Arne Friedrich – ein Missverständnis auf rechts

Arne Friedrich - DFB-AutogrammkarteArne Friedrich, 28 Jahre alt, Bundesliga-Profi bei Hertha Bsc Berlin und seit dem 21.08.02 Nationalspieler. Nur: keiner weiß warum! Liegt es an seinem Artikulationsvermögen, dass der Wahlberliner mal um mal die rechte Außenbahn verwaisen lässt, im Stellungsspiel nie gekannte Ausmaße von Hüftsteifigkeit offenbart und jegliche Dynamik „nach vorne“ vermissen lässt? Kaum! Vielleicht liegt es eher an seinem sozialen Engagement, vielleicht spielt Ligaproporz bzw. Hauptstadtbonus eine Rolle, doch fußballerisch hat Arne Friedrich in der Nationalelf nichts verloren.

Friedrich ist im Westfälischen aufgewachsen und kam über Bielefeld nach Berlin in die Bundesliga, gewann mit der Hertha 2002 den Ligapokal und gehört seitdem zur Nationalelf. Weitere großartige Erfolge, die Friedrich vorzuweisen hat: Dritter beim Confederationscup 2005 und Dritter bei der WM 2006. Im Gegensatz zu anderen Spielern, die in der Nationalelf um ihren Platz kämpfen müssen, hat Friedrich noch keine wichtigen nationalen Titel vorzuweisen. Von Erfolgen im Europapokal ganz zu schweigen. Trotzdem läuft der Mann regelmäßig mit dem Adler auf der Brust auf, so auch am gestrigen Abend gegen Irland. Das Resultat: offensiv läuft auf seiner Seite nichts, defensiv ist´s wacklig. Seine Tauglichkeit als bester Mann auf dieser Position bleibt er schuldig.

Schlimmer noch, man wird den Eindruck nicht los, Friedrich würde selbst spielen, wenn Fritz, Lahm und Schneider im Vollbesitz ihrer Kräfte wären. Ähnliche Leistungen wie einer der drei genannten hat Friedrich noch nie abgeliefert. Und wird es auch nicht mehr tun. Die Ursachenforschung muss also tiefer gehen, die Statistik bemühen. Es kann ja nicht von ungefähr kommen, dass Friedrich inzwischen 53 mal für die deutsche Auswahl aufgelaufen ist und sie am 21.12.04 erst- und hoffentlich einmalig als Kapitän aufs Feld gegen Korea führte.

Ein Blick auf seine Kickernoten der vergangenen Saison offenbart: Friedrich spielt konstant befriedigend bis ausreichend. Aber reicht das für die Nationalmannschaft? Offensichtlich, denn in der Kickerrangliste der besten Abwehrspieler rangieren mit Tasci und Andreas Wolf lediglich zwei Spieler mit deutscher Staatsangehörigkeit vor ihm, die allerdings beide erstmals auf sich aufmerksam machten. Ist Friedrich also eines dieser fußballerischen Phänomene, die sich ihre Reputation durch risikoloses Ballgeschiebe erwerben. Der wesentlich risikofreudigere und deshalb auffälliger agierende Fritz steht in dieser Rangliste jedenfalls weit hinter ihm. Klar, wer nichts riskier, kann auch keine Fehler machen. (Und in Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod!)

Insofern scheint mir Friedrich ein Überbleibsel aus einer Zeit zu sein, als Ballsicherung oberste Devise der deutschen Nationalmannschaft war und mindestens zehn Querpässe in der eigenen Hälfte gespielt werden mussten, ehe der Ball einige Meter nach vorne zurücklegen durfte. Schön, aber eigentlich hat Yogi Löw in seiner bisherigen Amtszeit soviel Weitblick und Kompetenz bewiesen, dass doch auch ihm aufgefallen sein müsste, dass Arne Friedrich nicht zum Spielsystem der Nationalmannschaft passt.

Die Wahrheit liegt in diesem Fall nicht auf, sondern neben dem Platz. Wenn Arne Friedrich seine „Nutella-Lasagne“ für die Nationalelf zubereitet, dann vergisst auch der Yogi ganz schnell, dass er Friedrich doch längst ausgemustert haben wollte. Und spätestens beim Hauptgang, der „Currywurst im Latteglas“ ist wieder klar: „Arne, du spielsch hinda rechts!“

(Bild: www.arnefriedrich.de)

Nachtrag: Ansgar Brinkmann, der weiße Brasilianer, äußert sich in der heutigen FASZ wie folgt:

1990 wusste ein Bundestrainer gar nicht, wen nehme ich überhaupt mit. Heute bist du froh, wenn Kuranyi trifft und er irgendwo `ne deutsche Oma sitzen hat. Arne Friedrich macht ein Bundesligaspiel, Owomoyela ein halbes Jahr Paderborn und Bielefeld. Matthäus musste zwei bis drei Topjahre in Gladbach spielen, bevor ein großer Club geasgt hat: So Junge, jetzt holen wir dich. Und wenn du dann noch ein Superjahr hattest, wurdest du vielleicht zur Nationlamannschaft eingeladen. Das ist alles zu leicht geworden.

