Warten auf das Double Feature

Death Proof (Senator Filmverleih)So, dann will ich mal meiner Aufgabe als Multiplikator nachkommen und von der gestrigen Pressevorführung von Tarantinos neuem Kassengift berichten. Als Kassengift erwiesen sich die ursprünglich als Grindhouse Double-Feature geplanten Filme „Death Proof“ und „Planet Terror“ nämlich beim Start in den USA. Viele Kinobesucher verließen den Saal schon nach dem ersten Teil des Double-Features, verpassten so erstens die gnadenlosen Fake-Trailer zu „Machete“ und Co. und kamen zweitens auch nicht in den Genuß von Film Nummer Zwei. Lediglich 24 Millionen spielten die beiden Filmen an den US-Kinokassen ein. Zum Vergleich: Fluch der Karibik III spielte am ersten Wochenende über 130 Millionen ein. Kein Wunder, dass der Verleih vor der Auswertung der beiden Filme im Rest der Welt kalte Füße bekam. Also wurden beide Filme auf knapp zwei Stunden gestreckt und werden getrennt ins Kino gebracht. Tarantinos „Death Proof“ macht den Anfang, „Planet Terror“ folgt im August.

„Der Film trägt nicht über zwei Stunden!“

„Der Film trägt nicht über zwei Stunden“. Die letzten Bilder des Abspanns brannten noch auf der Netzhaut nach, da hatte eine Kollegin schon mit diesem fachlichen Urteil punkten wollen. Natürlich trägt die Story vom psychopathischen Stuntman Mike, der attraktiven jungen Frauen auflauert und sie mit seinem Stuntauto ins Jenseits befördert, bis drei seiner Opfer den Spieß umdrehen, und Mike nach einer rasanten Verfolgungsjagd zur Strecke bringen, nicht für zwei Stunden Film. Trotz aller Beteuerungen seitens des Verleihs möchte ich behaupten: das wollte Tarantino mit „Death Proof“ auch nie. Schließlich bewegen wir uns hier innerhalb der Konventionen des Exploitationfilms und die „Cannibal Holocausts“ und „New York Rippers“ glänzten selten durch ausgefeilte Storys oder eine Lauflänge jenseits der 90 Minuten. Stattdessen geht es um den farbenfrohen Spaß an der Zerstörung des menschlichen Körpers. Genau daran möchte Tarantion in erster Linie gemessen werden und muss das Urteil nach zwei Stunden lauten: Ziel verfehlt! Das Verhältnis zwischen Action und gewitzten Dialogszenen hat mehr als nur ein bisschen Schlagseite. Die Geschwätzigkeit von Tarantions Filmen tritt mit der ersten knappen dreiviertel Stunde in ein neues Zeitalter.

Die Chance des Scheiterns

Doch Tarantino wäre nicht Tarantino, wenn er nicht auf höchstem Niveau scheitern würde. Neben den zahllosen offensichtlichen Verweisen (Vanishing Point, Faster Pussycat! Kill! Kill!) hat Tarantino wieder genügend kleine Spielereien eingebaut, die den Filmnerd vor Freude quietschen lassen. Erneut hat Tarantino Teile seiner riseigen Videokollektion neu verfilmt und zeigt mit „Death Proof“, dass schmutzige Exploitationfilme auch mit wesentlich mehr Geld realisiert werden können. Unterm Strich bleibt jedoch die Hoffnung, bald in den Genuß des ursprünglichen Double-Features kommen zu können, inklusive Fake-Trailer. Wer es bis dahin nicht aushält, der kann sich mit „Death Proof“ eine große Portion Methadon abholen. Inklusive der Nebenwirkung, eben doch nicht an den richtigen Stoff gekommen zu sein.

Dabei hätte alles so schön sein können:

Über den Autor: esleben

Verrät als Freiburg-Fan Heimat wie auch Elternhaus und trinkt ansonsten ausschließlich Veuve Clicquot. Wer wohnt schon in Düsseldorf? Mehr über Esleben auf Google+

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11 comments
  1. Ich frage mich, ob der Verleih ernsthaft davon ausgegangen ist, dass der Film besonders viel Kohle einspielen würde. Zwar haben sich Tarantino und Rodriguez in den letzten Jahren einen gewissen Ruf aufgebaut, aber dieser Film macht trotzdem den Eindruck, als sei er v.a. für (Film-) Freaks gemacht. Ich glaube nicht, dass der Film viel mehr als Hostel einspielen kann, Hauptzielgruppe sind aus Sicht der Studio halt wahrscheinlich doch irgendwelche gewaltgeilen, dumpfbackigen Jugendlichen.

