Die Kinder des Steffen Simon

Steffen Simon ist Redaktionsleiter der Bundesliga-Sportschau beim Westdeutschen Rundfunk. Insofern gebührt ihm offenbar das Privileg, sich aussuchen zu dürfen, welche Spiele er kommentiert, und welche nicht. Am Samstag hatte Steffen Simon beim Derby in Dortmund Platz genommen und musste leider fürchterliche Szenen schildern.

Es war die 80. Minute des Spiels zwischen Dortmund und Schalke, die Borussia führte 2:0, als im Schalker Blog Bengalos gezündet werden. Simon kommentiert:

„Aber zehn Minuten vor Schluss muss Schiedsrichter Meyer das Spiel unterbrechen.“

und weiter:

„Der Grund sind Randale in der Schalker Fanzone mit Pyrotechnik.“

Abgesehen von der „unzulässigen Gleichsetzung von Pyrotechnik und Randale“ kann man Simon in diesem Fall vielleicht sogar folgen. Das Argument, Pyros dienten dem Ausdruck von Emotionen, verfängt hier nicht. Es sei denn, sie sollen auch Frustration zum Ausdruck bringen, denn eine wirkliche Chance hatte Schalke zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Aber Simon ist noch nicht fertig mit den „Randalierern“ und legt jetzt richtig los:

„Liebe Kinder, das sind die Männer, bei denen ihr euch bedanken könnt, und die auch Raul nicht beruhigt bekommt, wenn ihr leider keine Stehplätze mehr vorfindet, wenn ihr groß seid. Einige wenige machen die über die Jahre gewachsene Fankultur der Bundesliga kaputt.“

Sagt der Mann, dessen Redaktion für eine Sendung verantwortlich ist, die im Vorfeld der laufenden Saison mit einer fragwürdigen Plakataktion beworben wurde, die eben die Verbindung zieht, welche die Pyrotechniker in den Kurven gerne auch dem DFB verkauft hätten: Pyros=Emotionen. Schaut man mal ins Archiv wird einem nicht ganz klar, welche gewachsene Fankultur Steffen Simon meint. Vor 20 Jahren gehörte Pyrotechnik für Kommentator Thomas Wehrle, bei der WM 2010 ARD-Programmchef Fernsehen und Redaktionsleiter Fußball beim SWR, noch zum „Gesamtkunstwerk Betzenberg“ und zu einem echten „Fußballfest“. Und wir sprechen hier über eine Zeit, in der die heute vorherrschende Fankultur der Ultras in deutschen Stadien noch keine Rolle spielte. Und sich die Frage stellt: Was war zuerst da – die Fankultur oder Steffen Simon?

Simons Kommentar ist purer Populismus und gibt die Linie wieder, auf die sich die Sportschau in ihrer Berichterstattung geeinigt hat. Pyrotechnik hat in den Stadien nichts zu suchen, basta. Man folgt damit der Linie des DFB und erspart sich den Versuch, eine eigene Meinung zu bilden. Aber wäre das nicht die Pflicht eines Journalisten, dem Beruf, den Steffen Simon auf seiner Steuererklärung angeben dürfte? Aber wie Trainer Baade heute richtig bemerkt:

„Dass die Präsentation von Fußball nichts mehr mit neutralem Journalismus zu tun hat, weiß man nicht erst seit Steffen Simon bei jeder Torchance tausend kleine Tode stirbt (Darf man hinzufügen: Aber leider keinen echten? Nein, darf man nicht.), als hinge die nächste warme Mahlzeit der von ihm zu ernährenden Familie davon ab. Wir ahnen: In gewisser Weise ist dem sogar so. Vielleicht keine Mahlzeit, dann eben der nächste Porsche.“

Da ist es nur folgerichtig, dass Simon sich auf Stammtischniveau herab begibt und dabei auch noch so etwas wie Mitleid mit zukünftigen Generationen von Stadionbesuchern heuchelt.

Quelle (Zitate Steffen Simon): youtube.com

Bild: sportschau.de

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Der erfolglose Michael

Michael Oenning hat zwei Probleme: Seine Frisur und seine beinahe unfassbare Erfolglosigkeit als Bundesligatrainer. Der passionierte Klavierspieler ist nach nur zwei Trainerstationen so etwas wie das Tasmania Berlin unter den Trainern, wie ein Blick auf die nackten Zahlen beweisen kann.

