Die Leiden des jungen Schweinsteigers

Bevor die deutsche Nationalmannschaft überhaupt eine Minute gespielt hat, steht die erste Enttäuschung des Turniers bereits fest: Bastian Schweinsteiger wird auch diesmal wieder genau dann keine Leistung zeigen, wenn es darauf ankommt. Denn, Schweinsteiger ist gnadenlos überschätzt und versagt in wichtigen Spielen in einer fast schon beängstigenden Regelmäßigkeit. Seine Reputation als Fußballspieler beruht in erster Linie auf einem Missverständnis beziehungsweise Blendung: Gute Leistungen ruft der Mittelfeldakteur immer nur dann ab, wenn das Spiel von geringer bis mittlerer Bedeutung ist.

Meine Aussagen nähren sich dabei nicht von Hass (im Gegenteil, ich finde Schweini sogar fast sympathisch), sondern von einem Blick in die Geschichstbücher des jüngeren, deutschen Fußballs. Ich denke wir sind uns einig, wenn ich sage, dass herausragende Fußballspieler ihre Leistung sowohl für ihre Nationalmannschaft als auch für ihren Club „abrufen“ und sie ihr Team mit dieser Leistung „am Ende des Tages“ auch zu Titeln führen. Zwei exemplarische Spiele zeigen, dass Schweinsteiger hierzu nicht in der Lage ist.

WM 2006: Ganz Deutschland ist geil. Bis ins Halbfinale hat sich der Stahlhelm haben sich Klinsis Recken gekämpft und sollten doch am späteren Weltmeister Italien scheitern. Schweinsteiger, der bis dahin ein eher mittelmäßiges Turnier spielte, wird spät eingewechselt. Jedoch geschieht der Wechsel noch früh genug, um ihm die schlechteste Kicker-Note des Spiels einzuhandeln. Im wichtigsten Spiel des Turniers zeigt er keine Leistung. Vier Tage später kommt es im, vollkommen bedeutungslosen, Spiel um Platz drei zum Duell mit Portugal. Schweinsteiger blüht auf, schießt zwei Tore, wird Spieler des Spiels. Scheinbar kann er seine beste Leistung nur dann ‚bringen‘, wenn er keinen „unmenschlichen Druck“ (O. Kahn) verspürt. Ein ähnlich frappierender Leistungsunterschied zwischen Halbfinale und Spiel um Platz drei ließ sich übrigens auch beim letzten Weltmeisterschaftsturnier beobachten.

Aber springen wir ins Jahr 2012: Die Champions League, die „Königsklasse“, das Turnier um die wertvollste Clubtrophäe der Welt. Die Bayern besiegen im Halbfinale Real Madrid und dürfen das ersehnte Finale im eigenen Stadion bestreiten. Gefeierter Star des Spiels: Bastian Schweinsteiger, der sich, leicht verletzt, durch 120 Minuten Fußball kämpft und dann denn entscheidenden Elfmeter verwandelt. Soweit eigentlich eine Geschichte, die meiner These widersprechen würde. Hätte es da nicht eben jenes Finale gegen den Chelsea FC gegeben. Wieder kommt es zum Elfmeterschießen. Und was macht Schweinsteiger? Er versagt erneut und setzt den vielleicht wichtigsten Elfmeter seiner Karriere ans „Aluminium“.

Auch Dirk Nowitzki galt in der NBA als sehr guter Spieler, dem jedoch etwas Entscheidendes fehlte: ein Titel. Letzte Saison konnte er diese Scharte endlich auswetzen, im beinahe schon hoch zu nennenden Sportleralter von 33 Lenzen. Wie lange wird Schweinsteiger dazu brauchen? Und, wird er es überhaupt jemals schaffen?

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Eier-Derby

Wenn Freitag auf einen Donnerstag fällt, kann man durcheinander kommen. Zumal die ungnädige DFL auch an Feiertagen wie Ostern kein Einsehen hat, was die Familien feindlichen Anstoßzeiten in der zweiten Liga angeht. Deshalb Supermarkt statt Schauinsland(-Arena), Spielplatz statt Stehplatz, einen Korb für den Don statt Gebinde in der Köpi-Lounge, Eiersuche statt Erlebnisorientierung (Stichwort: Kärchern).

