Heiko Westermann: Sympath und Allrounder

Quelle: www.weltfussball.deHeiko Westermann hat einige Vorzüge – fußballerisch wie menschlich. Auf dem Platz glänzt er in dieser Saison durch seine Qualitäten auf jeder der vier Abwehr-Positionen und auch abseits des Fußballplatzes macht sich Westermann schwer verdächtig, ein richtig netter und bescheidener Kerl zu sein. Beide Eigenschaften, fußballerisch wie menschlich, mögen zur Zeit gar nicht so recht zu seinem Club passen, und trotzdem, oder besser gesagt gerade deshalb wird Schalke heilfroh sein, den Ex-Bielefelder verpflichtet zu haben. Und auch bei Schal-Jogi wird Heiko Westermann sich in naher Zukunft zu einem wichtigen Spieler entwickeln.

Spätestens nach dem Champions-League-Spiel gegen Barcelona war vielen Beobachtern klar, wie wichtig Heiko Westermann für diese Schalker Mannschaft ist: Wie auch in den Spielen zuvor glänzte er durch bedingungslosen Einsatz, intelligentes Defensivverhalten und forsches Auftreten in der Offensive. Zuweilen hatte man gar den Eindruck, er wolle das Spiel „allein gewinnen“ (O. Kahn), so vorbildlich war seine Leistung. Hätten sich alle Schalker Spieler in dieser Art und Weise eingebracht, Barcelona wäre wahrscheinlich stark ins Schwitzen geraten.

Doch auch dann, wenn Westermann nicht so auffällig spielt wie am Dienstag, ist er für seine Mannschaft praktisch unersetzbar. Er ist ein Spieler, den man mit Fug und Recht einen „Allrounder“ nennen darf. Er kann „links wie rechts“ (F. Beckenbauer) und darüber hinaus noch in der Mitte. Eigentlich absurd, dass Heiko Westermann vielen Zuschauern als Außenverteidiger im Gedächtnis ist, ist er doch eigentlich ein gelernter Innenverteidiger. Wie dem auch sei, so viel Vielseitigkeit ist gerade im defensiven Bereich selten. Als einziges Beispiel würde einem spontan noch Arne Friedrich einfallen; leider sind dessen Schwächen auf der Außenverteidigerposition sowie in der Offensivbewegung nicht zu übersehen.

Ein weiterer großer Vorteil von Westermann ist seine für einen Abwehrspieler enorme Torgefährlichkeit. In der laufenden Bundesliga-Saison kommt er bislang auf vier Tore und zwei Torvorlagen. Keine schlechte Bilanz. Darüber hinaus schießt er auch die „wichtigen Tore“ (beliebiger Sportreporter): Gegen Eintracht Frankfurt rettete er seinem Club mit einem Doppelpack das Unentschieden und gegen den MSV Duisburg schoss er gar den Siegtreffer. Die Qualität schlägt sich auch in der Kicker-Notenstatistik nieder: Mit einem sehr ordentlichen Notenschnitt von 3,24 ist er nach Neuer, Bordon und Streit (sic!) der viertbeste Schalker Spieler. Dabei muss man sich vor Augen halten, dass dies seine erste Saison für Schalke ist.

Die Qualitäten des 24-jährigen sind auch Jogi Löw nicht verborgen geblieben. Nach dem Spiel gegen die Schweiz war er eigenen Aussagen zufolge vom Spiel des Schalkers sehr angetan. Seinen EM-Platz hat Westermann also so gut wie sicher. Ginge es nach mir, hätte er in der Abwehr sogar einen Stammplatz. Denn ob auf der einen Seite Metzelder bis zur EM so in Form kommt, dass er auf hohem Niveau spielen kann, ist fraglich. Auf der anderen Seite ist für mich der Platz von Marcell Jansen keineswegs sicher und darüber hinaus noch einen potentiellen Ersatz für Lahm zu haben, ist für Trainergespann und Fans gleichermaßen beruhigend.

Auch menschlich scheint Heiko Westermann hervorragend in die Elf von Löw zu passen. Sein Auftreten ist sympathisch, bescheiden und wo es angebracht ist auch selbstkritisch. Der 24-jährige macht einen angenehm uneitlen Eindruck, was auch am Fehlen einer persönlichen Homepage – mittlerweile doch fast schon ein „Must-Have“ für alle jungen, aufstrebenden Fußballer – abzulesen ist. Westermann lässt lieber seine Leistung für sich sprechen und ist weit entfernt von Verhaltensweisen wie von Gästebuch-Pöbler Frank Rost, der auf seiner Homepage auch gerne mal Mannschaftskollegen in die Pfanne haut. Ausführliche Interviews sind Mangelware; man hat den Eindruck, Westermann wolle sich ein gewisses Understatement bewahren. Schlecht gefahren ist er damit bis heute jedenfalls nicht.

Die Aussichten von Heiko Westermann sind zur Zeit hervorragend. Sein Club kann auf ihn nicht verzichten und auch bei der EM wird er sicher zu einigen Einsätzen kommen. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, wann ein europäischer Top-Club bei Schalke-Manager Andreas Müller anfragen wird.

