WM-Helden gesucht

Cover WM Helden

Kann man auf die Frage nach deutschen WM-Helden eine andere Antwort geben, als einen Spieler aus einem der drei Weltmeister-Teams zu nennen? Sascha Theisen kann es! Er hat in seinem WM-Buch „Helden – 50 deutsche WM-Legenden“ gleich 50 Stück gefunden. Würde man alle Weltmeister zusammen zählen, käme man vielleicht auf 50, aber würde das ein Buch legitimieren? Natürlich nicht! Wirklich zwingend ist die Idee hinter „Helden“ also nicht, klassischer Fall eines Coffeetable-Books?

Theisen, einer der Initiatoren der Kölner Lesereihe „Torwort“ versucht erst gar nicht, mit seinem Buch den Begriff „Held“ einzulösen. Legenden, im Sinne von Spielern und Funktionären, an die man sich gerne und mit diesem leicht glänzenden Blick in den Augen erinnert, trifft es schon eher, wenn man in einem Buch Personalien wie Helmut Rahn neben Lukas Podolski stellt, und Mesut Özil neben „einen Lothar Matthäus“.

50 WM-Helden sollt ihr sein

50 ist eine ganz schön große Zahl bei „nur“ drei Mannschaften, die bei Weltmeisterschaften einen Titel geholt haben und einer anvisierten Zielgruppe, für die das Turnier 2006 im eigenen Land ihr „Erweckungserlebnis“ in Sachen Fußball und Nationalelf gewesen ist. Deshalb dürfen vermeintliche Helden, wie „Poldi“ und „Schweini“, nicht fehlen und, wie erwähnt, auch Özil bekommt sein Plätzchen. Aber ganz ehrlich, ohne einen Titel werden diese Spieler kaum in den Olymp der echten Legenden einziehen können. Darüber hinaus ist „Held“ ein Begriff, dessen Verwendung ich im Zusammenhang mit Fußball ablehnen muss.

Konzeptionell ist es also eine wackelige Angelegenheit, dieses Buch über WM-Helden, dass man es trotzdem gerne liest, liegt an der liebevollen und kurzweiligen Aufmachung. Idealer Einsatzort des Buches: die Toilette. Denn ein oder zwei dieser flott geschriebenen Texte über zwei oder drei Seiten sind schnell mit Vergnügen gelesen. Unabhängig davon, ob der betreffende Spieler nun Helden- oder Legendenstatus hat, oder es eigentlich eine Nummer kleiner gehen müsste. Aus persönlicher Sicht am schönsten sind die Kapitel über die Weltmeister von 1990. Man merkt diesen Texten an, dass die WM in Italien auch den Autor Theisen nachhaltig beeindruckt und geprägt hat. Bei den „historischen“ Figuren wie Rahn, Turek oder Walter bleibt Theisen nicht mehr übrig, als Bekanntes möglichst kurzweilig zu referieren. Schön ist, dass ins – wie gesagt schwammige, positiv gewendet könnte man sagen: offenporige – Konzept auch Schiedsrichter passen, deren fragwürdigen Leistungen man so schnell nicht vergisst, und sogar Heribert Fassbender den Weg in dieses Buch gefunden hat. Wir hätten ihn ja „in der Pampas“ vermutet.

Fußballnerds sind sicher nicht die Zielgruppe von „Helden“, dafür ist der angehängte Teil mit Statistiken nicht umfangreich genug und auch kein wirklicher Mehrwert. Spaß macht das Buch hingegen immer dann, wenn man die Texte von Theisen mit der eigenen, verklärten Erinnerung in Einklang bringen kann, zum Beispiel mit Diego Buchwald und Jürgen „Jürgen“ Klinsmann im größten Spiel aller (eigenen) Zeiten… Zum WM-Auftakt gegen Portugal dürfte der Bedarf trotz allem nach statistischen Werken größer sein. Und sei es nur, um die absurden Wetten der kompletten 5 Freunde im Abseits-Mannschaft zu überprüfen.

Sascha Theisen
Helden – 50 deutsche WM-Legenden
Verlag Die Werkstatt
19,90 Euro

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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4 comments
  1. Naja, der Terminus „Held“ ist doch unter all den Fußball-Göttern und -Titanen noch human gewählt. Und natürlich kann man ein Held sein, ohne einen Titel errungen zu haben. Oder hast Du keinen Helden/Gott/Titan aus der bewegten Freiburger Geschichte? Wenn nein, dann lass Dich mal auf Emotionen hin untersuchen.

  2. Der Star ist die Mannschaft, deshalb: Nein! ;-)

  3. Aber auch Mannschaften sind Stars, selbst wenn sie keinen Titel geholt haben.

  4. […] deutsche Team hat damit ja schon hervorragende Erfahrungen gemacht, andererseits möchten “Klinsi” und “Berti” nichts sehnlicher, als “Jogi” und “Hansi” […]

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