Auf die Marke einzahlen…

Dass Fußballvereine inzwischen zu mittelständischen Unternehmen geworden sind, ist kein großes Geheimnis. Ebenso bekannt ist, dass dem Otto Normalzuseher ein Fußballspiel allein scheinbar nicht mehr ausreichend Gelegenheit bietet, dem tristen Alltag zu entfliehen. Was deswegen her muss: eine Marketingkampagne. Und viel wichtiger noch: eine Corporate Identity inklusive Markenpositionierung.

Wie sich sowas dann anhört, kann man jetzt bei Borussia Dortmund aus erster Hand erfahren. Die Agentur XEO kümmert sich darum, dass der BVB jetzt auch in der Öffentlichkeit so wahrgenommen wird, wie sich die Herren Manager das wünschen. Das Ganze liest sich in etwa wie die Neuauflage von „Scheißgelaber für Dummies“, Hauptsache, der Schrott zahlt zu ungefähr 100% auf die Marke ein:

Das Motto „Echte Liebe“ sei entstanden aus dem Markenkern „Intensität“. Weitere Kernkompetenzen der Marke BVB seien „Echtheit“, „Bindungskraft“ und „Ambition“. Die entsprechende Positionierung lautet: „Der BVB ist das intensive Fußballerlebnis.“

Besonders gut gefällt mir dabei die innovative Erkenntnis, einen Stadionbesuch als „intensiv“ zu bezeichnen. „Weit aus dem Fenster gelehnt!“, möchte man den Tausendsassas von XEO da zurufen. Jeder, der schonmal ein Stadion besucht hat, weiß, wie schwer es ist, da soetwas wie Intensität zu erleben. Nach dem 5:0 vielleicht eine leises Raunen, eventuell noch ein Juchzen, wenn man aus einem 0:3 gerade ein 3:3 gemacht hat, gar ein „Super!“, wenn gerade der Aufstieg gesichert wurde, mehr geht da meistens nicht. Wenn es beim BVB allerdings derart intensiv zu geht und die Jungs auch noch ambitioniert sind, gerät man als durchschnittlicher Fan eines Vereins von Kartoffelbauern ins Grübeln: „Das nächste Mal vielleicht doch nach Dortmund fahren? Und im neuen ‚Echt‘ blättern? Klingt traumhaft!“

An dieser Stelle würde ich deswegen gerne Ideen für die restlichen Bundesligavereine sammeln, dann müssen diese nicht soviel Geld ausgeben und können sich trotzdem positionieren:

FSV Mainz 05 – Kernkompetenzen: Matchpläne, Fans, Frisuren – „BWL mit menschlichem Antlitz“

Bayer Leverkusen – Titel, Rudolf Völler – „Weniger müssen müssen“

Hannover 96 – ähh… – „Puuh…“

FC Bayern München – Fanatismus, Wurst, München – „Eigentlich mag ich die Bayern nicht, aber international bin ich schon für die, weil is wichtig wegen Deutschland und auch hier wegen UEFA-Koeffizient“

Turn- und Sportgemeinschaft 1899 Hoffenheim e. V. – Jugend, Region, Nachwuchsförderung – „Der sympathische Kreisligist mit Ambitionen“

Hamburger SV – Gründungsmitglied, seit 1963, ’schon immer dabei!‘, ’noch nie abgestiegen‘ – „Der Bundesligadino“ (kicker)

SC Freiburg – Volker Finke – „Der Verein, bei dem Volker Finke mal Trainer war“

Eintracht Frankfurt – Drogen, Hass und Kampfsport – „Komm doch!“

1. FC Nürnberg – Adolf Roth, Easy Credit, Mister+Lady Jeans – „Wir nehmen alles!“

Werder Bremen – Andreas Herzog, Johan Micoud, Carlos Alberto – „Stil vor Talent“

1. FC Kaiserslautern – Bauern, Prolls und Pferdewurst – „Willkommen in der Hölle!“

VfL Wolfsburg – VW, VW, VW – „Verein ohne Identität sucht willenloses Fanvieh ohne Lust auf längere Reisen.“

FC St. Pauli – Jung von Matt, Converse Allstar, Kaschmirschals – „Unsere Logen heißen Séparées!“

FC Schalke 04 – Kohle, Bergbau und Bescheidenheit – „Jetzt sind wir bereit für Real Madrid oder Barcelona.“

1. FC Köln – Konstanz und Karneval – „Die total verrückten Crazy-People aus der dauergutgelaunten Domstadt“

VfB Stuttgart – Weltstadt, Flair und Prominenz – „Ihre Sparkasse stellt sich vor.“

Borussia Mönchengladbach – Mir, scheiß, egal – „Vom Traditionsverein zur grauen Maus, wir wissen wie’s geht.“

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Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
8 comments
  1. Sehr, sehr lustig.

    Ich glaube immer mehr, dass Marketing – Entschuldigung, Dr. No. – ein Berufsfeld für Menschen ohne Talent, Ambition, und Ahnung von irgendwas , aber mit gutem Uni-Abschluss aus St. Gallen und Hang zum nervtötenden Bullshit-Bingo-Geschwafel ist. Besonders lustig, wenn es dann um einen Fußballverein geht. Denn im Gegensatz zu einer x-beliebigen verfickten „Marke“, bedeutet der halt ein paar Menschen irgendwas. Da wirds dann noch lächerlicher als bei Ergo.

  2. Die Kombination aus börsennotierter Verein und einer Stadionzeitung, die „Echt“ heißt, passt für mich nur bedingt zusammen. „Echt Kapitalistisch“? „Echt Unecht“ oder „Echt Echt“ worauf wollen die mit so einem schwammigen Begriff abzielen? Ich bin ratlos…

  3. Respekt, Schneider 3! Sehr geil!

  4. @Esleben: Die Positionierung ist nicht trennscharf genug, so dass der Markenkern nicht zielgruppengerecht aufgebrochen wird.

  5. Marketing heißt einfach, im VIP-Bereich so viel zu fressen und zu saufen wie nur irgendwie reinpasst.

  6. Das ist die beste Definition von Marketing, die ich jemals gehört hab.

  7. Die einzige!

  8. yo, marketing als subtil-erweiterung von tourrette ist immer mal wieder einen hammer wert. aber alles was recht ist, den club-markenkern hast du so nicht getroffen, mein lieber. bitte nochmal in rework, updaten.

    adiosus,
    f

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