Auswärtsfahrt

Quelle: www.weltfussball.deAm gestrigen Dienstag fand beim SC Pfullendorf das Nachholspiel des SSV Reutlingen statt. Beide Vereine befinden sich (noch) in der unteren Hälfte der Tabelle und besonders Reutlingen könnte mit einem Sieg Anschluss halten an die ersten zehn Tabellenplätze, die einen Startplatz in der neuen dritten Profiliga bedeuten.

Wir (außer mir noch drei weitere Schlachtenbummler aus ganz Deutschland) trafen ca. eine halbe Stunde vor Spielbeginn im Stadion ein und waren überrascht, dass noch so gut wie kein Mensch da war. Nach wenigen Minuten jedoch kündigte sich ein größerer Schwung SSV-Fans mit Gesang und Getrommel an. Überhaupt die SSV-Fans: Mir ist eine „Zweiteilung“ aufgefallen. Einerseits Jugendliche Event-Fans, die sich anscheinend so gut wie gar nicht für das Spiel interessierten. Von Minute 1 bis 45 und dann wieder von Minute 46 bis 90 wurde einfach irgendwas gesungen, auf das Spiel wurde gar nicht reagiert, außer wenn ein Tor fiel. Dass dann noch die Fans bejubelt wurden, die in Reutlingen Stadionverbot haben, auswärts aber mitfahren dürfen, hinterließ auch ein G’schmäkle. Lächerlich war allerdings auch der Versuch eines einzelnen Ordners, 50 Fans davon abzuhalten, vollkommen harmlose Banner an den Zaun zu hängen. Der „zweite Teil” der Fans wiederum war erstklassig. Sympathische Schwaben, dem SSV seit Menschengedenken die Treue halten und natürlich allesamt Taktikfüchse sind. Bei diesen Leuten wähnte man sich auf jeden Fall unter Fußballfans. Das gesamte verbale Repertoire wurde abgerufen: taktische Anweisungen (”Linie bedienen!”), Drohungen (”Wenn du dich jetzt no oimol falle läsch, dann pack i de am Kraga!” – geäußert gegenüber einem Reutlinger Spieler) und Beleidigungen gegen alles und jeden (Schiri, Gegenspieler, eigene Spieler).

Nun aber zum Spiel: Reutlingen begann von Anfang an druckvoll zu spielen. In den Anfangsminuten kam die Mannschaft noch zu zwei sehr guten Torchancen, die aber vom ebenfalls gut spielenden Torwart der Pfullendorfer beide entschärft wurden. Im Anschluss ließen die Angriffsbemühungen des SSV zwar nicht nach, führten aber kaum noch zu Torchancen. Entweder war an der Strafraumgrenze Schluss, oder die Flanken kamen nicht an. Besonders frappierend war dies bei Standardsituationen. Reutlingen hatte mindestens 10 Ecken und einige Freistöße, jedoch ging von nicht einer dieser Situationen der Ansatz von Gefahr aus. Hieran müssen Trainer und Mannschaft arbeiten. Das Führungstor der Pfullendorfer fiel dementsprechend nach einem Konter. Überhaupt stand der SC meist hinten drin und fuhr nur einige, wenige Gegenangriffe, wenn sie einen Reutlinger Angriff abgefangen hatten.
In der zweiten Halbzeit bot sich dann ein ähnliches Bild: Reutlingen trug Angriffe vor, Pfullendorf lauerte auf Konter. Nachdem aus meinem Mund der Satz fiel: „Bis zum Strafraum kommen sie, dann ist Schluss”, verwandelte Haas eine schöne Flanke per Kopf zum Ausgleich. Bis zum Abpfiff konnte Reutlingen nicht nachlegen, in der Abwehr war hin und wieder Glück dabei, der Pfullendorfer Stürmer unbekannten Namens vertändelte ca. 5 mehr oder weniger gute Chancen aufs laienhafteste. Mit dem Punkt muss man also zufrieden sein, auch wenn dieser einen in der Tabelle kaum nach vorne bringt.

