„Afrika, Afrika“ – Der vergessene (Bundesliga-)Kontinent

Quelle: www.mapsofworld.com/

Der afrikanische Fußball gilt seit jeher als offensiv, kreativ und technisch anspruchsvoll und führte schon zahlreiche wunderbare Kicker nach Europa. Die Liste ehemaliger und aktueller Stars ist lang. Um nur einige Beispiele zu nennen, sollte man zunächst den afrikanischen Superstar schlechthin, George Weah, nennen. Auch Roger Milla ist uns sicherlich noch ein großer Begriff, genau wie die aktuellen Stars Didier Drogba, Michael Essien oder Samuel Eto´o.

Auch in der Bundesliga schon beeindruckende afrikanische Fußballkunst

Auch in der Bundesliga lassen sich viele Namen von Spielern aus Afrika nennen, die für Furore gesorgt haben. Ich möchte eigentlich nicht in jedem Artikel darauf herumreiten, dass ich Eintracht Frankfurt-Fan bin. Aber wenn es nun mal um afrikanische Kicker in Deutschland geht, dann fallen mir spontan die Namen Jay-Jay Okocha und Anthony Yeboah ein. Als Jugendlicher wurde ich fußballerisch einfach auch durch diese beiden wundervollen Fußballer geprägt, die sinnbildlich für den „Fußball 2000“ standen. Der geniale, fast schon irrsinnig kreative Spielwitz von Okocha, der mehr an Kunst als an Sport erinnerte. Die kraftvolle Dynamik von Anthony Yeboah, gepaart mit technischer Brillanz und außergewöhnlichem Zug zum Tor, was bis heute in dieser Form in der Bundesliga nicht mehr bestaunt werden konnte.

Kurzum: Ich bin großer Freund des kreativen Fußballs und es mag ein Klischee sein, doch das fußballerische Afrika steht für mich wie kein anderer Kontinent für diese Spielfreude und Spaß am Spiel. Also bin ich ebenfalls Anhänger des afrikanischen Fußballs.

Afrikaner in der Bundesliga abgemeldet?

Das nur zur Einleitung, denn eigentlich möchte ich auf einen ganz bestimmten Umstand hinweisen, der gerade in Betracht der eben genannten Aspekte verwundert:

Ich war überrascht als ich in dieser Saison eine Bemerkung machte, die zunächst vollkommen subjektiver Natur war: Ich hatte den Eindruck, dass afrikanische Kicker in der Bundesliga keine allzu große Rolle mehr spielen. Nun ja, dieses Gefühl hätte auch dadurch entstehen können, dass vielleicht die ganz großen afrikanischen Stars fehlen, aber ich wollte die Probe aufs Exempel machen und die Statistik, die ja bekanntlich nie lügt, bemühen.

Im Netz habe ich eine sehr interessante Arbeit über Ausländer in der Bundesliga gefunden. Unter anderem sind dort von Autor Marc Thomé seit der Saison 1963/64 Auflistungen zu ausgewählten Saisons aufgeführt, in denen die Statistik des Ausländeranteils in der Liga dargestellt wird. Was aber gerade für den Zusammenhang dieses Themas noch interessanter ist, ist die Einteilung der hier kickenden Ausländer nach Kontinenten.

Da das hier keine historische Arbeit werden soll, sondern eine kurzfristige Entwicklung aufzeigen soll, stelle ich im Folgenden einige Daten der näheren Vergangenheit aus dieser Untersuchung vor.

Der Anteil afrikanischer Fußballer an der Gesamtheit der in der Bundesliga kickenden Ausländer betrug in den Saisons:

1991/92: 8,9 %

1996/97: 10,8 %

1997/98: 11,5 %

1998/99: 14,3 %

2000/01: 13,7 %

2003/04: 14,1%

Es lässt sich also festhalten, dass der Anteil seit Beginn der 1990er Jahre fast kontinuierlich anstieg und sich Ende der 1990er/Anfang der 2000er Jahre auf ca. 14 % einpendelte. Leider endet die Untersuchung im Jahr 2003/04. Daher habe ich mir mal den Spaß gemacht, die aktuellen Kader der abgelaufenen Saison über Kicker-Online selbst auszuwerten. Dabei komme ich zu folgendem Ergebnis (ohne Anspruch auf 100 prozentige Korrektheit, darum gehts ja auch nicht) : Afrikaner in der Bundesliga Saison 2006/2007

Drastischer Rückgang afrikanischer Kicker in dieser Saison im Vergleich zu 2003/04

Wir verzeichnen für die abgelaufene Saison also folgende Gesamtwerte (auf die Werte für die einzelne Vereine – auch ganz interessant – sei auf die Excel-Datei verwiesen).
Unter den 231 Ausländern in der Bundesliga befanden sich 19 Afrikaner. Dies entspricht lediglich einer Quote von 8,2 %.

