„Die Champions League war nie unser Ziel“

War die TSG Hoffenheim von Achtzehnhundertneunundneunzig vor einem Jahr noch der Deutschen liebsters Drecksclub Fußballkind (Stichworte: frech aufspielen, frischer Wind, Systemfußball), ging es in den letzten Wochen hoch her in Hoffenheim/Mannheim/Sinsheim. Das Ganze ging sogar soweit, dass Ralf Rangnick bei mir Sympathien sammeln konnte. Bisher dachte ich eigentlich, dass vorher die Hölle zufröre.

Aber der Reihe nach: Dietmar Hopp, zu gleichen Teilen Großunternehmer und Gutmensch, spekuliert ja seit geraumer Zeit auf einen der Plätze als Sargträger der 50+1-Regel. Nicht nur auf dem Papier, sondern auch in realiter, hat sich Hopp immer schon genügend Einflussmöglichkeiten erhalten bzw. diese sogar ausgebaut. Natürlich widerstreben diese dem ursprünglichen Ansinnen der 50+1-Regel. Bei Dietmar Hopp drücken DFB und DFL jedoch gerne Mal ein Auge zu. Wer den Sohn von Theo Zwanziger beschäftigt, Jugendlichen, Alten, Kranken, Schwachen, Gebrechlichen, Kriegsversehrten, Heimatvertriebenen, Einbeinigen und sonstigen Bedürftigen hilft, wo er nur kann und außerdem verstärkt auf die Jugend der Region setzt, der wird ja wohl auch in der Bundesliga wissen, wie er sich zu benehmen hat.

Als jedoch, um die Weihnachtszeit, Luiz Gustavo ohne Kenntnis des Trainers und offensichtlich unter Hopps Federführung an den FC Bayern verkaufte wurde sogar die DFL stutzig. Man werde ermitteln! Selbstverständlich hat sich inzwischen ergeben, dass alles korrekt ablief und der Grömaz (Größter Mäzen aller Zeiten) weiter seinem Tagwerk nachgehen darf (als da wären: Selbstherrlichkeit, Ansprachen an das gierige Volk via Zeitungsinterview, etc.).

Dennoch, aufgrund der zahlreichen, bösartigen und unangebrachten Anfeindungen, denen Hopp mal wieder ausgesetzt war, sah sich der SAP-Gründer gezwungen zu reagieren und erklärte den dümmlichen Fußballfans neben seiner menschlichen Größe auch noch das Funktionsprinzip seinesdes Traditionsvereins aus dem Kraichgau: Überraschenderweise macht die TSG seit Jahren gigantische Verluste, die Hopp „aus seiner Privatschatulle“ (kicker) begleichen musste. Damals, 2008, habe Manager-Talent Jan Schindelmeiser haufenweise Geld zum Fenster rausgeworfen, wovon unser Dietmar offensichtlich nichts mitbekommen habe. Die Quittung erhalte man jetzt und drum war der Verkauf von Gustavo so dringend: „Es sei eine wirtschaftliche Notwendigkeit, Spieler wie jetzt Luiz Gustavo zum FC Bayern München abzugeben, ‚wenn wir nicht den Entzug der Lizenz riskieren wollen‘.“

Einen Monat später scheint das alles vergessen: Hoffenheim überlegte Topverdiener Demba Ba bis 2013 auf der Tribüne sitzen zu lassen und inzwischen steht fest, dass Ryan Babel, seines Zeichens niederländischer Nationalspieler, den Angriff der TSG verstärken wird. Ablösesumme: 8 Mio. €. Kolportiertes Gehalt: 82.000 € pro Woche. Die Art von Spieler also, die man gut gebrauchen kann, wenn man nicht die Champions League anstrebt…

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
7 comments
  1. Alles richtig. Leider. Es ist zum heulen. Aber da wir anscheinend den Vollblinden Caio für 3-4 Millionen nach Moskau abschieben (das wär zu geil!), kann heute nichts mehr meine Stimmung eintrüben!

  2. Den Braafheid hat sich der Hopp ja auch noch direkt geschnappt. Strategie sieht anders aus.

  3. Passt doch. Junge Talente aus der Region. Im Ernst: ich fasse es nicht, wie man solche Sätze raushauen kann, während man gleichzeitig unfassbar viel Geld für Babel ausgibt. Was will der eigentlich?

  4. Eine klassische Nullung, dieser „Herr“ Hopp.

  5. Großartig übrigens auch wie in Wolfsburg gewirtschaftet wird. 2008 wurde Barzagli für 13 Millionen gekauft, jetzt wurde er für laut Videotext für 300.000 Euro verkauft. Da lacht der Schatzmeister.

  6. „[…] laut Videotext […]“

    Bist wohl im Web 3.0 zuhause?

  7. Web 2000! Minimum.

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