Die Liga der Langeweile

Boring  BundesligaDie Saison 2007/2008 ist entschieden. Der große Gewinner: die gepflegte Langeweile. Zumindest wenn einem die persönliche Involvierung fehlt, weil der eigene Lieblingsverein nicht in der höchsten deutschen Spielklasse spielt, vermag Deutschlands Eliteliga gerade mal für Gähnen und Sekundenschlaf vor dem Fernseher sorgen – eine Bestandsaufnahme:

Der sogenannte Meisterschaftskampf: Über die Form von Bayern München wurde hier schon ausgiebig diskutiert, aber der Meister der Saison 2007/2008 wird wenigstens seiner zugedachten Rolle gerecht. Die Mannschaft gewinnt, die Führungsetage meldet öffentlich und gewohnt lautstark Ansprüche auf Titel an. Der Blick auf die „Konkurrenz der Bayern zeichnet allerdings ein anderes Bild. Man hat den Eindruck in Bremen und Hamburg wäre das Wort Meisterschaft Tabu, entsprechend fahrlässig geht man mit Chancen um, mit den Bayern Schritt zu halten. Ist das Erreichen der Champions League inzwischen so lukrativ, dass man sich frühzeitig damit zufrieden gibt, den zweiten oder dritten Platz zu verteidigen, statt in die Offensive zu gehen und zu sagen: „Wir wollen Meister werden!“? Das elende „Von Spiel zu Spiel schauen“ und die ständige Leugnung eigener Ambitionen führt jedenfalls zu nichts – außer dass die Bayern sich überhaupt nicht mehr anstrengen müssen, um Meister zu werden.

Die UEFA-CUP-Anwärter: Selbst auf den UEFA-Cup-Plätzen sind nur Leisetreter unterwegs, die ja nicht das böse Wort „internationaler Wettbewerb“ in den Mund nehmen wollen. Nein, man denkt „von Woche zu Woche“, will sich nicht unter Druck setzen. Wie will man denn Erfolg haben, wenn man sich nicht auch öffentlich zu seinen Zielen bekennt? Keiner kann mir erzählen, dass man in Leverkusen vor der Saison die Devise ausgegeben hat „Schau’n mer mal!“ Jedes Wirtschaftsunternehmen setzt sich Ziele, ehrgeizige Ziele, in der Bundesliga hingegen herrscht Understatement bis hin zur Selbstverleugung. Schließlich will keine Mannschaft im Mittelfeld der Liga, zwischen Wolfsburg und Hannover vor sich hindümpeln.

Der Klassenerhalt: Dann schon lieber Abstiegskampf. Wobei hier von einem Kampf keine Rede sein kann. Seit Wochen verlieren oder punkten die Mannschaftn auf den letzten vier Plätzen im Gleichschritt, so dass etwas wie Spannung überhaupt nicht aufkommen mag. Rostock, wenngleich „nur“ vier Punkte von einem Abstiegsrang entfernt, muss sich jedenfalls keine Sorgen machen – die Konkurrenz ist so schwach und ohne jede Ambition unterwegs, dass man ernsthaft für einen vierten Absteiger plädieren möchte. Vielleicht käme dann etwas Leben in die leblosen Haufen aus Cottbus, Nürnberg, Duisburg und Bielefeld. Auch hier fehlen die klaren Bekenntnisse zum Ziel Klassenerhalt, aus denen der Abstiegskampf sein „Drama“ (B.Darnell) zieht. Eher herrscht die Beamtenmikado-Mentalität: wer sich zuerst bewegt hat verloren. Mit der Gewissheit im Hinterkopf, dass einer aus vieren die Klasse hält, stümpern sich die Beteiligten von einem peinlichen Unentschieden zum nächsten und hoffen lieber darauf, dass die Konkurrenz noch schwächer spielt, als endlich „die Ärmel hochzukrempeln“ (U. Lattek) und „loszulegen wie die Feuerwehr“(Wieder Lattek). Ein Sieg eines der beteiligten Teams käme jedenfalls einer Vorentscheidung gleich, würde bei den Konkurrenten aber noch nicht einmal für Entsetzen sorgen: „Hab ich doch gleich gesagt, dass wir es nicht mehr schaffen.“ „War eh klar!“

Internationale Ansprüche: Noch nie habe ich eine Saison erlebt, in der Farblosigkeit derart Trumpf war. Erstmals steht Schalke im Viertelfinale der Champions League, Ansprüche auf den Titel meldet man indes jedoch lieber nicht an. Wieso eigentlich nicht? In der Saison des UEFA-Cup-Gewinns verbreitet man auch nicht mehr als den Geruch einer Malochertruppe, wieso sollte so ein Image nicht auch für den Gewinn der CL sorgen? Stattdessen lautet die Devise: Dabei sein ist alles … (Die selbst bei der Amateursportveranstaltung Olympia schon lange nicht mehr gilt!) Und im UEFA-Cup hat die deutsche Konkurrenz den Pokal eh schon für München einpacken lassen, ein klares Bekenntnis dazu, dass man den Pokal auch gewinnen möchte hat man aus Hamburg, Leverkusen oder Bremen jedenfalls noch nicht vernommen.

