Warum ich nicht die WM 2014 ignorieren werde!

WM 2014 ignorieren

Kollege Goldschuhe aus hat gestern einige zwei gute Argumente geliefert, warum er die WM 2014 ignorieren wird. Seine Sorgen in puncto Kommerzialisierung und die leidige Rolle, welche die FIFA seit 2010 mit ihrem aggressiven Expansionskurs dabei spielt, teile ich uneingeschränkt. Trotz der Begleitumstände ist die Weltmeisterschaft etwas, worauf ich mich freuen – und das fast ausschließlich aus sportlichen Gründen.

32 Mannschaften

Wer eine Fußballweltmeisterschaft ausschließlich wegen der Spiele der deutschen Nationalmannschaft verfolgt, der verpasst alles, was dieses Turnier interessant macht. Für die drei Spiele, welche das deutsche Team in jedem Fall macht, überlasse ich gerne allen, die das unbedingt brauchen, die Public Viewing Areas dieser Welt. Dort können sie sich gegenseitig ihre albernen Fahnen ins Gesicht schmieren und Emotionen vortäuschen, die „man so ja nur beim Fußball erleben kann“. Geschenkt! Ich dagegen werde auch in meinem „WM-Studio“ sitzen, wenn Honduras vor den Ball tritt, Costa Rica sich mit Gegnern aus Europa misst, und die Italiener zum ersten Mal ins Turniergeschehen eingreifen und sich – wieder einmal – zu einem unverdienten 1:0 mogeln. Ganz abgesehen von den Überraschungen, die es geben wird, den irrwitzigen Spielen, deren Wert man doch nur recht einschätzen kann, wenn man sich auch ein übles 0:0 zwischen Kroatien und Kamerun angesehen hat. Und mit England ist ja, wie immer, ein Team am Start, das sich auch für Slapstick nicht zu schade ist.

Denn eins hat die FIFA bei all ihren Bemühungen (noch) nicht geschafft: den Kern des Spiels, das wir alle so lieben, zu korrumpieren. Ja, sie hat sich im Falle der „Golden Goal“-Regel sogar einsichtig gezeigt. Mir die Lust am Spiel „Fußball“ zu verderben, dürfte selbst den senilen, alten, lustfeindlichen Männern aus Zürich nicht gelingen.

„Heute viel Emotion“

Fußball ohne emotional involviert zu sein, sei sinnlos, schreibt Goldschuhe aus. Ich möchte entgegnen, Fußball gibt es nicht ohne emotional involviert zu sein. Und das hat nichts mit der Nationalität zu tun, der man zufällig angehört, noch mit dem Verein, der das eigene Herz erobert hat. Wäre es so, würde man sich niemals ein Halbfinale der Champions League zwischen Chelsea und Atletico, eine Partie des Niederrheinpokals oder die Relegation zwischen Darmstadt und Bielefeld ansehen. Fußball ohne die Entscheidung, für die eine oder die andere Seite, gibt es nicht, zumindest nicht für mich. Wer „Mir ist egal, wie es ausgeht“ sagt, der hört „am liebsten alles, was im Radio läuft!“

Diese Entscheidung gleich 64 mal innerhalb von vier Wochen treffen und leben zu können, ist für mich Grund genug, sich auf die WM 2014 zu freuen. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass man deshalb die Begleitumstände ausblendet. Gut möglich, dass das – aus sportlicher Sicht gesehen – Hintergrundrauschen in vier Jahren noch lauter ist. Im Moment deutet alles darauf hin…

Foto: flickr.com/Mike Vondran unter CC BY 2.0

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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7 comments
  1. „Wer ‚Mir ist egal, wie es ausgeht‘ sagt, der hört ‚am liebsten alles, was im Radio läuft!’”

    Wahre Worte gelassen ausgesprochen.

    Eine Gefahr sehe ich aber (allerdings nicht nur bei WM/EM, sondern auch im Ligabetrieb): Gerade weil die 90 Minuten zweier Mannschaften so geil sind, können Fifa, Uefa und DFL/DFB das drumherum so verbiegen, wie es ihnen passt. Der Kern beruhigt die Menschen (noch). Ob das aber dauerhaft gut geht, ohne dass das Spiel an sich in Mitleidenschaft zu ziehen, wage ich dann doch zu bezweifeln.

  2. Ich denke, dass die Herren Funktionäre sich dessen wohl bewusst sind und deshalb sich viele mit Veränderungen des Spiels (Stichwort: Torlinientechnik) so schwer tun.

    Andererseits kann man die Spielansetzungen in Brasilien und noch mehr in Katar natürlich auch so deuten, dass die Fifa damit Auszeiten einführt, die wegen gesundheitlicher Gründe als Trinkpausen getarnt werden. Ideal also um mal eben einen 30-Sekünder einzublenden.

  3. Glaubst du wirklich, dass die so nen Masterplan haben? Ich glaube, darum gehts denen gar nicht. Denen gehts um den Genuss von Bestechungsgeldern, VIP-Tum und den kostenlosen Zugang zu den besten Prostituierten des Landes.

  4. Allesamt ehrenwerte Gründe! Wo sonst gibt es sowas heute noch, wo die Diktatorenposten entweder weg oder fest besetzt sind?

  5. […] im Blog “Warum ich die WM ignorieren werde“. Heute nun die Replik: “Warum ich die WM nicht ignorieren werde!” Ein lesenswertes Pro & […]

  6. Carlos Valderrama ist der Grund, warum ich die WM ausnahmsweise mal nicht ignorieren werde – auch wenn er kein aktiver Spieler mehr ist:-)
    http://charivari-stories.com/2014/06/01/carlos-du-hast-die-haare-schon/

  7. Die Frisur von Valderrama wird in Berlin sicher bald wieder aufgetragen.

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