Vergaloppiert

WettscheineQuizfrage: Welche Sportveranstaltung hatte am vergangenen Sonntag geschätzt 1 Millarde Fernsehzuschauer, 600 akkreditierte Journalisten & ein Preisgeld in Höhe von 4,8 Millionen Euro? Antwort: Der 92. Prix de l´Arc de Triomphe – eine Galoppveranstaltung allererster Güte auf der Rennbahn in Paris Longchamp. Mit dabei: unsere Frankreich-Korrespondenten Goldschuhe aus und Buxe.

Warum diese Sportveranstaltung in deutschen Medien kaum Beachtung findet (spätestens seit dem Tod des großen Addi Furler), ist nach dem Besuch der mit mehr als 60.000 Zuschauern ausverkauften Rennbahn mehr denn je ein Rätsel. Großer Sport, abgefahrene Mode, reiche Menschen und Champagner! Außerdem mit der Quatar Foundation ein nicht gerade unumstrittener Hauptsponsor; deutsche Medienlandschaft, was brauchst Du mehr? Sei´s drum, wir sind ja hier nicht bei Spiegel TV, sondern auf einer Witzeseite, deshalb kommen wir sofort zum Punkt, um den sich alles dreht auf so einer Galopprennbahn: Wetten!

So viel Unwissen muss bestraft werden. Weder der Japaner noch der Ire kann da noch helfen...
So viel Unwissen muss bestraft werden. Weder der Japaner noch der Ire kann da noch helfen…

Ausgestattet mit (zu viel) Geld träumten die Herren Vollblutexperten Goldschuhe aus und Buxe vom großen Gewinn. Völlig unvorbereitet, weil die Bibel aller Wettfreunde (Sportwelt), am Kölner Bahnhof restlos ausverkauft war (dabei handelte es sich um handgezählte 10 Exemplare), machten sich die zwei Rennquintettfreunde guten Mutes auf zum Bois du Boulogne. Zwischen verrückt verkleideten Japanern und stillosenvollen Briten mussten sich die beiden zunächst mit den Eigenarten der französischen Pferdewette vertraut machen. Die Rennen 1-4 wurden darüberhinaus genutzt, um tiefgreifende, ja fast wissenschaftliche Analysen auszutauschen („Die Startposition ist entscheidend! Starjockey Frankie Dettori war bei Promi Big Brother GB! Heute ist der Tag der Iren!“). Dann, endlich, nach schier endlos langer Vorbereitung, stand das 5. Rennen an – der „Arc“ wie wir Insider ihn nennen. Er zählt zu den prestigeträchtigsten Rennen der Welt.
Die Quoten vor dem Rennen. Der Profi erkennt: die 6. ist eindeutig Favorit!
Die Quoten vor dem Rennen. Der Profi erkennt: die 6. ist eindeutig Favorit!

Die unzähligen Wettscheine wurden selbstverständlich schon vorab eingereicht. Nicht, dass ein Flüchtigkeitsfehler dazu führt, den horrenden Gewinn zu verpassen! Oder – noch schlimmer – dass ein Spion die geheimen Favoriten der deutschen Beobachter abschreibt. Mit einem Defilée werden die 17 Starter traditionell präsentiert. Nichtstarter (ausgerechnet!) ist der hoch eingeschätzte Novellist aus Deutschland. Der Monsun-Sohn muss aufgrund von hohem Fieber passen. Egal, der Puls steigt, das Herz rast. Eines ist ganz sicher: Heute gewinnt ein Japaner! Oder ein Ire! Mit dem Öffnen der Startboxen steigt der Zuschauerlärm gewaltig an. Über 3 Leinwände lässt sich das Geschehen auf der weit entfernten Gegengerade astrein verfolgen.
Hier galoppiert Treve zum Sieg. Unten eingeblendet: die Startnummern.
Hier galoppiert Treve zum Sieg. Unten eingeblendet: die Startnummern.

Das Feld bleibt geschlossen, noch ist alles offen. Da man die unmenschlich schnell sprechenden Kommentatoren überhaupt nicht versteht, muss das Trikot der Jockeys als Hilfsmittel dazu herhalten, die Position der „todsicheren“ Sieger zu bestimmen. Problem dabei: einige sehen sich sehr ähnlich. Das führt beim deutschen Betrachter zu Zuordnungsproblemen. Einlauf auf die unpferdlich lange Zielgerade. Noch immer ist alles drin! Jetzt sind die Pferde mit bloßem Auge zu erkennen. Der Lärm der Zuschauer schwillt an. Jeder peitscht sein Pferd stimmgewaltig nach vorne. Viel Kampf im Hauptfeld. Jetzt kommt die entscheidende Phase. Doch schon 400 Meter vor dem Ziel ist klar ersichtlich, dass an diesem Sonntagnachmittag weder ein japanisches noch ein irisches Pferd gewinnen wird. Am Ende wird es eine – nach dem Papier – staatenlose Stute namens Treve, die souverän mit mehreren Längen siegt. Zu explosiv ist ihr Endspurt. Die Herren der Pferdeschöpfung müssen sich geschlagen geben.
So sehen Siegerinnen aus!
So sehen Siegerinnen aus!

Aus der Traum vom Gourmetessen im Spitzenrestaurant, aus der Traum von der Karriere als Wettprofi. Goldschuhe aus und Buxe lamentieren lange. Treve hatte keiner von beiden auf dem Zettel. Sie ist die dritte Stute in Folge, die den „Arc“ gewinnt. Goldschuhe aus und Buxe sind sich sicher: nächstes Jahr kann nur eine Stute gewinnen. Aus Japan. Oder Irland.