Man muss Brinkmanns „früher war alles besser“-Argumentation sicher nicht zur Gänze folgen, er benennt aber ein wichtiges Faktum: Arne Freidrich wurde nach nur einem Bundesligaspiel Nationalspieler und ist es bis heute geblieben. Gibt es wirklich keine Alternativen???

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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24 comments
  1. Klar, Arne Friedrich kann auf rechts nicht viel. Aber er ist ja auch eigentlich Innenverteidiger. Und diese Rolle spielt er wirklich solide bis gut.
    Wahrscheinlich war er in der Nationalelf und phasenweise bei Berlin zu gutmütig und hat gesagt: Ok, dann spiel ich halt rechts. Und das war sein großer Fehler. Wenn er immer nur als Innenverteidiger gespielt hätte, dann wäre er in der öffentlichen Wahrnehmung nämlich NUR Innenverteidiger und damit auch anerkannt.

  2. @ Guru: Anerkannt vielleicht, aber nur auf der Nationalbank, an M&M ist kein Vorbeikommen zurzeit.

    Die Kritik ist okay, aber ohne Alternativen bleibt sie unvollkommen. Fritz, Owomoyela, Wolf, Lahm – hmm, irgendwie ist mir wohler, wenn da ein altbackener Arne auf rechts verteidigt. Er müsste jedoch, und da stimme ich vollkommen zu, flexibler werden, unausrechenbarer, hin und wieder mal zehn Minuten zum Außenstürmer mutieren. Das würde schon genügen.

  3. Naja, aber als Außenverteidiger fehlt ihm die Schnelligkeit und auch die Fähigkeit, Flanken zu schlagen. Und ob Metzelder in der IV gerade besser als Friedrich ist, wage ich doch zu bezweifeln.

    Und Fritz oder Lahm auf rechts. Das ist doch ne gute Sache, wenn sie fit sind.

  4. Ich halte Friedrich ebenfalls für einen ordentlichen Innenverteidiger. Klar, an Mertesacker führt für ihn kein Weg vorbei und auch Metzelder ist in seinen guten Momenten besser. Aber mit einem Manuel Friedrich kann er es beispielsweise locker aufnehmen. Ein Künstler am Ball mit Offensivdrang wird er allerdings sicherlich nicht mehr.

  5. Spielt Friedrich bei Berlin überhaupt im Zentrum? Zumindest im Spiel gegen Cottbus spielte er auf rechts, weil Simunic wieder spielen konnte. Der bildet wohl mit von Bergen das Innenverteidiger-Paar. Bleibt für Friedrich mal wieder die rechte Seite.

  6. @5: Gegen Cottbus spielte er erstmals auf rechts, davor in dieser Saison im Zentrum. Und die Versetzung hat er sehr widerwillig aufgenommen, da er sich selbst auch als Innenverteidiger begreift und nur mit der Zusage, diesen Platz auch einnehmen zu dürfen seinen Vertrag verlängerte.

  7. @6: Okay, dann ist die Frage aber umso drängender, wieso er immer noch in die Nationalmannschaft berufen wird, um auf rechts zu spielen. Als Innenverteidiger mag er auf einer Augenhöhe mit seinem Namensvetter spielen, der zurecht nicht auf der Innernverteidigerposition aufgeboten wird, als Außenverteidiger ist er eine Wurst. Wieso leistet sich der Bundestrainer den Luxus ihn trotzdem aufzubieten?

  8. Weil mit Lahm und Fritz (durch den Ausfall von Schneider nach vorne beordert) die beiden besseren Kandidaten ausgefallen sind. Und Patrick Ochs hält er wohl überraschenderweise für nicht gut genug, der Bundes-Jogi… ;-)

    Und mal ehrlich: Ganz so schlimm ist der Friedrich nicht. Der nervt halt gegen offensiv schwache Mannschaften, weil er seine Freiheiten nicht nutzt. Aber gegen starke Mannschaften kann es unter Umständen gar nicht so verkehrt sein, einen eher defensiv ausgerichteten Außenverteidiger zu haben.

