Fußball als Wintersport

Selten war die Winterpause so kurz wie in dieser Saison. Kaiserslautern hatte das letzte Pflichtspiel der 1. und 2. Bundesliga am 21. Dezember 2009, Rückrundenauftakt war am 15. Januar 2010. Die kurze Winterpause hat mehrere Gründe. Einerseits gilt vor einer Weltmeisterschaft eine vierwöchige Schutzsperre für Spieler. Andererseits belegt das TV-optimierte Champions League Finale den 22. Mai. Außerdem sorgt das DFB-Pokalfinale für ein weiteres bundesligafreies Wochenende.

Was diese Regelungen in erster Linie deutlich machen, ist die Priorisierung der einzelnen Wettbewerbe durch die verschiedenen Verbände. An oberster Stelle steht hier ganz klar die WM. Reichweite, Sponsoren- und TV-Gelder sind hier am höchsten. Allein bei der WM 2006 in Deutschland gaben die Fans 2,86 Milliarden € aus. Da macht es natürlich „Spaß, DFB-Präsident zu sein“.

Internationale Wettbewerbe wie die Champions League machen den zweitgrößten Teil des Kuchens aus. Sowohl für Vereine wie den europäischen Verband UEFA lassen sich hier Jahr für Jahr ordentliche Summen verdienen. Um diese Kuh noch ein wenig stärker melken zu können, wurde das Champions League Finale diese Saison erstmals auf einen Samstag verlegt.

Letztendlich müssen die nationalen Ligen hintanstehen. Das heißt, dass dieses Jahr zahlreiche Spiele im Winter, bei Minusgraden und schlechtem Wetter stattfinden bzw. stattgefunden haben. Oder auch nicht. Betrachtet man nämlich die Spiele unterhalb der 1. Bundesliga und ihren zahlreichen „Arenen“ wird einem schnell klar, dass hier entweder nicht mitgedacht oder (wahrscheinlicher) Ausfälle bewusst in Kauf genommen werden. In der 2. Bundesliga wurden am 20. Spieltag (Ende Januar) zwar „nur“ zwei Partien abgesagt, der Spielbetrieb in der 3. Liga hingegen gerät langsam aber sicher zur Farce. Am 22. Spieltag gab es acht Absagen, am 23. Spieltag zwei Absagen, am 24. Spieltag sieben, am 25. Spieltag vier und am 26. Spieltag immerhin noch drei Absagen. Das führt dazu, dass derzeit Osnabrück (Absteiger aus der 2. Liga mit der entsprechenden Infrastruktur) mit 24 absolvierten Partien (am 26. Spieltag wohlgemerkt) ganz vorne steht. Werder Bremen II hingegen hat nach 20 Spielen einen Punkt weniger geholt als Wehen-Wiesbaden (wer braucht diesen Verein nochmal..?) in 23 Partien erreichen konnte. Die Folge: Bremen II steht auf einem Abstiegsplatz, Wehen-Wiesbaden nicht.

Überhaupt Werder Bremen II: Man ist ja fast geneigt darüber zu lachen, dass diese Mannschaft 2010 noch kein einziges Spiel absolviert hat. Mit dem Spiel dieser Woche ist das nun die siebte Spielabsage hintereinander. Abgesehen davon, dass die sogenannten zweiten Mannschaften inzwischen in erster Linie dafür genutzt werden, Profis aus der ersten wieder „an die Mannschaft heranzuführen“, sind von den Spielabsagen auch Vereine wie Dynamo Dresden oder die Kickers Offenbach betroffen, die oftmals mehr als nur 200 Fans zu einem Spiel mitbringen. Nachholtermine für solche Spiele finden dann bevorzugt unter der Woche statt, sodass Auswärtsfahrer (mal wieder) vor der Wahl stehen: Urlaub nehmen oder Spiel verpassen.

Das spielt allerdings keine entscheidende Rolle. Im Vergleich zu den Millionenbeträgen, die in der Champions League verdient werden und im Vergleich zu den „Fans“, die sich für die WM interessieren, bilden so ein paar Fußballprolls, ihre gekauften Biere und Bratwürste, ihre lächerlichen 6 €-Stehplatzkarten und ihr Rumgegröhle natürlich nur eine vernachlässigbare Größe…

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
2 comments
  1. Tatsächlich hast du es ja im letzten Absatz treffend zusammengefasst: Ein paar Fans von Wehen Wiesbaden SIND unwichtiger als das größte Sportereignis der Welt bzw. das wichtigste Spiel auf Vereinsebene.
    Dass wir ausgerechnet im WM-Jahr den härtesten Winter seit Menschengedenken (zumindest wenn man ein löchriges Gedächtnis wie meins hat) mitmachen, kann man wohl wirklich nicht Dr. Zwanziger anlasten, es seid denn man ist ein Fan von Verschwörungstheorien vom Schlage „die wetterbedingten Ausfälle sind eine Strafe Gottes dafür, dass die Schiris alle schwul sind“.

    Fazit: Auch wenn ich Theo gerne so viel wie möglich anlaste, hier war er ausnahmsweise mal schuldlos.

  2. Das find ich jetzt auch nicht so dramatisch. Man kann halt nie wissen, ob es Mitte Januar oder Ende Februar richtig schneit.

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