Do, 19:30 Uhr

SSV Reutlingen – VfL Kirchheim/Teck: Das Geister-Derby – annulliert – 

Ein Spiel, das niemals stattgefunden hat, denn selbst in der Oberliga kann nicht jeder Club die finanziellen Mittel aufbringen, um am Spielbetrieb teilzunehmen. Deshalb hat Kirchheim „nur echt mit dem Zusatz ‚Teck’“ aus wirtschaftlichen Gründen sein Team abgemeldet. Alle Spiele werden annulliert und der SSV kann bereits am Montag sein Nachholspiel gegen Bonlanden bestreiten (siehe unten).

Sa, 13:00 Uhr

MSV Duisburg – Eintracht Frankfurt: Das Traditions-Derby 2:0

Zwei ehemalige Bundesligisten, deren Entwicklung derzeit diametral verläuft. Während Frankfurt sich inzwischen dem Schaulaufen Richtung erste Liga widmen und wohl den direkten Wiederaufstieg feiern kann, bleibt dem Standort Duisburg nichts außer seine Tradition. Das Säckel der Stadt ist leer, das Stadion an einen Reiseveranstalter verhökert und auf der Bank sitzt ein Ex-Schalker. Könnte es schlimmer kommen? Durchaus, wenn der Verein absteigt und damit auch sportlich die wirtschaftliche Talfahrt der Region nachvollzieht.

Sa, 15:30 Uhr

VfL Wolfsburg – Borussia Dortmund: Das Meister-Derby 1:3

Kaum zu glauben, dass Wolfsburg tatsächlich einen Meistertitel auf dem Briefkopf stehen hat. Noch unglaublicher, dass sich das Team von Saddam Magath unter Umständen noch für die Europa-Liga qualifiziert, und sich Magath für seine fragwürdigen Methoden feiern lassen darf. Deshalb wäre uns ein schnödes 0:1 allemal lieber als ein spektakuläres 4:4. Denn Bayern als Meister will nun wirklich kein Mensch.

SC Freiburg – 1.FC Nürnberg: Das Baden-Franken-Derby 2:2

Hamburg, Lautern, Leverkusen – das alles ist nichts wert, wenn heute nicht der „nächste Badenstreich“ gegen Nürnberg folgt. Das Team von „Crazy“ Streich kann zwar im direkten Trainingsanzugsvergleich gegen „das Team aus der Noris“ (kicker) nicht mithalten, fußballerisch müsste man das Team allerdings in seine Schranken verweisen können. Extralob gibt es für den ersten der Pinola den Ball durch die Beine spielt und dabei den Namen seines Frisörs verrät.

1.FC Kaiserslautern – 1899 Hoffenheim: Das (Kur-)Pfalz-Derby 1:2

Schneider3 beantwortet derzeit keine Fragen zum Verein seiner Herzen, wer möchte es ihm verdenken. Dieses Beispiel sollte Schule machen, wir folgen ihm als erste.

So, 13:30 Uhr

VfL Bochum – Karlsruher SC: Das Noch-Mehr-Ex-Bundesligisten-Derby 0:0

Zwei ehemalige Bundesligaclubs, zwei Vereine, die UEFA Cup-Geschichte geschrieben haben und jetzt vor dem Abgrund stehen. Bochum rettet derzeit noch die Tatsache, dass die Hälfte der zweiten Liga noch desolater kickt als das Team von Andreas Bergmann. Karlsruhe steht mehr unter Druck und greift in seiner Verzweiflung auf Spieler wie Delron Buckley zurück, dessen große Bochumer Zeit auch schon ein gefühltes Jahrzehnt zurückliegt.

So, 15:30 Uhr

FC Schalke 04 – Hannover 96: Das Ausgeschiedene-Derby 3:0

International vorerst gescheitert, national so gut dabei, dass es nächste Saison international weitergehen könnte – alles deutet auf ein torloses Unentschieden zwischen müden Schalkern und noch müderen Hannoveranern hin.

Mo, 15:00 Uhr

SV Bonlanden – SSV Reutlingen: Das Nachholspiel-Derby 1:2

Kurze Anreise für den SSV und seine Fans: Erst auf die B 464, dann auf die B27/312 bis zur Abfahrt „Filderstadt-Bonlanden“. An der Kreuzung rechts, unter der B27/312 durch auf die Bonländer Hauptstraße. Der bis zur Buchhandlung Oesterlin in der Ortsmitte folgen, dort wieder rechts auf die K 1224 und an der nächsten Kreuzung links in die Humboldtstraße, zwei Weizen in der Sportgaststätte Bonlanden und schon kann’s losgehen. Mehr Service geht nicht, oder?

