Lautern, Sammer, Thurn und Taxis

Der Saisonrückblick von schneider3

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Mein Spiel des Jahres

Als Kaiserslautern-Fan war diese Saison arm an Höhepunkten. Im Grund genommen gab es zwei. Einen kleinen (Florian „Magic“ Dicks Monsterhütte gegen Frankfurt) und einen großen in Form des Pokal-Viertelfinales gegen Bayer Leverkusen.

Zwei Dinge machten dieses Spiel so besonders. Einerseits der Spielverlauf selbst. Andererseits die Berichterstattung vor allem im Nachgang des Spiels. Ein Pokalsieg gegen Leverkusen schaffte es schon einmal, mich in komplette Ekstase zu versetzen. Das Spiel in der Saison 09/10 glich für mich einem Erweckungserlebnis und verleitete mich nicht zuletzt, diesem Spiel in derselben Saison 22 weitere Stadionbesuche folgen zu lassen. Aber zurück zur aktuellen Saison: Vor dem Spiel hatte es der FCK (mal wieder) geschafft, eine gute Ausgangsposition für den Aufstieg zu vergeigen. Leverkusen hingegen trat als souveräner Tabellenzweiter der ersten Bundesliga an. Wenig sprach für Lautern. Was dann folgte war jedoch eines der besten Spiele des „Betze“ in den letzten Jahren. Den „Pillendrehern“ wurde von Anfang an der Schneid abgekauft und Lautern „warf alles in die Waagschale“, sodass es nach 90 Minuten immer noch 0:0 stand. Verlängerung. In unserem Wohnzimmer wurden derweil 20 Jahre Genderforschung in die Tonne getreten.

Meine Freundin lag auf dem Sofa und las die „Vogue“, während ich, Pulle in der Hand, unruhig auf der Sofa-Kante hin und her rutschte und sie regelmäßig anherrschte, nun endlich mal aufgeregt und aufmerksam zu sein. Als dann schließlich der sehr, sehr heterosexuelle Idrissou in der 98. Minute einen Elfmeter verschoss, fand ich mich bereits mit der Niederlage ab. Und dann, in der 114. Minute, die Befreiung. Konter über rechts, Flanke von Idrissou, über die Köpfe der Abwehr hinweg, Jenssen nimmt die Kugel an und zündet das Ding Volley ins Tor. Kommentator Wolff-Christoph Fuss, den ich normalerweise nicht so sehr schätze, dreht, offenbar in Einklang mit dem Gästeblock, völlig ab. Geschafft! Lautern im Halbfinale, jetzt ein einfaches Los bekommen und alles ist möglich.

Beziehungsweise wäre möglich gewesen. In einer mehr als unwürdigen Auslosungszeremonie wurden uns natürlich Bayern München zu Hause zugelost. Ein Ergebnis, das Reinhold Beckmann anscheinend vor dem Öffnen der Kugel bekannt war. Ebenjenem Reinhold Beckmann, der kurz zuvor nicht einen einzigen Teilnehmer des Pokal-Halbfinales der Frauen fehlerfrei aussprechen konnte.

Mein Sympath des Jahres

Marcel Reif hat seinen Lautern-Bonus schon vor Jahren verlabert. Wolff-Christoph Fuss sucht noch in jedem Spiel „jetzt was Lucky-Punshiges“. Und der Rest ist mehr oder minder gesichtslos und mir egal. Das heißt: Der beste Kommentator bei Sky ist und bleibt selbstverständlich Fritz von Thurn und Taxis. Keiner der oben genannten war in der Lage, sich eine derart schlichte und kindliche Begeisterung für das Fußballspiel zu bewahren, wie der Fritz. Für jedes „Uuiiiii! Donnerwetter!“ und „Jonas Hofmann! Aus gutem Hause! Glasklar im Kopf! Abiturrr!“ verzeihe ich ihm eine seiner, zahlreichen, Namensverwechslungen. So wird aus dem Japaner „Hajime Hosogai“ schnell mal der Spanier (?) „Jaime Hosogai“. TuT hats einfach drauf! Und da ich meine Begeisterung für den Herrn jetzt erst so richtig entdeckt hat, verweist er Florian „Magic“ Dick knapp auf den zweiten Platz.