Glaubt man dem Tenor der Fans und liest den unten stehenden Spielbericht von Guru, krankt das Spiel der Reutlingen immer noch an den gleichen Aspekten wie zu Beginn der Saison: Ordentliches Spiel und gutes Engagement, das aber nicht zu Ergebnissen führt. Die Mannschaft zeigt immer wieder in Ansätzen, dass sie gut Fußball spielen kann, wirkt teilweise aber auch extrem verunsichert. Statt einfach mal abzuziehen, wird der Ball doch lieber wieder quer gelegt. Wie oben erwähnt, muss sich allerdings besonders bei den Standards etwas tun. Reutlingen hatte ca. 10 Ecken, ebenso viele Freistöße und auch aus dem Spiel mindestens 10 Flanken in den Strafraum geschlagen und nur einer dieser Bälle fühlte zu Zählbarem. Wenn man bis zur Winterpause noch einige Punkte sammelt, sich dann auf die eigenen Stärken besinnt und der Trainer es schafft, der Mannschaft die Unsicherheit zu nehmen, besteht auf jeden Fall noch berechtigte Hoffnungen, dass Platz 10 oder besser erreicht werden kann. Schlecht ist das Team auf keinen Fall.

Über den Autor: schneider3

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.

Mildernde Umstände aufgrund familiärer Vorschädigung durch zwei dominante Brüder. Normalerweise erlebt das Weißbier bei ihm das Mittagsläuten nicht. Kaiserslautern-Fan. Weiß der Teufel, warum.
14 comments
  1. Wenn man bis zur Winterpause noch einige Punkte sammelt, sich dann auf die eigenen Stärken besinnt und der Trainer es schafft, der Mannschaft die Unsicherheit zu nehmen, besteht auf jeden Fall noch berechtigte Hoffnungen, dass Platz 10 oder besser erreicht werden kann.

    Da klingelts aber im Phrasenschwein! Ein Punkt in der Fremde ist aber trotzdem ganz okay.

  2. Schön war auch, wie, und das selbst von den „Sympathischen Schwaben“, gefordert wurde, das in der 88. Minute ( und das schon in der 1.Halbzeit ) mal wieder ein Tor fallen sollte. Garniert mit höhnischem Gelächter.

    Insgesamt war das Niveau des Spiels erschreckend. Reutlingen hatte insgesamt drei Torchancen. Pfullendorf zwei und war für eine Heimmannschaft unglaublich defensiv.

    War trotzdem ein toller und vor allen Dingen witziger Abend. Aber Fan des SSv Reutlingen werde ich net.

  3. 1:1 C. Haas (86.)

    88 = H… Hi…..?!

  4. Hallo,
    ich muss einige Sachen zu deinem Bereicht loswerden:
    Es gibt in Reutlingen keine „Zweiteilung“ von Fans, hier herrscht ein sehr gutes Verhältnis zwischen verschiedensten Gruppen. Ein äuserliches Zeichen dafür ist z.B. dass wir Reutlingen alle hinter einer Reutlingen-Zaunfahne stehen und das von allen akzepiert wird. Ich bezeichne keinen einzigen Reutlinger, der an einem Dienstagabend sich so ein „Fussballspiel“ antut als Event-Tourist. Es mag sein, dass der Alterdurchschnitt dieser nicht sehr hoch ist, aber trotzdem fährt der Großteil schon seit Jahren zum SSV. Wen man sich dieses Gebolze Woche für Woche antut wird es irgendwann auch verständlich, dass man nichts mehr vom spiel sehen will und nur noch „sein Ding druchziehen“ will. Jetzt zu dem, weas mich am meisten aufregt: Kannst du mir bitte verraten, was an „freie Reichstadt“ fragwürdig ist, oder sonstige fragwürdige Gesänge aufzählen! Wir skandieren „freie Reichsstadt“, weil das ein Teil unserer Identität ist. Da ich annehme, dass du nicht weisst, was sich hinter diesem Begriff verbirgt, würde ich vorschlagen, wenn du dich mal ein bisschen informierst. Kannst du mir außerdem verraten, wo du im Block Springerstiefel geshen hast und Bomberjacken waren auch wenige vorhanden und das repräsentiert sicher nicht irgendeinen Teil der Fans. Wenn du die Situation in Reutlingen verfolgen würdest, hättest du mitgekriegt, dass völlig unbegründete und willkürlich ausgesprochene Stadionverbote in Reutlingen eintrafen und die gesamte Fanszene zeigt sich solidarisch mit den zu Unrecht ausgesperrten!
    MsrwG,
    ein Reutlinger

  5. Schöner Bericht. Gut, mal über ein SSV-Spiel von einem Außenstehenden zu lesen.

    Ich muss übrigens meinem Vorredner Recht geben. Ich habe im Reutlinger Fanblock auch noch nie Leute mit Springerstiefeln oder rechter Gesinnung gesehen. Früher gabs mal einige, aber mittlerweile nicht mehr.