Foto: KOMUnews/flickr.com

Über den Autor: esleben

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Derby schreit er…

Wenn hier sonst schon die ganze Woche nichts passiert, auf die Derbyvorschau ist Verlass. Dieses Wochenende greift endlich die zweite Liga wieder ein, gleich mit einem lupenreinen Knallerderby – dem traditionsbelasteten „Eintracht-Derby“ zwischen Frankfurt und Braunschweig. Ob Helmes wohl mit wehmütigem Blick auf der Tribüne sitzen wird, während Gekas in der fernen Türkei Tor auf Tor schießt… Das Wochenende wird es weisen, so oder so.

Fr, 20:30 Uhr

1.FC Nürnberg – Borussia Dortmund (Das „Polonaise“ Derby)

„Der Club is a Depp“ heißt das Sprichwort, daran dürfte sich auch nach dem Treffen mit den frisch verlängerten „Kloppos“ und „Susis“ nichts ändern. Während Dortmund weiter Bayern jagt, machen die Clubberer per Polonaise mit der halben Liga aus, wer am Ende der Saison absteigen darf.

Sa, 15:30 Uhr

FC Schalke 04 – FSV Mainz (Das „Christian Fuchs“ Derby)

Ich freue mich schon jetzt auf den ersten „Field Reporter“ der Christian Fuchs mit der blitzgescheiten Frage behelligt, ob es sich um ein „ganz normales“ Spiel für ihn gehandelt habe. Schließlich hat er vor Schalke ja das Trikot der „Fisch-Mänzer“ getragen. Hoffentlich nimmt sich Fuchs beim Beantworten der Frage ein Beispiel an Heiko Vogel.

So, 13:30 Uhr

Eintracht Frankfurt – Eintracht Braunschweig (Das „Eintracht“ Derby)

Der arme Patrick Helmes muss weiter Frondienst in Saddam Magaths Kompanie leisten, statt bei Veh durch den Schnee zu tollen und gemeinsam mit Amedick die Eintracht Richtung erste Liga zu ballern. Ein Glück für ihn, dass das Spiel in Frankfurt stattfindet, sonst hätte er die spielfreie Zeit noch in der Wolfsburger Nachbarschaft verbringen können.

VfL Bochum – Hansa Rostock (Das „Erste Liga“ Derby)

Weiter weg von der ersten Liga waren diese beiden Clubs noch nie (Ja, gut, Rostock schon…). Bochum hat mit dem Verkauf von Tese jetzt auch dem letzten Fan das Signal gesendet: „Erste Liga, später wieder!“. Ein ähnliches Image als graue Maus hätte Rostock auch gerne, aber die haben ja noch ihre Fans…

15:30 Uhr

SC Freiburg – Werder Bremen (Das „Kantersieg“ Derby)

Ich muss gar nicht in die Statistik schauen, um zu wissen: diese Punkte gehen an die Weser. Eigentlich ist nur noch zu klären, wie hoch Bremen gewinnt und ob Pizarro mal wieder ein Hattrick gelingt. Zweite Liga wir kommen, und zwar im Laufschritt.

17:30 Uhr 

1.FC Kaiserslautern – 1.FC Köln (Das „Effzeh“ Derby)

Drei Punkte, die K’lautern holen muss, will man sich nicht endgültig zum Gespött aller Großstädter machen. Köln ist in jedem Fall dieses Jahr die größtmögliche fußballerische Wundertüte, die am Ende der Saison den Torschützenkönig stellen könnte und trotzdem absteigt. Und im Umfeld tun wieder alle überrascht.

Foto: Eamon Curry/flickr.comИкони на светци

Über den Autor: esleben

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Weidenfeller weint

Der arme Roman Weidenfeller! Er musste am Sonntag von der Tribüne aus zusehen, wie sein BVB den HSV mit 5:1 abfertigte. Ob er deswegen so schlechte Laune hatte, dass er am gleichen Tag in der FASZ mal wieder die alte Platte „Beim DFB hat mir nie einer eine Chance gegeben“ auflegte? Nur weil er nicht einsehen möchte, dass die Nationalmannschaft mit Tim „Spiegel“ Wiese schon über einen Anachronismus aus der Abteilung „Gerry Ehrmann Torwartschule“ verfügt? Wieso in aller Welt, sollte sich Jogi Löw zwei Torhüter halten, die man bei flüchtigem Ansehen auch für Zwillinge halten könnte, die den Triathlon „Sonnenbank, Hantelbank, Friseursalon“ seit Jahren dominieren?