    Was ich an Tarantino nicht verstehe ist sein ewiges festhalten an Eli Roth (er präsentiert seine beiden Hostel-Filme, lässt ihn einen der Fake-Trailer produzieren…). Spätestens seit Hostel sollte doch eigentlich bekannt sein, dass der Typ nicht viel mehr kann, als seine eigenen Sex- bzw. Gewaltfantasien irgendwie auf Celluloid zu bannen.

    Ist eigentlich bezüglich „Death Proof“ schon irgendwas bezüglich der FSK-Freigabe bekannt? Hostel 2 hat die ja verweigert bekommen…

  2. Also ich steh auf Filme für gewaltgeile, dumpfbackige Jugendliche. „Death Proof“ macht auf jeden Fall großen Spaß und „Hostel“ ist doch ein schmutziges kleines Filmchen, das man sich ganz gerne ankuckt. Viel seltsamer ist, dass sowas inzwischen offenbar massenkompatibel ist und vor allem eine Freigabe bekommt. In den seligen Achtzigern wären Filmchen wie „Hostel“ oder das Remake von „Hills Have Eyes“ jedenfalls nie ins Kino gekommen …

  3. Ist ja nicht so, dass ich mir solche Filme nicht auch ganz gerne anschauen würde ;-). Ich fand nur Hostel ziemlich schwach. Cabin Fever, der Film den Roth davor gemacht hat fand ich hingegen ganz ordentlich. Das Remake von „The Hills have Eyes“ fand ich sensationell, hab selten so einen „harten“ Film gesehen. Hat mich echt gewundert, dass sogar die „unrated“ eine KJ-Freigabe bekommen hat und somit nichtmal indiziert werden kann. Death Proof will ich auf jeden Fall sehen, nur muss ich dafür wohl alleine ins Kino…
    Die FSK ist in letzter Zeit echt sehr liberal geworden (z.B. die Freigabe für Saw3, sowas abartiges habe ich noch nie gesehen). Diese neue Horrorwelle kann ich auch nicht ganz nachvollziehen, nicht wenige schieben es ja auf den Irakkrieg (analog zu Vietnam und den ganzen Horrorfilmen aus den 70ern)…

  4. We߸ man denn schon, ob und wann es überhaupt als Double Feature laufen wird?

  5. Ich kann es mir nur schwer vorstellen. Ich denke eher, dass später mal eine DVD-Edition rauskommen wird, die den ursprünglichen Schnitt enthält und womit man sich dann die Filme auch als „Double Feature“ anschauen kann. (Für die Kill Bill Filme soll auch sowas rauskommen, eine 4-DVD-Edition, die die beiden Filme zusammengeschnitten enthält, also so, wie es der ursprüngliche Plan des Regisseurs war).

  6. Ich guck mir grade diesen ganzen Fake-Trailer an. Wie geil ist das denn?
    Ich empfehle Eli Roths „Thanksgiving“.
    Schön auch: „Werewolf Women of the SS“

    :)

  7. Also ich war gestern im Auto-Kino (!) und habe mir Death Proof angeschaut. Mir hat er sehr gut gefallen und geschwätzig finde ich den Film überhaupt nicht. Tarantino hatte schon immer ein Faible für lange, sinnlose Dialoge und daran hat sich nichts geändert. Ich fand sie sehr lustig.
    Ich finde nicht, dass man dem Film anmerkt, nur für eine Stunde konzipiert worden zu sein.

  8. Wo gibt es denn noch Auto-Kinos?

    Die Dialoge fand ich auch nicht so schlecht, v.a. in der ersten Hälfte hat der Film so eine ganz gute Atmosphäre aufgebaut.

  9. @9: Hier in Essen gibts eins, nähe Georg-Melches-Stadion im Essener Norden (am Stadthafen).

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