Leider nicht vom Aussterben bedroht

RauchschwalbeVergangenen Sonntag, die Glasgow Rangers stecken mitten in einem packenden Match gegen Dundee United. 3:3 steht auf der Anzeigentafel und Stürmer Kris Boyd sieht sich gezwungen, zum Äußersten zu greifen. Boyd zieht an Dundees Abwehrspieler vorbei und – fällt. Einfach so! Wie vom Blitz getroffen.

Der Tatbestand ist klar: Täuschung heißt das Delikt, die Beweggründe sind nieder, die öffentliche Ächtung für den „Diver“ entsprechend groß. Jürgen Klinsmann, bald Trainer von Bayern München weiß ein Lied davon zu singen, hatte er doch zu Beginn seiner Karriere bei den Tottenham Hotspurs gegen das Image des Schwalbenkönigs zu kämpfen. Wie so oft gelang es Klinsmann seine Kritiker zu überzeugen und wenige Jahre später wurde er zu Englands Fußballer des Jahres gekürt.

Wesentlich schlechter ging es einem anderen Schwalbenkönig. Andy Möller legte mit seiner unwürdigen Schwalbe gegen Winnie Schäfers KSC den Grundstein zu einer beispiellosen Karriere, in welcher der „Frankfurter Bub“ (bestimmt Steffen Simon) Attribute wie „Heulsuse“ oder „Schwalben-Möller“ sammelte wie andere Panini-Bildchen. Besonders viel Misskredit brachte Möller die Aussage ein, dass er bei jedem anderen Trainer zum Schiedsrichter gegangen wäre und sein Vergehen gemeldet hätte. Nur eben bei Winnie „Leider nicht die Axt“ Schäfer nicht. Möllers Täuschung jedenfalls war von Erfolg gekrönt, Dortmund schaffte durch den verhängten Elfmeter den Ausgleich, drehte im Anschluß die Partie und Möller schuf die Ur-Schwalbe der Bundesliga.

Eine völlige neue Form der Schwalbe führte Düsseldorfs derzeitigter Trainer Norbert Meier ein. In Diensten des MSV Duisburg ka es zu jenem denkwürdigen angetäuschten Kopfstoß mit anschließend eingesprungener Schraube gegen Frisuren Ali Streit, auf die (und den) hier schon desöfteren referenziert wurde.

Das „Paradies“ der Schwalbenkönige befindet sich indes jenseits der Alpen, Sympathen wie „Pippo“ Inzaghi haben hier der Schwalbe zu ganz neuen Qualitäten und Wendungen verholfen. Ungekrönter Schwalbenkönig ist mit seiner Aktion im Spiel gegen Celtic Glasgow (Koinzidenz der Ereignisse) jedoch Alberto Gilardino, ein Stürmer, der seit einigen Jahren sein außerordentliches Talent verschlampt und mit billigen Täuschungsveruschen zu glänzen sucht. Eine Verschwendung sondersgleichen, wenn man sich vor Augen hält, auf welchem Niveau dieser Mann bei der U21-EM in Bochum kickte, während der damalige Trainer der italienischen Auswahlmannschaft, Giovanni Trapattoni, auf den guten Gilardino verzichtete. Wahrscheinlich ist Gilardinos Fallsucht seine späte Rache am Totengräber des offensiven Fußballs.

Generell fragt man sich, was in dem „ein oder anderen“ (R. Völler) Spieler vor sich geht, wenn er sich entscheidet das Fairplay mit Füßen zu treten und ein Täuschungsmanöver einzuleiten. Niemand hat etwas gegen ein zünftiges, ja hartes Foul einzuwenden, aber eine Schwalbe ist an Niedertracht und Falschheit nicht mehr zu übertreffen und deshalb jener Tag als Feiertag anzusehen, an dem es heißt: Die Schwalbe: ausgestorben in den Fußballstadien dieser Welt.

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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27 comments
  1. Wie wahr, wie wahr.
    Ist ein endloses Thema, über das ich mich endlos aufrege könnte. Gestern erst wieder bei Gladbach-Köln der lächerliche Elfmeter.

    Was mir in den letzten Jahren immer mehr auffällt ist, dass die Schwalbe auch bei Abwehrspielern in der eigenen Hälfte bei Defensivsituationen in Mode kommt und so gerne mal der Angriff des Gegners unterbunden wird. Vor allem, wenn der Abwehrspieler in irgendeiner Form eingekesselt wird und sich nicht mehr zu helfen weiß, fällt er immer häufiger. Siehe MSV-Cottbus (Okay, da bin ich vielleicht auch parteiisch ;-) )

  2. Die Schwalbe von Möller bleibt für mich immer noch die übelste. Weil sie so perfide und perfekt geschauspielert ist.
    Die von Boyd und Gilardino sind ja so absurd, dass der Schiri das natürlich sieht.
    Bei Möller hat man das als Schiri schwer sehen können. Vor allem eben von der Stelle, an der er stand. Denn das hätte vom Bewegungsablauf durchaus ein Foul sein können.

  3. Ich finde die von Adriano ziemlich wiederlich.

    http://www.youtube.com/watch?v=l6kHpIOt3CQ

    Man kann nur hoffen, dass das mit der Spielsperre stimmt. Wer wollte nochmal rosa Karten für Schwalben einführen?

  4. @3: In der Tat, die is eklig.

  5. Also die Ur-Schwalbe hat ja wohl Hölzenbein im WM-Finale 74 gegen Holland hingelegt. Da hat der gute Andy noch mit der Rassel um den Weihnachtsbaum getanzt.

    Und ein Schwalben-Artikel ohne die Nennung des Obersympathen Jarolim ist per se unvollständig.

