„Kegeln werde ich“ – Das Abschiedsinterview des Mehmet Scholl

Einer der wirklichen Großen verabschiedet sich aus dem Profifußball. Mehmet Scholl war stets ein Spieler, der die Herzen der Fußballromantiker -wie wir es sind- höher schlagen ließ. Die Tatsache, dass seine Verletzungsanfälligkeit ihm noch größere Erfolge verwehrte, ist einerseits tragisch, andererseits verstärkt sie gerade den Mythos Scholl. Denn ein „Was wäre gewesen, wenn…“ hat noch keiner Legende geschadet.

Selten war ein Spieler, der beim FC Bayern spielte deutschlandweit so beliebt – zu mindest bei den Fußballfreunden, die auch bei Erwähnung des Namens Uwe Bein mit der Zunge schnalzen. Scholl selbst perfektionierte seine Außendarstellung, in dem er sie abschaffte. In den letzten Jahren gab es so gut wie nie Interviews von ihm, seine Zurückhaltung wollte so gar nicht zu der Geltungssucht mancher Mannschaftskollegen passen, die selbst peinlichste Affären mit Hilfe der allseits verachteten Medien in die Öffentlichkeit tragen.

Nun tritt der Fußballer ab, den viele Fans mit flammenden Appellen unbedingt noch in den WM-Kader 2006 reden und schreiben wollten, obwohl es fußballerisch vermutlich nicht mehr gereicht hätte. Das Interview, das in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung zu finden ist, liefert viele Erklärungen dafür, was an Mehmet Scholl „anders“ ist als an anderen Fußballern und wieso er ausgerechnet bei geschmackssicheren Menschen wie uns so beliebt ist.

Mich hat selten, vielleicht nie -und dies ist einer der wenigen Momente, in denen ich meinen überzogenen Gebrauch des Superlativs bedauere- ein Interview mit einem Fußballer so beeindruckt. So reflektiert, (selbst)ironisch und intelligent würde man sich auch mal Schweini wünschen. Obwohl, vielleicht besser nicht. Vielleicht ist es besser, wenn so etwas im Fußball die Ausnahme bleibt, die nur Fußball-Snobs wie wir zu würdigen wissen.

Über den Autor: Goldschuhe aus

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.

Agent provocateur erster Güte. Ansonsten Misanthrop und Eintracht Frankfurt-Fan. Frisur: vorhanden.
9 comments
  1. Das Interview ist genial. Die Szene mit Jeremies und Viera kann man sich bildlich vorstellen. :-)
    Mit Scholl verschwindet heute ein Ausnahmefussballer (sportlich und abseits des Rasens) von der Bundesligabühne. Ich hoffe auf einen stimmungsvollen Abschied heute in der AA und werde mein möglichstes dazu beitragen.
    Bye bye, Scholli!

  2. In der Tat ein großes Interview, das ich mir auf meinem PC für den sehr wahrscheinlichen Fall speichern werde, dass mal wieder einer der vielen Schweinis Bullshit von sich gibt.
    Es tut echt mal gut, so ein Interview von einem Fußballer zu lesen. Vor allem finde ich super, dass er nicht in Selbstmitleid versinkt, sondern alles locker aber doch reflektiert verarbeitet.
    Und die Zitate von Jeremies und Sagnol: Geil!

  3. Da macht der Mehmet doch tatsächlich noch ne Hütte in seinem letzten Spiel.

  4. … und man freut sich fast über eine Bayern-Bude. Zumal es gegen den Karnevalsverein geht.

  5. 16:45: Goodbye Mehmet! Danke!

  6. Ja, ein gelungener Abschied. Vermutlich hört Karimi jetzt auch auf. Besser wär das!

  7. Und selbst der Dariusz darf auch noch mal. Was für ein nostalgischer Spieltag!

  8. Kleiner Nachtrag zu Mehmet:
    „Wir heulen heute Abend alle. Wir werden was trinken und dann heulen wir alle. Und dann tauschen wir die Frauen und dann geht’s weiter.“

    :-))

  9. Sensationell, habe ich jetzt erst gelesen.

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