    Es gib eh zu wenig Eintrachtfans. Nur bei Kiddies in blau-we߸en oder schwarz-gelben Klamotten bringe ich absolut kein Verständnis auf…;-)

  2. Was haste gegen Blau-We߸? Der VfL ist ja wohl eine gute Adresse! (Und nein das Arbeitsamt trägt Königsblau).

  3. Ein weiteres Problem bei überehrgeizigen Eltern: Sie erkennen nicht, dass ihr Kind eigentlich relativ talentfrei ist.

    Aber sehr schöner Artikel, der mich an meine Jugend erinnert, als ich als aufstrebender, lauffauler, mittelmäßig talentierter und ständig nur im Mats Wilander-Stil (allerdings mit einhändiger Rückhand) „löffelnder“ Tenniszocker gegen die angehenden Weltstars antreten musste. Mein Vater stand am Rand und hat ziemlich entspannt meine erdrutschartige Niederlage gegen den Möchtegern-Boris verfolgt und sich dabei vom Papa/Manager meines Gegners erzählen lassen, wieviel Stunden der Sprößling doch täglich trainiert und welche Weltranglistenpositionen sie wann anstreben. Das löste dann wohl eher Belustigung aus als Respekt vor den ehrgeizigen Zielen.

  4. @3: Na, der Kleine, wie immer…

    @4: Vielleicht wäre ja mit etwas mehr Manipulation in frühester Kindheit ein kleiner Federer aus Dir geworden… ;-)

  5. Nee, mit Sicherheit nicht. Noch nicht mal ein kleiner Hans-Jörg Schwaier.

  6. Auch nicht Eric Jelen? Michael Westphal?

  7. Noch nicht mal Andreas Maurer, Dirk Dier oder Carl-Uwe Steeb.

  8. Das erinnert mich an den guten alten C64-Tennis-Manager, wenn ich diese Namen höre…

  9. Das erinnert eher an gute alte Davis-Cup-Partien in den mittleren bis späten 80ern mit Boris Becker als Nr. 1 und Spieler X und Y, die das Team komplett machten.
    Den Tennis-Manager kenne ich gar nicht.

  10. Echt nicht? Absoluter Kult.

  11. Ich kenn nur den Football Manager auf dem C64. Ich hab immer York City als Team gewählt, letzter Platz der 4. Division.

  12. Außerdem: Kult wird überschätzt! ;-)

  13. Früher hat mich Tennis nicht interessiert.

    Jetzt kotzt es mich nur noch an.

    Ich will nichts mehr über die diletantischen Auftritte der international bestenfalls viertklassigen deutscher Spieler hören, die sich in Wimbledon, Paris oder sonstwo zum Affen machen und in Runde 1 rausfliegen. Nicht in der Tagesschau, nicht in der Sportschau, nicht im Spiegel oder sonstwo.

    Bitte das deutsche Team auf dem Weg nach New York samt Flugzeug im Atlantik versenken.

    Sämtliche Pseudo-Nachwuchsspieler sind durch die deutschlandweite Verkaufspflicht von minderwertigem Equipment konsequent von der Teilnahme an entsprechenden Qualifikationsturnieren fernzuhalten.

  14. Schlecht geschlafen heute, Don… ;-) ?

  15. Nein, nur gehen mir diese Randsportarten so dermaßen auf den Sack, das es nicht mehr feierlich ist.

    Ich hoffe, der ganze Tenniszirkus fällt in Deutschland genauso zusammen wie die ach so hippe Football-Liga.

    Die meisten Deutschen können einem Sport eh nur etwas abgewinnen, wenn ein Deutscher darin Weltklasse ist. Und da ist Tennis auf einem guten Weg in die Versenkung.

    Gleiches wünsche ich dem Radsport und – dem größten Vollrotz auf Erden – der Formel 1.

  16. @ 15: Nein, er hat wohl sehr gut geschlafen, denn beide Analysen stimmen doch zu 100 %.

    Welcher Sportbranche ich noch den Untergang wünsche, ist die Boxbranche. Ein korruptes Hin- und Hergeschiebe von Titeln und irgendwelche Boxer aus der Taiga, die hier keinen interessieren, außer ein paar blöden Promis Marke Matthäus und die komplette Halbwelt aus dem Rotlichtmilieu.

  17. @17: Jau, den Affenzirkus habe ich ja komplett vergessen. Da jubelt der Deutsche Durchschnitts-Assi-RTL-Gucker irgendwelchen ukrainischen Muskelproleten zu, deutscht die quasi ein und erzeugt dadurch ein Wir-Gefühl.

    Auch hier haben deutsche Sportler seit den jungen Tagen meines Großvaters (der in amerikanischer Kriegsgefangenschaft das Boxhandwerk erlernte und nach dem Krieg erfolgreich einsetzte) nix mehr gerissen – es sei denn als Gentleman-„Boxer“. Wobei letzteres mehr mit Gänseblümchen-pflücken zu tun hatte.

    Wie ich diesen Quatsch hasse. Bei Mike Tyson gabs wenigstens aufs Maul. Da wurde nicht lange taktiert, da ging es direkt auf den Mann und der Kampf war nach wenigen Runden vorbei.

    Aber was einem da heute aufgetischt wird, ist an Belanglosigkeit nicht zu überbieten.

    Abschaffen, den Mist.

  18. Don, ich glaube, es ist ein guter Tag für Dich einen eigenen Artikel zu verfassen. Arbeitstitel: „Die Welt – und warum ich sie hasse!“ ;-)

  19. @19: am meisten hasse ich diese Deutschtümelei. Die Klitschkos sind gefühlte Deutsche, weil wir sonst nix im Boxen haben, aber ansonsten sind Ukrainer für Herrn Mayer, Müller, Schulz nur Autoschieber und Zuhälter.