  6. Ja, der Hölzenbein. Nicht der erste WM-Titel den Deutschland einer Schwalbe zu verdanken hat …

  7. Naja „verdanken“… Klassischer Fall, indem man differenzieren muss zwischen „Ursache“ und „Auslöser“ :-)

  8. Seh ich auch so. Dass der Klinsmann da fällt, kann man ihm nicht zum Vorwurf machen. Der andere muss da auch nicht so reingehen.
    Aber einen Vorwurf kann man Klinsmann in der Hinsicht machen, dass er sich noch 49 Mal überschlagen und auf dem Boden gewälzt hat. Das war völlig unnötig.

  9. @8: ich meinte Rudi Völler im Finale 90 und nicht Klinsis doppelten Rittberger.

  10. Ich finde, man kann überhaupt keinen Unterschied zwischen „schlimmer Schwalbe“ und „normaler Schwalbe“ machen. Es gibt nur eine offensichtliche (dumme) oder eine gut ausgeführte Schwalbe, auf die der Schiri reinfällt. Die Schwalbe an sich ist schlimm. Da ist keine schlimmer als die andere. Betrugsversuch eben.

    Wobei Jarolim in diesen Artikel nicht so ganz reinpasst. Der fällt ja eher dadurch auf, dass er bei kleinster Körperberührung zu Boden geht.

  11. Der fällt ja eher dadurch auf, dass er bei kleinster Körperberührung zu Boden geht.

    …und genau das ist eben unter bestimmten Umständen auch eine Schwalbe: Zu Boden gehen bei keiner oder bei geringer, zu vernachlässigender Körperberührung.

  12. @10: Wie 11 schon schreibt: Das ist ja gerade das Hauptmerkmal einer Schwalbe! Bei keiner/geringster Berührung zu Boden gehen und den sterbenden Schwan markieren!

  13. Jupp Jarolim ist einer der schlimmsten.

    @9: Schon klar, dass Völler meinst, aber wie gesagt, vielleicht „Auslöser“ des Titels aber nicht „Ursache“. Tatsache ist nämlich auch, dass der Sieg im Endspiel verdient war und das Foul gegen Augenthaler vorher zu Unrecht keinen Elfmeter nach sich zog.

  14. Aber es geht in diesem Artikel doch eher ums Elfmeterschinden. Und Jarolim fällt halt überall hin. In den Strafraum geht der doch eh nie.

  15. Der Boyd wollte nun wirklich keinen Elfmeter schinden. Der hat es vor Schwäche überhaupt nicht mehr in den Strafraum geschafft. ;-)

    Es ist aber so, dass die meisten Schwalben im Strafraum stattfinden, was völlig verständlich ist. Ein Elfmeter bringt nun mal in der Regel mehr ein als ein profaner Freistoß.

  16. @14: Ich dachte, es geht um Schwalben?

    Zudem ist Jarolim gegen Bielefeld auch im Strafraum umgefallen.

  17. Ja, aber es geht Jarolim ja nicht darum, Elfmeter oder Freistöße rauszuholen. Es geht ihm darum, in ausweglosen Situationen, in die er sich durch seine Dummheit und Mittelmäßigkeit immer wieder bringt, in Ballbesitz zu bleiben. Wenn er dafür nur einen Handstand an der Eckfahne machen müsste, anstatt sich fallen zu lassen, würde er das auch machen.

  18. @17: Na das ist sicherlich richtig, aber ich habe auch oft das Gefühl (nicht nur aber besonders bei Jarolim), dass er durchaus eine Alternative hätte. Sinnbild ist hier eine Aktion von ihm im Heimspiel gegen Bochum:
    Jarolim gewinnt ein Laufduell gegen Bönig und könnte den Ball locker vor der Torauslinie der Bochumer erreichen und flanken, aber sucht stattdessen den Kontakt mit dem Bochumer, kreuzt dessen Laufbahn und fädelt dann so ein, dass er einen Freistoss bekommt. Wahrscheinlich denkt er sich „Bevor ich ne Luschenflanke mache, hol ich lieber nen Freistoß raus“ aber das ist halt irgendwie ein Verhalten, das mit dem Sport an sich wenig zu tun hat.

  19. Deswegen ist es ja auch sehr begrüßenswert, dass er sich bald verpisst.

  20. @20: Er wird ja quasi weggemobbt. Auch hier ist er nur Opfer.

  21. @20 & 21: Hab ich was verpasst?

  22. @ Esleben: Jarolim denkt laut darüber nach, in seine Heimat zurückzukehren. Seine Fallsucht wird beim HSV nicht mehr so gerne gesehen.

  23. Find ich übrigens vorbildlich, wenn da ein Verein seinen Spieler ermahnt. Denn nur so kann es gehen: Die Verein müssen Schwalben und Schauspielereien der eigenen Spieler ächten und das nicht als „Schlitzohrigkeit“ verkaufen.

    Das hat der Veh übrigens auch mal im DoPA gesagt, dass es sowas bei ihm nicht gibt und dass er die Spieler da auch drauf aufmerksam macht.

  24. Ich werd ihn nicht vergessen. Eigentlich ist es schade, ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen Jarolim einen besseren Ruf hatte und als spielstarker Mittefeldspieler galt.
    Das hat er sich über die Jahre durch seinen destruktiven Stil, mit dem er sich zurückentwickelt hat und durch seine ständigen unfairen Aktionen kaputt gemacht.

  25. Korrigiere: „Ich werd ihn nicht vermissen.“
    :-)

  26. […] und Kritik mit dem Hinweis auf das Ergebnis weit von sich weisen. “Taktische Fouls” und “cleveres” Abheben im Strafraum in der Nachspielzeit sind Mittel, deren Anwendung nicht etwa als anrüchig gilt, […]

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