So erstarrt die Liga in gepflegter Langeweile, selbst ein 6:3 zwischen dem amtierenden Meister Stuttgart (Auch so ein Team ohne jede Ambition) und „Bayernverfolger“ Bremen kann die Liga nicht aus dem Klammergriff der Belanglosigkeit befreien: Außer Bayern nichts los. Und selbst da war in ähnlich erfolgreichen Zeiten schon mehr geboten.

Foto: phoenixdailyphoto

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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17 comments
  1. Das mag einmal klappen, aber wenn das alle außer Bayern machen, wirds lächerlich.

  2. Is ja alles richtig, aber mit genau dieser „Von-Spiel-zu-Spiel-Denken“-Mentalitä ist der VfB letztes Jahr Meister geworden.

    Wenn insgesamt wenigstens ansehnlicher Fußball gespielt werden würde. Aber fast alle Spiele, die ich live gesehen habe, waren kaum zu ertragen.

  3. Ich dachte schon, ich werde alt oder gar vernünftig, weil ich mich gar nicht mehr so brennend für das aktuelle Bundesliga-Geschehen interessieren mag – hätte Bochum wenigstens 10 Punkte weniger, dann würde ich samstags noch richtig zittern. Gestern dachte ich beim Anblick des Gekickes zwischen dem aktuellen Pokalsieger und einem Champions-League-Kandidaten nur: Ist das immer noch 2. Liga?

  4. Ich kenne auch viele Fußball-Fans, die der BuLi bereits den Rücken gekehrt haben, weil sie so gähnend langweilig geworden ist. Aufgrund des aktuellen Zuschauer-Hypes fällt sowas allerdings (noch) nicht ins Gewicht…

  5. @Vollspann: Nein, es ist keine Ausrede, sondern die Ursache. Weil die Bundesliga so langweilig ist, interessiere ich mich kaum noch dafür. Nicht umgekehrt.

  6. Vielleicht ist diese „langweilige Bundesliga“ auch nette Ausrede dafür, wenn man aus anderen Gründen, die man nicht nennen möchte, kein Interesse mehr an der Bundesliga hat. Ich jedenfalls kenne niemanden, der kein Bock mehr drauf hat. Und bei mir läuft es genau umgekehrt: Ich habe Bock wie selten auf Bundesliga.
    Und von keiner Spannung kann ich auch nichts erkennen. Eine Handvoll Teams balgt sich um die CL-Plältze, wenn nicht sogar noch mehr, wenn der VfB jetzt aufdreht. Und wenn Abstiegskandidaten dauernd siegen würden, dann wären sie ja kein Abstiegskandidat. Und dass Bayern mit Abstand deutscher Meister wird, sollte von Anfang an klar gewesen sein und von dem ein oder anderen hier im Blog auch vor Saisonbeginn so gewünscht im Interesse des deutschen Fußballs.

  7. Sorry aber dieses „Bayern-wird-eh-Meister-und-das-war-schon-immer-klar“-Gerede geht mir tierisch auf den Senkel. Hast du das auch nach dem 17. Spieltag gesagt? Dass Werder schon wieder so eine Sch…rückrunde spielt, war wohl nicht klar und dass das mit den Verletzungen so weiter geht, auch nicht. Wie sähe es aus, wenn Frings fit wäre und die Mannschaft sich nicht jede Woche quasi von selbst aufstellt, weil wieder jemand sich den Magen verdorben hat oder Fieber hat?
    Sicher, momentan siehts so aus, dass Bayern das Ding klar macht, aber dieses „War-eh-klar“-Gerede ist echt zum Kotzen.

  8. @6: Da es sich bei diesen Personen unter anderem um meinen Bruder handelt, kann ich Dir sagen, dass es wirkich die Langeweile in der Bundesliga ist, die diese Leute mittlerweile extrem abgetörnt hat.

