Viereckige Augen mit Maradona und Webb

Fußballfreie Tage während der WM sind rar. Wer selbst an diesen Tagen nicht auf Fußball verzichten möchte, der könnte sich mit der zweiten DVD-Box aus dem Hause 11 Freunde behelfen. Sechs Filme – drei Dokumentationen, drei Spielfilme – rund ums runde Leder, in einer handlichen Box, käuflich zu erwerben.

Ich gebe zu, die letzte DVD-Box der 11-Freunde steht bei mir Zuhause rum, fristet aber ein relativ unangetastetes Dasein, denn: Fußball und Film ist eine zweischneidige Angelegenheit. Soviel Fußball, wie das Fernsehprogramm allein bietet, kann kein Mensch verkraften. Wieso sollte er sich dann in den Momenten, in denen der neue Rosamunde Pilcher über die Mattscheibe flimmert, auch noch mit Fußball beschäftigen? Zumal es einige Beispiele der Filmgeschichte gibt, in denen der dargestellte Fußball nicht ansatzweise an die Dynamik eines echten Spiels herankam, geschweige denn ähnlich spannend wäre. Gerne wird das eigentlich Spiel dann ausgeblendet, dient der Fußball nur als Aufhänger für eine größere Geschichte, die Fußballfan eher langweilt. Eine spannendere Geschichte als Blau-Weiß gegen Schwarz-Gelb, ohne vorher zu wissen wie es ausgeht, gibt es eben nicht. Bleibt also der Dokumentarfilm. Da gibt es in der Tat reichlich Auswahl an guten Filmen, zwei davon sind auch in der neuen 11-Freunde-Box enthalten.

D10S

Emir Kusturica, der Regieberserker aus Serbien (u.a Underground und „Schwarze Katze, weißer Kater“ gehen auf sein Konto), widmet sich in seinem Dokumentarfilm „Maradona by Kusturica“ dem größten Fußballer aller Zeiten. Kusturicas Ego ist mindestens so groß wie das von Maradona, deshalb lässt er den Film auch mit sich selbst und nicht seinem Protagonisten beginnen. Mit der Zeit wird Kusturica aber immer demütiger, sein Ego kleiner, und sein Respekt vor Maradona, dem verkappten Revolutionär, größer. Zwei Jahre lang ist Kusturica Maradona mit einem Filmteam hinterher gejagt, hat die exzentrische Kirche Maradons besucht, den Kicker nach Neapel begleitet, wo er wie der Messias empfangen wird, und mit Maradona gesprochen. Zum roten Faden wird dabei Maradonas Tor des Jahrhunderts gegen England, das Kusturica zur politischen Tat stilisiert, mit der ganz Argentinien eine späte Genugtuung für den Fackland-Krieg erfährt. Das strapaziert die Nerven etwas, vor allem weil der Film hier seinen dokumentarischen Gestus verlässt und mit einer halbherzig gestalteten und semi-witzigen Comic-Collage arbeitet.  Das kann man aber verschmerzen, dazwischen gelingen Kusturica nämlich sensationelle Bilder eines Menschen, der offenbar nicht viel zu lachen hat. Meist ist Maradonas Gesicht angespannt, seine Worte ernsthaft und bedeutungsschwer. Zu allem und jedem muss Diego eine Meinung haben, also hat er eben eine. Und sei sie auch noch so krude.

Der Pfiff des Tages

Was haben sich Schiedsrichter und Spieler eigentlich auf dem Feld zu sagen? Zumindest der Part, den die Schiedsrichter dazu beitragen, bekommt man in der preisgekrönten Doku „Referees At Work“ serviert. Das Headset, das die Unparteiischen inzwischen zur Kommunikation mit ihren Linienrichtern tragen (müssen), machts möglich. „Referees At Work“ begleitet fünf Schiedsrichter und ihre Assistenten während ihres Einsatzes bei der EM 2008. Die Dokumentation der französischen Filmemacher Jean Libon und Yves Hinant findet eindrucksvolle Bilder für das Miteinandern zwischen Spielern und Schiedsrichtern, zeigt aber auch wie groß der Druck für die Schiedsrichter ist, die nicht nur durch die Medien jederzeit kontrolliert werden können, sondern sich auch intern andauernd gegenüber Sympathen wie Volker Roth erklären müssen. Eine Fehlentscheidung und ein Turnier wie die Europameisterschaft kann für ein Schiedsrichterteam beendet sein. Eins gelingt der Doku freilich nicht: Die Beweggründe von Howard Webb, Roberto Rosetti oder Peter Fröjdfeldt zu verdeutlichen. Wieso entscheidet sich jemand dafür Schiedsrichter zu werden?

Neben den beiden Genannten findet man in der 11-Freunde-Box mit „Die besten Frauen der Welt“ und „Offside“ zwei Filme über Frauenfußball, den obligatorischen Hooligan-Beitrag liefert „Awaydays“ und mit „Spiel der Götter“ gibt es noch ein wenig Spirituelles oben drauf. Alle sechs Filme zusammen kann man u.a. hier kaufen, „Referees At Work“ gibt es auch einzeln zu erwerben.

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben unter Google+
2 comments
  1. Scheint so, als würde der WDR heute abend „Referees At Work“ unter dem Namen „Die Schiedsrichter“ zeigen. 22 Uhr gehts los.
    http://www.wdr.de/tv/diestory/sendungsbeitraege/2010/0607/index.jsp

Kommentare sind geschlossen.