Über den Autor: Buxe

Macht in Unterhosen und Lotto. Kunstverständiger Lebemann, der seinem Verein Schalke 04 in unerschütterlicher Hassliebe verbunden ist. Wurstvegetarier und Minigolfgott in Personalunion.

Macht in Unterhosen und Lotto. Kunstverständiger Lebemann, der seinem Verein Schalke 04 in unerschütterlicher Hassliebe verbunden ist. Wurstvegetarier und Minigolfgott in Personalunion.
14 comments
  1. Neueste Erkenntnis, die mir Buxe auch schon persönlich erläutert hat: Stuten und Hengste laufen zusammen. Das Tierreich ist fortschrittlicher als die Menschheit!

    Sind eigentlich auch Wallache am Start? Oder ist das züchtungstechnisch unfug?

  2. Wieso schicken wir eigentlich die zwei größten Wett-Analphabeten nach Paris? War doch klar, dass eine Stute gewinnt…

  3. Damit die beiden nicht mit Ihrer Inkompetenz unseren Fussballsachverstand beschädigen. Sei froh, dass die sich um Randsportarten kümmern, die ohnehin kaum einer versteht.

  4. Ist ja kein Wunder, dass Treve gewonnen hat, ihr Vater ist der berühmte „Motivator“. Sehr traurig ist übrigens die Geschichte des Jockeys, der – Vorsicht, Herrenwitz! – die Stute eigentlich hätte reiten sollen: „Ich hätte Schmerzmittel gebraucht, aber nicht wegen der Schmerzen in meinem Fuß, sondern in meinem Herzen“
    http://www.galopponline.de/service/news/news.php?PHPSESSID=0875c8e12ba31045f0d682d0b2306a59&id=27700

  5. Großartig! Und nicht lamentieren, kommen auch wieder bessere Tage beim Wetten. Und dann Schampus für alle!

  6. Hätten sich die Jungs doch nur mal vorher bei dir informiert…

  7. Hätte Koks-Frankie Treve geritten, hätte ich auf sie gewettet. Aber so ein Jockey-Wechsel kurz vor dem Rennen ist eigentlich nicht gut. Eigentlich.

  8. @Don Wallache sind im Arc nicht startberechtigt. Darum muss ein Cirrus des Aigles, einer der besten Vollblüter der Welt (Gewinnsumme > 5 Mio. €), auch immer am Samstag, dem Tag vor dem Arc, in einem anderen Rennen laufen (der Ausschluss von Wallachen bezieht sich nur auf wenige Prüfungen, die Tiere müssen ja auch irgendwie ihren Hafer verdienen). Hat er in diesem Jahr auch gemacht und zum dritten Mal gewonnen (vor zwei Jahren gab’s einen Ausrutscher, da war er nur Zweiter)….

  9. Ich lag auch nicht richtig, habe aber Treve lobend erwähnt. Aber der Kurs war mir zu niedrig, manchmal ist man doch eine Spur zu gierig.

  10. das dritte Mal hat eine Stute in Folge den Arc gewonnen, was lehrt uns das? Unterschätze niemals die Stutenpower im Arc, sie hat’s den Hengsten mal wieder gezeigt, wo es lang geht.

  11. Ist doch wie im normalen Leben,die Kerle laufen immer dem Mädels hinterher, nur Wallache dürfen nicht dabei sein, denn die Mädels laufen immer den Schlappschwänzen hinterher!

  12. @Olaf Vollblut: Interessant! Ich als Volllaie hätte jetzt vermutet, dass Wallache ob ihrer Behandlung der letzte Esprit abhanden kommt.

  13. @Olaf (oder andere): Warum wird denn dann so ein vielversprechendes Pferd zum Wallach gemacht? Ist das nicht kurzsichtig bzgl. einer Karriere als Zuchthengst? Da kann er ja dann überhaupt keine Kohle mehr verdienen…Würde mich wirklich mal interessieren!

  14. @Buxe Eine späte Antwort, aber besser spät als nie ;-)

    Wenn ein Hengst auf der Rennbahn vielversprechende Leistungen zeigt, dann macht man ihn nicht zum Wallach (den Fachbegriff in diesem Zusammenhang – „Der Hengst wid gelegt“ – empfinde ich als ziemlich verniedlichend und deplatziert, aber solche Sachen beim Namen nennen, kommt in der Szene nicht gut). Man greift zu diesem Mittel (abgesehen von den sehr selten Fällen, in denen es aus medizinischen Gründen indiziert ist), wenn der Hengst schwer zu händeln ist, sich kein Arbeitsreiter mehr findet, de bereit ist, ihn im Training zu reiten, seine hengstigen Faxen den Arbeitsalltag im Stall immer wieder durcheinander bringen und man sich daher durch das „Legen“ einer Beruhigung des Vollblüters verspricht, so dass er sich dann fortan auf das schnelle Laufen besser konzentriert. Manchmal funktioniert das Ganze so gut und/oder das Pferd ist ein besonderer Spätentwickler, dass der seinen besten Stücken beraubte Vollblüter erst als Wallach auf der Rennbahn zum Crack wird. Dann wird die vorherige Entscheidung sicherlich bereut, doch Wiederdrankleben funktioniert einfach nicht, die Deckhengstkarriere muss abgehakt werden. Bestes Beispiel der neueren Zeit in Deutschland war Gestüt Fährhofs Quijano (Galopper des Jahres 2007, Gewinnsumme von knapp 1,9 Mio Euro, was Rang 7 in der „ewigen Bestenliste“ des deutschen Turfs bedeutet). Der oben schon erwähnte Cirrus des Aigles ist das beste Beispiel in Frankreich.

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