Die Ultras in den Wohnstuben

Nicht nur die Printmedien haben in den letzten Wochen die Ultrakultur für sich entdeckt, auch im Fernsehen kamen in den letzten Tagen gleich zwei Dokumentationen, die sich mit Ultras und Fußballkultur auseinandersetzten. Dass das Niveau der Berichterstattung dabei sehr unterschiedlich ausfällt, liegt wohl nicht zuletzt am jeweils ausstrahlenden Sender bzw. Produzenten.

ZDFneo: Wild Germany – Ultras

Die sehr sehenswerte Dokureihe Wild Germany, die leider nur im Nischensender ZDFneo versendet wird, erhebt für sich den Anspruch, nicht alltägliche Aspekte der Lebensrealität und Subkulturen in Deutschland zu betrachten und darzustellen. Und tatsächlich ist die Dokumentation über die Ultras interessant und differenziert ausgefallen. Dies liegt nicht zuletzt an dem Reporter Manuel Möglich, dessen ehrliche Neugier und Vorurteilsfreiheit sehr zum Gelingen der Dokumentation beiträgt. Allein etwas mehr Ausführlichkeit in Form einer längeren Sendungsdauer hätte man sich gewünscht. Möglich spricht im Rahmen der Sendung mit Mitgliedern der Ultras von Fortuna Düsseldorf und des Sechstligisten Chemie Leipzig, mit 11Freunde-Chefredaktuer Philipp Köster und einem Vertreter der Koordinierungsstelle Fanprojekte. Das dabei entstandene Bild geht weit über die undifferenzierte Berichterstattung hinaus, die man normalerweise zu diesem Thema gewohnt ist. Leider ist der Beitrag in der Mediathek wegen einer Freigabe ab 12 Jahre erst ab 20 Uhr abends zu sehen, aber vielleicht findet man die gesamte Doku ja auch anderswo.

Wild Germany – Ultras in der ZDF-Mediathek (ca. 30 Minuten)

RTL II: Kuhnigk und die Hooligans

In eine etwas andere Kerbe schlägt hingegen die Dokumentation des „investigativen Journalisten“ Wolfram Kuhnigk, der für RTL II „drängende Gesellschaftsthemen“ untersucht. Er wirft fröhlich Ultras und Hooligans, Gewalt und Pyrotechnik in einen Topf und mixt daraus einen sensationsheischenden Film zum Thema Fußball und Gewalt zusammen. Neue Erkenntnisse oder Einblicke erhält man dabei eher weniger, hierfür bleibt der Beitrag doch allzusehr an der Oberfläche. Vielleicht wäre es zum Beispiel interessanter gewesen, bei dem seltsam reulosen Frank Renger etwas länger nachzuhaken, anstatt irgendwelchen Lok Leipzig Fans eine Plattform für ihre dümmliche Asozialität zu bieten.

Kuhnigk und die Hooligans in der Mediathek von RTL II (ca. 45 Minuten)

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
8 comments
  1. Dieser RTL II-Knilch will einfach nur seine eigenen Vorurteile bebildern. Widerliche Form von als „Journalismus“ getarnter Hetze. Meine Haare sind übrigens auch anrasiert…

  2. Ich finde es ja schon geil genug, ein RTLII-Format „Investigativ“ zu nennen. Was will man da erwarten? Ich nehme an, in den nächsten Folgen geht es um investigative Recherchen im Rotlichtmilieu, unter jugendlichen Komasaäufern und dann halt nochmal im Puff. Zielgruppenadäquanz allez.

  3. Ersteres gibt es zum Glück auch bei den Dokujunkies, dann kann ich mir das angucken wenn ich Zeit und Muße habe ;-)

  4. Das Wort „Ultras“ kam in der RTL2-„Doku“ auch gar nicht vor. Hier hinkt dann der Vergleich schon am Thema.

  5. @zechbauer: Ändert aber nichts an der widerlichen Machart des RTL II Beitrags, der einen Stadionbesuch ja als gefährliches Wagnis konstruiert, bei dem man es nur mit wildgewordenen Schlägern in der Kurve zu tun hat. Diese Verkürzung machen ja auch viele ander Medien, wenn sie Pyroaktionen als Randale bezeichnen. Insofern geht es als Beschreibung der hysterischen Berichterstattung über „Gewalt in Fußballstadionen“ schon auf, m.M.n.

  6. Also ich hab RTL2 bei meiner Fernbedienung auf 1.

  7. @Don: Wissen wir, deshalb mal ein kritischer Beitrag über Deinen Lieblingssender.

  8. @zechbauer: Genau das ist ja das Problem, dass er diesen Begriff überhaupt nicht nennt. Da werden irgendwelche „gewaltbereiten“ Fans genannt, die Wilde Horde in einen Topf geworfen mit ein paar besoffenen Vollassis, die sich als „Hooligans“ gerieren und dabei nichtmal erwähnt wird, dass der Großteil der erfassten Verletzten auf den Einsatz von Pfefferspray zurückzuführen ist. Die RTL-Doku war einfach nur lachhaft.

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