Ich glotz TV (I)

Jericho - der Anschlag„Arbeit, Fernsehen, Schlafengehen, so macht das Leben keinen Sinn“ (Graue Wolken – Blumfeld)

Jochen Distelmeyer hat ja oft Recht, aber in diesem Fall nicht. Fernsehen ist nicht nur Zerstreuung, im Fernsehen tobt die Popkultur. Insbesondere Serien gelten nicht erst seit Dietmar Daths fanatischer Buffy Exegese als die dichtesten Texte der flimmernden Kultur. Außerdem brüllt uns Pro Sieben seit Wochen mit Trailern zu gleich drei neuen Serien an, die aus einem normalen Montag den „Mistery Monday“ machen sollen. Da Sohnemann nebst Frau in die Klinik verbracht wurden (Sohnemann gehts wieder bestens!), kam der Start von Primeval und Jericho – der Anschlag genau richtig, um meine Nervosität zu bannen. Die dritte Serie im Bunde, „Blade“ geht erst nächsten Montag an den Start, lässt aber nach Blade II und Blade III nicht allzuviel hoffen.

Also macht man sichs auf dem Sofa gemütlich, stellt den Rechner auf die Knie, um im Ernstfall „mal eben schnell was nachzuschlagen“ und wird zunächst ernüchtert. „Primeval“ entpuppt sich bereits nach kürzester Zeit als Langweiler. Als dann auch noch ein kleiner Junge den in seinem Zimmer befindlichen, „total süßen“ Dinosaurier mit den Worten kommentiert: „Den habe ich im Wald gefunden. Ich habe ihn … genannt“ ist bei mir der Ofen auch schon wieder aus. File under „Quatsch“, „Jurassic Park“ in Serie braucht kein Mensch. Also war warten angesagt! Warten bis 21:15, bis zum Start von „Jericho“.

Ich wußte bis zum Start der Serie quasi nichts über das Schicksal des kleinen Städtchens in Kansas. Als Kind der 80er Jahre reicht das Wenige jedoch aus, um mich anzufixen. Schließlich wurde ich durch aufmerksame Pädagogen schon frühzeitig auf Atomangst getrimmt. „Die Wolke“ und „Die letzten Kinder von Schewenborn“, beide übrigens von Kinderschreckautorin Gudrun Pausewang, gehörten tatsächlich eine Zeitlang zu meinen Lieblingsbüchern. Heute kaum noch vorstellbar, aber schon als kleiner Zwerg machte ich mir gewaltig Sorgen über einen drohenden Atomkrieg oder implodierende Kernkraftwerke. Zumindest letzteres habe ich ja dann auch real erleben dürfen und deswegen heute noch ein gespaltenes Verhältnis zu Wild.

Ihr Appell an meine Urängste, das war es also, was mir die Story von einem kleinen Dörfchen, das nach und nach merkt, dass die USA Opfer eines Atomschlags geworden sind, äußerst schmackhaft machte. Der actionreiche Plot der ersten Doppelfolge konnte überzeugen, neben dem großen klammernden Problem „Atomschlag“ schwelen unter der Fassade des braven Dörfchens genügend Konflikte, tummeln sich genügend obskure Gestalten, um Menschen in einer Extremsituation aufeinander losgehen zu lassen: Ein undurchsichtiger Ex-Polizist, ein offener Vater-Sohn-Konflikt, Ehebruch, Wahlkampf und natürlich – don’t forget the ladies – Herzschmerz. Der Bodycount war für einen Montagabend annehmbar hoch und seit gestern mache ich mir ernsthaft Gedanken darüber, auf der ofiziellen Website der Serie schon mal tiefer ins Geschehen einzusteigen. Dort gibts nämlich alle Folgen, der nach einer Staffel abgesetzten Serie.

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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24 comments
  1. Jochen Distelmeyer hat leider schon lange nicht mehr Recht, der alte Apfelmann.

    Ich wollte mir den Mistery Montag gestern eigentlich auch geben. Aber Primeval war so dermaßen behindert, dass ich Jericho gleich mit abqualifiziert habe. Vielleicht ein Fehler, denn was Du schreibst, klingt nicht uninteressant. Wenngleich ich nie Angst vor Atomexplosionen hatte und Tschernobyl: Mir doch egal.
    Aber habe ich da in irgendeinem Pro7-Trailer nicht was von Alias gehört oder habe ich das geträumt? Das fand ich eigentlich ziemlich super. Nicht nur wegen der netten Uschi.

