Music is my boyfriend

Die Gogos der Hidden CamerasWer regelmäßig ins Stadion geht, weiß: Fußball und Pop(-Musik) sind keine Freunde. Umso erstaunlicher, was sich diese Woche vor dem Abschiedsspiel (und, wenn man dem Spiegel glauben darf, auch danach) von Mehmet Scholl abspielte. Aber was haben die Herren Beckenbauer, Hoeneß und Rummenigge denn erwartet, wenn ein Spieler abtritt, dessen erklärte Lieblingsband ein schwules Kollektiv aus Kanada ist? Dass Fußball nicht immer nur mit stumpfem DJ Ötzi-Geprolle in Verbindung gebracht werden muss, haben diese Woche auch Thees Uhlmann und Fettes Brot versucht zu untermauern.

Uhlmann und Fettes Brot sind natürlich, wie sollte es auch anders sein, Fans des FC St.Pauli. Während der eine sich mit seiner Hymne „Das hier ist Fußball“ an die studentische Klientel des FC wendet, versucht Björn Beton, seines Zeichens „MC“ bei Fettes Brot, sich per musikalischem Gruß doch noch eine Dauerkarte für die „Kiezkicker“ (alle Moderatoren) zu ergattern. Egal, wie bemüht der Ansatz auch ist, beide scheitern.

Uhlmanns „Das ist Fußball“ (via Tonspion) mangelt es zwar nicht an der großen Geste, die Uhlmann ja eh in jeder Lebenslage mit sich rumschleppt, dafür aber an Engagement. Sein „Hooray, St.Pauli“ hat jedenfalls eher das Zeug zur Abschiedshymne, wenn der Klassenerhalt am Ende der Saison nicht gelingen sollte.

Noch unerfreulicher wird es jedoch bei Björn Beton und seinen Freunden König Boris und Doc Renz. Seit Jahren arbeiten die „Brote“ (alle Musikjournalisten) schon an der Definition des Genres „Schlagerrap“. Für St. Pauli, ihren (klar) Lieblingsclub, haben sich die drei richtig Gedanken gemacht und sind zu dem Schluß gekommen, dass so ein bisschen Reggaefeeling nicht schaden könnte. Stehen ja schließlich genug Hobbyrastas auf der Gegengerade am Millerntor, der Dunst darüber passt dazu ja auch meist, also müsste sowas doch ein todsicheres Ding sein. Leider nein, meine Freude von der „Waterkant“ (alle Kommentatoren).

Dann lieber den umgekehrten Weg gehen, wie Mehmet Scholl, der mit den Hidden Cameras (Motto: Music is my Boyfriend) eine Band für sein Abschiedsspiel engagierte, die mit Fußball soviel zu tun hat, wie Franz Beckenbauer mit Empfängnisverhütung. Mutig sich aus der homophoben Fußballwelt mit einer bekennend schwulen Band zu verabschieden. Aber über die sexuelle Orientierung der Pet Shop Boys haben sich die Millionen Fußballfans beim Singen von „Go West“ auch noch nie Gedanken gemacht.

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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7 comments
  1. Ich bin ja weiterhin großer Freund von „Fußball ist immer noch wichtig.“

  2. Schrecklich! Alles woran, Kettcar beteiligt sind, ist einfach nur schrecklich!

  3. Auf Kettcar stehe ich auch nicht, aber das Lied finde ich unfassbar gut.

  4. Da Mehmet Scholl mit dem Kegeln wohl nicht ausgelastet ist, geht er jetzt mit den Sportfreunden Stiller auf Tour und wird dort den Roadie geben.
    Aber vermummte Lederhosen-Träger und ne Schwule Band in Bayern zu engagieren hat doch auch was.

  5. Aber vermummte Lederhosen-Träger und ne Schwule Band in Bayern zu engagieren hat doch auch was.

    Auf jeden Fall. Eine schöne Art, die bajuwarischen Konventionen zu sprengen…

  6. Super Interview. Der soll am Besten die Zeit nach seiner Karriere damit verbringen, ständig Interviews zu geben.

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