    Boxen funkioniert genauso wie Tennis oder mit Abstrichen der Radsport nur mit entsprechenden Identifikationsfiguren. Wenn die da sind (wie Becker, Ulle, Schumacher), kann ich den Hype ja verstehen. Aber man sieht ja am Quoteneinsturz von RTL bei der Formel 1 ja gerade paradehaft, dass da viele „I-love-Schumi“-Eventgucker vor der Glotze sitzen, die den nächsten Sieg des Helden abnicken wollen, um ihrem eigenen kümmerlichen Leben ein wenig Glanz zu verschaffen.

    Unerträglich.

  20. @19: am meisten hasse ich diese Deutschtümelei. Die Klitschkos sind gefühlte Deutsche, weil wir sonst nix im Boxen haben, aber ansonsten sind Ukrainer für Herrn Mayer, Müller, Schulz nur Autoschieber und Zuhälter.

    Boxen funkioniert genauso wie Tennis oder mit Abstrichen der Radsport nur mit entsprechenden Identifikationsfiguren. Wenn die da sind (wie Becker, Ulle, Schumacher), kann ich den Hype ja verstehen. Aber man sieht ja am Quoteneinsturz von RTL bei der Formel 1 ja gerade paradehaft, dass da viele „I-love-Schumi“-Eventgucker vor der Glotze sitzen, die den nächsten Sieg des Helden abnicken wollen, um ihrem eigenen kümmerlichen Leben ein wenig Glanz zu verschaffen.

    Unerträglich.

  21. Mein Leben ist auch kümmerlich. Aber ich habe sogar Schumi gehasst. Was soll mir denn dann bitte noch ein wenig Glanz verschaffen? Benni Köhler?

  22. @21: Identifikation mit sowie Leidenschaft für Deinen Verein. Durch Dick und Dünn gehen. Egal, wer da grade kickt. Unabhängig von Spielern, Trainern oder sonstigen Funktionären.

    Deine Liebe zur Institution Eintracht Frankfurt.

    Das ist was völlig anderes, als „Schumi-Fan“ zu sein, der sich nach dem Rücktritt des umjubelten Stars direkt vom gesamten Sport verabschiedet, weil der kleine Schumi eben keine Dauersiege einfährt.

    Und Dauerniederlagen muss der Mensch unter der Woche schon verkraften, da will man am Wochenende jubeln.

    Wer ist denn hier in Deutschland schon Ferraristi? Oder Anhänger vom Team Telekom? Da wird nur einzelnen Stars gehuldigt und sonst nix.

    Das ist genauso schlimm wie all die Bayern-Pseudo-Fans, die jetzt Ribery und Toni und Klose und Jansen umjubeln, während sie Fußball in der letzten Saison doch nicht so interessiert hat.

    Das gipfelte letztens Mal in der Frage eines Bayern-„Anhängers“, wann denn Anpfiff sei (er fragte dies Samstags vor dem Spiel auf dem Weg zur Kneipe). Da war ich so fassungslos, dass ich dem ansonsten wohl verbal so derb aufs Maul gegeben hätte, dass er nicht mehr gewusst hätte, wieviel Mann überhaupt im we߸en Ballett mitspielen. Wenn er das denn eh gewusst hätte….

  23. Schumis Leben ist kümmerlich. Nur die abgelegte Olle vom Heinz-Harald abbekommen, ne Schwägerin, die nur aufs dicke Bankkonto schielt, ein schwuler Bruder, der das aber nicht zugeben darf aber trotzdem die geilere Olle hat, Eltern, die sich aufgrund des ganzen Mists haben scheiden lassen.

    Nur die Kartbahn in Kerpen ist sein Halt.

  24. Naja, ich denke eher, sein Halt sind die 175 Millionen Euro auf dem Konto, seine Villa, sein tägliches Champagnerbad, seine Trainings mit Juventus Turin, seine Groupies. Das ist zumindest deutlich mehr als ich auffahren kann… So richtig kümmerlich kann ich Schumis Leben beim besten Willen nicht finden…Leider…

  25. Ich meinte mit dem kümmerlichen Leben auch die Fans von Schumi, ihr Torfnasen.

    Mit dem Schumi würde ich schon tauschen. Keine Frage. Die Olle würde gefeuert, der Bruder verleugnet, die Eltern mit Geld zum Schweigen gebracht.

    Und dann würde ich euch alle einfliegen lassen und wir würden ordentliche Sausen veranstalten. Mit Pinte und allem Pipapo…

  26. Geld und Schampus können über ein kümmerliches Leben nicht hinwegtäuschen. Mal ganz davon ab, dass ich das ganze auch ironisch meinte.

  27. Junge, dann kennzeichne das entsprechend. Woher soll ich das sonst wissen?

    Und wer mit Geld und Schampus nicht glücklich wird, dem ist eh nicht mehr zu helfen…

  28. Und wer mit Geld und Schampus nicht glücklich wird, dem ist eh nicht mehr zu helfen…

    Meine Rede. Depressionen sind was für arme Menschen. Wollen die Snobs ihnen noch das Letzte nehmen, was ihnen bleibt?

  29. @ 27: Ich meinte doch den Goldschuh, diesen ironiefreien Menschen. :-)

    Ach ja, Geld würde mir schon reichen, auf den Schampus verzichte ich gerne.

  30. Ironie ist eine Kunst, die man beherrschen muss, damit andere „Menschen“ sie erkennen…

  31. Wer echter Kenner, nein, wer echter Mensch ist, erkennt Ironie sofort! ;-)

  32. Habe gerade gelesen: „Wer ein echter Kerner ist…“ ;-)

  33. @23: Ich habe sehr gelacht.

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