Der traurige Michael Oenning darf zukünftig nicht mehr in Hamburg so traurig aus der Wäsche schauen, dass ihn Thomas Schaaf väterlich in den Arm nehmen muss. Trotz anderweitiger Beteuerungen trennte sich die Vereinsführung von Sympath Oenning. Argumente, die für seine Weiterbeschäftigung sprechen würden, konnte er einfach nicht liefern. Konnte er übrigens noch nie, wenn man sich die Mühe macht und Oennings Punkteausbeute in der Bundesliga mal „Paroli laufen lässt“, wie ein großer HSV-Spieler zu sagen pflegt.

Nach dem erfolgreichen Bundesligaaufstieg mit dem Club saß Oenning 17 Spiele lang auf der Trainerbank des 1. FCN. Zwölf Punkte und drei Siege sprangen in dieser Zeit heraus, zu wenig, um Oenning länger als Trainer in der „Noris“ (G.Koch) halten zu können. Nächste Chance Hamburg. Am 14.03 übernahm Oenning dort vom amtsmüden Armin Veh, der sich mittlerweile in Frankfurt als „Mehr Verstärkungen“-Veh einen Namen gemacht hat. Acht Spiele, acht Punkte lautete seine Bilanz bis zur Sommerpause, seitdem ist ein einziger Punkt dazu gekommen. Insgesamt gelang dem HSV unter Oenning ein einziger Sieg. Ein Sieg in saisonübergreifend 14 Spielen. Kein Wunder, dass Oenning ständig aus traurigen Augen in die Welt blickt!

Vielleicht sollte sich Oenning in Zukunft doch mehr auf seine Karriere im Fernsehen konzentrieren, Marcel Reif könnte mal wieder kompetente Unterstützung gebrauchen. Schade nur, dass Herzblatt nicht mehr läuft…

Bild: Franconia/wikipedia.org

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Ein Déjà-vu namens Friedhelm Funkel

Friedhelm Funkel wurde beim VFL Bochum als Trainer entlassen, die Wenigsten weinen dem knorrigen Rheinländer mit der natürlichen Affinität zum Kölner Karneval eine Träne nach. Zu wenig erfolgreich war der unattraktive Angsthasenfußball funkel’scher Prägung in den letzten Wochen, dass die eh schon kritischen VFL-Fans wirklich traurig sein müssten. Hätte man so alles auch schon vorher ahnen können, ein Blick in unseren Blog hätte genügt.

Am 7. Oktober 2008 musste der erboste Goldschuhe aus seinem Ärger Luft machen. „Eine abschließende Betrachtung vor dem Trainerwechsel: Fairness für Freidhelm Funkel oder die Alliteration des Tages“ hat er sein Pamphlet etwas arg gespreizt überschrieben und darin die Frage nach dem Zeitpunkt einer Trennung zwischen Funkel und Eintracht Frankfurt gestellt. Die Argumente ähneln sich denen, mit denen die Bochumer Fans in den letzten Wochen dafür sorgten, dass sich Aufsichtsratsboss Ernst-Otto Stüber zu der Aussage genötigt sah: „Wir verlieren immer mehr Zustimmung in der Öffentlichkeit und bei unseren Sponsoren“.

Was wirft man Funkel vor, damals wie heute?

Lange hat es kaum jemand gemerkt, da die Ergebnisse merkwürdigerweise stimmten, aber der Fußball, der in Frankfurt seit Beginn der Saison 2007/2008 gespielt wird, ist leider immer grauenhafter geworden.

schreibt Goldschuhe aus und findet, dass

Funkel die Mannschaft so gut kennen (würde), dass er vor lauter differenzierter Fehlerdiagnose ihre Stärken vergisst und nur noch die Schwächen wahrnimmt. So ist auch das immer defensiver werdende Spiel zu erklären, das entgegen des Klischees über den Trainer Funkel eine relativ neue Entwicklung darstellt.

und weiter

Gegen Hoffenheim mit sechs Spielern der erweiterten Kategorie „Verteidiger“ aufzulaufen ist schon merkwürdig, gelinde gesagt. So gibt man keiner Mannschaft das Gefühl, sie könne mithalten.(…) Die Qualität des Kaders stagniert und die Siegermentalität strebt gegen null. Es geht so nicht weiter.

