Werner Lorant - Eine beinharte Story

Werner Lorant: Raucher in Ballonseide

Vor elf Jahren wurde Werner Lorant bei 1860 München entlassen. Club und Trainer befinden sich seitdem auf Talfahrt, der Trainer rasanter als sein ehemaliger Club. Zuletzt machte Lorant Schlagzeilen als er sich auf der Alm bei Pro Sieben verdingen musste, weil Geld und Haus futsch und seine Ehe in die Brüche gegangen waren. Dabei ist dieser Mann mehrfach Raucher des Jahres gewesen, wurde umschwärmt von den Medien und insbesondere für Ran williger Stichwortgeber fürs Highlightreel. Davon legt „Eine beinharte Story“ Zeugnis ab.

Der Untertitel „Wer Angst hat verliert“ wird darin geradezu Mantra-artig wiederholt. Die Wunderwirkung des Nikotinkaugummis , der nicht nur Lorant half, während der 90 Minuten eines Spiels auf seine geliebten Glimmstengel zu verzichten, sondern auch das Zustandekommen dieses Juwels der Fußballliteratur – sagen wir mal wohlwollend – begleitete, ebenfalls. Man mag kaum glauben, dass Lorant seit seiner Entlassung bei 1860 und dem unrühmlichen Ende der Traumehe mit Wildmoser senior 14 Trainerstationen in seinem Lebenslauf unterbrachte. Alle ohne jeden Erfolg. Dabei war Lorant zu seiner Münchner Zeit ein Meister der Trainigslehre, der modernste unter den Modernisierern, Wegbereiter für Konzepttrainer wie Tuchel oder Löw:

„Er hat ein sehr gutes Training gemacht. Zum Beispiel hat er uns, was wir damls noch gar nicht kannten, auch mal Aufwärmrunden mit dem Ball laufen lassen. Er war ein engagierter Trainer, der viel Neues bei uns eingeführt hat.

werden zwei ehemalige Spieler Lorants zitiert. Das Pensum des Werner Beinhart ist dabei nahezu übermenschlich und nur durch ein Höchstmaß an Geschwindigkeit und Effizienz zu bewältigen. Und durch den vollständigen und allumfassenden Verzicht auf öffentliche Verkehrsmittel:

„Gechwindigkeit heißt das Zauberwort. Ein schneller Wagen und seit kurzem auch gut koordinierte Helikopterflüge sind für ihn Herausforderung und Befriedigung in einem.“

Mindestens so wichtig wie das „Zauberwort“ Geschwindigkeit sind Lorants Fähigkeiten als Kommunikator, sei es im Zwiegespräch mit dem Gärtner seines Ferienhauses in Spanien:

„Er wird immer wieder bei ausgiebigen Dialogen mit Spaniern dabei beobachtet, wobei Freunde augenzwinkernd bestätigen, dass Lorant nach wie vor kein einziges Wort Spanisch spricht. Zumindest dem Spanier, der sich während Lorants Abwesenheit um das Haus kümmert, scheint dies nicht zu stören, da er bis jetzt alles zu seiner vollsten Zufriedenheit erledigen konnte.“

sei es mit seinen Spielern beim TSV 1860 München:

„Die Fußballsprache ist doch international. Und wenn mich wirklich mal einer nicht verstehen sollte, dann mache ich ihm die Übung auf dem Platz eben vor. So einfach ist das, kein Problem. Aber vielleicht sollten wir beim DFB anfragen, ob wir uns in Inter München umbenennen dürfen. Inter für International.“

Natürlich ist so ein Spitzenmann begehrt! So begehrt, dass er es sich leisten konnte ein Engagement beim SC Freiburg abzulehnen und stattdessen beim heute dominierenden Club der Stadt Aschaffenburg – Viktoria Aschaffenburg – anzuheuern. Bei Freiburg reüssierte stattdessen ein gewisser Volker Finke… Aber Lorant hat natürlich noch andere Fähigkeiten und Talente, die er neben seiner akribischen Arbeit auf dem Fußballplatz ausleben kann und darf. Lorant ist in der Philosophie einer der wichtigsten Vertreter der Ist-Zeit-Theorie:

