Die Selbstgefälligkeit des Nicht-Abstiegs

Quelle: www.weltfussball.deDer VfL Bochum ist schon seit einigen Spieltagen so gut wie gesichert. Momentan sind es 11 Punkte Abstand auf einen Abstiegsplatz – unwahrscheinlich, dass da noch etwas passiert. Die Saison ist also gelaufen. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, dass sich die Spieler etwas zurücklehnen und nicht mehr mit dem letzten Einsatz spielen, als ginge es um Leben und Tod oder gar noch mehr. Das Problem dabei ist, dass sich die Zuschauer im Stadion diese an den Tag gelegte Pomadigkeit anschauen müssen. Wie auch heute beim Spiel gegen den MSV Duisburg.

1:1 endete die Partie im Ruhrstadion. Ein Ergebnis, mit dem man beim VfL Bochum, betrachtet man den Spielverlauf, durchaus zufrieden sein kann. Die Sportjournalisten werden wahrscheinlich von einem glücklichen Punktgewinn reden. Denn eigentlich waren es die Duisburger, die für ihren couragierten Auftritt Punkte verdient gehabt hätten, und zwar auch drei Stück. In der Defensive agierte Duisburg sehr kompakt und taktisch klug und wenn doch mal etwas durchkam, so war der bärenstarke Tom Starke auf dem Posten. Nach vorne gefielen sie durch gute Kombinationen (allen voran Ishiaku), mit denen sie immer wieder gefährlich vor dem ebenfalls sehr starken René Renno auftauchten.

Ganz anders der VfL: Keine Laufbereitschaft, keine Bewegung. Von den ersten 5 und den letzten 10 Minuten einmal abgesehen, legten die Spieler in Blau eine Ideen- und Lustlosigkeit an den Tag, dass man sich meist nur mit Grausen abwenden konnte. Fehlpässe en masse und so gut wie keine Torchancen. Lediglich Renno, Bönig, Pfertzel, Sestak und mit Abstrichen Epalle war anzumerken, dass sie unbedingt wollten. Der Rest war so dermaßen schwach, dass man sich ein hartes Straftraining mit Medizinbällen am Sonntag Vormittag wünschen würde. Und wenn bei circa 15 Bochumer Ecken nicht eine einzige nur ansatzweise gefährlich ist, dann sollte vielleicht auch hier ein leichter Trainingsanreiz gesetzt werden.

Darüber hinaus ist das taktische Geschick von Marcel Koller in diesem Spiel zumindest zu hinterfragen: Sestak musste sich in der 1. Halbzeit im Mittelfeld aufreiben und viel Defensivarbeit verrichten. Kein Wunder, dass von ihm keine Torgefahr ausging. Wie kann man sich nur seiner schärfsten Waffe selbst berauben und dafür einen Spieler wie Benjamin Auer nach vorne stellen, der von seinem gefährlichen Kopfball zu Beginn einmal abgesehen, ein Bild des Jammers abgab. Bitte die elementaren Fußball-Grundfertigkeiten „Passen“ und „Stoppen“ noch einmal üben. „Da lach ich mir doch den Arsch ab“ (T. Doll) und kündige hiermit an, ihn endlich einmal aus meinem Kicker-Team zu nehmen.

Auch Marcin Mieciel vorne in der Raute spielen zu lassen, war eine schlechte Idee. In keiner Sekunde konnte der Pole die ihm zugewiesene Rolle ausfüllen. In der 2. Halbzeit spielte Sestak im Sturm und machte am Ende auch sein Tor. Dieser Mann soll gar nicht groß nach hinten arbeiten, er soll Tore schießen. Auch mit der Hereinnahme von Epalle wurde es etwas besser. Seltsam, warum er nicht von Anfang an auf der Position von Mieciel randurfte. Ein absoluter Totalausfall war Oliver Schröder. Er tat es seinen meist indisponierten Kollegen mit ideenloser Spielweise gleich, trug jedoch bestimmt ganz entscheidend zur hohen Fehlpassquote der Bochumer bei. Grausam.

