RTL II – Der Völkerverständigungs-Sender

Quelle: www.pixelio.deWas macht der Schwarze eigentlich in Deutschland? Naja, um genau zu sein mehrere Dinge: Er spielt Bongo; er führt eine „Mischehe“ (idiotischer Nachbar und idiotischer Moderator); er führt Vielehen; er „schnackselt gern“ (Gloria Fürstin von Thurn und Taxis) und zeugt dabei zahlreich Kinder; er ist hier „um den Unterhalt seiner Familie durch unseren Sozialstaat erfolgen zu lassen“ (anderer idiotischer Nachbar); er betrügt und belügt die lieben Nachbarn.

Klar, als gute Deutsche, die wir ja alle sind, wussten wir das schon lange.

Aber nun mal ernsthaft: In der Medienwelt schlagen sich bisweilen rassistisch gefärbte Vorurteile nieder. Oft lacht man darüber und tut es als Dummheit, Unwissen oder als Versehen ab. Aber so schonungslos, unmaskiert und ungestraft wie in der neuen RTL II-Reality-Serie „Willkommen in der Nachbarschaft“ der Rassismus inszeniert wird und sich durch üble Nachrede und Verleumdung Bahn bricht, wurde im deutschen Fernsehen seit 1945 nicht mehr gegen Ausländer agitiert.

Eine kurze Handlungsbeschreibung des perfiden Machwerks: Es gibt ein Haus in einer sympathischen kleinen Siedlung in Buckow/Zone zu gewinnen. Fünf Familien wetteifern um den Gewinn, wobei die Nachbarn die Jury darstellen. Die Familien müssen also die Nachbarn davon überzeugen, dass sie in die Nachbarschaft passen. Jede Familie wohnt dazu eine Woche zur Probe in besagtem Haus. Die einzelnen Folgen der Serie geben die Probewoche der jeweiligen Familie wieder.

In der ersten Folge gab sich eine afrikanisch-deutsche Großfamilie die Ehre: Ehemann (schwarz), Ehefrau (weiß), zweite Ehefrau (schwarz) und sechs Kinder. So weit, so absurd: Schon zu Beginn wird dem Zuschauer die Bigamie als Normalität afrikanischer Familien in Deutschland suggeriert. Man möchte sich gar nicht das „Das-hab-ich-doch-schon-immer-gewusst“ des durchschnittlichen, deutschen Spießbürgers auf der Couch vor der Eichenschrankwand vorstellen.

Beim Einzug wird die Familie durch die Nachbarn freundlich empfangen. Doch schon nach einem Tag trifft sich die erste Lästergruppe im Garten: Es wird bemängelt, dass manche in der Nachbarschaft noch gar nicht begrüßt wurden. Schnell wird der Stab über der Familie gebrochen; sie wolle sich ja gar nicht in die Nacharschaft integrieren. Auch das gesamte Nachbarschafts-Kommittee – eher wirkt es wie ein Scharfgericht -, das sich in der naheliegenden Kneipe zur Bewertung trifft, ist von Anfang an nicht gut auf die Familie zu sprechen.

Als wäre das ständige Kriechen der Familie vor den Nachbarn nicht schon schlimm genug: Nein, die Familie muss sogenannte „Nachbarschaftsdienste“ verrichten, die mächtig nach Sklavenarbeit riechen: Hecken müssen geschnitten werden, Wohnmobile sollen gewaschen werden und als Zuschauer fragt man sich: Ist eine größere Demütigung überhaupt noch vorstellbar?

Vorstellbar vielleicht nicht, aber RTL II schafft es spielend, immer noch einen draufzusetzen: Da wird Kopa, dem afrikanischen Vater, nonchalant beim Heckeschneiden der Vorwurf gemacht, dass sein Deutsch ja nicht gut wäre und dass er sich ruhig hätte mehr anstrengen können. Da wird der Großfamilie die selbstverständliche Freundlichkeit – schließlich wollen sie ja die Nachbarn überzeugen – als Unterwürfigkeit ausgelegt. Da müssen die Eheleute wie Bittsteller vor dem Gartenzaun eines Hauses platznehmen; nur um auf die empfangsunwilligen Nachbarn zu warten. Kommentare wie „Dann soll er nach Afrika gehen, da kann er sieben Frauen haben“ sind dabei leider kein Einzelfall sondern die Regel. Die lieben Nachbarn sehen in der für das christliche Abendland zugegebenermaßen etwas ungewöhnlichen Lebensform „irgendwie etwas Swinger-Club-mäßiges“. Zur Belohnung fürs Heckeschneiden (Nachbar: „Schön ruhig schneiden, dann macht’s auch Spaß“) bekommt Kopa übrigens etwas Gemüse vom Nachbarn geschenkt, was der Moderator mit einem zynischen „Gemüse für Kopa, statt Brot für die Welt“ kommentiert.