  9. Bei der WM war er halt v. a. am Anfang grottig. Danach ging es einigermaßen.
    Ich hab Friedrich auch schon mal mehr gehasst als heuer.

  10. Ihr werdet weich …
    Es geht mir nicht um Hass, Menschen, die Nutella-Lasagne fabrizieren sind per se gute Menschen. Ich frage mich nur wie es ein talentfreier Kicker auf mehr als 50 Länderspieleinsätze bringt, wenn es sowohl auf seiner Stammposition als auch auf seiner Ausweichposition Leute gibt, die besser sind als er selbst. Seit Friedrichs Debüt hat die Nationalmannschaft etwas mehr als 70 Spiele absolviert, sprich Friedrich war ihn mehr als Zwei-Drittel aller Spiele die erste Wahl! Das kann doch nicht sein!

  11. Ja, und die Erklärung ist, dass wir sehr lange keine großen Alternativen auf den Außenverteidigerpositionen hatten (Warum spielte Lahm wohl so lange links?) und im Moment die anderen Kandidaten verletzt sind. In der Nationalelf (oder -neun) wird es auf Jansen und Lahm rauslaufen. Zuletzt wurde Freidrich ja auch da als Innenverteidiger eingewechselt.

  12. Also ich war letztes Jahr gegen Irland im Stadion, damals waren sowohl Metzelder als auch Mertesacker verletzt. Da haben die beiden Friedrichs in der IV gut gespielt. Den A.Friedrich hab ich während der WM auch anfangs für den absoluten Schwachpunkt gehalten, hat sich aber gesteigert.
    Ich denk, der Jogi oder auch der Klinsi früher hätten andere Leute auf die Außenverteidigerposition berufen, wenn sie diese hätten. Ich wüsste in letzter Zeit außer Lahm keinen, der da wirklich überzeugt hätte. Und Jansen is zwar schnell, Flanken sind seine Spezialität aber nicht, zudem hält er den Ball oft zu lange. Das für mich einzige überzeugende Spiel lieferte Jansen gegen Tschechien ab.

  13. Ich bin ja großer Freund von Clemens Fritz.

  14. @13 Auf jeden Fall, ich auch.

  15. Gegen Irland war das aber wenig, was Fritz bot. Und die Entschuldigung des komischen Dauerlaberers am Kommentatorenmikro (Wer war das eigentlich?) „Er fühlt sich halt hinten wohler“, ist ja wohl auch relativ unlogisch.

  16. Ich hab das Spiel nicht so genau verfolgen können, aber Fritz war ja auch davor länger verletzt. Sonst fand ich seine Auftritte in der Nationalmannschaft und bei Bremen aber meistens überzeugend.

  17. Er spielte halt auf der rechten Außenbahn. Aber es kam sehr wenig von ihm. Nur einmal hab ich ihn leidenschaftlich an der Eckfahne um den Bal kämpfen sehen. Die Offensive müsste ihm ja auch liegen, das hat er ja eigentlich gelernt.

    Aber ich gestehe ihm auch noch etwas Zeit nach Verletzung zu. Insgesamt gehört Fritz in den EM-Kader.

  18. @:17: Eher als Friedrich auf alle Fälle, wobei gegen Irland insgesamt nichts über rechts ging.

  19. Den Beweis, dass er als Innenverteidiger tauglicher wäre, bleibt der riedrich heute aber auch mal locker schuldig.

  20. da gabs heute aber ganz andere Feindbilder…

  21. Wenn das Mittelfeld nicht ordentlich nach hinten arbeitet, sehen die Verteidiger immer blöd aus.

  22. Nicht unbedingt. Das hieße ja, dass jeder Fehler der Verteidigung damit zu entschuldigen wäre, dass das Mittelfeld die Gegner einfach durchwinkt.

  23. Aber wenn du hinten ständig eins gegen eins spielst, und keine Unterstützung aus dem Mittelfeld bekommst hast du ein Problem. Aber ich gebe dir insofern recht, dass sich die Abwehr zusätzlich doof angestellt hat und immer meilenweit vom Gegner weg stand.

  24. Fussball-Blog Wochenschau KW 42…

    Freitag, 12.10.2007
    Ball-Blog: Der Bundesligarechte-Deal
    Leo ist zurück, was das für uns bedeutet und was die Vereine jetzt kassieren könnt Ihr grad eben auf dem Ball-Blog nachlesen!
    Samstag, 13.10.2007
    EM-Blogger: Die Schweiz verzichtet…

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