Lieber FCK,

FCK

eigentlich hatte ich geplant, diesen Brief an Florian Dick zu richten und darin mein Bedauern über seinen Weggang aus Lautern zu äußern. Allerdings habe ich bald gemerkt, dass mein Verhältnis zu dir schon vorher schwierig war und vielleicht schon zerbrochen ist.

Der Anfang

Das erste Lautern-Spiel, an das ich mich erinnere, war das Finale des DFB-Pokal 1996 gegen Karlsruhe. Lautern war eine Woche zuvor abgestiegen. Was folgte ist bekannt, der FCK wurde zwei Jahre später als erster, und wohl auch einziger, Aufsteiger Deutscher Fußballmeister. Die Sonderbriefmarke zur Meisterschaft klebte ich an den Kleiderschrank in meinem Kinderzimmer. Brehme, Koch, Roos, Kadlec, Ratinho, Wagner, Kuka und natürlich „Olaf Marschall Fußballgott“ waren die Helden meiner Kindheit. FCK-Legenden, keiner mit weniger als 100 Spielen für Lautern, viele mit mehr als 200.

Vieles wurde in den Jahren danach zerstört. Wirtschaftlich wie ideell. Damals haben wir uns aus den Augen verloren. Mein Interesse für dich war nur noch peripher. Dies änderte sich erst mit der Saison 2007/08. Der Seuchensaison, die fast mit dem Abstieg in die 3. Liga endete. Damals wurden Legenden geboren. Von denen heute keine mehr übrig ist. Der „Messias“ Stefan Kuntz ist zum „Sonnenkönig“ verkommen. Zurzeit gibt es nur noch die Erinnerung an alte Zeiten.

Dennoch. Damals erlebten wir einen „zweiten Frühling“. Endlich begann ich öfter ins Stadion zu gehen. Zuerst auswärts, Ingolstadt und Fürth waren ja nicht weit entfernt von meinem damaligen Wohnort München.

Der Höhepunkt

Irgendwann kamen die Heimspiele dazu. Am 15. Dezember 2008 gegen Feiburg, stark alkoholisiert und euphorisch inklusive eines teilweise unseligen Telefongesprächs mit Esleben und Guru (Fragen zum Inhalt bitte an die beiden richten, ich habe Erinnerungslücken). Oder am 08. August 2009 zum Beispiel gegen Fürth, mit der Verwandschaft. Und wenige Wochen später beim Heimsieg im DFB-Pokal gegen Leverkusen. Dieses sensationelle Spiel und die grandiose Stimmung im Stadion lösten etwas in mir aus, Emotionen, die ich immer wieder erleben wollte. Aus zwei Spielen wurden 23, zwölf in der darauffolgenden Erstliga-Saison. Ich erlebte ein 3:3 gegen Stuttgart, nach 0:3 in der 50. Minute, das sich anfühlte wie ein Titelgewinn. Und ich erlebte eine Mannschaft auf dem Rasen, mit der ich mich identifizieren konnte und wollte.

Die Abkehr

Nach der mehr als sensationellen ersten Saison nach dem Wiederaufstieg kam es zu personellen Umbrüchen und einer umso erbärmlicheren Abstiegssaison. Auch in meinem Leben änderte sich einiges, in erster Linie zum Positiven, was meine Abkehr von dir, lieber FCK, vielleicht sogar teilweise erklärt. Aber nicht ausschließlich.

Tief drinnen merke ich, dass ich einfach nicht mehr bereit bin, Saison für Saison eine komplett neue Mannschaft auf dem Rasen zu sehen. Mein Problem ist nicht, dass die letzten Jahre sportlich enttäuschend waren, sondern wie damit umgegangen wird. Es wird „analysiert“ und „analysiert“. Das Ergebnis meist: abgehalfterte Bundesligakicker, bevorzugt aus Frankfurt, holen und einen „Neuanfang“ ausrufen. Hinzu kommt ein seltsamer Umgang mit etablierten Kräften wie Jan Šimunek, der urplötzlich aussortiert und nach Bochum abgeschoben wurde. Aus der Zeit unseres „zweiten Frühlings“ waren bis vor kurzem noch genau zwei Spieler übrig geblieben: Florian Dick und Tobias Sippel. Dick ist schon weg. Sippel, seit 1998 im Verein, steht anscheinend kurz vor dem Absprung.

Zugegeben, es gibt bessere Torhüter und bessere Rechtsverteidiger. Aber diese beiden Typen haben der Mannschaft wenigstens ein Gesicht gegeben, das bestehen blieb. Und sie waren Spieler, die zum FCK passten, diesem Provinzverein, zu seinen „Bauernfans“ und zur Region.

Vielleicht, und das zum Abschluss, hänge ich aber auch einer Vorstellung von Fußball nach, die es so einfach nicht mehr gibt. Vielleicht bist du, lieber FCK, längst nicht mehr so einzigartig wie vielleicht noch vor 15 Jahren. Vielleicht bist du einfach nur einer von vielen kleinen Vereinen, die in der 2. Bundesliga ums Überleben und um einen Zugang zu den Fleischtöpfen der 1. Bundesliga kämpfen. Vielleicht ist das alles nicht mehr mein Fußball. Und vielleicht muss ich weiterhin Berlins Amateurligen abgrasen, bis mich eine neue Liebe ereilt.

Oder wir versuchen es nächste Saison doch noch mal.

Bild: Brendio

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
6 comments
  1. An besagtes Telefonat kann ich mich nicht mehr erinnern, wohl aber an andere desolate Auftritte, ich sage nur Bochum – Hannover…

    Davon ab: Solche Phasen gibt es doch immer wieder. Freiburg unter Dutt und noch schlimmer Sorg, war trotz Erfolgen auch nur noch bedingt mein Verein. Das lag nicht zuletzt am Obersympathen und Ex-Frankfurter Idrissou.Manchmal muss man einfach still leiden, bis sich alles wieder zum besseren wendet.

    Wobei die Verstrickungen zwischen Stadt, Land und Verein in Lautern ja schon besondere sind und den Club durchaus alles kosten könnten. Ich drücke die Daumen, war immer gerne dort zu Gast.

  2. Versuche es bitte nächste Saison noch mal, Verein aufgeben is nicht! Ich weiss wovon ich rede …. Schöne Grüsse von der Alm ;-)

  3. Lieber FCK,

    vielen Dank für die regelmäßige Übernahme der Frankfurter Alt-Lasten.

    Herzlichst,
    Dein Don

  4. Ersetze den FCK wahlweise durch DresdenNürnbergCottbusRostock und was weiß ich noch wen, und Du merkst: Du bist nicht allein.
    Ist zwar nur´n schwacher Trost, aber ich hab es zumindest versucht.
    In den Regionalligen wird man sicher noch eher fündig. Ich erinnere mich an einen Besuch in Wuppertal in der Sommerpause 2011 und ein Gespräch mit zwei Fans. Das klang auch fast genauso.

  5. Ich kann mir auch nicht vorstellen, der Eintracht je den Rücken zuzukehren. Selbst zu schlimmsten Sonnenkaiser- und Managerimitatorenzeiten nicht.

    Es geht einfach nicht. Selbst in der Rückrunde der Schande war ich live dabei, als Frankfurt in Dortmund sang und klanglos abstieg. Auf der Südtribüne. Zwischen meisterschaftsfeiernden Dortmundern. Alles hat geweint. Vor Freude. Nur einer nicht. War immerhin ein billiger Tag, denn überall gabs Freibier.

  6. Der Präsi hat übrigens keinerlei Verständnis für dich…

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