Eigenwillig, aber nie eigensüchtig

Günther EichbergDonnerstag, der 23.04.2009. Schönstes Fussballwetter und am Abend steht ein besonderes Highlight auf dem Programm: Der, zumindest im Ruhrgebiet bereits legendäre, Scudetto-Abend hatte einen besonderen Leckerbissen zu bieten: Günter Eichberg, der „Sonnenkönig von Schalke“ (wie ihn die Bild-Zeitung einstmals titulierte) konnte als Gast gewonnen werden und Kollege Pierre, bekennender Schalker und fußballkulturinteressierter Tausendsassa, lud mich zu dieser Veranstaltung ein.

Nach einem überaus leckeren Wiener Schnitzel mit Pommes im Chefgrill an der Hattinger Straße (eine ganz klare Empfehlung an alle Fast Food-Begeisterten: große Portionen und kleine Preise!) ging es direkt zum Freibeuter ins Bermuda-Dreieck, wo der Scudettoabend stattfand. Günter Eichberg war bereits vor Ort und brachte sich mit Weißwein in Schwung. Flugs sicherten wir uns beste Plätze direkt an der kleinen Bühne und wenig später ging die Zeitreise in die Jahre 1989-1993 auch schon los.

Und was wir in den kommenden zweieinhalb Stunden so alles vernehmen konnten, trieb uns einerseits die Lachtränen in die Augen, ließ uns aber gleichzeitig auch ungläubig staunen, wie vor noch gar nicht allzu langer Zeit Profi-Fußballvereine „geführt“ wurden (von „managen“ kann da nicht die Rede sein).

Da war zum Beispiel die Verpflichtung des berühmt-berüchtigten Stürmers Bent „Trabi“ Christensen, einer der bis heute umstrittensten Transfers auf Schalke. Christensen hatte im Vorfeld seiner Verpflichtung durch zahlreiche Treffer im Uefa-Cup für Furore gesorgt und Brøndby IF hatte daher mehrere Angebote aus dem Ausland vorliegen. Das konkreteste und zugleich unterschriftsreif vorliegende Angebot stammte von der Frankfurter Eintracht, deren Manager Hölzenbein den Stürmer, der Frankfurt 1990 fast im Alleingang aus dem Uefa-Cup geschossen hatte, unbedingt haben wollte.

Eichberg, ebenfalls an Christensen interessiert, fuhr nach Kopenhagen und bearbeitete die Brøndby-Verantwortlichen so lange, bis die ihm den Frankfurter Vertrag zeigten. Brøndby war sich mit Frankfurt quasi einig, einzig und allein die vereinbarte Ratenzahlung störte die Dänen. Da machte Eichberg kurzerhand Nägel mit Köpfen und bot Brøndby denselben Vertrag, nur mit der bevorzugten Barzahlung an. Praktischerweise nutze man zur Fixierung auch gleich den vorliegenden Vertrag der Eintracht, strich überall Frankfurt durch und ersetzte den Namen handschriftlich durch Schalke. Auch die Ratenzahlung wurde gestrichen und durch die gewünschte Barzahlung ersetzt. Ein Geldbote überbrachte sodann die geforderten fünf Millionen Euro Ablöse. Genutzt hat dieser Husarenstreich allerdings wenig, da Christensen als einer der größten Flops der Schalker Geschichte einging (gerade einmal sechs Treffer in zwei Spielzeiten).

Bei einem anderen Transfer ging es ähnlich unkonventionell zu: Die Verpflichtung des Bayern-Stürmers Radmilo Mihajlovic wurde in der Münchener Wohnung eines Verwandten von Eichberg besiegelt. Der Spieler wurde hier durch Eichberg bearbeitet, während Uli Hoeness (den Eichberg als Manager und Mensch in höchsten Tönen lobte!) und Bayern-Präsident Scherer telefonisch immer wieder versuchten, Störfeuer zu legen. Irgendwann wurde es Eichberg zu bunt und er unterband die Telefongespräche zwischen der Vereinsführung und dem Spieler. Es ging einzig und alleine noch um das Handgeld, wo beide Seiten „noch eine ganze Ecke“ auseinander lagen. Nach längeren Verhandlungen reichte es Eichberg und er unterschrieb den vorliegenden Vertrag, wobei das Handgeldfenster noch blanko verblieb und sagte zu Mihajlovic: „Für mich ist der Vertrag durch. Ich gehe jetzt auf die Toilette und wenn ich wieder rauskomme, hast Du hier das Handgeld eingetragen, das Du haben willst!“. Gesagt, getan. Erfreut nahm Eichberg zur Kenntnis, dass der Spieler bei der Summe wesentlich näher bei Eichbergs Vorstellungen lag, als bei dem ursprünglich von Mihajlovic geforderten Betrag. Erfreut und handelseinig ging man auseinander. Erst Tage später bemerkte Eichberg, dass Mihajlovic die zu leistende Handgeldzahlung in Dollar notiert hatte…