Insgesamt ist das Unentschieden für die Bochumer schmeichelhaft; den Duisburgern wird es jedoch kaum weiterhelfen. Verdient hätten sie die 3 Punkte allemal, ihr häufiges Zeitspiel sollten sie sich jedoch abgewöhnen. Das will keiner sehen und bei der Betrachtung des Spiels wünschte man sich mehrmals sehnlichst, dass sich endlich mehr Mannschaften vom angeblichen Fair-Play-Gedanken des sinnlosen Ball-ins-Aus-Schlagens abwenden. Espanyol Barcelona hätte die Duisburger Sperenzchen sicher nicht mitgemacht. Und noch ein Wort zu Markus Merk: Etwas weniger Kleinlichkeit würde auch kurz vor Karriereende gut tun. Der VfL Bochum dagegen täte gut daran, sich nicht ganz so selbstgefällig am Erfolg des Klassenerhalts zu weiden und am besten schon nächste Woche bei den geliebten Ost-Westfalen wieder mit dem Fußballspielen zu beginnen. Für die Duisburger bleibt der Trost, durch ihr Tor zum 0:1 bestimmt beim „Tor des Monats“ teilnehmen zu dürfen.

Bildquelle: www.weltfussball.de

Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.
12 comments
  1. Tja, das kann ich alles so unterschreiben. Duisburg aus meiner Sicht klar die bessere Mannschaft, auch nach der Führung sehr offensiv ausgerichtet, attackierte mit drei Mann in der Bochumer Hälfte und verhinderte damit nahezu das Bochumer Aufbauspiel. Den Gegentreffer hat sich Duisburg allerdings selbst zuzuschreiben, denn Sestak hatte zuvor bereits zwei ähnlich gute Chancen. Den Mann darf man nicht so frei zum Kopfball kommen lassen.

    Die zwei Punkte werden Duisburg am Saisonende sicherlich noch große Schmerzen bereiten, aber sie hatten einige sehr gute Möglichkeiten, das 2:0 zu machen. Hiermit wurde allerdings fahrlässig umgegangen.

    Der Support der Duisburger Fans war bis zum Ausgleich sehr ordentlich, danach war es dann aufgrund des Schockzustandes bis zum Ende fast komplett still.

    Ishiaku wird sicherlich auch in der nächsten Saison in der BuLi spielen, da bin ich mir sicher.

  2. Auch von mir Zustimmung für diesen Spielbericht.

    Das Problem ist einfach die völlige Kreativlosigkeit des Mittelfelds. Klar, Zdebel, Dabrowski und Imhof können in der Defensive wichtig sein, aber wenn alle drei spielen, ist von Offensivaktionen des Mittelfelds nicht auszugehen.
    Da muss dringend der Hebel in der nächsten Saison angesetzt werden.

    Ich hoffe, Ono wird dann richtig fit und bekommt noch nen zweiten kreativen Spieler an die Seite gestellt. Dazu dann 2 der 3 oben genannten, und vorne Hashemian statt des hüftsteifen Auer.

  3. Tut mir leid für alle VfL-Fans, aber ich glaube, Bochum ist einfach nicht besser
    Dem MSV blieb ja gar nichts anderes übrig, als besser zu sein als der VfL.

  4. War in dieser Spielrunde bei allen Heimspielen dabei, und habe echt gute Spiele gesehen. Das sich die Mannschaft mal ein schlechtes Spiel gönnt verzeihe ich ihr. Es gibt nur noch ein wichtiges Spiel und da wird Bochum dem SV Werder Bremen zum Tabellenplatz zwei verhelfen.

  5. Ich stimme Vollspann zu. Die Bochumer spielen in dieser Saison eher über als unter ihrem Limit, sprich: ein solches Spiel wie gegen Duisburg ist normal. Ich habe sie einige Male gesehen in dieser Saison und beeindruckt hat mich das nicht.