Bildquelle: www.weltfussball.de

Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.
18 comments
  1. Gegen Barca war aber auch er höchstens Durchschnitt. Immer noch besser als der Rest des Teams, aber seine 2-3 Schußversuche aus der Distanz waren kläglich, wenn nicht sogar diletantisch.

    Ansonsten kann man den Artikel so stehen lassen.

  2. Die Schussversuche waren Verzweiflung über die Leistung der Mannschaftskollegen nach dem Motto: Wenn die schon gar nichts hinbekommen, dann muss ich selbst alles versuchen.

  3. guter Artikel. normalerweise finde ich als Stuttgarter als was aus Schalke kommt und hinwechselt durchaus fragwürdig. bei Herrn Westermann mache ich mal gerne eine Ausnahme. Guter Fußballer
    und auch mit sympathischen Ansätzen. Schade das er nicht in Stuttgart gelandet ist. Da hat der FC Gasprom wohl doch mehr bezahlt…

    Gruß

  4. Auf die Aussage von Don. Diletantisch nenne ich etwas anderes. Westermann ist ein Vorbildspieler. Wird gefoult, steht direkt wieder auf. Foult, aber fair. Tolles Stellungspiel. Hat mittlerweile auf 4 Positionen gespielt, überall gut, ist torgefährlich und ballsicher. Mehr kann man nicht dazu sagen und er ist menschlich echt ein netter bodenstädniger Mensch, der mit Leidenschaft spielt!

  5. @4: Deshalb bezog sich das Diletantisch auch auf die Schussversuche aus der zweiten Reihe. Statt zu schießen hätte er besser auf Außen weitergespielt, wo zumindest Asamoah ständig die Linie entlangmarschierte.

    Ich finde den Westermann ansonsten auch völlig okay.

  6. wo zumindest Asamoah ständig die Linie entlangmarschierte.

    Du meinst sicher: Wo Asamoah ständig entlangfiel.

  7. @Thomas: Geht mir genauso. Hätte den Westermann auch gerne woanders gesehen. Der passt so gar nicht in diese Schalker Mannschaft, die von Unsympathen und IQ-Minimalisten dominiert wird.

    @Guido: Fair foulen? Wie geht das denn? ;-)

  8. @6: Das ist natürlich auch richtig. Ich glaube, das Asa kann überhaupt nicht menschlich bremsen, der muss sich immer hinlegen, um überhaupt zum Stillstand zu kommen.

  9. Dass der Westermann erst 24 sein soll, kann ich kaum glauben. Klarer Fall von gesichtsalt.

  10. @4: Fair foulen find ich nen Spitzenausdruck. :-)
    Kann mir glaub ich auch ungefähr vorstellen, was du darunter verstehst. ;-)

  11. Aber mal zum Westermann: Als er vor der Saison zu Schalke ging, hab ich mir als erstes gedacht: „Was will der denn da? Da wird er nie Stammspieler…“
    Naja man kann sich irren, ich hab ihn wohl unterschätzt. Oder die restlichen Schalke Verteidiger überschätzt. Also Kristajic und Bordon sind beide nicht mehr das was sie mal waren.

    Kann es eigentlich sein, dass mit wenigen Ausnahmen (wie vielleicht Westermann) alle Spieler, die zu Schalke gehen, dort schlechter spielen als bei ihren vorherigen Vereinen?
    Kristajic, Ernst, Ailton, Altintop, Kuranyi, Löwenkrands fallen mir jetzt auf Anhieb ein.

  12. Das mit den Spielern, die bei Schalke schlecht spielen, stimmt auf jeden Fall! Westermann und Kobiashvili (in den ersten 2 Jahren) waren rühmliche Ausnahmen.

    Aber Bordon halte ich immer noch für einen der besten Bundesliga-Verteidiger. Und Kristajic ist auch in Ordnung.

  13. @8: Brüller! :-D

  14. […] als Hoffungsträger entdeckt zu haben schien, aber bisher nur mit den Verpflichtungen von Heiko Westermann und Jermaine Jones ein gutes Händchen bewies. “Uru” nennen phantasielose […]

  15. […] als Stammspieler, den doch sehr ballsicheren, kopfballstarken, schnellen, technisch versierten Heiko Westermann ins offensive Mittelfeld, Kevin Kurányi in die zweite Mannschaft zum Üben von Ballannehmen […]

  16. Sorry, aber Westermann ist ungefähr der 18. beste Innenverteidiger der Bundesliga. Als ob wir mit dem Weltmeister werden würden! So eine Flasche.

  17. Ja, Stand heute definitiv, 2008 sah das ein bisschen anders aus. Erschreckend wie seine Leistung sich seit dem Wechsel nach Hamburg den Leistungen seines Vereins angepasst hat.

  18. […] der sportlichen Lage seines Vereins wirkt unsere Lobhudelei  für “Heiko Westermann – Sympath und Allrounder” etwas aus der Zeit gefallen und über “Frauen im Stadion” regt sich auch keiner […]

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