Das heißt, zwischen der Saison 2003/04 und der Saison 2006/07 hat sich der Anteil der Afrikaner an den Bundesliga-Ausländern nicht ganz halbiert, aber doch drastisch reduziert. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass ich Spieler wie beispielsweise Madouni von Leverkusen, die in Frankreich aufgewachsen und einen Französischen und einen Algerischen Pass besitzen, nicht als Afrikaner in die Statistik einberechnet habe, da es mir ja gerade um solche Spieler geht, die fußballerisch eben nicht europäisch, sondern afrikanisch sozialisiert wurden. Da es sich dabei nach meiner Erinnerung aber nur um 3-4 Kicker handelte und ich nicht weiß, wie der Autor der oben vorgestellten älteren Daten statistisch mit solchen Spielern umgegangen ist, besteht also die Möglichkeit, dass sich die Quote auf bis zu ca. 10 % erhöhen kann. Das ändert aber nichts am Trend, nur am Ausmaß.

Warum setzt die Bundesliga nicht mehr auf Afrikaner?

Und das ist ein Umstand, den ich hier zur Diskussion stellen möchte, denn auch nach längerem Nachdenken bin ich zu keiner vernünftigen Erklärung gekommen. Gerade in Zeiten, in denen (zu Recht) immer öfter über mangelnde fußballerische Qualität und fehlende Spielkunst in der Liga gejammert wird, ignoriert man ausgerechnet die Spieler, die in der Vergangenheit gerade für Belebung in diesen Bereichen gesorgt haben. Woran kann das liegen? Ich habe keine Ahnung und wäre froh, über Anregungen!

Über den Autor: Goldschuhe aus

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.
29 comments
  1. Mein Gott, bist du ein fertiger Nerd. Sogar ein Excel-Sheet gibts. Unglaublich.

    Ich denke einmal, dass es vor allem daran liegt, dass in Afrika geeignete Scouts fehlen. Nur noch einzelne Vereine scheinen sich überhaupt noch um Sfrika zu kümmern. Beispiel Freiburg: dort verfügt man offenabr über sehr gute Kontakte nach Afrika und hat im Kader der abgelaufenen Saison immerhin sechs Afrikaner. Wenn man Diarra, Tanko und Matmour mitzählt sogar neun. Wahrscheinlich hat man es in der Bundesliga verpasst Ex-Profis aus Afrika an sich zu binden bzw, sie sind wie Okocha immer noch aktiv. Da sind die Netzwerke einfach noch nicht so etabliert, wie ins nahe, osteuropäische Ausland oder nach Südamerika.

  2. Aber das Scouting-System kann doch nicht 98/99 besser gewesen sein als heute. Das ist ja gerade die Frage. Klar, Freiburg ist die rühmliche Ausnahme und sie zeigen ja auch, dass es geht. Umso rätselhafter ist ja diese Gesamtentwicklung.
    Du nennst es „Nerd“, ich nenne es knallharte Recherche… :-)

  3. Es liegt eher daran, dass man heute so viele Europäer einsetzen kann, wie man möchte. Aber auf die Nicht-EU-Ausländer muss man immer noch achten. Von daher denke ich einfach, dass es für viele Vereine einfacher ist, Spieler aus Europa einzukaufen.

  4. Das stimmt zwar einerseits, andererseits ist das ja nicht mehr so. Siehe diesen Link. Außerdem hatte sich ja an der Beschränkung für Nicht-EU-Ausländer nichts geändert. Insofern taugt das als Erklärung nur bedingt.

  5. Oh, das wusste ich gar nicht. Aber das war 2006. Jetzt warten wir mal 3 Jahre ab. Wahrscheinlich wird sich die Quote aufgrund dieser neuen Regelung wieder erhöhen.

  6. Ich glaube gerade das nicht. Ich habe das Gefühl, dass es eher eine Einstellungssache ist. Die Manager „setzen“ einfach nicht mehr auf afrikanische Kicker. Und ich verstehe nicht warum. Einerseits ist klar, dass Länder wie Frankreich bessere Kontakte haben, aber ein Yeboah und ein Okocha sind ja damals auch irgendwie in die Bundesliga gekommen.

  7. Ja, von Saarbrücken bzw. Neunkirchen. Wirklich gescoutet hat die damals auch kein Bundesligist. War wahrscheinlich eher ein rühriger Saarländer mit guten Verbindungen nach Afrika als die Manager der deutschen Topclubs.

  8. Naja, aber nur mit Zufälligkeiten kann man doch diesen Unterschied nicht erklären. Warum gibt es diese „rührigen“ Saarländer/Hessen/Bielefelder/Wanne-Eickler denn jetzt nicht mehr?