    Ich glaube auch, dass es für die Bochumer nächste Saison eng werden könnte. Je nachdem, welche Transfers noch kommen.

  6. Tja, ich hab leider nichts vom Spieltag sehen können, da ich im Ausland verweilt habe, aber als MSV-Fan ist das Unentschieden halt weder Fisch noch Fleisch und doppelt bitter, wenn man sieht, dass die drei anderen Abstiegskandidaten (Cottbus kann man ja fast schon rausnehmen) auch nicht gewonnen haben und es bei einem Sieg nur noch 1 Punkte zum rettenden Ufer gewesen wäre.

  7. Ich hab in dieser Saison auch ziemlich viele Heimspiele gesehen und ich muss sagen, dass die Bandbreite halt groß war: Es gab richtig gute Spiele und auch wieder richtig grottige. Aber insgesamt ist die Mannschaft doch irgendwie gefestigt, da sie sich eigentlich so gut wie nie abschlachten ließen. Und klar, mit dem Tabellenplatz und dem frühzeitig gesicherten Klassenerhalt kann man in Bochum voll zufrieden sein.

  8. Das die MSV Fans ein bisschen traurig sind weil sie bald wieder prickelnden Zweitligafussball erleben dürfen ist ja klar! Bezeichnend finde ich es das der VfL mit der miserabelsten Leistung der kompletten Saison trotzdem einen Punkt gegen einen MSV holt, für den es um ALLES geht!
    Um die Bochumer Mannschaft abschliessend beurteilen zu können sollte man übrigends mehr als nur „ein paar Spiele“ gesehen haben! Die mit Imhof Dabrowski und Zdebel extrem defensiv orientierte Mittelfeldraute lässt natürlich keinen Kombinationsfussball ala Barca zu, aber macht Bochum zu einer sehr unangenehm zu spielenden Mannschaft. Das kann man ja auch ohne Probleme an den erzielten Ergebnissen erkennen. Mit Ono und evtl auch Azaouagh ist Bochum im MF auch kreativ für die nächste Saison gut aufgestellt.
    Duisburg ist und bleibt für mich Abstiegskandidat Nr.1! Tut mir leid das sagen zu müssen, aber wer es noch nichteinmal schafft einen unmotivierten, von Verletzungspech gebeutelten, völlig neben sich stehenden VfL zu schlagen, hat halt in der Bundesliga nichts zu suchen.

  9. Klar, als Tabellenletzter mit 3 Punkten Rückstand und noch Spielen gegen Bayern und Leverkusen ist man das wohl automatisch. Andererseits war die Mannschaft in dieser Saison immer dann stark, wenn sie niemand auf der Rechnung hatte, zum Beispiel ganz am Anfang in Dortmund oder in Bremen und Hamburg. Darauf baue ich jetzt in den Heimspielen gegen Leverkusen und Bayern. Außerdem haben sind die Bayern schon Meister, wenn sie am 33. Spieltag nach Duisburg kommen und haben eventuell das UEFA-Cup-Finale im Kopf.
    Das wichtigste Spiel wird in Nürnberg am 32. Spieltag stattfinden. Wer das verliert, steigt ab. Naja, und am letzten Spieltag gehts nach Frankfurt, für die es dann um nix mehr geht.
    Außerdem hat der MSV das beste Torverhältnis der vier Abstiegskandidaten.
    Also Ihr seht, so ganz hab ich die Hoffnung nicht verloren. :-)

  10. Also Azaouagh sollte unter allen Umständen gehalten werden. Denn allein auf Ono als Kreativkraft zu vertrauen ist in etwa so sinnvoll, als wenn Frankfurt alleine auf Weissenberger setzen würde (was die Verletzungsanfälligkeit angeht).

  11. „Der Kommentar, der Bessere solle gewinnen, ist doch der verlogenste Spruch, den es im Sport überhaupt gibt.“
    Volle Zustimmung.

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