„Denne g’hört d’r Arsch verschlage…“

Quelle: wikipedia.de…schimpfte meine Großmutter auf die Spieler des VfB als sie vernahm, dass der VfB Stuttgart gegen den Karlsruher SC im brisanten schwäbisch-badischen Derby mit 0:1 verloren hatte und brachte damit treffend die Rivalität auf den Punkt, die zwischen Badenern und Schwaben herrscht und sich in diesem Derby kanalisiert. Denn für einen Schwaben gibt es fast keine größere Schande, als wenn der VfB – fußballerisches Prunkstück der Schwaben – gegen den verhassten KSC verliert. Da werden dann auch schnell den eigenen Spielern im Scherz körperliche Gewalterfahrungen an den Hals gewünscht. Doch ist man als Schwabe durchaus trotzdem den Tränen nahe, wenn man jubelnde Badener sieht und die Aggressionen beschränken sich nicht nur auf die eigene Versager-Mannschaft. Zwei weitere Zitate meiner Großmutter belegen dies: „I hätt fascht gheult als i des ghört hab.“ und „Als i die Badenser han juble sehe, denne hätt i Gift gebbe könne!“

Die lange Historie der Rivalitäten zwischen Schwaben und Badenern nachzuzeichnen würde zu weit führen, aber der letzte große Akt fand im Jahre 1951 statt, als die Neugliederung der Bundesländer anstand und die Mehrheit der Badener ihre Selbstständigkeit behalten wollte. Dies scheiterte an der großen Mehrheit in Württemberg, das Baden nur zu gerne an das größere Württemberg binden wollte. Karlsruhe hatte es nach dem Länderzusammenschluss nie verwunden, nun keine Landeshauptstadt mehr zu sein und diesen Titel an den verhassten großen Nachbarn Stuttgart abgeben zu müssen. Man konstatiert jedoch bis heute, dass Karlsruhe und Baden überhaupt einige Zugeständnisse aus Stuttgart gemacht wurden; u. a. der Hauptsitz des SWR (schlechtester Sender der Welt nach dem MDR) in Baden-Baden oder auch die Konzernzentrale von EnBW.

In den letzten Jahren schwelte die Rivalität auf fußballerischer Ebene eher im Stillen vor sich hin, da Karlsruhe für neun Jahre von der Bildfläche des Bundesligafußballs verschwand. In eine neue Runde ging der Streit, als Maik Franz auf der Zweitliga-Meisterschaftsfeier einige laute „Stuttgarter Arschlöcher„-Rufe an die Adresse des alten Rivalen aus der Landeshauptstadt schickte. Keine Bagatelle, kamen die Schmährufe doch nicht von Fangruppen sondern von „offizieller“ Seite. Die Fans des VfB schworen Rache; glücklicherweise blieb es jedoch beim Derby ruhig.

Insgesamt stellt sich heute jedoch die Frage, inwiefern die viel beklagte Söldnermentalität der Spieler die Derbys zur reinen Folklore degradiert, der sich die Fans mit Inbrunst widmen, die jedoch für die weitgereisten Fußballprofis wohl wenig bis gar nichts bedeutet. Gehen wir die Spieler des VfB und des KSC durch, so finden wir in den Stammformationen gerade mal 5 Spieler, die ihrem Verein seit längerer Zeit verbunden sind und gleichzeitig aus der jeweiligen Region kommen. Auf Seiten des VfB sind dies Tasci, Khedira und Gomez; auf Seiten des KSC Freis und Eichner. Inwieweit kann also ein Spieler wie Maik Franz, seinerseits aus der Zone stammend, ernsthaft einen badischen Hass auf den VfB entwickelt haben und diesem auch noch in aller Öffentlichkeit fröhnen? Maik Franz kam 2006 nach Karlsruhe. Vielleicht ist er aber auch einfach ein Präzedenzfall für beispiellose Integration und Neu-Heimat-Patriotismus.

Wenn wir in den Ruhrpott schauen und die Mannschaften des BVB und von Schalke durchgehen, fällt uns das Gleiche auf: Außer Özil und Neuer auf Schalker Seite und Brzenska und Kringe auf BVB-Seite kein regionaler Spieler in Sicht.

Und genau so sind die Derbys der letzten Jahre – natürlich mit Ausnahme des Pott-Derbys der letzten Rückrunde – auch abgelaufen: Kein großer Kampf und insgesamt eher laues Gekicke. Vom Feuer, welches eigentlich bei Derbys herrschen sollte, nichts zu spüren. Beim schwäbisch-badischen Derby vom Sonntag lautet die Diagnose leider auch: Meist langweiliger Grottenkick. Ein Indiz mehr für die These, dass ein Derby für die meisten Spieler ein Spiel wie jedes andere ist. Umso schöner, dass es auch in Zeiten des „modernen Fußballs“ Fans in jeder Altersklasse gibt, die auf ein Derby hinfiebern und es durch ihre Emotionen und ihre Energie trotzdem zu einem unvergesslichen Spiel für die Beteiligten machen. Und vielleicht gehört den Spielern einfach wirklich mal „d’r Arsch verschlage“, damit sie wieder merken, für welchen Verein sie überhaupt spielen. Das könnte den zukünftigen Derbys nur gut tun.

Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.
31 comments
  1. Wohl wahr, wobei die Aversion gegen Karlsruhe ungleich größer ist als gegen den SCF. Wobei das auch immer he߸e Spiele waren.