Seine Hoffnung klang 2008 ganz ähnlich wie das, was die Bochumer Fans mit der Demission Funkels verknüpfen – Veränderung und mehr Attraktivität:

Wir brauchen einen neuen Trainer, der in der Lage ist, erneut das Mittelmaß als Ziel zu erreichen ohne es so zu formulieren. Sonst steigen wir in dieser Saison ab und reißen damit alles ein, was man in den letzten Jahren aufgebaut hat.

Wohin der Weg der Eintracht unter Skibbe führte, dürfte allseits bekannt sein, hoffen wir, dass Bochum ähnliches erspart bleibt.

Foto: Steffen Ewald/wikipedia.org

Über den Autor: esleben

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Quelle: Wikipedia

Schleifer Schaaf

Thomas Schaaf steht für unterschiedliche Dinge:  Zum Beispiel für absolute Vereinstreue, ist er doch seit 1972 bei Werder Bremen tätig. Zunächst als Spieler und jetzt schon seit 23 Jahren als Trainer (Bevor jetzt wieder irgendjemand schreit: Ich beziehe hier auch seine Zeit als Jugendtrainer mit ein). In jedem Fall steht Thomas Schaaf für schönen und spektakulären Fußball – verbunden mit einer handfesten Abwehrschwäche. Das allerdings nur als Trainer. Der bekennende Schnauzbartträger ist zudem dafür bekannt, etwas wortkarg zu sein. Er gilt als dröge und sperrig.

Wer aber in den vergangenen Jahren genauer hingeschaut oder auch hingehört hat, wird festgestellt haben, dass Schaaf im Interview gar nicht selten für  „den einen oder anderen“ (J. Wontorra) trocken-lustigen Spruch zu haben ist. Oft fällt das nicht so richtig auf, sicher ist aber, dass dem Bremer Trainer in der öffentlichen Wahrnehmung zu unrecht der Ruf eines humorbefreiten Menschen anhaftet. Ein weiteres Zeugnis seines Humors hat Thomas Schaaf bei Arnd Zeigler abgelegt, dem er auf dessen eigenen Wunsch ein kleines Privattraining angedeihen ließ. Selbstverständlich inklusive: Massig motivierende Kommentare des besten, angeblich so wortkargen Drill Instructors der Welt. Absolut großartig! Ich sag nur: „Schlappes Gestell!“ Und nun Film ab!

Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.

FC Zestafoni: Die georgische Provinz in Europa

Unser Korrespondenten-Netz erstreckt sich auch in Zeiten von „online“ über den ganzen Erdball. Diesmal berichtet Gastautor BizDanIshVili aus Georgien:

Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Und da für mich der Besuch eines Euro-League-Qualispiels des sagenumwobenen FC Zestafoni in Tifils eine solch ungewöhnliche Situation darstellt und es dazu noch ein ziemlich außergewöhnliches Spiel werden sollte, lass ich mich (der sonst ausschließlich per Brieftaube mit der Außenwelt kommuniziert) hiermit auch mal zu einem Blogbeitrag hinreißen.

Der FC Zestafoni ist in der vergangenen Saison erstmals georgischer Meister geworden – keine ganz schlechte Leistung für ein Kaff mit 26.000 Einwohnern in der Nähe von Kutaisi, das selbst dem Lonely Planet keine Erwähnung Wert ist. Allerdings sieht man sich offensichtlich nach der Meisterschaft selbst nicht (mehr) als Underdog und war aufgrund des denkbar knappen Scheiterns in Champions-League-Quali gegen Sturm Graz (1:1; 0:1) so enttäuscht, dass der Meistertrainer kurzerhand das Handtuch warf. Die Qualifikation für die Euro League-Gruppenphase wurde also ohne Trainer angegangen.

Das Spiel wurde, vermutlich aufgrund von UEFA-Regularien, im Boris-Paitschadse-Stadion des georgischen Rekordmeisters Dinamo Tiflis ausgetragen. Eine riesige Sowjet-Betonschüssel aus den Siebzigern (hieß damals natürlich Wladimir-Iljitsch-Lenin-Stadion), das von außen nach mehr als 55.000 Plätzen aussieht. Das Zentral-Stadion Zestafoni mit seinen 8.000 Plätzen wird dagegen wahrscheinlich kaum für europäische Wettbewerbe zugelassen sein. Und da man sich in Georgien vor allem für Rugby interessiert, muss man sich auch für Spiele in europäischen Wettbewerben nicht frühzeitig um Karten kümmern. Und so kamen wir zehn Minuten vor Anpfiff am Stadion an, um uns Karten zu besorgen. Glücklicherweise war ich in Begleitung von Menschen mit Lokalkompetenz unterwegs, denn die Verkaufsstellen – winzige Löcher in der Stadionwand, die von anstehenden Menschen verdeckt wurden – hätte ich niemals gefunden. Die Karten für 5 Lari (etwa 2 Euro) mussten in dieser georgischen Schlange, die eher als Rudel mit Faustrecht zu bezeichnen ist, allerdings auch erst mal erkämpft werden. Pünktlich zum Anpfiff betraten wir aber dennoch das ehemals drittgrößte Stadion der Sowjetunion, um uns ein Bild von der Konkurrenzfähigkeit des georgischen Fussballs zu machen.

