„Wie der Afrikaner lebt, so spielt er auch Fußball“

Berti Vogts ist ein Weltmann. Ein Weitgereister im Dienste des Fußballs. Berti Vogts kennt viele Länder: Das Rheinland, Schottland, Kuwait und neuerdings auch Nigeria. Nur drei Monate reichen einem Kosmopoliten wie Berti Vogts aus, um Land und Leute kennenzulernen. Denn was der ehemalige Leverkusener Erfolgstrainer im Interview mit Spiegel Online von seinem neuen Job und seinen Erfahrungen mit den Strukturen in Nigeria zu berichten weiß, zeugt von den profunden Kenntnissen eines knallharten Analytikers.

Leider wird der Leser feststellen, dass den scheinbar kenntnisreichen Einlassungen von Berti Vogts eine Form von undurchdachtem Rassismus innewohnt, dass man sich beim Lesen mitunter schämt. Klar, wir haben es alle gewusst: „Der Afrikaner“ ist chaotisch, unorganisiert und seit Gloria Fürstin von Thurn und Taxis wissen wir mittlerweile auch, dass er gerne „schnackselt“. Aber „der Afrikaner“ ist natürlich immer gleichzeitig auch ein guter Mensch, der so gutmütig und begeisterungsfähig ist, dass er sogar auf einer Wiese Fußball spielt, auf die ein Deutscher laut Vogts „nicht einmal seine Kuh drauf stellen“ würde.

Berti Vogts meint das alles nicht so, denn er hat eine „besondere Beziehung“ zu Afrika. Wenn man „18- oder 19-mal in Afrika im Urlaub war, zum Teil im Zelt, bei wilden Tieren übernachtet hat, und viel über Afrika gelesen hat“, dann darf man schon mal erzählen, was da unten schiefläuft.

Aber Berti Vogts war schon immer ein Mann der Tat. Nur mit Erzählen hat er sich noch nie zufrieden gegeben. Er gibt den Afrikanern sogar Hilfe zur Selbsthilfe und bringt ihnen scheinbar europäische Gepflogenheiten bei: „Als neulich zwei Funktionäre zwei Minuten zu spät gekommen sind, sind wir losgefahren. Da mussten sie mit dem Taxi nachkommen. Das passiert ihnen nicht noch einmal.“ Am deutschen Wesen der Pünktlichkeit soll der nigerianische Fußballverband also genesen. Auch Etymologie ist Berti Vogts nicht fremd: „Diese Funktionäre! Funktionär kommt von funktionieren. Die sollen dafür sorgen, dass alles klappt.“

Jedoch muss man insgesamt Fairness walten lassen, denn warum sollte der ehemalige Bundestrainer gerade über Afrika intelligentere Dinge sagen, als man sonst von ihm gewohnt ist. Vogts weiß sich nämlich auch zu anderen Ländern außer Nigeria zu äußern. Als er zur Folterpraxis des früheren argentinischen Militärregimes befragt wurde, legte er sich prompt fest: „Ich bin mir sicher, unserer Mannschaft wird nichts passieren.“ Mit seinen damaligen Spielern in Kuwait hat sich Vogts besonders beschäftigt: „Ich kenne sie vom Sehen, aber sie haben drei, vier Namen. Heißen einmal Hussein, dann Mohammed. Das ist noch ein Problem.“ Unvergessen sind natürlich auch seine Einlassungen zu Gewalt in Fußballstadien: „Hass gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle soll man gemeinsam mit seiner Frau daheim im Wohnzimmer ausleben.“ Auch über Kindererziehung und Medienwirkungsforschung macht sich Vogts Gedanken: „Gerade diesen Nike-Spot sehe ich sehr negativ. Es beginnt jetzt die Reisezeit. Stellen Sie sich nur vor, die Kinder beginnen jetzt auf den Flughäfen mit Bällen herumzudribbeln.“ Und um einen guten Rat für seine Spieler war Berti Vogts nie verlegen. Wer weiß, wie Deutschlands Spieler die WM in den USA 1994 durchgestanden hätten, wenn Vogts ihnen nicht geraten hätte, bei der Hitze wegen des Fahrtwindes einfach schneller zu rennen.

Schon immer mochte man Berti Vogts gerne zurufen: „Bitte, Herr Vogts, machen Sie Ihre Arbeit. Aber treten Sie nie mehr vor ein Mikrofon.“ Andererseits wären dann der Nachwelt fast schon philosophische Sätze verloren gegangen und dieser Artikel hätte nie geschrieben worden können. Und falls Berti Vogts diesen Artikel je liest, wird er mir sicher nicht böse sein. Denn wie sagt er doch so schön: „Wer keinem Druck standhalten kann, soll Halma spielen. “

Bildquelle: http://www.wikipedia.de

Über den Autor: Guru von der Kreuzeiche

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.

Leidensbereiter sowie leiderprobter SSV-Reutlingen-Fan und Unsympath. Empfindet die Bezeichnung “Unglaublicher Demagoge” als Kompliment. Trinkt was Schnäpse angeht nur klar.
14 comments
  1. Das Projekt „Berti in Afrika“ musste ja solche Folgen zeitigen … Schlimm!

  2. Wenn aber bei den afrikanischen Verbänden nicht irgendwo eine tiefe Sehnsucht nach den „europäischen Tugenden“ schlummern würde, warum holen sie dann immer wieder europäische Trainer? ich meine, wofür Berti Vogts steht, sollte doch auch dem nigarianischen Verband klar gewesen sein. Darin liegt für mich ein Widerspruch.

  3. Übrigens wurde Berti auch falsch zitiert. Er sagte „Auf so einem Platz könnte der Deutsche nicht mal eine Kuh umschießen!“

  4. Klar liegt da ein Widerspruch drin, aber ich finde die Äußerungen halt trotzdem unter aller Kanone. Ich glaube, die wissen selbst nicht, was sie wollen. Vielleicht klappt es ja auch gerade mit einem europäischen Trainer nicht.

  5. Ich glaube, der Vogts hat im Kern Recht, verpackt es aber in desolate Worte.

  6. „Eine tiefe Sehnsucht nach europäischen Tugenden“? Bestimmt! Die Zeit der Kolonialherrschaft war ja auch absolut knorke …

    Könnte es nicht viel eher daran liegen, dass die afrikanischen Verbände das Geld für in der Regel abgehalfterte europäische Trainer aufbringen können, weil sie damit kurzfristig weniger investieren müssen als in eine langfristige und vernüntige Ausbildung ihrer eigenen Trainer?

  7. Naja, ein Diskussion über ehemalige Kolonialländer und die Auswirkungen dessen mache ich mit Euch Gutmenschen nicht auf. Aber der Punkt ist: Die Verbände wissen schon, dass sie mit ihrem Chaos den Erfolg ruinieren. Und sie meinen dann halt, ein europäischer Trainer würde es richten. Ich glaube, die Trainerqualifikation ist überschätzt.

  8. Wieso läuft der Beitrag eigentlich unter „Frisuren“?

  9. @8: Weil Berti früher auch mal ne geile Frise hatte. Aber du kannst es gerne rückgängig machen.

  10. Übrigens hat mir ein Kumpel hier gestern wirklich vorgehalten, ich hätte falsch zitiert, nur weil der Treutler Quatsch von Coulibaly-Kühen schreibt. ;-)

  11. @ 10 Echt? Sensationell… :-)

  12. Sensationelles zum Thema Vogts gibt’s übrigens hier.

  13. Ich poste es mal hier hin! Wie geil ist denn bitte diese Eckballvariante?

  14. Saufrech.

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