Aber lassen wir den armen, unverstandenen Roman W. aus D. lieber selbst zu Wort kommen. Auf die Frage, ob er sich ungerecht behandelt fühle, fällt Weidenfeller im Gespräch mit Richard Leipold in larmoyantes Gegreine:

„Man kann sich schon wundern, wenn man jahrelang bei einem großen Club wie Borussia Dortmund eine gute Rolle spielt und dennoch nie berufen wird. Doch hat mich dies nie aus dem Tritt gebracht. Ich habe beim DFB nie eine sportliche Chance erhalten, das muss ich so hinnehmen.“

Und schaltet im folgenden in den Gang „Verschwörungstheorien“, den ja auch schon Michael Ballacks Berater Michael Becker mit seinem Ausdruck von der „Schwulen-Combo in der Nationalelf“ bedient hat:

„Irgendwann habe ich aufgehört, mich zu fragen, was der Grund dafür sein könnte. Es wurde mir bis heute nie der wahre Grund mitgeteilt.“

Wie all den anderen Bundesligaspielern mit deutscher Staatsangehörigkeit, die nie ins Aufgebot des DFB berufen wurden? Der designierte DFB-Präsident Niersbach und sein Herausforderer Rüttenauer sollten sich schnellstens dafür einsetzen, dass ein formloses Schreiben aufgesetzt wird, in dem allen Nie-Berufenen der wahre Grund ihrer Nichtberücksichtigung mitgeteilt wird. Aber Weidenfeller ist noch nicht fertig mit der Geißelung der Waschlappen namens Nationalelf. Auf die Frage, ob man als weicherer Typ bessere Chance beim Bundestrainer hätte, antwortet Weidenfeller:

„Ich möchte jetzt keine Lawine lostreten, dennoch glaube ich, dass dies zutreffend ist. Man hat es zuletzt bei Michael Ballack gesehen. Es gibt eben Charaktere, die nicht alles hinnehmen, und es gibt solche, die wenig hinterfragen.“

Völlig klar, welche Spieler das Zeug zum Leader haben:

„Für einen Trainer ist es schwieriger, mit Spielern zu arbeiten, die einen eigenen Kopf haben. Jedoch sind genau solche Spieler in der Lage, ein Spiel zu drehen, wenn es darauf ankommt.“

Um letztendlich mit einem Bonmot zu schließen, das beinahe so philosophisch ist, wie Otto Rehhagels Satz „Modern spielt, wer gewinnt“:

„Was ist modern? Das Wichtigste ist, dass der Torwart den entscheidenden Ball hält!“

Süffisant an Weidenfellers Verschwörungstheorie ist dabei, dass er lange Zeit – nämlich bis November 2010 – ebenfalls von Michael Becker, dem Ballack-Berater vertreten wurde, ehe man sich im Streit entzweite und um knapp 700.000 Euro stritt.

P.S. Der größte Lacher des Interviews ist jedoch Weidenfellers Aussage zu seinem Vorgänger im Tor der Borussia, Jens Lehmann:

„Ich durfte viel von ihm lernen, und es würde mich extrem reizen, so lange spielen zu können.“

Foto: Pro2/wikipedia.org

Alle Zitate aus der FASZ vom 22.01.2012

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Gerechte Stadionverbote?

„Ein Stadionverbot ist gegen eine Person zu verhängen, die im Zusammenhang mit dem Fußballsport […] innerhalb oder außerhalb einer Platz- bzw. Hallenanlage in einer die Menschenwürde verletzenden Art und Weise oder sicherheitsbeeinträchtigend aufgetreten ist.“

So sieht es zumindest die entsprechende DFB-Richtlinie vor, die zudem konkrete Beispiele für ein solches „Auftreten“ nennt: Gewaltdelikte, Landfriedensbruch oder auch Raub.

Es herrscht wohl größtmöglicher Konsens, dass ein Stadionverbot als Strafe für die genannten Delikte durchaus angemessen ist. Bei bundesweit ca. 3.500 erlassenen Stadionverboten in den letzten drei Jahren fällt es allerdings schwer zu glauben, dass jeder dieser Sanktionen eine (schwere) Straftat vorangegangen ist. Und tatsächlich, ähnlich wie bei der Aufnahme in die „Datei Gewalttäter Sport“, reicht es manchmal zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, um jahrelang unter den Folgen leiden zu müssen.

