Shame on you, Sat.1!

portraitfoto_klDass Jörg Dahlmann in diesem Block nicht nur höchstes Ansehen genießt, sondern darüber hinaus geradezu vergöttert wird, ist beileibe nichts Neues.

Seine ihm eigene Wildheit und Unangepasstheit, die er bei jeder sich bietenden Gelegenheit an den Tag legt, sind allen Blockstehern unter den 5 Freunden Leit- und Fixstern.

Jetzt ist ihm sein knallharter Journalismus indes zum Verhängnis geworden. Wie die Kollegen von der Jungle World und zahlreiche weitere Medien berichten, wurde Jörg Dahlmann von Sat1 aufgrund eines kritischen Interviews mit Louis van Gaal für einen Champions League-Spieltag intern gesperrt.

Da hat es doch tatsächlich ein Journalist gewagt, in der wattebauschgepolsterten Gelddruckmaschine Namens Champions League seiner beruflichen Bestimmung nachzugehen und kritische Fragen zu stellen. Im Friede-Freude-Eierkuchenwunderland des höchsten europäischen Wettbewerbs ist derlei Berufsethos scheinbar nicht gerne gesehen.

Lieber hat man wohl mikrofonschwingende Jubelperser, die die Trainer und Manager nach dem Spiel bewundernd anhimmeln und ihnen positive Fragestellungen auf dem Silbertablett präsentieren, um den sesselpubsenden Fans daheim einen Rundum-sorglos-Abend wie aus dem Bilderbuch zu präsentieren: „Herr van Gaal: 4:0 gewonnen, wie haben Sie das nur wieder hinbekommen, Sie alter Trainerfuchs? Lassen Sie uns bitte an Ihrer taktischen Meisterleistung teilhaben – natürlich nur, wenn Sie Zeit und Lust dazu haben, sonst zeigen wir einfach einen weiteren Werbeblock, kein Problem!“

Was sich auf den ersten Blick anhört wie ein schlechter Witz, zeigt leider, wie es mit dem Sportjournalismus derzeit bestellt ist. Gesucht sind scheinbar devote Ja-Sager und Schulterklopfer ohne eigenes Hirn und Herz, die dem Interviewpartner einen am besten im vor hinein bis ins Kleinste abgesprochenen Fragenkatalog soufflieren.

Und wie so häufig setzt Sat1 in diesem Niveaulimbo begeistert neue Akzente. Daher geht ein aufrichtiges „Shame on you!“ an den börsennotierten Sender aus Unterföhring, während wir Jörg Dahlmann respektvoll zurufen: Weiter so, alter Haudegen!

Wer sich das Interview anschauen möchte, wird hier fündig:

Fotoquelle: joergdahlmann.de/

Über den Autor: Don

Mag Bier und Heavy Metal genau so gerne wie Eintracht Frankfurt. Bis 5 Uhr in der Bochumer Pinte anzutreffen. Spinnt.

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7 comments
  1. Wie arm. Wobei ich am schlimmsten wieder mal Kerners Reaktion auf Dahlmanns Nachfragen finde.

  2. Unfassbar. Ich hoffe, mein Freund Jörg lässt sich davon nicht unterkriegen.

  3. @1: Was hat sich der Kerner denn wieder zurechtgestümpert?

  4. Herr Dahlmann zelebriert sich selbst und überzieht dabei das erträgliche Maß – das mit Berufsethos eines Sportjournalisten gleichzusetzen, den man jetzt „wegzensiert“, kann man wirklich nur mit „Vergötterung“ begünden. Mit der Realität hat das allerdings nichts zu tun. Die Realität ist die stete boulevardeske Provokation. Dem Irrtum Erliegen, man sei in der medialen Welt mehr als nur der Befrager und sich so selbst zum Star profilieren zu wollen, wird als Teil des Jobs mißinterpretiert. In dieser Reihe steht Jörg Dahlmann allerdings beileibe nicht alleine, Shame on you, sports reporters.

  5. @4: Ich sehe nicht, wo Dahlmann sich selbst profilieren soll. Das würde er wohl auch dann kaum schaffen, wenn er es drauf anlegen würde…;-)

    Das Interview ist eines seiner besseren und ich wünschte mir durchaus mehr kritische Fragen – sowohl von ihm, als auch von den sonstigen Speichelleckern von Sat.1, Sky und Co..

    Als Bayern-Sympathisant kann man das aber gerne auch anders (als Majestätsbeleidigung?) sehen. Wir machen ja schließlich aus unserem Subjektivismus auch keinen Hehl, insofern: Willkommen im Club!

  6. Der kritische Liebesbrief vom Goldschuh hat es damals treffend auf den Punkt gebracht. Der Dahlmann ist so oft so unfassbar unerträglich, vor allem wenn er seine lustigen Berichte macht, in denen er die Reaktionen von Zuschauern so bescheuert kommentiert. Aber irgendwie nimmt man ihm ab, dass er Fußball mag. Und das macht ihn auch wieder sympathisch. Der spinnt einfach ein bisschen. Und das Interview hat er wirklich mal ganz ordentlich gemacht. Besonders gut finde ich: „Dann entlasse ich sie jetzt.“

  7. Dahlmann steht für mich wie kein zweiter in Deutschland für die Unart, sich für das eigentliche Spiel überhaupt nicht zu interessieren – es geht immer nur um Boulevardthemen. Van Gaals Beziehung zu Gomez, van Gaals Beziehung zu Hoeneß… Er interessiert sich überhaupt nicht für eine Analyse des eigentlichen Spiels, sondern will nur die Schlagzeile für die morgige Bild-Zeitung aus den Trainern rauskitzeln. Manchmal frage ich mich bei Interviews wie dem obigen, wieso Trainer nach Spielen überhaupt noch Auskünfte geben.
    Ich will aber Dahlmann hier nicht als Bösewicht des deuschen Sportjournalismus hinstellen. Im Gegensatz zu vielen anderen Fragestellern ist er wenigstens noch kritisch, das stimmt. Dennoch finde ich nicht, dass man allzu große Lobeshymnen auf ihn anstimmen muss.
    Über seine Quasi-Suspendierung kann man auch streiten. Natürlich waren seine Fragen dreist, aber ein Journalist sollte auch das mal sein können. Hier muss Sat1 den eigenen Berufsethos nochmal hinterfragen, denke ich.

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