Doch irgendwann kommt es in der Nachbarschaft zum endgültigen Bruch mit der Familie um Vater Kopa und Mutter Veronika: Sie werden von den besorgten Spießbürgern gefragt, ob Kopas zweite Ehefrau denn auch in das Haus einziehen würde. Als die beiden ausweichend antworten, laufen die Gutmenschen zu großer Form auf: „Ihr müsst doch zu eurer Lebensform stehen, ihr müsst doch ehrlich sein“. Wer danach die Zufriedenheit auf ihren Gesichtern gesehen hat, weiß, was Scheinheiligkeit bedeutet.

Auch Unehrlichkeit kann ein Nachbar, der sich als Groß-Inquisitor aufspielt, nicht leiden. Als die Eheleute ihm zuerst als Folge von misstrauischen Fragen über das seltsam neue Auto (Zitat der Nachbarn: „Das ist so sauber, das kann denen ja gar nicht gehören!“) die Unwahrheit sagen und verschweigen, dass es sich um einen Mietwagen handelt, kommt es zum Eklat: „Ihr wollt was darstellen, was ihr gar nicht seid. Was soll denn noch alles kommen? Ihr lügt uns an! Das hat nichts mehr mit Vertrauen zu tun!“ Erst als sich Kopa fast mit Tränen in den Augen für diese schlimme Lüge entschuldigt, ist der Herr Inquisitor zufrieden und räumt triumphierend das Feld.

Die ekelhaften Höhepunkte der Serie sind jedoch die Hausdurchsuchung in Abwesenheit der Familie und die Momente, in der sich die Familie unbeobachtet fühlt; die Bilder jedoch direkt an die Herren und Damen Scharfrichter aus der Nachbarschaft übertragen werden. Aber mit Stasi-Methoden kennt sich das saubere Volk in Buckow ja aus.

Um die Hausdurchsuchung darzustellen, genügen einige repräsentative Zitate: „Wie das hier aussieht, das ist ja unmöglich!“, „Alles auf dem Boden, haben die denn keine Möbel?“ (zur Erklärung: Die Familie darf nur eine Woche im Haus bleiben), „Guck dir mal diese Sauerei auf dem Boden an, so geht man nicht aus dem Haus!“ Und hier das Kuscheltier: Iiiiiiiiiiiiiiiiiiieh!“, „Jetzt stell dir mal vor, die wohnen ein Jahr hier drin, wie das dann hier aussieht!“.

Und als die Bilder von privaten Gesprächen der Familie direkt in die Gaststätte übertragen werden und Kopa vor seiner Ehefrau den Verdacht äußert, dass sie keine Chance auf den Gewinn hätten, weil er schwarz sei, fühlen sich die Nachbarn als Rassisten ertappt. Aber die Beweislast wird flugs umgedreht: Wir sind keine Rassisten. Durch das Benehmen der Familie werden wir zu unserem Verhalten gezwugen. Wer mir Rassismus vorwirft, kann nicht in meiner Gegend wohnen. Zur Erinnerung: Waren früher die Juden nicht auch selbst schuld an ihrem Schicksal? Das ist keine Unterhaltung mehr, das ist übelste Propaganda und an der Grenze zur Volksverhetzung.