Nicht zuletzt deswegen schwelt seit Jahren ein Streit zwischen Vereinen, DFB und Fans hinsichtlich der Vergabepraxis von Stadionverboten. Die einen sehen diese als notwendige Maßnahme zum Schutz anderer Zuschauer, die anderen als willkürlichen Ausdruck von Repression. 2007 schließlich fand ein erster Bundesweiter Fankongress mit Vertretern aller genannten Gruppen statt. Dabei wurde unter anderem beschlossen, die maximale Laufzeit eines Stadionverbotes von fünf auf drei Jahre zu reduzieren. An den Umständen, wie Stadionverbote zustande kommen hat sich seitdem jedoch nichts Wesentliches geändert: Eine Anhörung des Betroffenen oder gar eine Überprüfung des Urteils findet so gut wie nie statt.

Wegweisend sollte deswegen die Klage eines Bayernfans sein, dessen Stadionverbot trotz eines eingestellten Ermittlungsverfahrens aufrecht erhalten wurde. Der BGH urteilte schließlich, dass dieses Vorgehen rechtens sei. Entscheidend sei das Hausrecht der Vereine, ein Anspruch auf ein rechtsstaatlich korrektes Verfahren bestehe nicht. Dabei kann sich wohl jeder vorstellen, was ein ungerechtfertigtes Stadionverbot für den Betroffenen bedeuten kann: Einerseits ein bitteres Gefühl der Ohnmacht gegenüber einem undurchdringbaren Entscheidungsapparat. Andererseits, besonders bei Jugendlichen, ein wesentlicher Eingriff in die Freizeitgestaltung und das soziale Leben.

Und dennoch gibt es zu diesem Thema keinerlei Debatte, ist doch das Vertreten einer „Null Toleranz“ Linie in Zeiten einer „neuen Dimension der Stadiongewalt“ deutlich leichter zu rechtfertigen als Verständnis gegenüber unschuldig Verurteilten.

Daher ist es besonders bemerkenswert, dass sich der VfL Bochum vor kurzem für gänzlich neues Vorgehen in Sachen Stadionverbote entschieden hat. Der Verein hat zu diesem Zweck eine fünfköpfige Stadionverbotskommission eingerichtet, die aus Prof. Dr. Thomas Feltes (Lehrstuhlinhaber für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum), Gerd Kirchhoff (Stadtdirektor und Dezernent a.D. sowie ehemaliges Aufsichtsratsmitglied VfL Bochum 1848), Norbert Kern (Bereichsleiter des Ordnungsdienstes im Gästebereich des Ruhrstadions und Polizeibeamter a.D.), Lothar Kessler (stellv. Leiter des Jugendamts Bochum und Abteilungsleiter Jugendförderung) sowie Frank Gutberger (Jugendrichter am Landgericht Bochum) besteht. Diese Kommission soll einen möglichst objektiven Blick auf den jeweiligen Vorfall richten, dem Betroffenen die Möglichkeit geben vorzusprechen und individuelle Maßnahmen festlegen, ohne sofort zum Stadionverbot zu greifen.

Man sollte meinen, dass ein solches Vorgehen in einem Rechtsstaat wie Deutschland selbstverständlich wäre. Leider aber muss man dem VfL Bochum für diese bundesweit bisher einzigartige Einrichtung ein besonderes Lob aussprechen. Man kann dem Club nur wünschen, dass die Pilotphase erfolgreich verläuft und für ein besseres Verhältnis zwischen Fans und Verein sorgt und Strafmaßnahmen rund um den Fußball gerechter und nachhaltiger gestalten kann. Wann und ob sich weitere Vereine daran ein Beispiel nehmen, ist leider noch längst nicht absehbar.

Weitere Informationen: Der Westen – In Sachen Stadionverbot ist der VfL nun Vorreiter

Foto: mkorsakov/flickr.com (CC BY-NC-SA 2.0)

Über den Autor: schneider3

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Der erfolglose Michael

Michael Oenning hat zwei Probleme: Seine Frisur und seine beinahe unfassbare Erfolglosigkeit als Bundesligatrainer. Der passionierte Klavierspieler ist nach nur zwei Trainerstationen so etwas wie das Tasmania Berlin unter den Trainern, wie ein Blick auf die nackten Zahlen beweisen kann.