Mein Unsympath des Jahres

Meiner Meinung nach ist es eineindeutig: Unsympath des Jahres war, und ist auch weiterhin, Matthias Sammer. Damit hat die „menschgewordene Strickjacke“ den Merkel-wählenden „Capitanito“ Philipp Lahm als schlimmsten Deutschen abgelöst. Jürgen Klopp hatte mehr als recht, als er anmerkte, dass er als Sammer „jeden Tag Gott danken“ würde für die Anstellung beim FC Bayern. Kaum jemand anderes schafft es dermaßen sinnlosen Mist derart staatstragend zu äußern. Beispiel gefällig? Zum Thema WM hat natürlich auch der sogenannte Sportvorstand seine Meinung und äußert Kritik. Und diese liest sich folgendermaßen:

„Wir tun uns ja schwer. Die Interpretation des Titels ist im Moment eine Sau, die du durchs Dorf treibst: Können wir es? Müssen wir es? Es wird eigentlich nur darauf geachtet, dass jeder sagt, es wäre schön, wenn wir es erreichen und es sollte vielleicht auch das Ziel sein. Aber auch nicht zu deutlich formulieren, weil das ist wieder schwierig, denn es könnten ja auch andere werden.“

Für Matthias ist „das“ (ja, was eigentlich?) allerdings der falsche Ansatz. Denn: „Wir haben im Moment eine ganz komische Diskussion, die geprägt ist vom Vokabular, aber ist denn das richtig?“ Verstanden? Ich auch nicht. Untermalt mit dem richtigen passiv-aggressiven Gesichtsausdruck und einem leicht irren Flackern in den Augen kommen solche Aussagen dennoch ausreichend fundiert daher, um von der deutschen Sport-Journaille ernst genommen und veröffentlicht zu werden. Besonders lächerlich wird es außerdem dann, wenn Sammer wie ein Derwisch am Spielfeldrand tobt, weil einer „seiner“ Spieler umgegrätscht wurde. Erinnert sich „Motzki“ nicht mehr an seine eigene Spielweise oder ist das einfach ein klassischer Fall von Verdrängung?

Aber vielleicht ist das Alles ja einfach eine Realsatire wie sie Joaquin Phoenix einst in „I’m still here“ vorführte und wir werden in zwei Jahren „Sammer – Der Film“ in den Kinos sehen. Falls Sammer dann noch bei den super super Bayern ist.

Foto: schneider3

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
5 comments
  1. […] Zum Saisonrückblick von schneider3 […]

  2. Die Wahl von Thurn und Taxis? Eine Ungeheuerlichkeit! Als Freiburg-Fan bleibt man ja sowohl vor Reif als auch TuT regelmäßig verschont, zu viel Provinz wahrscheinlich…

  3. Wer so Sympathen wie Mo „Mr. SMS“ Idrissou oder auch Karim „Der Beckham von Frankfurt“ Matmour in der Mannschaft hat, braucht in der Tat eigentlich keinen TuT.

    Das schlimmste an Lautern ist aber, das Runjaic bei uns in der Trainerverlosung als Kandidat genannt wird. Wer mit dem nominell bestbesetzten Kader der 2. Liga nicht aufsteigt (alleine die Offensive ist quasi Bundesligadurchschnitt), sollte sofort seinen Trainerschein abgeben.

  4. Der Rest der Truppe ist aber halt weit unterm Durchschnitt. Nur ein Wort: „Sippel“! Ganz ohne Keeper ist es auch in der zweiten Liga schwer…

  5. Der Sippel hat immer seine Leistung gebracht. Wenn auch nicht immer im Tor.

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