Auch der Verpflichtung von Trainerfuch und Doppelpass-Dauertalker Udo Lattek ging ein ausgiebiges Werben von Eichberg voraus, denn Deutschlands erfolgreichster Trainer hatte mit seiner Karriere eigentlich schon abgeschlossen. Letztendlich gelang es Eichberg dann doch, ihn zu überzeugen, wobei das bis heute kolportierte Gerücht, Udo Lattek würde den Job kostenlos machen, dann doch nicht so ganz stimmte. „Quasi kostenlos“ sagte Eichberg zu Beginn seiner Ausführungen, um dann letztendlich doch den wesentlichsten Vertragsbestandteil zum Besten zu geben: Lattek erhielt für seine Tätigkeiten 1 DM pro Heimspielbesucher des damaligen Parkstadions…

Auch unschönen Erinnerungen ging Günter Eichberg an diesem Abend nicht aus dem Weg. So erzählte er neben all den lustigen Anekdoten auch von den Vorfällen vor dem Uefa-Cup-Endspiel 1997 in Mailand. Eichberg saß mit seiner Familie im Taxi und fuhr hinter dem Pressetross her, als er von Schalker „Fans“ erkannt und aus dem Taxi gezerrt wurde. Sofort wurde er mit Schlägen und Tritten traktiert und erlitt mehrere Kopfwunden. Gemäß Eichberg ist es einzig und alleine Reinhold Beckmann (!) zu verdanken, dass es nicht zum Schlimmsten gekommen ist. Dieser war Teil des Pressezuges und kam Eichberg sofort zu Hilfe, indem er ihn vor den aufgebrachten Fans schützte und in seinen Wagen lotste. Auch wenn Beckmann als Journalist kaum zu ertragen ist, hier hat er in hohem Maße Zivilcourage bewiesen. Chapeau! Da Eichberg äußerlich reichlich lädiert war, wollte er das anstehende Spiel nicht mehr live besuchen und auch hier zeigte sich Beckmann als Retter in der Not: Er bot Eichberg sein Hotelzimmer an, dass direkt am Stadion lag und so konnte er das Spiel am TV verfolgen und gleichzeitig die tobende Kulisse durch das offene Fenster hören.

Und so ging es den ganzen Abend von Annekdote zu Annekdote. Von Verbitterung keine Spur, und die hätte man durchaus erwarten können, denn immerhin steckte Eichberg einen Großteil seines Vermögens in den Club, was letztendlich auch der Anfang vom Ende seiner Privatkliniken war. Eigenwillig sei er durchaus gewesen, so Eichberg, aber nie eigensüchtig, wie ihm häufig von der Presse unterstellt worden sei. Einen kleinen Eindruck von der urigen Gemütlichkeit und Authentizität Eichbergs kann man sich unter folgendem Link machen: Günter Eichberg live am 23.4.2009

Kollege Pierre zechte im übrigen noch bis 1h nachts zusammen mit Günter („Natürlich auf seine Kappe!“) und fällte das einzig mögliche Fazit: „Was für ein geiler Abend!“

Bilder- und Videoquelle: www.scudetto.de

Über den Autor: Don

Mag Bier und Heavy Metal genau so gerne wie Eintracht Frankfurt. Bis 5 Uhr in der Bochumer Pinte anzutreffen. Spinnt.

Mag Bier und Heavy Metal genau so gerne wie Eintracht Frankfurt. Bis 5 Uhr in der Bochumer Pinte anzutreffen. Spinnt.
4 comments
  1. Wenn du Fotos von dem Abend haben möchtest (Eichberg mit Schiff) ;-) melde dich… habe ein par schöne geschossen…

  2. Sehr gerne! Mail ist raus!

  3. Als ich das im Videotext gelesen hab, hab ich nur gesagt: Geil!

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