Der traurige Michael Oenning darf zukünftig nicht mehr in Hamburg so traurig aus der Wäsche schauen, dass ihn Thomas Schaaf väterlich in den Arm nehmen muss. Trotz anderweitiger Beteuerungen trennte sich die Vereinsführung von Sympath Oenning. Argumente, die für seine Weiterbeschäftigung sprechen würden, konnte er einfach nicht liefern. Konnte er übrigens noch nie, wenn man sich die Mühe macht und Oennings Punkteausbeute in der Bundesliga mal „Paroli laufen lässt“, wie ein großer HSV-Spieler zu sagen pflegt.

Nach dem erfolgreichen Bundesligaaufstieg mit dem Club saß Oenning 17 Spiele lang auf der Trainerbank des 1. FCN. Zwölf Punkte und drei Siege sprangen in dieser Zeit heraus, zu wenig, um Oenning länger als Trainer in der „Noris“ (G.Koch) halten zu können. Nächste Chance Hamburg. Am 14.03 übernahm Oenning dort vom amtsmüden Armin Veh, der sich mittlerweile in Frankfurt als „Mehr Verstärkungen“-Veh einen Namen gemacht hat. Acht Spiele, acht Punkte lautete seine Bilanz bis zur Sommerpause, seitdem ist ein einziger Punkt dazu gekommen. Insgesamt gelang dem HSV unter Oenning ein einziger Sieg. Ein Sieg in saisonübergreifend 14 Spielen. Kein Wunder, dass Oenning ständig aus traurigen Augen in die Welt blickt!

Vielleicht sollte sich Oenning in Zukunft doch mehr auf seine Karriere im Fernsehen konzentrieren, Marcel Reif könnte mal wieder kompetente Unterstützung gebrauchen. Schade nur, dass Herzblatt nicht mehr läuft…

Bild: Franconia/wikipedia.org

Über den Autor: esleben

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Tom meets Zizou – Kein Sommermärchen

Gestern Abend übertrug die ARD das Freundschaftsspiel Deutschland – Brasilien und der 19-Jährige Mario Götze hat ein überragendes Spiel abgeliefert. Er war in der letzten Saison schon extrem gut und scheint diese Leistung ohne Probleme fortsetzen zu können. Er ist wohl das, was man einen Hoffnungsträger nennt. Ein junger Spieler an den besonders hohe Erwartungen gestellt werden, seitens des Publikums und seitens der Medien. Solche „Hoffnungsträger“ gibt es immer wieder.

Zum Beispiel vor zehn Jahren. Damals hießen Sie Sebastian Deisler, Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm oder Thomas Broich. Schweinsteiger und Lahm spielen immer noch in der Nationalmannschaft, Deisler beendete seine Karriere aufgrund von Depressionen und Broich spielt inzwischen in der australischen A-League. Aber nur letzterer wurde acht Jahre lang von einem Dokumentarfilmer begleitet.

Herausgekommen ist dabei ein sehr gelungener Film, der tiefe und interessante Einblicke gewährt: Einerseits in die Funktionsmechanismen des Profifußballs und der dazugehörigen Medienlandschaft in Deutschland, andererseits in die Psyche eines, im Wortsinne, außergewöhnlichen Fußballspielers. Mir war gar nicht mehr bewusst, welcher Hype einst um Broichs Leistungen bei Wacker Burghausen und Borussia Mönchengladbach gemacht wurde und wie nah er in frühen Jahren an der Nationalmannschaft war.

Wie es dazu kam, dass er dieses Ziel nie erreichen konnte und inzwischen (glücklich und erfolgreich) in Brisbane kickt, erzählt der Film in ruhigen (manchmal etwas zu ruhigen) Bildern und ohne aufdringlich oder belehrend zu wirken. Die chronologisch aufeinanderfolgenden Stationen und Aussagen werden immer wieder vom heutigen Thomas Broich kommentiert und reflektiert. Es ist das Portrait eines Spielers, der sich sich seinen Traum vom Profikicker ganz anders vorgestellt hatte, als dieser dann tatsächlich war. Der aber auch oft genug sich selbst und seinem möglichen Erfolg im Weg stand. Man kann Mario Götze nur wünschen, dass es bei ihm besser läuft.

Wer sich auch nur minimal für (deutschen) Fußball interessiert, dem sei dieser Film ans Herz gelegt. Besonders das ausführliche Portrait des Verhältnisses zwischen Christoph Daum und Broich weiß zu fesseln und reicht eigentlich schon als Berechtigung für diesen Film aus. Also, Programmkino raussuchen und reingehen!

Bild: tommeetszizou.com

Über den Autor: schneider3

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