  2. Diese Amis: Die setzen einfach die besten Serien nach einer Staffel ab, nur weil die Quote nicht bei 1 Mrd. Zuschauer pro Folge liegt. Genau wie bei dem herrlich trashigen Mistery-Quatsch „Surface“. Jetzt werden wir nie erfahren, ob sich die Protagonisten aus dem Glockenturm des Kirchturms zurück in die von Amphibienmonstern beherrschte Zivilisation kämpfen können.
    Jericho klingt super. Muss ich unbedingt sehen. Ich mag Endzeitszenarien. Deswegen bin ich auch einer der wenigen Verfechter von „Waterworld“ oder „The Postman“. ;-)

  3. Waterworld ist nach Godzilla der zweitschlechteste Film der (Wasser-)Welt.

  4. Ach, Du hast doch keine Ahnung. ;-)

  5. Mein Lieblingsschwachsinnszitat aller Zeiten aus Godzilla „Das ist wirklich eine ganze Menge Fisch!“

  6. Das ist ein ganz großes Zitat. Schrieb Filmgeschichte.

  7. Godzilla ist ja auch totaler Schwachsinn.

  8. Und Waterworld ist nicht viel besser…

  9. We߸ denn jemand, ob Alias wieder laufen soll?

  10. Und es begab sich im Jahre des Herrn 1995, in dem ich meinen Zivildienst ableistete und entsprechend jede Menge Freizeit (und verhältnismäßig viel Kohle) hatte, dass ich mit Schulkumpanen Montags ins Kino ging und die Göttergabe Braveheart sah.

    Wir waren geplättet. Wir waren begeistert. Wir waren sprachlos.

    Einen Tag später gingen wir dann in Waterworld, der zeitgleich lief, und erlebten das genaue Gegenteil. Was für ein elendiger Rotzfilm.

    Wir waren geplättet. Wir waren sprachlos. Wir waren enttäuscht.

    So enttäuscht und sprachlos, dass wir einen Tag später direkt wieder in Braveheart gegangen sind, um dem Trauma durch entsprechend gute Unterhaltung zu entfliehen.

    Fazit: Waterworld = Postman = Godzilla = Vollrotz erster Güte.

  11. Naja, zu Braveheart sage ich mal nichts. Wenn man auf geschminkte Männer steht, okay.
    Aber der Rest ist treffende Analyse, wie sie nur vom Don stammen kann.

  12. Der Kollege hat ja sogar ein Braveheart-Poster zuhause hängen. Aber wenn man seine Plattensammlung anschaut, wird einiges klar: Der Don steht eben auf langhaarige Männer mit Schwertern in der Hand.

  13. Die Kombination aus „lang“ und „Schwertern“ hat gerade bei mir zu einem sehr hübschen Verleser geführt… :-)

  14. Alias Staffel 4 ist gerade ganz frisch in den Videotheken. Und es ist schon so gut wie ausgeliehen.

  15. Hier lief erst eine, oder?

  16. Keine Ahnung. Ich kenne es nur von DVD. Ich meine mal gelesen zu haben, dass es nach Staffel 2 wegen Erfolglosigkeit abgesetzt wurde. Der deutsche Seriengucker hat ja auch keinen Stil: Nach gutem Start der ersten Folge schalten immer weniger ein (siehe Dr. Psycho). Aber GZSZ findet immer wieder genug Zuschauer, egal wie viele abspringen.

  17. Ich glaube, das dies nicht nur für den deutschen Serienzuschauer gilt. Die Amerikaner sind nur einfach viel mehr und somit auch automatisch in den einzelnen Zielgruppen stärker. Und Alias kam fürs deutsche Publikum damals einfach irgendwie zu früh und zu überraschend.

  18. Die neueste Ami-Serie ist schon in den Startlöchern: Prison Break. Zwei Brüder planen den Ausbruch.
    Kann ja nur geil werden. Mit Stacey Keach (furchterregend großartig als Nazi in American History X) und Peter Stormare (einer der Nihilisten der Elektrocombo „Autobahn“).

  19. Stacy Keach war doch vor allem Mike Hammer!!! Sensationell! Die Serie ist gebongt.

  20. Witzig. Prison Break läuft hier in Spanien schon seit nem halben Jahr…
    Alias war ganz geil, aber als es so Mytery-mäßig wurde, konnte ich mir den Quatsch nicht mehr anschauen.

  21. @19: Ich kenn nur Sledge Hammer.

    Und Alias wurde auch nur wegen der Braut geguckt. Der Rest der Serie war Schrott.

    Ich warte indes immer noch auf den neuen A-Team-Film!

  22. Übrigens läuft Alias ab heute. Sehr interessanter Artikel in der SZ dazu.

  23. Alias war übrigens super gestern. Ab jetzt für die nächsten Wochen vorgemerkt. Bei Jericho kam ich aber irgendwie nicht mehr so richtig rein.

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