Gegner des FC Zestafoni war/ist der glorreiche FC Brügge, aktueller Tabellenführer der belgischen „Jupiter League“ und 13-facher belgischer Meister, dem die Region noch aus der vorherigen Runde bekannt ist. Da setzte man sich nämlich gegen den FK Karabakh Agdam aus Aserbaidschan durch (4:1; 0:1). Auf der einen Seite also ein westeuropäischer Traditionsclub (Gründung 1891), der in den Siebzigern sowohl im UEFA-Cup als auch im Pokal der Landesmeister das Finale erreichte und in den 2000er Jahren immerhin schon dreimal in der Champions League gespielt hat. Und auf der anderen Seite ein 2004 auf von dem Besitzer des Stahlwerks Zestafoni gegründete georgische Provinzclub, der ohne seinen besten Spieler antrat. Denn die Mannschaft von Zestafoni hatte Buba Daushvili nach Bekanntwerden seines bevorstehenden Wechsels nach Lemberg sofort aus der Mannschaft geworfen, obwohl er noch bis Saisonende für Zestofoni hätte spielen können. Über die Frage, wem in diesem Duell die Favoritenrolle zukam, muss man daher wohl nicht lange diskutieren.

Und exakt so begann das Spiel auch. Es war hinsichtlich taktischer Disziplin und technischen Fähigkeiten doch ein deutlicher Unterschied zwischen den Teams auszumachen, der nach einer kurzen Abtastphase zu einer Reihe sehr guter Torchancen für den FC Brügge führte. Beim FC Zestafoni konnte man die Abwesenheit eines Trainers deutlich spüren, z.B. wenn sich etwa Spieler der Mannschaft nach einem Fehlpass lieber gegenseitig die Meinung sagten, als den nun ballführenden Spieler des Gegners zu attackieren. Kurz: die Führung für den FC Brügge schien eine Frage der Zeit und kam dann auch in Form eines Doppelschlags in der 27. und 31. Minute. Der nigerianische Nationalstürmer Joseph Akpala (15) – auch sonst überragender Mann auf dem Platz – erzielte den ersten Treffer und der isrealische Neuzugang Lior Rafaelov (8) legte wenig später nach.

Die bislang mäßige Stimmung im mäßig gefüllten Stadion kippte nun vollends. Bereits zuvor hatte man gemerkt, dass nur wenige wirkliche Anhänger des FC Zestaponi den Weg nach Tiflis auf sich genommen hatten und die meisten Zuschauer eher des Spektakels wegen gekommen waren. Sofort nach dem 0:2 wurde das durch laute „Dinamo, Dinamo“-Rufe deutlich. Der Provinzclub wurde von den Haupstädtern jetzt nur noch belächelt. Die Spieler antworteten mit teils aberwitzigen Fehlpässen, vom Publikum mit höhnischem Applaus quittiert. Nach einem besonders miesen Spielzug des FC Zestaponi verließ die komplette Reihe vor uns, aufgrund einer wohl ausgiebigen nullten Halbzeit wankend und schimpfend, das Stadion (im Stadion gibt es keinen Alkohol, was von einem Großteil des Publikums offensichtlich durch intensives Vorglühen kompensiert wurde).

Diese Atmosphäre führte dazu, dass niemand – inklusive der Spieler beider Mannschaften – den FC Zestafoni noch ernst nahm und so vertändelte der FC Brügge noch vor der Pause eine Reihe von Torchancen, die für ein 5:0 oder 6:0 zur Pause ausgereicht hätten. Dementsprechend fielen dann auch unsere Halbzeitprognosen des Endergebnisses aus: sie reichten von 4:1 bis 5:0 für den FC Brügge.