    Auch ich bin zur Zeit heiß wie Frittenfett, aber das hängt i.e.L. an Frankfurt und der dortigen Entwicklung und weniger an der BuLi an sich, die mehr und mehr in ihrer Struktur erstarrt.

    Was ist denn in dieser Saison überraschendes passiert? Der KSC hat bislang eine sehr gute Saison gespielt. Stuttgart blieb bislang unter seinen Möglichkeiten. Aber ansonsten ist doch wirklich jeder Verein dort, wo er in etwa hingehört +/- ein oder zwei Plätze.

  9. @9: Das ist sicherlich für diese Saison richtig. Aber man muss sich nur die letzte Saison anschauen, um zu sehen, dass die Liga auch noch für Überraschungen gut ist: Wer hätte mit Stuttgart als Meister, Bayern als Vierten, dem guten Abschneiden und Pokalsieg von Nürnberg oder zum Beispiel dem Auf und Ab bei Dortmund gerechnet. Nicht unbedingt viele Fans.
    Nun kann man den Meisterkampf mit der Unfähigkeit von Schalke und Bremen verklären oder die Saison der Bayern als „Zwischensaison zwischen zwei Meistertiteln“ bezeichnen: Im Endeffekt machen gerade solche Dinge die Liga spannend und deshalb würde ich sie nicht als „in ihrer Struktur erstarrt“ bezeichnen.
    Anderes Beispiel für eine Überraschung, wenn auch im negativen Sinne, ist in dieser Saison Nürnberg. Zumindest ich hätte damit nicht gerechnet.

  10. @7: Nach Spieltag 17 habe ich kurz gedacht, dass die Bayern an dem völlig blutleeren Ottmar Hitzfeld erstarren. Aber trotzdem dachte ich, dass die trotzdem genug Potenzial haben, um Meister zu werden. Und ich glaube nicht, dass Bremen viel mehr Punkte hätte mit Frings. Aber das lässt sich niemals nachprüfen.
    @8: Ich meine ja nicht euch. Allein aus dem Grund, dass Du, Flo, so einen Artikel schreibst, beweist doch, dass die BuLi noch ein gewisses Interesse hat. Und warte mal ab, bis Freiburg aufgestiegen ist, wie interessant es dann wird. ;-)
    @9: Ich meinte eher Leute, die eh nie einen Verein haben, da werden irgendwann andere Dinge interessanter. Wer nur Bundesliga guckt, um schönen Fußball zu sehen, wird abgeschreckt, klar. Und jeder, der einen Verein supportet, wird sich nicht davon abbringen lassen.
    @10: Wenn es beim BVB mal ein Auf und Ab wäre. Ich sehe da nur ein Ab. ;-) Aber ich stimme dem Rest zu.

  11. @11: Dabei habt ihr einen so guten Trainer. ;-)

    Natürlich kann ich mich nicht als Fan bezeichnen, da mein Herz sowieso an einen Nicht-Bundesliga-Verein vergeben ist. Trotzdem geh ich so oft ich kann sehr gerne ins Ruhrstadion und wenn man mal von diesen grauenhaften Cottbus-Spiel absieht, ist es ganz schön, wie der VfL sich entwickelt hat. Das ist zwar kein großer Fußball aber zumindest so solide, dass der VfL mit dem Abstieg nichts mehr zu tun hat.

    Und auch wenn man sich über die Bundesliga aufregt: Man kann froh sein, dass man hier noch für 8 Euro ins Stadion kann. Und Hand aufs Herz: Natürlich interessieren sich hier im Blog alle für die Bundesliga. Artikel hin oder her. ;-)

  12. @12: Richtig. Vor allem das mit den 8 Euro ;-)
    @11: Joa mit Doll gehts langfristig immer weiter ab, das ist klar. Aber letzte Saison hat der BVB zum Schluss ja schon nochmal zugelegt, abgesehen vom letzten Spieltag.

  13. Also wenn die Spiele der Bundesliga so wären, wie die Anfangsphase von Hamburg-Leverkusen, dann würde sich keiner beschweren. Super-Fußball!

  14. Dafür war es gestern wirklich grausam. Da war selbst ich geschockt, was da aus Cottbus gesendet wurde.

  15. @14: HSV – Lev war ein richtig guter Kick. Klar, Guerero rot, Jarolim gelb, aber sonst war alles im Lack.

  16. Hallo? Der FCE gewinnt 2:0 gegen Bayern! Wie viel Spannung braucht ihr noch?

    Und der FCE ist definitv kein lebloser Haufen.

  17. Ja, aber an der insgesamte Konstellation ändert das relativ wenig.

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