„Für das, was mal war, kann ich mir nichts mehr kaufen, Fußball ist Ist-Zeit“,

und Gourmet mit einem äußerst feinen Gaumen, dem auch sein Zigarettenkonsum nichts anhaben kann:

„Zweimal warm essen am Tag? Außerdem habe ich so etwas noch nie probiert.“ Trotzdem hält der Springbock in Orangensauce dem harten Urteil des beinharten Werner stand: „Gut, wirklich gut!“ Doch Werner Lorants eigentliche Passion ist die Gärtnerei, sowohl in seinem Haus im bayerischen Dorfen als auch auf seinem Anwesen in Spanien. Hier wie dort gilt:

„Seine landschaftspflegerischen Fähigkeiten machen einen professionellen Gärtner überflüssig. Gute Freunde bemerken dazu schelmisch, Werner Lorant würde jeden einzelnen Grashalm seines Gartens ausrichten.“

Falls Lorant nicht mit Kommunikation, Landschaftspflege oder dem Testen hochwertiger Speisen beschäftigt ist, oder seiner Mannschaft knallharte Kommandos auf dem Trainingsplatz geben muss, pflegt er zwei weitere exzentrische Hobbys:

„Später fährt Lorant noch mit dem Auto ins Örtchen nach Dorfen hinein, schaut bei der Bank, ‚ob auf dem Konto noch alles in Ordnung ist‘ ‚“

und sein Äußeres:

„Es kommt auch ein bisschen Gel ins Har, das ist in der heutigen Zeit ja normal und ab und zu lasse ich mir ein paar graue Strähnchen färben. Meist im Winter, denn im Sommer bleichen meine Haare durch die Sonne von selbst. Aber das entscheidet mein Frisör.“,

wenn er nicht gerade andere Prominente auf der Trabrennbahn mit seinem Wunderpferd „King Werner“ deklassiert.

Es ließen sich noch tonnenweise weitere Zitate aus „Eine beinharte Story“ exzerpieren, zum Beispiel Lorants dezidierte Meinung zum Thema „Saufen“, ein Themenkomplex, der hier im Blog auf der Prioritätenliste gleich hinter Fußball kommt:

„Meine Spieler können suafen so viel sie wollen – solange sie am nächsten Tag auf dem Platz stehen und im Training Top-Leistung bringen. Da beides aber nicht geht, können sie eben doch nicht saufen.

Sie würden alle nicht der unglaublichen Hybris dieses Werkes gerecht werden. Jedesmal, wenn man denkt, jede Platitüde des Typus „Schleifer“ wäre inzwischen in diesem Werk zu lesen gewesen, holt Lorant zu einer weiteren messerscharfen Analyse aus, in diesem Fall die Leistung seines Kapitäns Bernhard Trares betreffend:

„Ich mache mich doch draußen nicht zum Deppen, weil der sich auf dem Platz zum Hannes macht!“

Was soll man dazu noch sagen? Super Typ! Wer die ganze beinharte Story lesen will, sollte sein Geld bei Amazon investieren. Ab 18 Cent ist das Werk zu haben.

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben unter Google+
7 comments
  1. Und ich dachte bisher, Lorant sei ein einfältiger Choleriker. Von wegen! Danke, Esleben!

  2. Ja, so kann man sich täuschen. Ich bin jetzt übrigens auf der Bank, mal schauen „ob das Geld noch da ist“…

  3. Gut, den Satz kann er jetzt nicht mehr bringen…

  4. Ich eigentlich auch nicht.

  5. Sehr schön durchgearbeitet, das Teil. Pflichtlektüre, ohne die man hier eigentlich gar nicht mehr schreiben dürfte. Obwohl, ich habs ja auch noch nicht gelesen, sondern beim Schrottwichteln bekommen.

  6. Wie kann man ein solches Buch als Schrott bezeichnen…

  7. Ich habe es nicht als solches bezeichnet, sondern glorreich beim Schrottwichteln bekommen. Jemand anders (im Zweifel ein Bochum-Fan) hat es als Schrott angesehen.

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