Danke, Jörg Berger

Als Fan von Eintracht Frankfurt ist man Jörg Berger besonders verbunden. Gleich zwei Mal rettete der Feuerwehrmann die Mannschaft vom Main vor dem sicher geglaubten Abstieg und sorgte 1999 mit vier Siegen in Folge und dem finalen 5:1 gegen den Champions League-Aspiranten Kaiserslautern (damals mit Ballack und Co. in seinen Reihen) für das dramatischste Abstiegsfinale aller Zeiten.

Am 23.06. diesen Jahres verstarb Jörg Berger nach längerer Krankheit an Krebs. Schon zur Zeit seiner Erkrankung veröffentlichte er seine Autobiographie „Meine zwei Halbzeiten“, die sich kurzweilig und spannend liest und die jeder Mensch, der sich für Fussball und/oder deutsch-deutsche Geschichte interessiert, gelesen haben sollte.

Beginnend mit der eigentlichen Flucht im Jahr 1979 aus Jugoslawien über Österreich nach Deutschland erzählt Jörg Berger in seiner ersten Halbzeit über sein Leben in der DDR. Auf eine glückliche Kindheit zwischen Straßenfußball und ersten Annäherungen an das weibliche Geschlecht folgt eine erfolgreiche Karriere im Fußball- und anschließend im Trainerbereich, bei der Jörg Berger immer häufiger sowohl auf attraktive Damen (der Begriff Womanizer trifft hier durchaus zu) als auch auf Grenzen und Behinderungen des DDR-Systems trifft. Und obwohl er nach eigenen Aussagen ein Privilegierter des Systems ist und über kurz oder lang Nationaltrainer geworden wäre, entschließt er sich zur Republikflucht, wobei er sowohl seine Eltern als auch seinen Sohn zurück lässt.

Im Westen angekommen wird es ihm allerdings auch nicht gerade einfach gemacht. Der DFB ist damals noch weit davon entfernt, ein offener Multi-Kulti-Verein zu sein und legt Berger nicht eben wenig Steine in den Weg. Aber auch seine West-Sozialisation gestaltet sich mitunter schwierig, da es in der DDR scheinbar weder Parkhäuser noch Transvestiten zu geben scheint. Und auch das Bevorraten mit Konservendosen kann Jörg Berger lange Zeit nicht ablegen, da man ja nie wisse, wann es das wieder in den Läden gibt.

Die Stasi hat nach wie vor ein Auge auf ihn geworfen und nimmt mehrfach mit ihm Kontakt auf. Und als diese Bemühungen nicht fruchten, versucht die Stasi ihn, wie auch schon andere Flüchtlinge, die im Westen Erfolg zu haben drohten, aus dem Weg zu räumen. Einen mutmaßlichen Giftanschlag überlebt Jörg Berger zwar knapp, allerdings besteht seitens der Ärzte auch die Vermutung, dass sein Krebsleiden, welches er zwischenzeitlich erfolgreich bekämpfen konnte, dadurch überhaupt erst ausgelöst wurde.

Auch die Einsicht in seine Stasi-Akten ist ein bewegender Moment, der einem die Engmaschigkeit und den langen Arm des Stasi-Apparates nur allzu deutlich vor Augen führt. So möchte man dem aktuellen weissrussischen Nationaltrainer Bernd Stange beim lesen am liebsten eine Bordsteinkante zum Frühstück servieren.

Im Winter 2007 ergibt eine Nachuntersuchung, dass der Krebs wieder zurück gekehrt ist und gestreut hat. Auf wiederholtes Nachfragen, wie viel Zeit ihm noch bliebe, sagt der Arzt schließlich, dass es durchschnittlich 2-3 Jahre wären. Seine Antwort: „Herr Professor, ich bin nicht der Durchschnitt.“. Und auch wenn Jörg Berger dieses Mal nicht recht behalten sollte, so ist seine Antwort zweifelsohne richtig.

Danke für alles, Jörg!

Bilderquelle: http://www.noows.de
Buch: Jörg Berger „Meine zwei Halbzeiten – Ein Leben in Ost und West“ (Rowohlt/rororo, 272 Seiten)

Über den Autor: Don

Mag Bier und Heavy Metal genau so gerne wie Eintracht Frankfurt. Bis 5 Uhr in der Bochumer Pinte anzutreffen. Spinnt.

Mag Bier und Heavy Metal genau so gerne wie Eintracht Frankfurt. Bis 5 Uhr in der Bochumer Pinte anzutreffen. Spinnt.
1 comment
  1. Hab’s endlich geschafft, das Buch zu lesen. In der Tat eines der besseren Bücher über Fußball!

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