  9. Außerdem geht es ja nicht nur um 1992. Noch vor 3-4 Jahren waren es deutlich mehr Afrikaner in der BulI…

  10. Aber waren die so richtig gut? So gut wie Okocha? Yeboah? Drogba? Essien? Vielleicht liegts einfach daran, dass die Bundesliga in den letzten Jahren einfach nicht mehr an die richtig guten Spieler kommt. Letzte Saison sind eigentlich auch nur Boka und Womé aufgefallen. Sonst kann ich mich kaum an jemanden erinnern. Du?

  11. Jetzt vermischst Du aber die Fragen nach Quantität und nach Qualität. Um „richtig gut“ gehts ja erstmal nicht. Erstmal gehts ja um die drastisch gesunkene Anzahl. Da natürlich nicht jeder der Jungs ein Star ist, sinkt auch mit der Masse die Chance auf einen Kracher.

  12. Ich stelle also fest: Eine wirklich überzeugende Begründung ist noch nicht gefallen. Ich dachte, Ihr seid klüger als ich…

  13. Du hast uns ja noch nicht einmal 24 Stunden gelassen, um eine Lösung zu finden.

  14. Ich bin ungeduldig, denn ich denke ja schon viel länger darüber nach… :-) Aber okay, ich übe mich in Demut und Geduld…

  15. Die Lösung ist ganz einfach: Kollege Eslebens These, dass die Bundesliga halt einfach nicht so attraktiv ist wie England oder Italien ist, stimmt. Ich füge noch an, dass im Verständnis der Deutschen Fußball halt defensiv und diszipliniert gespielt wird, der Afrikaner dem hierzulande herrschenden Klischee nach (vermeintlich) aber genau das Gegenteil ist.

  16. Es geht ja auch nicht um Leute wie Drogba. Aber es hat doch nicht jeder nigerianische U19-Nationalspieler schon einen Vertrag bei Juve in der Tasche. Die mangelnde Attraktivität der Liga kann meiner Meinung nach nur Erklärung dafür sein, dass wir nicht die afrikanischen Weltstars bekommen, aber nicht, dass wir keine Afrikaner mehr holen. Oder ist Freiburg auf einem Level mit Real Madrid zu sehen?

    Außerdem hiesse Deine Begründung bezüglich des defensiven Fußballs ja, dass vor 4 Jahren noch Zauberfußball in Deutschland gespielt wurde oder wieso waren es damals so viel mehr Afrikaner?

  17. Ich find schon, dass der Fußball mal attraktiver in Deutschland war. Vor allem zum Ende der Saison hin öffneten die Vereine auf dem Platz alle Schleusen und ein 5:3 war keine Seltenheit. Heute ist man schon über 3:2 höchst erstaunt.

  18. Das ist jetzt eine Frage der subjektiven Wahrnehmung. Ich persönlich halte das Niveau der Liga nicht erst seit dieser Saison für außerordentlich mau, sondern im Prinzip seit Mitte/Ende der 90er Jahre.

  19. Der Treutler läuft hier ja zur Höchstform auf.

    Respekt für diesen Artikel!

  20. Übrigens: Gefühlte 3 Jahre nach uns erkennt auch der Spiegel das Phänomen:

    http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,533086,00.html

  21. Wir sind halt einfach unserer Zeit voraus. Das war jetzt schon bei vielen Artikeln so.

  22. Der SCF hat sich ja vor kurzem mit Idrissou, Amir Akrout und dem Mann mit dem besten Namen ever, Alain Junior Olle Olle, gleich drei Mal auf dem afrikanischen Markt bedient. Im Breisgau weiß man, wo die Zukunft liegt.

  23. Olle Olle aus Brasilien, Idrissou von Duisburgs Bank und der Tunesier aus Tunesien.

    Ich fang schon mal an für das Trikot von Olle Olle zu sparen …

  24. Ich denke, der Biermann liest hier mit und lässt sich inspirieren.

  25. Alain Junior Olle Olle

    Sensationell. Zumindest ist Deine Sorge unbegründet, dass unter Dutt nur noch Banovics kommen. Er scheint ja den Freiburger Weg weiterzugehen. Kamen die Jungs denn direkt aus Ihren Ländern oder aus dem Freiburg-Internat?

  26. Na da bin ich doch mal auf den Trikot-Aufdruck gespannt…

    Unser Tsoumou ist auf alle Fälle aus der eigenen Jugend.

  27. Und lustigerweise heißt er „Juvhel“.

  28. Hier wurde vor einiger Zeit über den afrikanischen Fußball gesprochen. Ich wusste nicht wo ich es sonst hinpacken sollte, daher hier:

    Drogba fällt für die WM wegen eines Ellenbogenbruchs aus. Ein herber Verlust für alle, denn der Typ ist halt mal einfach genial.

    Kein Essien, kein Drogba, damit zwei der besten afrikanischen Fußballer nicht dabei. Sehr schade.

  29. So wirds nix mit dem Titel für die Elefanten…

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