Als wären sie fest entschlossen, unsere Prognosen zu bestätigen, spielten die jetzt komplett lustlos wirkenden Spieler von Zestafoni den Anstoß zur zweiten Halbzeit gleich mal direkt zum gegnerischen Torwart. Allerdings erst im zweiten Versuch. Dann wie auch schon beim Anstoß nach dem 0:2 wurde dieser erstmal falsch ausgeführt, wie auch diverse Einwürfe von Zestafoni abgepfiffen werden mussten. Weiterhin gab also Brügge den Ton an, weiterhin vergaben sie hundertprozentige Torchancen auf teilweise lächerliche Art und Weise. Das Spielt hatte nun den Charakter einer Katerkicks am Sonntag im Park. Besonders deutlich wurde das am Kapitän des FC Zestafoni, Tornike Aptsiauri, dem man einen leichten Hang zur Selbstdarstellung nachsagen kann. Die Nummer 55 auf dem Rücken, hielt sich dieser technisch mit Abstand beste Spieler der Georgier an keinerlei taktische Vorgaben (gab es aufgrund der Abwesenheit des Trainers ja vermutlich auch nicht): er wechselte die Seiten nach Lust und Laune (immer riesige Lücken hinterlassend) und spielte ausschließlich mit Außenrist und Hacke.

So plätscherte das Spiel unaufgeregt und unattraktiv vor sich hin und die Zuschauer konzentrierten sich auf das Kauen von Sonnenblumenkernen oder auf ihre Planungen für die dritte Halbzeit – bis zur 59. Minute. Da führte ein erstaunlich durchdachter und gut ausgespielter Spielzug zum 1:2 Anschlusstreffer durch Zestafoni-Stürmer Gelashvili (9). Plötzlich doch ein Hauch von Stimmung und Hoffnung im Stadion, doch so recht traute noch niemand dem Ganzen. Gelashvili feierte sein Tor komplett ohne die Mannschaftskameraden und auch die Zuschauer waren eher ungläubig als euphorisiert – zu deutlich war der Klassenunterschied bislang gewesen. Aber den FC Brügge schien das Tor etwas aus der Bahn zu werfen und so spielte plötzlich nur noch der FC Zestafoni. Insbesondere Kapitän Aptsiauri (55) und der mit Abstand schlechteste Mann der ersten Halbzeit, Shota Grigalashvili (13), leiteten nun aus dem Mittelfeld einige gut aussehende Angriffe ein. Und einer dieser Angriffe führte dann in der 65. Minute zum Ausgleich, der ein Fall für das Tor des Monats wäre, wenn dieses Spiel denn jemand in Deutschland gesehen hätte. Der bislang nur in Sachen Hauptbehaarung, Gestik und Eigensinnigkeit an Arjen Robben erinnernde Djaba Dvali (11) wurde am Sechzehner schön angespielt und hielt aus der Drehung aus 20 Metern einfach drauf. Dabei gelang ihm ein wahnsinniges Geschoss, das am rechten Innenpfosten landete und von dort im Tor. Der belgische Torwart konnte nicht mal zucken.

Das Stadion schien plötzlich zu platzen. Binnen Sekunden wurden die gelangweiltesten Dinamo-Anhänger zu glühenden Zestafoni-Fans und im Stadion kam jetzt eine wirklich euphorisch-aggressive Stimmung auf. Und der FC Zestafoni ließ sich davon nach vorne peitschen und spielte zielstrebige und präzise Angriffe, die kein Zeitzeuge der ersten Halbzeit je für möglich gehalten hätte. Gute Einwechslungen belebten das Spiel zusätzlich, vor allem der junge Alex Benashvili (7) leitete über die rechte Seite viele Angriffe ein und schlug ziemlich gefährliche Flanken.

Mitten in diese Drangphase schlich sich aber eine völlig unnötige Disziplinlosigkeit in Form eines absichtlichen Handspiels, das zu einem Freistoß für Brügge aus gefährlicher Distanz führte. Und wie es so oft ist, resultierte aus der Freistoßflanke ein Gewühl im Strafraum, aus dem Carl Hoefkens in der 73. Minute das 2:3 für Brügge erzielte. Auf das gesamte Spiel gesehen, bis dahin vielleicht noch ein gerechter Zwischenstand, aber in dieser Phase völlig unverdient. Dementsprechend ernüchtert war das zuvor lärmende Publikum und es wurde kurz vollkommen still. Dann aber war die Reaktion vollkommen anders als nach dem letzten Tor: anstatt sich mit „Dinamo, Dinamo“-Rufen vom georgischen Team zu distanzieren, wurde es jetzt weiter angefeuert: „Zestafoni, Zestafoni!“. Das Team hatte sich die Unterstützung des Publikums mittlerweile verdient.

