Jogi, befiehl, wir folgen dir!

Endlich! Endlich hat „Bundespräsident“ Wulff ein Einsehen und würdigt die herausragendsten Akteure dieses Landes: Joachim Löw und seine Rasselbande, die Otto-Fleck-Schneisen-Boys haben das große Bundesverdienstkreuz am Band mit Eichenlaub, vergoldet und verzinkt bekommen. Damit sind sie Teil einer illustren Runde voller Geistes- und sonstiger Größen. U.a. sind das: Andrea Berg (Komponistin), Hans Filbinger (Widerstandskämpfer), Vitali Klitschko (Politiker), Maria Furtwängler (Polizistin) und Johannes B. Kerner (investigativer Journalist).

Genau genommen gab es das „Silberne Lorbeerblatt“ für unsere Jungz und nur für den deutschen Super-Trainer den „Verdienstorden der Bundesrepublik“. Wir sollten das Team um Jogi Löw also eher mit Fritz Walter oder Franz Beckenbauer vergleichen. Kein Problem, schließlich wurde ja Vergleichbares geleistet. Also fast.

Viel wichtiger als die sportliche Leistung wiegt jedoch die integrative und repräsentative Leistung der Nationalmannschaft in Südafrika. „Bundespräsident“ Wulff fand dafür folgende warme Worte:

An der Begeisterung für diese Mannschaft zeigte sich, für die ganze Welt sichtbar, ein neuer, leichter und friedlicher Patriotismus, der, von niemandem verordnet oder gar befohlen, nahezu alle ansteckte, ähnlich wie beim Sommermärchen 2006.

Dieser „leichte Patriotismus“ äußerte sich auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen: Fröhliches Verkleiden, gemeinsames Feiern, entspanntes Fanmeiling, bunt geschmückte Kaufmannsläden oder rituelle Tänze.

Wer hätte vor zwanzig Jahren gedacht, wie sich heute eine Nationalmannschaft zusammensetzt. Unter den Spielern gibt es einen Arne, einen Thomas, einen Hans-Jörg – und einen Jerome, einen Sami, einen Mesut und einen Miroslaw. Und diese so bunte Mannschaft in Südafrika hat uns alle begeistert.

Schade, dass das alles schon wieder vergessen war, als ein durchschnittlich präzise arbeitender Klartext-Politiker mit der Abteilung für Hetze der BILD-Zeitung so gut zusammenarbeitete, dass er mit dem Verkauf seinen Thesen Millionär werden konnte. Und gleichzeitig in Berlin Überlegungen stattfanden, die Gelder des Bundes für den Kampf gegen Rechtsextremismus zu kürzen.

Der wahre Skandal ist jedoch, dass für das Andenken an einen Menschen wie Georg Elser jahrzentelang gekämpft werden muss, während es für einen Haufen jugendlicher Millionäre genügt, ein paar gute Fußballspiele unter der Sonne Südafrikas abzuliefern, um sich in den Geschichtsbüchern zu verewigen.

Aber wenigstens konnte sich die angeschlagene Bundeskanzlerin mal wieder im Lichte der beliebtesten Fußballmanschaft des Landes sonnen…

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
5 comments
  1. Tja, der Wulff wollte halt in seinen ersten Amtstagen direkt mal was machen, um einen guten Start zu haben. Da passte die WM sehr gut in seinen Terminplan.

    Und wenn man anfängt, darüber nachzudenken, wer diese Auszeichnungen so alles bekommen hat, wird man eh verrückt.

    Ich leg jetzt zur Beruhigung erst mal ne Andrea Berg-CD auf…

  2. Ich kann es ja immer noch nicht fassen, dass der Wulff wirklich Bundespräsident ist. Wahrscheinlich verbucht sein Pressestab die Verleihung unter „geil abgeliefert“. Kackladen, elender!

  3. Geil! Danke für diesen Artikel! Ich ärgere mich auch maßlos über diese Inflation an Auszeichnungen für FUSSBALLER, für FUSSBALLER. Hallo?

    Und der Wulff, das ist so eine Granaten-Vollwurst, das ist kein Präsident. Immer schön ins Kameralicht und von Integration und so reden. Hauptsache, man macht sich keine grundlegenden intellektuellen Gedanken über Staat und Gesellschaft über das politische Tagesgeschäft hinaus wie es sich eigentlich für einen Bundespräsidenten gehört. Nein, der Wulff hat wahrscheinlich nach Sarrazin gedacht. Oh ja, Integration könnte ja wichtig sein, dann verbrat ich dieses Thema mal schön in der Rede zur Deutschen Einheit. Meine Fresse. Köhler war der Anfang von Ende, jetzt geht es nur noch bergab mit diesem Amt.

    Wullf ist keine moralische Instanz oder ein Intellektueller, Wulff ist in meinen Augen ein biederer Reflexpoliltiker.

  4. Guru, Jawoll! Bessere Worte kann man nicht finden!

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