O-Ton O. Thon

Ich muss Euch enttäuschen. Der folgende Artikel hat nichts aber auch gar nichts mit der Überschrift zu tun. Ich wollte nur einmal im Leben dieses geniale Wortspiel geschrieben haben. Jetzt ist es raus, mir geht´s besser. Kein Ton mehr zu Thon.
Ich widme mich nun meinem eigentlichen Anliegen. Kurz vor Saisonstart richte ich den Blick zurück. Hinter mir liegt ein wunderbarer Urlaub. Und Urlaubszeit ist immer auch Lesezeit.
Drei von mir verschlungene Bücher möchte ich Euch ans Herz legen. Keine Bange, die gerade von „The Millions“  zu den „schwierigsten“ Büchern gewählten Werke von Djuna Barnes („Nightwood“) und Heideggers „Sein und Zeit“ werden keine Rolle spielen. Vielmehr geht´s um zwei Fußball-Bücher und einen „Horroroman“. Das erste Buch werden wahrscheinlich einige kennen, andere nicht.

All jenen, die es bisher nicht gelesen haben, möchte ich Jonathan Wilsons „Revolutionen auf dem Rasen (englisch original viel schöner: Inverting the Pyramid) – Eine Geschichte der Fußballtaktik“ sehr an Herz legen. Ich habe es nicht chronologisch gelesen, weil mich einige Kapitel weniger interessiert haben als andere. Aber Wilson schafft es schließlich, dass ich mir doch noch das Kapitel über „Hugo Meisl und das österreichische Wunderteam“ durchlese. Das Buch ist gut, amüsant und informativ geschrieben. Von der Entstehung von so etwas, was heute allgemeinhin Taktik genannt wird, bis hin zu Barcas Verzicht auf einen Stürmer, Wilson zeichnet die „Umkehrung der Pyramide“ logisch nach. Spielten Mannschaften in der Anfangszeit noch mit bis zu sieben Stürmern, führten die Einführung der Abseitsfalle und Erkenntnisgewinne ambitionierter Trainer letztlich zum heute weitverbreiteten „Ein-klassischer-Stürmer-Spiel“. Für mich interessant waren u.a. die Begegnungen mit mir völlig unbekannten Trainernamen (Wiktor Maslow) und die Wiederentdeckung alter Hasen, wie z.B. Ernst Happel, die einen sehr großen Einfluss auf die Entwicklung des Spiels hatten. Auch versucht Wilson hin und wieder bestehende Kulturtheorien als Einfluss auf das Spiel zu übertragen bzw. vom Fußball ausgehend abzuleiten. Wer mich immer wieder beeindruckt, ist Jorge Valdano. Keiner spricht gleichzeitig so schön und klug über Fußball wie er. Auch Wilson räumt ihm ein wenig Platz für seine (interessanten) Gedanken ein. Lest es selbst! Und empfehlt mir Aufsätze oder sonstige Ergüsse von Valdano, so es sie denn gibt.

Weiterhin hatte ich im Gepäck zwei Bücher von Ror Wolf. Ich verfolge sein Schaffen schon länger, immerhin gilt Wolf als Fußball-Literatur-Pionier. Er war einer der ersten (wenn nicht DER Erste), der Fußball literarisch verarbeitete. Dazu lässt der bekennende Eintracht-Fan Wolf vor allem Trainer, Spieler und Zuschauer zu Wort kommen. Es geht also nicht um irgendeine abgehobene Betrachtung von Fußball, sondern um das, was die Faszination tatsächlich ausmacht. Sein „Das nächste Spiel ist immer das schwerste“ sollte – neben seinen Hörspielen – deshalb Pflichtlektüre für all jene sein, die sich professionell mit Fußball auseinandersetzen, denn – so Wolf –

„Die Welt ist zwar kein Fußball, aber im Fußball, das ist kein Geheimnis, findet sich eine ganze Menge Welt.“

Punkt. Besonders lesenswert in „Das nächste Spiel ist immer das schwerste“ ist in jedem Fall die parallel montierte Reportage der Radioreporter Edi Finger (ORF, Österreich) und Armin Hauffe (ARD, BRD) der „Schmach von Cordoba“. Beide saßen im Stadion nur wenige Meter voneinander entfernt, beide erleben das Spiel aufgrund des Spielverlaufs auf sehr unterschiedliche Weise. Sehr amüsant.

Angefixt durch dieses Buch habe ich mir einen weiteren Wolf gegönnt.  „Die Vorzüge der Dunkelheit. Neunundzwanzig Versuche die Welt zu verschlingen“. Ein Horroroman. Sein neuestes Werk. Passt zwar nicht in einen Fußball-Blog, aber ich bin Wolf-Fan. Das Buch ist sowohl haptisch, optisch als auch „lektürerisch“ ein Genuss. Ein surrealer Versuch über den Vorgang des Schreibens und die Welt an sich. Ein Buch als Gemälde. Sehr lesenswert!

So könnte dieser bescheidene Beitrag auch mit Tor Wolf betitelt sein. Fand ich aber doof. Und jetzt schaue ich nach vorne. Ich freue mich auf die Jubiläumssaison!

Über den Autor: Buxe

Macht in Unterhosen und Lotto. Kunstverständiger Lebemann, der seinem Verein Schalke 04 in unerschütterlicher Hassliebe verbunden ist. Wurstvegetarier und Minigolfgott in Personalunion.

Macht in Unterhosen und Lotto. Kunstverständiger Lebemann, der seinem Verein Schalke 04 in unerschütterlicher Hassliebe verbunden ist. Wurstvegetarier und Minigolfgott in Personalunion.
6 comments
  1. Buxe, du Schöngeist! Ist Ror Wolf nicht sogar Mitglied der deutschen Autoren-Nationalmannschaft?

  2. Ich weiß nicht, ob er es noch ist, denn er ist mittlerweile 80. Er war es aber definitiv.

  3. Lese gerade bei wikipedia, dass Wolf sogar Ehrenspielführer der Autonama (Autoren-Nationalmannschaft) ist…

  4. Test. Test.

  5. Ja, ja. Ich werd´s bestellen…

Kommentare sind geschlossen.