Vom Fußballhelden zum Leinwandstar: Der „Potato Fritz“-Effekt

Sind knüppelharte Bolzer die besseren Schauspieler? Auf dem Platz sicherlich nicht, da spielt so manch filigrane Offensivkraft den sterbenden Schwan im Strafraum eindrucksvoller als die Defensivkünstler. Auf der Leinwand geben aber die Grobmotoriker die bessere Figur ab. Paul Breitner – als Jugendspieler noch Stürmer, mit dem Alter rückte er aber immer weiter nach hinten im taktischen System – setzte mit seinem Mitwirken im herrlich schrulligen Westernstreifen „Potato Fritz“ eine Duftmarke, an der sich spätere Generationen von schauspielernden Fußballern messen lassen müssen. Seine Darstellung des Seargent Stark war dermaßen eindringlich, dass selbst Hollywood-Größen wie Hardy Krüger neben dem Weltmeister von 1974 wie Schauspieleleven am Wanne-Eickeler Laienspielhaus „Fidele Horst“ wirkten. Method Acting war Breitners Geheimrezept: Um die Rolle des Seargent authentisch darzustellen, ließ er sich sogar eine für das ausgehende 19. Jahrhundert typische Lockenkrause wachsen. Prompt prasselte es Angebote: 1982 spielte Breitner im Thriller „Kunyonga – Mord in Afrika“ einen Rechtsanwalt. Fatelerweise überging die Academy of Motion Picture Arts and Sciences den schauspielernden Libero 1983 bei der Oscarvergabe an den besten Nebendarsteller. Das, was Breitner nicht schaffte – nämlich in die Riege der Hollywoodstars aufzusteigen – gelingt anscheinend dem walisischen Grobmotoriker und menschlichem Mähdrescher Vinnie Jones (schau)spielend. Griff er während seiner aktiven Fußballkarriere Pauil Gascoigne noch non-chalant in die Nüsse und nahm er mit einem leichten Tackle Tottenhams Gary Stevens die Entscheidung ab, ob dieser seine Karriere beenden sollte oder nicht, spielt er nun in der Filmwelt mit den ganz Großen. X-Men 3, Snatch, Bube, Dame, König, Gras und Played – die Filmographie von Vinnie Jones liest sich sehr eindrucksvoll. Und seien wir doch ehrlich: Wir würden lieber die Borowkas und Hollerbachs, Hopps und Legats auf der Leinwand sehen, als die Kloses und Kuranyis. Andi Möller als knallharter Kommissar? Undenkbar. Es sind allerdings nur Gerüchte, dass Jones nun in einem von Paul Breitner inszenierten Remake von „Potato Fritz“ die Rolle des Seargent Stark übernehmen soll.

Ein Weltmeister hoch zu Ross: Paule Breitner in „Potato Fritz“
Bild: www.kino.de

Über den Autor: Vollspann!

Optimistischer Pessimist und Schöngeist aus dem Ruhrgebiet (Herne). Als hochtalentierter Passivsportler und Dauergast beim BVB kennt er Höhen und Tiefen des Fußballsports.

Optimistischer Pessimist und Schöngeist aus dem Ruhrgebiet (Herne). Als hochtalentierter Passivsportler und Dauergast beim BVB kennt er Höhen und Tiefen des Fußballsports.
8 comments
  1. Ganz hervorragend. Ehrlich gesagt wusste ich gar nichts von Paules steiler Filmkarriere. Mir fehlt hier nur der Verweis auf den besten Film, der jemals in diesem Universum gedreht wurde: „Libero“. Die Schauspielkunst, die der Franz da auf die Leinwand zaubert, sucht heute noch ihresgleichen.
    Aber es stimmt schon, Miro Klose kann ich mir irgendwie schlecht als bösen Gegenspieler im nächsten James Bond vorstellen, Torsten Legat hingegen absolut…

  2. Auch von mir Props für diesen Artikel. Potato Fritz habe ich leider noch nicht gesehen, aber Libero strotzt nur so von schauspielerischer Leistungskraft.
    Man kann sich den Film praktisch nicht anschauen.

    Zur Form: Nach wieviel Zeilen kürzen wir eigentlich einen Artikel ab und fügen ein „weiterlesen“-Link ein?

  3. Ja, ich denke, das war eine Einführung von Vollspann, die die journalistische Latte hochhängt…:-)

    Ich würde sagen, wir sollten nach 5-6 Zeilen abschneiden.

  4. Ich würde sagen, wir schneiden dann ab, wenn es Sinn ergibt. :-)

    Also die Einführung nicht zu lang, aber auch lang genug, um zu erfahren, ob es sich lohnt, weiterzulesen.

  5. Bei uns lohnt es sich immer weiterzulesen.
    Ich würde bei diesem Artikel nach „messen lasse müssen“ abschneiden.

  6. Vinnie „Die Axt“ Jones hat übrigens noch einen weiteren Sensationsstreifen auf dem Kerbholz: „Mean Machine“ definiert das Genre des Gefängnisfussballfilms völlig neu.

  7. Hab den Tipp mal beherzigt und mir Mean Machine besorgt. Bin gespannt. Die ersten Minuten sehen schon sehr vielversprechend aus. Vinnie Jones macht Werbung für Umbro. Dann fährt er besoffen in die Kneipe, wo er direkt verhaftet wird.

  8. Klingt super, will ich auch sehen!

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