    Und das mit der „freien Reichsstadt“ ist absolut ok, denn Reutlingen war freie Reichsstadt bis 1802. Das ist also völlig unverdächtig

    Event-Fans kann ich auch nicht so stehen lassen, da ich weiß, dass es einige gibt (mögen es teilweise auch Jüngere sein, das ist ja egal), die bei jedem Spiel dabei sind und die Mannschaft unterstützen. Ich finde das klasse. Bei einem Verein, der schwere Jahre in der Oberliga hatte nicht unbedingt selbstverständlich.

    So, und ab jetzt können wir gerne wieder über das Spiel reden:
    Der Bericht klingt positiver als der auf der SSV-Seite und die Meinungen im Forum. Vielleicht beurteilt man halt auch als Fan die Leistung überkritisch. Der Punkt bringt uns leider fast nichts. Immerhin sind es weiterhin nur noch 2 Punkte zu Platz 10.

  6. Ich kann nur schreiben, wie ich die Sache mitbekommen habe. Natürlich bin ich in der Sache nicht so sehr involviert wie meine Vorredner, deshalb finde ich es auch ganz gut, dass ihr ein paar Sachen ansprecht/klarstellt.

    Mit „Zweiteilung“ habe ich nicht gemeint, dass die Leute nichts miteinander zu tun gehabt hätten. Ich hab diese Zweiteilung nur für mich selbst vorgenommen, wie die Leute sich verhalten haben.

    Ja, wie ich das Spiel gesehen habe, habe ich ja geschrieben, bestimmt ist das was anderes, wenn man der Mannschaft Woche für Woche zuschaut. Aber vollkommen grottig fand ich die nicht, nur die letzte Konsequenz hat eben gefehlt.

  7. Ja, ist ja auch in Ordnung. Darum gibt es die Kommentarfunktion. ;-)

    Übrigens ist die Gefahrlosigkeit bei Standards eine völlig richtige Beobachtung. Das ist schon so lange so. Ich verstehe nicht, dass man das nicht besser trainieren kann.
    Auch dass oft gefällig bis zum Strafraum gespielt wird, dann aber die letzte Konsequenz fehlt, ist völlig richtig.

  8. Hab den Passus jetzt rausgenommen, das wurde mir teilweise auch nur berichtet und ich glaub dir einfach mal, Guru.

  9. Ich bin weit davon entfernt, hier Selbstzensur einzufordern. Sogar in der Familie Schneider werden doch zuweilen Bomberjacken-Ähnliches gettragen. ;-)

  10. Hab mir jetzt den FM 2008 (von SI Games) zugelegt und zum Anfang mal den guten alten SSV übernommen. Einer glorreichen Zukunft steht in RT also nichts mehr im Wege!
    Im ersten Testspiel gab’s gegen den KSC allerdings ein geschmeidiges 1:10 ! :-/

  11. Skandal! Und das gegen die Gelbfüßler ;-)

  12. Um meine Großmutter zu zitieren: „Denne g’hört dr Arsch verschlage!“ ;-)

  13. Die erste Saison habe ich durchgespielt und muss sagen: Das Spiel ist klasse!
    Gameplay (alle Spieletester) und Realitätsnähe überzeugen absolut.
    Zum Sportlichen: Nach Anfangsschwierigkeiten habe ich den SSV schwer aufgemöbelt und bin letztendlich um einen (!) Punkt am Aufstieg in die zweite Liga gescheitert… Am letzten Spieltag hat mir bis zur 89. sogar nur ein Tor gefehlt, bis Burghausen dann doch noch im Fernduell in Führung ging und den Aufstieg klarmachte.
    Nun das Spannende: Während der Saison konnte ich nirgends nachschauen, wieviele Clubs denn nun eigentlich aufsteigen. Nach der Saison dann die Überraschung: Das Teil kennt schon die eingleisige Dritte Liga und hat die Regionalligen souverän zusammengeführt!

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