Aber am Ende haben sich doch wieder alle lieb. Die Familie schmeißt eine Party und lädt die Nachbarn zu sich in den Garten ein. Die Familienmitglieder um Kopa spielen Bongo und geben die Tanzbären während die Nachbarn gemütlich Bier trinken. So ist die von der Natur gewollte Rangordnung wieder hergestellt und eine Nachbarin lässt sich sich sogar zu der Aussage hinreißen, dass ja alle so verschieden wären aber dass es doch „irgendwie harmoniert“. Nach zwei Stunden Demütigung wohl eher eine exklusive Ansicht. Auch Kopa hat schließlich seinen Frieden mit den Deutschen gemacht: Die Deutschen wären gar nicht so schlecht, es wären gute Menschen. Die Ausländer wären die, die manchmal nicht so gut sind und sich ändern müssten. Aha.

So hat der Zuschauer am Ende noch sein Gewissen beruhigt und darf nach dem hinterhältigen Schauspiel mit der Genugtuung ins Bett gehen, dass wir Deutschen doch richtige Prachtskerle sind und beileibe keine Schuld tragen, wenn der Neger sich mal wieder nicht integrieren kann.

Wer sich noch ein bisschen Empathie, Ehrgefühl und Menschlichkeit erhalten hat, ist fassungslos. Fassungslos, angeekelt und schockiert ob der Menschenverachtung, mit der RTL II zu Werke geht. Man bekommt keine Nachbarschaft zu sehen, sondern die hässliche Fratze des Rassismus, der zu allem Überfluss durch die musikalische Untermalung und die zynischen Kommentare des Moderators nach allen Regeln der Kunst inszeniert wird. Es fällt schwer, die richtigen Worte zu finden, aber wenn eine Sendung verboten gehört, dann ist es „Willkommen in der Nachbarschaft“. Der Kampf geht weiter!

Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.
16 comments
  1. Ebenso zynisch übrigens die Argumente der Programmmacher. Einzusehen hier: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,508888,00.html

    Was seid ihr bloß für Menschen?

  2. Das war gestern wirklich der absolute Tiefpunkt der „Fernsehunterhaltung“.

  3. Ich habe es nicht gesehen und das, was ich hier lesen muss, bestärkt mich darin, diesen Sender auch weiterhin zu boykottieren.

  4. Es war wirklich abartig, was RTL II da gezeigt hat. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal der BILD-Zeitung zustimmen würde:

    Die „Bild am Sonntag“ nannte die Doku-Soap „Hetz-Fernsehen von bislang unbekannter Dimension“

  5. Und wenn das schon die BILD-Zeitung sagt…

  6. Schöner Artikel auf Spiegel Online. Kann ich nur so unterschreiben.

    http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,508998,00.html

  7. Unglaublich abartiges Format! Erschreckend, dass sich die Macher hier völlig berechnend die Zielgruppe der latenten Rassisten aussuchen und deren Vorurteile bedienen.

  8. Und noch mal ein Artikel zum Thema:
    http://www.europolitan.de/cms/?s=ep_tagesmeldungen&mtid=8579&tid=4

    Offensichtlich wird meine Sichtweise von allen geteilt.

  9. Sehr guter Artikel.

    Und wo stands zuerst? In der Welt? im Spiegel?

    Nein, bei den 5 Freunden!

    Nur ne Frage der Zeit, bis wir aufgekauft werden…

  10. Naja, eigentlich hat uns ein Spigelartikel darauf gestoßen … Aber wer ist schon der Spiegel?

  11. Spiegel-Online? Das ist doch so ein drittklassiges Online-Pornomagazin, oder?

  12. Na die Punks waren doch toll und ich fand die Nachbarschaft doch ganz tolerant – verstehe die Aufregung nicht – bin schon auf nächste Woche gespannt – hier treffen doch Leute zusammen die sonst nie aufeinandertreffen würden.

  13. Vielleicht ein Ausrutscher; ich habe es nicht gesehen, da ich mich für Fußball und Bier interessiere.
    Aber eigentlich war für gestern ein lesbisches Paar geplant, wovon die eine transsexuell ist. Wahrscheinlich war da ähnlich übel wie das mit den Schwarzen. Von daher geh ich davon aus, dass sie eine Folge, die eigentlich wohl ganz nett war, vorgezogen haben, um sich nicht noch mehr Watschen abzuholen.

  14. Noch so einen Hammer wie die erste Folge hätten sich die Programmdirektoren von RTL II auch nicht leisten können.

  15. Na ich bin trotzdem mal gespannt wie das weitergeht vielleicht gewinnen ja die afrikaner

Kommentare sind geschlossen.