Wir wollen keine blauen Parasiten!

SSV Es ist Sonntag, der 11. Mai 2008. Es ist außerdem der 31. Spieltag der Regionalliga Süd. Die zehn besten Teams der Liga werden in der nächsten Saison in der neuen dritten (Profi-) Liga spielen. Und der SSV Reutlingen ist mittendrin. An diesem Sonntag schlägt der SSV den FC Ingolstadt (der in dieser Saison in die zweite Bundesliga aufsteigen wird) in einem überragenden Spiel mit 2:0. Alles sieht danach aus, dass es in Reutlingen ab der Saison 2008/2009 wieder Profifußball geben wird.

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

In den Herzen Berlins – Update –

Als ich im Juni nach Berlin gezogen bin, fiel mir kurze Zeit später das Sonderheft der Fußball-Woche in die Hände. Bis ins letzte Detail werden hier Kader und Saisonplanungen aller Berliner Vereine aufgeführt, bis runter in die Kreisklasse. Bald war im Freundeskreis die Entscheidung getroffen, in ein oder zwei Jahren so viele Stadien, Kampfbahnen und Sportplätze wie möglich zu besuchen. Raus aus den Arenen, ran an den Rasen! Wir wollen die Herzen Berlins erkunden und hoffen dort zu finden, was wir in den großen Stadien der Bundesrepublik vermissen: Seele, wahre Leidenschaft und Fußballsport ohne große Sperenzien.

Den Anfang machte vor einigen Wochen der Schlager Berliner SC : Hertha 03 Zehlendorf (Berlin-Liga), die Klatsche (0:5), die sich das Heimteam am wunderschönen Hubertussportplatz abholte, soll hier aber nur eine Randnotiz sein. Die Erinnerungen sind doch inzwischen allzu sehr verblasst.

Letztes Wochenende umgingen wir direkt unsere selbstauferlegte „Amateur-Pflicht“ und besuchten das Spiel SV Babelsberg 03 : SV Darmstadt 98 (3. Liga). 2.199 Zuschauer im Schnitt und die minimal linksorientierte Anhängerschaft der Babelsberger waren für uns aber Gründe genug, bis nach Potsdam zu fahren. Zudem hatten die Babelsberger mit Darmstadt einen Traditionsverein zu Gast, der sich so langsam wieder auf dem Weg nach oben zu bewegen scheint.

Kaum am S-Bahnhof angekommen, empfing uns auch schon die geballte Staatsmacht: Zwei sympathische (sic!) Uniform-Träger in ihren frühen 50ern wiesen uns den Weg: „Der Bus is scheiße, lauft lieber! Vielleicht werdet ihr ja begleitet.“ Unser Fußweg führte uns durch beschauliche Babelsberger Wohnhäuser, Fußball auf dem Dorf. Und plötzlich dann dieser magische Moment, wie er sich inzwischen leider nur noch selten einstellt: Hinter einer bemalten Häuserfront tauchen die Flutlichtmasten des Karl-Liebknecht-Stadions auf. Das Stadion ist eines der schöneren, die ich bisher besucht habe: ein reines Fußballstadion, wenig Platz zwischen Zaun und Auslinie, eine überdachte Haupttribüne mit Sitzplätzen und ansonsten Betonstufen. Ein Oldschool-Ground wie er im Buche steht.

Das Spiel selbst befand sich allerdings auf überschaubarem Niveau, mit leichten Vorteilen für Darmstadt. Eine der Angriffsbemühungen der Lilien wurde in der 37. Minute schließlich per Foul gestoppt, Elfemter und gelb! Marcus Steegmann „lies sich diese Chance nicht nehmen“. Die ohnehin eher durchwachsene Stimmung befand sich nun auf einem Tiefpunkt. Nur die beiden älteren Herren, die ihren Platz vor uns am Zaun nur ein einziges Mal, zum Bierholen natürlich, verließen, moserten mit der gleichen Intensität weiter und gelangten sich auch weiterhin in schöner Regelmäßigkeit in die Haare.

Die zweite Halbzeit gestaltete sich dann etwas spannender: kopflose Angriffsbemühungen auf beiden Seiten, plötzlich Rudelbildung, zwei Rote Karten (eine gegen Darmstadt, eine gegen Babelsberg) und, drei Minuten später, eine weitere Hinausstellung. Diese eingesprungene Vinnie-Jones-Gedächtnisgrätsche mit Anlauf ließ dem Schiedsrichter aber auch keine andere Wahl. Und tatsächlich, es ging ein Ruck durch die Babelsberger Mannschaft. Kick and Rush ersetzte die Brechstange (oder umgekehrt? Ich weiß es nicht mehr) und in der 84. Minute stocherte Anton Makarenko einen zuvor ungefähr tausendmal abgeprallten Ball über die Linie nahm sich Anton Makarenko ein Herz und jagte die Kugel aus 22 Metern flach ins rechte Eck des Darmstädter Tores. Wir, inzwischen überzeugt vom Bier und unseren neuen Freunden von der lokalen Antifa, hingen am Zaun und brüllten unseren Jubel über den Rasen. Wenigstens einen Punkt gerettet!

Unser weiterer Weg führte uns im Anschluss an das Spiel noch in den Fanladen in der Nähe des Stadions. Der schwarze Block, junge Mütter mit ihren Kindern, einige Rentner und Bier für 1,20 € überzeugten uns nun gänzlich: Babelsberg ist ein hochgradig sympathischer Verein, irgendwo zwischen Provinz und Großstadt, aber einer hochgradig freundlichen Atmosphäre. Auf dem Rückweg trafen wir erneut die beiden Kollegen von der Polizei, die den S-Bahnsteig immer noch eisern überwachten. Die Jungs wollten alles über das Spiel wissen und ob Babelsberg „wieder gezündelt“ hätte. Denn: „Auch wenn wir’s eigentlich nicht sagen dürfen: Pyro sieht ja schon geil aus.“

3. Liga, 2011/2012, 17. Spieltag, Samstag, 19. November, SV Babelsberg 03 : SV Darmstadt 98 – 1:1 (0:1). Karl-Liebknecht-Stadion, 2.033 zahlende Zuschauer.

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Die Hartplatzhelden dürfen weitermachen

Heute hat der Bundesgerichtshof letztinstanzlich entschieden, dass auf dem Internetportal hartplatzhelden.de weiterhin kostenlose Videos von Amateurfußballspielen gezeigt werden dürfen.

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1860 II – SSV Reutlingen – oder vom Niedergang des Amateurfußballs

Eigentlich dachte ich, mein letzter Stadionbesuch wäre das „Double“ vor vier Wochen in Bochum und Lautern gewesen. Allerdings hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht und vergessen, dass in der Regionalliga ja noch einige Spiele auf dem Plan standen.

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