Die Sorgfalt von Spox

Fortuna-Krawalle in Frankfurt  Polizei nimmt vier Personen fest - Sport Fussball 2. Bundesliga

„Fortuna-Krawalle – Polizei nimmt vier Personen fest“ – Die Überschrift kreischt nach Aufmerksamkeit, Krawalle und Polizei sind schnell als Keywords identifiziert, darunter ein Bild von Fußball-Fans, die Pyros abbrennen und Fahnen schwenken. Ein eindrucksvolles Foto, das mit dem Inhalt der zugehörigen Meldung auf spox.com nichts zu tun hat. Und das in doppeltem Sinne. Sinnbild für Stimmungsmache, mangelnde Sorgfalt und Interesse am eigentlichen Konflikt. 

Was ist passiert? Am Wochenende spielte Fortuna Düsseldorf am Bornheimer Hang gegen den FSV Frankfurt. Nach circa 30 Minuten der ersten Halbzeit kam es zu einer „Massenschlägerei“ im Gästeblock. „Nazis raus!“-Rufe waren zu hören. Auslöser der Auseinandersetzung war eine Zaunfahne der rechten Hooligangruppierung „Frente Atletico“, Anhänder von Atletico Madrid, die von einer Düsseldorfer Gruppe namens Bushwhackers Düsseldorf angebracht worden war. Offenbar nicht die erste Provokation der Hools, die sich jetzt in Handgreiflichkeiten entludt:

Nach­dem wir zum Anpfiff unsere Fah­nen ein­ge­packt und den Sup­port ein­ge­stellt hat­ten, for­der­ten wir die Hoo­li­gans auf die Fahne der Gruppe „Frente Alte­tico“ abzu­hän­gen. Die­ser Ver­such schei­terte, ebenso wie alle Fol­gen­den. Auch wenn ein Groß­teil der orga­ni­sier­ten Fan­szene lei­der keine klare Linie ver­folgt, sind wir sehr froh, zu wis­sen, dass es Leute gibt, die hier eben­falls ein nicht igno­rier­ba­res Pro­blem sehen und wir erklä­ren uns unein­ge­schränkt soli­da­risch mit die­sen Fans. In Folge des letz­ten Ver­suchs eska­lierte die Situa­tion als Hoo­li­gans ver­schie­de­ner Grup­pen die inter­ve­nie­ren­den Ultras mit mas­si­ver Gewalt angrif­fen.

Soweit die Stellungnahme der Dissidenti Ultra, weitere Stimmen – auch der Presse findet man hier, hier, hier und hier. Letztendlich haben die Düsseldorfer Ultras so reagiert, wie man sich das eigentlich erhofft, wenn rechte Umtriebe versuchen, in der Kurve Fuß zu fassen. Dabei verfolgen Sie, auch wenn die Düsseldorfer das nicht gerne hören wollen, den gleichen Kurs, den auch Eintracht Frankfurts Präsident Peter Fischer empfiehlt.

Worum es hier eigentlich gehen soll ist das, was Spox aus diesem Vorfall macht. Dem Sport-Portal geht es in erster Linie um Stimmungsmache, deshalb steht im Mittelpunkt des Artikels zunächst die körperliche Auseinandersetzung. Die politische Implikation des Vorfalls wird erst später nachgereicht, wenn der Puls all jener schon auf 180 ist, die das Abbrennen von Pyro für körperliche Gewalt, Randale oder Krawalle oder alles drei zusammen halten. Vor, während und nach dem Spiel der Düsseldorfer in Frankfurt wurde keine Pyro abgebrannt, doch Spox ficht das nicht an. Sieht halt einfach geiler aus als, zum Beispiel, die Fotos, die man bei der Rheinischen Post benutzt hat.

Richtig peinlich wird es allerdings, wenn man sich das Bild, das den Artikel illustriert näher anschaut. Mit ein bisschen Fantasie lässt sich ein Banner identifizieren auf dem „Schwarz und Rot“ steht. Rot ist zwar eine der Vereinsfarben der Fortuna, schwarz wäre aber neu. Wer noch näher hinschaut, sieht, dass es sich um eine Aufnahme der Fans von Bayer Leverkusen handelt. In der Bildunterschrift heißt es dazu lapidar „Die Fans der Fortuna sind schon öfter negativ aufgefallen“.

Das Bild wurde bisher nicht geändert oder entfernt, obwohl direkt im ersten Kommentar unter dem Artikel darauf hingewiesen wird, dass es sich um Anhänger von Bayer Leverkusen handelt. Ist das nur schlampig oder einfach dreist? Immerhin, so ist man versucht zu sagen, handelt es sich um ein Bild, das beim Gastspiel von Bayer Leverkusen am 30.03.2013 in Düsseldorf entstanden ist, wie sich auf Youtube binnen weniger Minuten ermitteln lässt. Fans der Fortuna waren zumindest am gleichen Ort, an dem das Bild aufgenommen wurde, wenn auch nicht an dem Ort, um den es im Artikel auf Spox geht, noch an dem Tag, noch auf dem Foto selbst. Sportjournalismus im Jahr 2014, so geht’s!

Wäre es nicht so traurig, wäre diese Bild wohl ein besonders dämlicher Fall für die Rubrik „Super Symbolfotos“ des Bild-Blog-Gründers Stefan Niggemeier. So bleibt eigentlich nur Kopfschütteln!

Screenshot vom 24.03.2014, 08:45 Uhr

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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6 comments
  1. Man kann ja viel über die Ultras schimpfen, aber solche Aktionen sind einfach nur richtig und wichtig!

    Chapeau!

    Und wer bitte liest schon spox…

  2. Die Rheinische Post hat tatsächlich zwei „Fan-Vertreter“ gefunden, die vor allem eins tun: mit altbekannten Argumenten beschwichtigen:

    http://www.rp-online.de/sport/fussball/fortuna/bei-fortuna-duesseldorf-gibt-es-streit-zwischen-fangruppen-aid-1.4125079

    Widerlich, diese Argumentation!

  3. Unfassbar. Sonst wird immer und überall zivilcourage gefordert und dann so eine, „Berichterstattung“ will ich sie mal unverdienterweise nennen.

  4. Was ist denn im Zuge der Auseinandersetzungen noch passiert?
    Wurde das Transparent abgehängt?
    Musste irgendjemand dem Block verlassen?
    Wie verlief der Rest des Spiels im Gästeblock?

  5. Daran hat keiner der Berichterstatter wirklich Interesse. Lediglich der Express (sic!) berichtet davon, dass die Polizei die beiden Parteien getrennt und im Block geblieben sei. Laut RP rückte die Polizei zweimal in den Block ein und nahm Personalien auf.

  6. Danke, ich habe sonst auch nirgends etwas dazu gefunden.

Kommentare sind geschlossen.