  2. Klar, der KSC ist der Hauptgegner. Freiburg war erstens immer sympathisch und zweitens auch meistens ein leichtes Opfer für den VfB.

  3. Du bist ein hoffnungsloser Romantiker. 2007, nicht 1980, Derbies gibts nicht mehr.

  4. Rivalität existiert natürlich nur noch in den Köpfen der Fans. Was bringt es denn, wenn der gerade neu verpflichtete Brasilianer auf portugisiesch sagt: Das Wichtigste ist, dass wir Schalke – BVB – Stuttgart – Karlsruhe schlagen!?
    Ist doch auch ok so. Sölndermentalität gibt es ja schon immer im Fußball, nicht erst nach 1980! ;-)

    P.S.: Vergiss mir Florian Kringe nicht, in der Aufzählung regionaler Spieler. Der spielt seit 14 Jahren beim BVB.

    P.P.S.: Mit dem Abstieg von 1860 gibt es laut Definition sowieso keine Derbies mehr in der Bundesliga.

  5. P.P.S.: Mit dem Abstieg von 1860 gibt es laut Definition sowieso keine Derbies mehr in der Bundesliga.

    Dies könnte sich ändern, falls Ost-Frankfurt in dieser Saison aufsteigt… ;-)

  6. Warum gibt es per Definition kein Derby mehr? Beschränkt sich das auf eine Stadt?
    Und Romantiker betrachte ich im Hinblick auf Fußball nicht als Schimpfwort.

  7. @3: Ich korrigiere mich: Derbies gibts nicht mehr im Profifußball. In Amateurklassen natürlich schon. Da ist dann noch richtig Krieg auf dem Platz.

  8. @6: Es war auch nicht als Schimpfwort gemeint. Nur eben als weltfremd… ;-)

  9. Derbys sind meiner Meinung nach nur noch reiner Abklatsch bei den Fans, damit sie ein Feindobjekt haben sowie für die Medien, die denn des öfteren alles total aufbauschen. Manchmal passert es tatsächlich, dass das Ganze aufs Spielfeld übertragen wird. Aber für die Spieler ists denn doch meistens ein Spiel wie jedes andere, wie Guru schon richtig sagt.

  10. @6: Ja, Derbies gibt es nur in einer Stadt. Aber die Medien machen ja alles zum Derby. Das B1-Derby zum Beispiel, damit ist dann VfL-BVB gemeint.

  11. @10: Wobei das ja wieder Haarspalterei ist. Derby ist für mich da, wo eine gewachsene Rivalität besteht. Ob das jetzt die selbe Stadt ist oder ob 3 Km dazwischenliegen, mag definitorisch relevant sein, mehr aber auch nicht.

  12. Auch gern als „kleines Derby“ bezeichnet.

  13. @11: Dann ist Bayern München-Werder Bremen auch ein Derby? ;-)

  14. @14, Nein, wieso? Das sind keine Rivalen, sondern Konkurrenten. Und natürlich gehört eine geographische Nähe dazu, jetzt übertreibs hier mal nicht mit der faschistischen Paragraphenreiterei.

  15. Du nennst doch ein Motorrad nicht PKW, nur weil es auch mit Benzin fährt! ;-)

  16. Seit wann werden denn hier Korinthen gekackt?

  17. @16: Du nervst… ;-)

  18. @18: Ich we߸! ;-)

    Im Ernst: Die Derby-Definition stammt halt noch aus einer Zeit, in der 500 Kilometer ein Vier-Tages-Trip war.

  19. Ist es mit dem Hauptsponsor von Hertha BSC doch immer noch… ;-)

  20. :mrgreen:

    Aber dafür bekommt man danach auch Kuchen geschenkt, sofern man Felix Magath he߸t.

  21. Mit hat Mehdorn noch nie Kuchen gebacken.

  22. Ich glaube, der ist auch ungenießbar. Also Kuchen wie Mehdorn.

  23. Übrigens: Bochum-Frankfurt ist wieder ein Freitag-Abend-Spiel. Also ich bin am Start.

    Und bei Köln-Freiburg ist Anstoß um 17.30 Uhr. Das schaffe nicht mal ich, geschweige denn der Don. Schöne Sche߸e.

  24. Was machen wir denn dann? Ich schaffe das natürlich leicht.

    Haben die eigentlich den Arsch offen? Wochentags Anstoß um halb 6? Wer soll denn das schaffen?

  25. Wann ist denn das Spiel in Gladbach? Sollen wir dahin ausweichen?

  26. Möglich ist auch der 8.10. um 20:15 in Aachen. Gladbach ist erst in der Rückrunde.

  27. Aachen ist halt schon ne halbe Weltreise…

  28. Als ich schaffe 17.30 auch locker :D
    Die frühe Anstoßzeit wird wohl daran liegen, dass die erste Liga im Anschluß auch noch zocken muss.

  29. Ich würde dich wohl auf jeden Fall begleiten,, auch wenn das dann nicht das Geschenk sein sollte. Aber wäre schon geil, wenn wir das irgendwie hinbekommen können. Aber klar, ich verstehe auch den arbeitenden Teil der Bevölkerung. Das ist fast unmöglich.

  30. Muss man sich eben frei nehmen, ich arbeite schließlich auch … ;-)

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