Und dementsprechend spielte es auch nach dem Gegentor weiter wie zuvor und kam zu etlichen guten Torchancen. Eine davon führte dann zehn Minuten später zum mittlerweile verdienten Ausgleich. Kapitän Aptsiauri (55) flankte von rechts scharf vor das Tor, Torjäger Gelashvili (9) nahm den Ball gut runter und erzielte per Flachschuss aus der Drehung das 3:3. Danach blieben mit Nachspielzeit noch etwa zehn Minuten, die weiterhin vor allem Zestafoni bestimmte und auf den Siegtreffer drängte. Das führte aufgrund der teilweise undisziplinierten Defensivarbeit zu dem einen oder anderen Konter der Belgier, aber Torwart Kvaskhvadze (89) musste nur einmal parieren. Zestofoni konnte noch einige gefährliche Flanken in Richtung Brügger Tor schlagen und hätte mit etwas Glück den Siegtreffer erzielen können, aber am Ende blieb es beim gerechten 3:3 nach zwei vollkommen unterschiedlichen Halbzeiten.

So würde dem FC Zestafoni nächste Woche ein 1:0-Sieg in Brügge zur sensationellen Qualifikation für die Gruppenphase der Europe League reichen, den ich der Mannschaft von Herzen gönnen würde. Allein mir fehlt der Glaube…

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Bruno Stickroth: Der Frisör von Elvis

Wer bisher meinte, mit „der schöne Bruno“ wäre derjenige Namens Labbadia gemeint, sieht sich jetzt eines besseren belehrt. Die Rede ist natürlich von Bruno Stickroth, dem ehemalige Frisör von Elvis Presley und VfB-Fan erster Stunde. Der nicht mehr ganz junge Schönling macht nun in online und dreht souveräne Videos für die Stuttgarter Zeitung. Das Ergebnis lässt sich (bisher) durchaus sehen und macht Lust auf mehr. Besonders toll sind die ausführlichen Interviews. Leider lässt sich das Video nicht einbetten, ein Klick hierauf lohnt sich aber dennoch!

Via Trainer Baade

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Auf der Suche nach dem rechten Maß

Zollstock (Foto: www.pixelio.de)Zwei Tage Durchschnaufen! Die EM pausiert und erstmals seit Jahren bin ich während eines großen Turniers froh darüber, vor der Wahl zu stehen, was ich mit dem Abend anfangen soll. 16 fußballerisch äußerst intensive Tagen liegen hinter allen Beteiligten, die nachwievor auf der Suche nach dem rechten Maß sind. Spieler, Fans, Medien und Offizielle. Einige Beispiele, Aufzählung unvollständig.

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Thomas Doll – Eine Polemik

 

Thomas Doll ist kein guter Trainer. Gibt man „Thomas Doll“ und „Debakel“ bei Google ein, so erhält man 2.670 Treffer. Bei „Thomas Doll“ und „schlecht“ sind es sogar 15.200. Bedarf es noch weiterer Argumente? Eigentlich nicht. Und trotzdem möchte ich gerne mit einer losen Aufzählung zeigen, was Thomas Doll als Trainer und als Typen für mich geradezu unerträglich macht. Eine Polemik.

Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.

Der (in)offizielle Ösi-Supporters-Blog

Das Land, aus dem DJ Ötzi stammt. Ganz Europa, vermutlich sogar weite Teile der Welt machen sich derzeit über unser Nachbarland Österreich lustig. Grund ist das Auftreten der Fußball-Nationalmannschaft des Alpenlandes gepaart mit der Gastgeberrolle der kommenden Europameisterschaft.

Selbst im eigenen Land bekommen die Spieler um Trainer Hickersberger nur Hohn und Spott zu hören. Sogar der Verzicht auf die Teilnahme wird gefordert, um Mannschaften die Teilnahme zu ermöglichen, die aus Sicht der frustrierten Fans dort eher hingehören. Wir finden: Das muss aufhören!

Über den Autor: Goldschuhe aus

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.