Lieber Rolf Töpperwien,

heute ist Ihr letzter Arbeitstag. Nach 36 Jahren und exakt 1444 kommentierten Fußballspielen wollen sie sich zukünftig lieber um Ihren 4-jährigen Sohn kümmern, anstatt weiterhin durch Deutschlands Stadien tingeln. Im Alter von 60 Jahren ist das durchaus legitim. Sie haben dabei Höhen und Tiefen erlebt, waren dabei jedoch immer authentisch und in Ihrer Arbeit von einer Liebe zum und Faszination vom Spiel geprägt, wie man sie heutzutage nur noch selten findet.

Es gibt wenige Menschen, die ich schon immer mit Fußball verbinde. Unter den Spielern ist das vielleicht Clarence Seedorf, der spielt seit ich denken kann, unter den Fernsehkommentatoren sind das Sie. Das Highlight jeden Sonntags war es, die ZDF Sportreportage zu sehen und Ihren Spielberichte zu lauschen. Die Zuschauerzahl wurde bis auf den letzten Mann benannt, jeder vorgetragene Angriff von vor Informationen nur so überquellenden Wortkaskaden begleitet, jedes „Field-Interview“ mit der Ihnen so eigenen, seltsam kumpelhaften Begeisterung geführt.

Sie haben sich nie um Distanz bemüht, nein, Sie waren immer Fußballfan und werden es auch immer bleiben. Im Gegensatz zu den Herren Simon, Beckmann und Co. (die Bezeichnung „Kollegen“ würde Ihren Verdienst schmälern und die Leistung der Genannten überhöhen) empfand ich dies jedoch niemals störend. Man musste Ihnen einfach glaube, dass Ihnen der Kommentar zur Begegnung SV Meppen – FC Gütersloh genau so viel Freude bereitet, wie der eines Champions League Finales.

Sie sind für mich der letzte Vertreter der alten Generation, ein Relikt (dies ist NICHT despektierlich gemeint!) aus der guten alten Zeit. Einer Zeit ohne Sky, ohne Sebastian Hellmann und ohne die TSG Hoffenheim. Als Fußball noch in Stehplatzstadien in der Westdeutschen Provinz stattfand und ungewöhnliche Spielertypen noch keine Seltenheit waren. Aber ich gerate ins Schwärmen…

Diese Zeiten sind vorbei und werden auch nicht wiederkehren. Dennoch besitzt der heutige Nachmittag für mich den Charakter einer Zäsur. Mit Ihnen verlässt der letzte der „Alten“ die Fußballbühne, der letzte, der mich fußballerisch sozialisiert hat. Ich werde Sie vermissen…

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
19 comments
  1. Ich hab neulich ein schönes Zitat von Töpperwien gelesen. Das ging ungefähr so:
    „Ich werde manchmal in Talkshows als Fußballmoderator vorgestellt. Doch das bin ich nicht. Ein Fußballmoderator steht im Anzug im Studio. Ich bin Fußballkommentator. Ich stehe draußen, schwitze und trinke Bier.“

  2. Sorry, aber den passenderen Kommentar zur „Person“ Töpperwien, gab derwesten.de ab.
    http://www.derwesten.de/sport/sport-medial/Toeppis-letzter-Tag-am-Spielfeldrand-id3753195.html
    Nicht unerwähnt sollte jedoch meine absolut zustimmende Meinung zur „UNperson“ Steffen Simon bleiben!

  3. Ich mochte Töppi auch immer sehr gerne. Was der wohl machen wird, jetzt so am Wochenende? Auf jeden Fall ist er für mich das personifizierte Gegenteil der heutigen aalglatten Scheiss-Fressen-Riege des Fußballjournalismus.

  4. Naja, seine servile Art hat da einiges an Weg bereitet, Den Spleen mit den Zuschauerzahlen mag ich aber genau wie seinen absurden Versuch dänischer als die Dänen zu sein.

  5. Richtig ist: Töppi war schon immer da. Aber ich werde ihn nicht vermissen, denn seine Hemdsärmeligkeit, die mancher ja sympathisch finden mag, ging mir persönlich schon immer auf den Zeiger.

    Wie man auch nach über 1.000 Spielen Erfahrung immer noch so fahrig und unsicher agieren kann, bleibt das große Geheimnis des zündelnden Wiesbadeners.

    Ja, er war anders als der Rest (der natürlich zum großen Teil noch schlimmer ist), aber war er gut? Aus meiner Sicht nicht.

    Nichtsdestotrotz würde ich mir gerne mal einen mit ihm hinter die Binde kippen, denn ich glaube, er hat jede Menge zu erzählen, was man vor laufender Kamera nicht erzählen kann. Und so lange es beim Bier bleibt, kann auch die feuerfeste Unterhose im Schrank bleiben.

  6. Zitat aus seiner AUTO-Biographie:

    „Typen wie Rolf Töpperwien gibt es immer seltener auf der Mattscheibe zu sehen. Echte Fußballliebhaber, die ihren Beruf nicht als Business betrachten, in dem man schnell berühmt werden und oft auch viel Geld verdienen kann.“

    sowie

    „Viele merken erst jetzt, da Töpperwien wohlverdient in Rente gegangen ist, was die Bundesliga verloren hat. Er ist mit ihr erwachsen geworden und hat sie nun verlassen.“

  7. Respekt. Da schreibt noch einer von sich in der dritten Person.

  8. Stets ein untrügliches Anzeichen für Bodenhaftung…

  9. Der Typ hat ne Autobiographie rausgebracht?

    Hammer! Die ersten Amazon-Rezensionen lassen auf jeden Fall Großes erwarten: Da ist von viel Selbstlob die Rede.

    Brauch ich und stell ich dann neben die Autobiographie von Werner Lorant: „Wer Angst hat, verliert“.

  10. Und Stefan Effenbergs „Ich hab es allen gezeigt“.

  11. Die Verabschiedung von Töppi im Aktuellen Sportstudion war einfach nur eine Frechheit. Eine mehr als unverschämte, dazu noch völlig unlustige Laudatio von Dieter Nuhr. Naja, dass Nuhr völlig unlustig ist, wusste ich schon vorher, dass er es aber an Respekt fehlen lässt, hätte ich nicht gedacht. Aber Hauptsache, diese ASS-Moderatorin fand es amüsant.

  12. Ich kenne von Lorant nur: „Eine beinharte Story“

    @vollspann: Zum Thema ASS werde ich mich heute noch an dieser Stelle äußern, unerträglich ist kein Ausdruck…

  13. @13: Das Buch heißt in der Tat richtig: “Eine beinharte Story – Wer Angst hat verliert!“ Damit krieg ich jede rum.

  14. …sagt der Don, der den montäglichen Traumkick F95-VFL wegen seines Hochzeitstages absagen musste!

  15. Lass mich überlegen…

    – Filet statt Flanke
    – Salat statt Gegurke
    – Mozart statt Mob
    – alter Wein statt Alt
    – Frau statt Funkel

    Also alles richtig gemacht.

  16. …und mal wieder wenigstens in die Nähe des Strafraums gekommen, oder?

  17. Absolut, sonst lohnt der Aufwand doch kaum!

  18. Meine Güte, der Mann ist total selbstverliebt, mit wenig Fußballsachverstand! Er redet am Liebsten von sich und – wem es aufgefallen ist, er war der einzige Reporter, der bemüht war sich selbst ins Bild zu bringen!!! – Man, schön, daß er weg ist!!!!

Kommentare sind geschlossen.